Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 3778/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 8/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Prüfung der pharmakologisch-therapeutischen Vergleichbarkeit verschiedener Wirkstoffe im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V hat sich entscheidend am Inhalt der jeweiligen arzneimittelrechtlichen Zulassung zu orientieren.
2. § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V in der bis zum 30. April 2006 geltenden Fassung ist in Bezug auf die Konjunktion „und“ so zu verstehen, dass gleichzeitig (kumulativ) „Neuartigkeit“ der Wirkungsweise und „therapeutische Verbesserung“ vorliegen mussten, um die Aufnahme eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 auszuschließen. Die Auslegung eines „und“ als „oder“ verstieße schlechthin gegen die in der juristischen Methodenlehre anerkannte Regel, dass der Wortlaut einer Norm ihrer Auslegbarkeit strikte Grenzen setzt.
2. § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V in der bis zum 30. April 2006 geltenden Fassung ist in Bezug auf die Konjunktion „und“ so zu verstehen, dass gleichzeitig (kumulativ) „Neuartigkeit“ der Wirkungsweise und „therapeutische Verbesserung“ vorliegen mussten, um die Aufnahme eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 auszuschließen. Die Auslegung eines „und“ als „oder“ verstieße schlechthin gegen die in der juristischen Methodenlehre anerkannte Regel, dass der Wortlaut einer Norm ihrer Auslegbarkeit strikte Grenzen setzt.
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2005 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006 wird abgewiesen. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1); die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Revision wird zugelassen. -
Tatbestand:
Die klagenden pharmazeutischen Unternehmen wenden sich gegen die Festsetzung eines Festbetrages für den Wirkstoff Atorvastatin in der Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer. Streitgegenständlich sind hier die Allgemeinverfügungen der ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen, der Rechtsvorgänger des Beklagten, vom 29. Oktober 2004 und vom 10. Februar 2006.
Atorvastatin gehört zur Wirkstoffgruppe der Statine, wird synthetisch hergestellt, hemmt die HMG-CoA-Reduktase und senkt auf diese Weise das LDL-Cholesterin. Der Wirkstoff ist enthalten in dem von den Klägerinnen seit 1997 in Deutschland hergestellten und vertriebenen Fertigarzneimittel Sortis®. Atorvastatin wurde am 17. Dezember 1996 zugelassen und genießt bis 2011 Patentschutz. Die Zulassung erfasste zunächst die Wirkstärken 10, 20, 40 mg, später auch die Wirkstärke 80 mg.
Nach der Fachinformation mit Stand vom Januar 2003 (Wirkstärken 10, 20, 40 mg) bzw. Januar 2006 (Wirkstärken 10, 20, 40 und 80 mg) erstreckte sich die Zulassung von Sortis® auf folgende Anwendungsgebiete:
Die Anwendung von Sortis ist zusätzlich zu einer Diät angezeigt zur Senkung erhöhter Gesamtcholesterin-, LDL-Cholesterin-, Apo-Lipoprotein-B- und Triglyzeridspiegel bei Patienten mit Primärer Hypercholesterinämie, einschließlich Familiärer Hypercholesterinämie (heterozygote Variante) oder Kombinierter (Gemischter) Hyperlipidämie (entsprechend Typ II a und II b nach Fredrickson), wenn Diät und andere nicht pharmakologische Maßnahmen keine ausreichende Wirkung erbringen.
Sortis ist auch zur Senkung von Gesamt- und LDL-Cholesterin bei Patienten mit Homozygoter Familiärer Hypercholesterinämie angezeigt – entweder zusätzlich zu anderen lipidsenkenden Maßnahmen (z. B. LDL-Apherese) oder falls solche Behandlungsmöglichkeiten nicht verfügbar sind.
Seit Mai 2006 enthält die Fachinformation zusätzlich zur Hypercholesterinämie folgendes Anwendungsgebiet:
Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen
Zur Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten, deren Risiko für ein erstes kardiovaskuläres Ereignis als hoch eingestuft wird, zusätzlich zur Behandlung weiterer Risikofaktoren.
Nach aktuellen Fachinformationen (recherchiert über www.pharmnet-bund.de) sind die übrigen Statine für folgende Anwendungsgebiete zugelassen:
Fluvastatin (Cranoc, vollsynthetisch hergestellt): Hypercholesterinämie: Zur Senkung erhöhter Gesamt-Cholesterin- und LDL-Cholesterinspiegel im Serum, wenn Diät und andere nicht pharmakologische Maßnahmen (z.B. körperliches Training und Gewichtsabnahme) allein eine ungenügende Wirkung zeigen: - bei Patienten mit primärer Hypercholesterinämie mit Ausnahme der seltenen homozygoten familiären Hypercholesterinämie; - bei kombinierter Hypercholesterinämie und Hypertriglyzeridämie, wenn die Hypercholesterinämie im Vordergrund steht. Sekundärprävention schwerwiegender kardialer Ereignisse nach einer Herzkatheter-Therapie.
Lovastatin (Mevinacor, fungales Fermentationsprodukt): Hypercholesterinämie: Zur Senkung erhöhter Gesamt- und LDL-Cholesterinspiegel im Serum, wenn Diät und andere nicht pharmakologische Maßnahmen (z. B. körperliches Training und Gewichtsabnahme) alleine eine ungenügende Wirkung zeigten, - bei Patienten mit primärer Hypercholesterinämie, - bei Patienten mit kombinierter Hypercholesterinämie und Hypertriglyzeridämie, wenn die Hypercholesterinämie im Vordergrund der therapeutischen Bemühungen steht.
Pravastatin (Pravasin® protect, semisynthetisch hergestellt): Hypercholesterinämie: Behandlung von primärer Hypercholesterinämie oder gemischter Dyslipidämie, zusätzlich zu einer Diät, wenn das Ansprechen auf eine Diät und andere nicht-pharmakologische Massnahmen (z.B. körperliche Betätigung, Gewichtsabnahme) nicht ausreichend ist. Primäre Prävention: Verringerung der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität zusätzlich zu einer Diät bei Patienten mit mittlerer oder schwerer Hypercholesterinämie und einem hohen Risiko eines ersten kardiovaskulären Ereignisses. Sekundäre Prävention: Verringerung der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität bei Patienten mit einem Myokardinfarkt oder instabiler Angina pectoris in der Anamnese und entweder normalen oder erhöhten Cholesterinwerten, zusätzlich zur Korrektur anderer Risikofaktoren (siehe Abschnitt 5.1). Post-Transplantation: Verringerung einer Post-Transplantations-Hyperlipidämie bei Patienten, die nach Organtransplantation eine immunsuppressive Therapie erhalten.
Simvastatin (Zocor®, semisynthetisch hergestellt): Hypercholesterinämie: Zur Behandlung der primären oder kombinierten Hyperlipidämie begleitend zu Diät, wenn Diät und andere nicht pharmakologische Maßnahmen (z. B. körperliches Training und Gewichtsabnahme) allein nicht ausreichen. Zur Behandlung der homozygoten familiären Hypercholesterinämie. Kardiovaskuläre Prävention: Zur Senkung kardiovaskulärer Mortalität und Morbidität bei Patienten mit manifester atherosklerotischer Herzerkrankung oder Diabetes mellitus, deren Cholesterinwerte normal oder erhöht sind. Begleitend zur Korrektur anderer Risikofaktoren und kardioprotektiver Therapie.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 setzte der Arbeitsausschuss "Arzneimittel" des seinerzeitigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen ein Anhörungsverfahren in Bezug auf die beabsichtigte Bildung einer Festbetragsgruppe für HMG-CoA-Reduktasehemmer in Gang; es war beabsichtigt, die Wirkstoffe Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin in einer Festbetragsgruppe zusammenzufassen. Die Klägerin zu 1) wandte sich gegen die Einbeziehung von Atorvastatin in die geplante Festbetragsgruppe, weil der Wirkstoff besondere pharmakologisch-therapeu¬tische Eigenschaften besitze und eine therapeutische Verbesserung darstelle.
Im April 2004 beauftragte der Gemeinsame Bundesausschuss (im Folgenden: Beigeladener zu 1) die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ) mit der Bewertung der von Seiten der Angehörten eingegangenen Stellungnahmen. In ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2004 formulierte die AKdÄ als Ergebnis, dass die Einwände gegenüber der Gruppenbildung nicht stichhaltig seien und keiner der fraglichen fünf Wirkstoffe hinsichtlich seines pharmako-therapeutischen Stellenwerts eine wesentliche Verbesserung darstelle; das gelte auch für das jeweilige Wechsel- und Nebenwirkungsprofil. Keiner der fünf Wirkstoffe nehme eine Sonderstellung ein. Es bestehe ein großer Mangel an direkten Vergleichsstudien mit klinischen Endpunkten. Die einzige vorliegende direkte Vergleichssudie (PROVE-IT) weise ein fragwürdiges Studiendesign und eine sehr enge Patientenauswahl auf und könne daher eine Sonderstellung von Atorvastatin nicht belegen.
Der Beigeladene zu 1) beschloss hierauf in seiner Sitzung am 20. Juli 2004, die Arzneimittelrichtlinien in der Anlage 2 um die Festbetragsgruppe der Stufe 2 "HMG-CoA-Reduktasehemmer" wie folgt zu ergänzen (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 182 vom 25. September 2004, S. 21086):
HMG-CoA-Reduktasehemmer
Wirkstoffe: Vergleichsgröße: Atorvastatin 16,7 Fluvastatin 42,2 Lovastatin 23,2 Pravastatin 21,3 Simvastatin 20,7
orale, abgeteilte Darreichungsformen Kapseln; Filmtabletten; Retardtabletten; Tabletten.
In der Beschlussbegründung heißt es im Wesentlichen: Die Analyse der chemischen Strukturen der Mitglieder der Wirkstoffgruppe lasse keinen Zweifel an der chemischen Verwandtschaft. Der Wirkmechanismus lasse von einer pharmakologisch-therapeutischen Vergleichbarkeit im Hinblick auf Pharmakodynamik, Pharmakokinetik, Nebenwirkungsspektrum und Interaktionsprofil ausgehen. Die vorliegenden Daten zur Arzneimittelsicherheit rechtfertigten keine Sonderstellung eines der Vertreter der Statine. Eine klinische Überlegenheit insbesondere von Atorvastatin sei nicht erkennbar. Zwar senke Atorvastatin stärker und schneller als andere Statine das LDL-Cholesterin und damit das Risiko bestimmter kardiovaskulärer Ereignisse, wobei dies höchstwahrscheinlich durch seine besondere Pharmakokinetik bedingt sei; jedoch stehe zugleich fest, dass dies keine therapeutische Verbesserung bedeute, zumal der Wirkstoff auch nicht zu einer erheblichen Verringerung des Häufigkeitsgrades einer schwerwiegenden Nebenwirkung führe. Willkürfrei könne Atorvastatin nicht aus der Festbetragsgruppe ausgeschlossen werden. Ferner heißt es in der Begründung, dass eine Sonderstellung von Atorvastatin auch nicht durch die PROVE-IT-Studie gerechtfertigt werde, weil die in ihr untersuchte Population nur einen geringen Bruchteil der Patienten repräsentiere und nicht repräsentativ für die übliche Behandlungssituation sei. Ein Konsens über den therapeutischen Vorteil von Atorvastatin sei allein mit dieser Studie zudem nicht belegt.
Mit Schreiben vom 12. August 2004 teilte der Beigeladene zu 2) dem Beigeladenen zu 1) mit, den Beschluss vom 20. Juli 2004 nicht zu beanstanden.
Auf dieser Grundlage beschlossen die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen am 29. Oktober 2004 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 210 vom 5. November 2004, Seite 22602), für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. Januar 2005 einen Festbetrag festzusetzen (Standardpackung zu 100 Stück, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97, Festbetrag 62,55 Euro).
Die Wirkstoffe Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin waren bei Beschlussfassung zu diesem Festbetrag erhältlich. Der Apothekenpreis des Wirkstoffs Atorvastatin lag und liegt seit Inkrafttreten der Festbetragsregelung deutlich über dem Festbetrag.
Mit ihrer am 2. Dezember 2004 erhobenen Klage haben die Klägerinnen im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Beschluss der ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen rechtswidrig sei, weil er auf einem seinerseits rechtswidrigen Beschluss des Beigeladenen zu 1) beruhe. Die Voraussetzungen aus § 35 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) lägen nicht vor. Atorvastatin sei mit den übrigen Statinen schon nicht pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar. Für patentgeschützte Wirkstoffe sei die Regelung in § 35 Abs. 1a S. 2 SGB V abschließend. Gegenüber den anderen Statinen bedeute Atorvastatin ein therapeutische Verbesserung. Die "Nutzenbewertung" durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vom 15. August 2005, von der Beklagtenseite in das Verfahren eingeführt, dürfe das Gericht nicht berücksichtigen, zudem sei sie inhaltlich nicht tragfähig. Auch die Stellungnahme der AKdÄ vom 5. Juli 2004 sei nicht verwertbar, denn diese sei auf Veranlassung des Beigeladenen zu 1) "nachgebessert" worden und habe die Gutachten der beauftragten Prof. W und Prof. K nicht hinlänglich beachtet. Unabhängig davon sei die Vergleichsgrößenbildung rechtswidrig, denn sie entspreche nicht der jeweiligen tatsächlichen Wirkstärke. Der Festpreis gewährleiste zudem keine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung.
Das Sozialgericht hat die Gutachten der genannten Prof. W und Prof. K vom 12. Juni 2004 bzw. 2. Juli 2004 beigezogen; während Prof. K sein Gutachten dem Gericht auf Anforderung überlassen hat, ist das Gutachten von Prof. W vom Beigeladenen zu 1) zu den Akten gereicht worden. In diesem Zusammenhang haben der Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, als dessen ständiger Ausschuss die AKdÄ fungiert, sowie der Beigeladene zu 1) betont, Prof. W sei im vorliegenden Zusammenhang weder von der AKdÄ noch vom Beigeladenen zu 1) beauftragt worden, ein Gutachten zur Gruppenbildung der Statine zu erstellen.
Federführend für die ursprünglich beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen hat der Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Rechtsvorgänger des jetzigen Beigeladenen zu 4), in Erwiderung auf die Klage ausgeführt: Sämtliche Statine seien pharmakologisch und therapeutisch vergleichbar. Anhand der Fachinformationen sei nachzuvollziehen, dass das gemeinsame Anwendungsgebiet in der primären und kombinierten Hypercholesterinämie bestehe. Alle Statine besäßen hier einen vergleichbaren Wirkmechanismus. Auf eine "Indikationsidentität" komme es insoweit nicht an. Zur Behandlung eines akuten Koronarsyndroms sei keines der Statine zugelassen; ein Präparat, das für das hervorgehobene Anwendungsgebiet aber keine arzneimittelrechtliche Zulassung besitze, dürfe bei Einbeziehung in eine Festbetragsgruppe keine Sonderstellung erhalten. Die Gruppenbildung sei nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V und nicht nach § 35 Abs. 1 a SGB V erfolgt. Die letztgenannte Vorschrift sei nur einschlägig, wenn die Gruppenbildung – anders als hier – nur für Arzneimittel erfolge, die jeweils unter Patentschutz stehen. Damit werde die Grundregel aus § 35 Abs. 1 SGB V erweitert und sichergestellt, dass nur wirkliche Innovationen weiterhin von der Festbetragsregelung ausgenommen seien. Die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung in § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V lägen nicht vor. Da Simvastatin schon seit 2003 patentfrei sei, mangele es Atorvastatin an der notwendigen "Neuartigkeit". Im Anwendungsgebiet der Hypercholesterinämie sei eine therapeutische Verbesserung nicht erwiesen. Allein eine stärkere Wirkung sei noch keine therapeutische Verbesserung; maßgeblich komme es auf Beweise für die Reduktion von Morbidität bzw. Mortalität an. Im Hinblick auf die Festsetzung des konkreten Festbetrages bestehe ein Beurteilungsspielraum. Mit der Festbetragshöhe werde die Preisgestaltung der Anbieter hinreichend abgebildet. Orientieren müsse sich die Entscheidung an einer in der Qualität gesicherten Versorgung und an einer für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl. Beide Aspekte seien gewährleistet, denn drei der fünf Wirkstoffe seien zum Festbetrag erhältlich (Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin); zudem stünden rund 75 Prozent der erhältlichen 607 Packungen und 26,3 Prozent der Verordnungen zum Festbetrag zur Verfügung.
Der Beigeladene zu 1) hat im Klageverfahren im Wesentlichen erklärt, sein Beschluss vom 20. Juli 2004 entspreche den gesetzlichen Erfordernissen. Die gerichtliche Überprüfbarkeit dieses Beschlusses, eines Aktes der Rechtsetzung, sei im Hinblick auf die der Entscheidung zugrunde liegenden wissenschaftlichen Einschätzungen eingeschränkt; der Gemeinsame Bundesausschuss habe hier eine Beurteilungsprärogative, denn er sei ein weisungsunabhängiges, besonders fachkundiges und pluralistisch zusammengesetztes Sachverständigengremium, das mit jeweiliger Stimmenmehrheit und im Akt wertender wissenschaftlicher Erkenntnis entscheide. Auf die AKdÄ sei nicht etwa manipulativ eingewirkt worden. Als maßgeblich sei das von der AKdÄ überreichte Gesamtgutachten angesehen worden. In der Sache habe sich die Entscheidung an den "Entscheidungsgrundlagen der Festbetragsgruppenbildung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V und der Konkretisierung des Ausnahmetatbestandes nach § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V" des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 15. Juni 2004 orientiert. Auf dieser Grundlage habe er detailliert und unter Auswertung einschlägiger Studien ausgeführt, warum innerhalb der Festbetragsgruppe eine auch Atorvastatin treffende pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit bestehe und warum kein tauglicher Nachweis für eine therapeutische Verbesserung im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V vorliege. Ebenso wenig zu beanstanden sei eine Ermittlung der Vergleichsgröße anhand der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Einzelwirkstärke.
Mit Urteil vom 22. November 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Beschluss des Beigeladenen zu 1) zur Bildung einer Festbetragsgruppe für HMG-CoA-Reduktasehemmer sei formell rechtmäßig, insbesondere frei von Verfahrensfehlern. Der Antrag der Klägerinnen auf Akteneinsicht sei zu Recht abgelehnt worden, weil ein Anspruch hierauf im Verfahren zur Ergänzung der mit Rechtsnormqualität ausgestatteten Richtlinie im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V nicht bestehe. Die Nichteinbeziehung des Gutachtens von Prof. Wdurch den Beigeladenen zu 1) sei nicht zu beanstanden und verstoße insbesondere nicht gegen § 35 Abs. 2 SGB V. Gelegenheit zur Stellungnahme habe der Beigeladene zu 1) nämlich nur der AKdÄ gegeben, so dass auch nur deren Stellungnahme in die Entscheidung einzubeziehen gewesen sei. Im Übrigen hätte eine Einbeziehung des Gutachtens von Prof. W die Beschlussfassung des Beigeladenen zu 1) kaum beeinflusst. Auch führe nicht jeder Verstoß gegen § 35 Abs. 2 SGB V automatisch zur Nichtigkeit der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V. Die Gruppenbildung sei auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Atorvastatin sei mit Lovastatin, Simvastatin, Fluvastatin und Pravastatin pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V, weil alle diese Statine mit der Hemmung der HMG-CoA-Reduktase unstreitig eine ähnliche Wirkung bzw. einen übereinstimmenden Wirkmechanismus aufwiesen. Mit der Behandlung der primären und kombinierten Hypercholesterinämie habe Atorvaststin zudem dasselbe Anwendungsgebiet wir die übrigen Statine. Ohne Belang sei, dass das synthetisch hergestellte Atorvastatin eine andere molekulare Grundstruktur aufweise als Lovastatin, Simvastatin und Pravastatin, die auf einer mikrobiellen Basis beruhten. Die Gruppenbildung verstoße auch nicht gegen § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V, wonach die nach § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 Nr. 2 und 3 gebildeten Gruppen zu gewährleisten hätten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt würden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stünden. Von einer Gruppenbildung im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB V seien danach nämlich nur solche Arzneimittel auszunehmen, die eine arzneimittelrechtliche Zulassung für ein Anwendungsgebiet besäßen, für das kein anderes Arzneimittel zugelassen sei. Die Vorschrift verlange dagegen vor allem nicht die Austauschbarkeit der gruppierten Arzneimittel. Unterschiede in der Qualität der einer Festbetragsgruppe angehörenden Arzneimittel setze der Gesetzgeber gerade voraus. Hiervon ausgehend sei nicht gegen § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V verstoßen worden, da Atorvastatin für kein Anwendungsgebiet zugelassen sei, für das nicht wenigstens ein anderes Statin zugelassen sei. Die Gruppenbildung stehe auch mit § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V in Einklang, denn zwar sei Atorvastatin ein patentgeschützter Wirkstoff, doch seine Wirkungsweise sei nicht (gemessen an § 35 Abs. 1 Satz 4 SGB V) neuartig. Als erster der Gruppe der Statine sei nämlich Lovastatin in Verkehr gebracht worden, das noch vor 2003 patentfrei gewesen sei. Weil die Voraussetzungen aus § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V kumulativ vorliegen müssten, komme es nicht darauf an, ob Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung bedeute; bei Arzneimitteln mit patentgeschützten Wirkstoffen sei daher eine therapeutische Verbesserung nicht schon generell zu berücksichtigen. Das "und" in der Vorschrift dürfe nicht als "oder" gelesen werden. Der Gesetzgeber habe nur echte Innovationen mit neuartiger Wirkungsweise und zugleich therapeutischer Verbesserung privilegieren wollen. Zudem sei der mit Wirkung vom 20. November 2003 eingefügte § 35 Abs. 1a SGB V nicht etwa lex specialis zu § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bzw. Satz 3 Hs. 2 SGB V. Selbst wenn man unterstelle, dass Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise nicht neuartig sei, von einer Gruppenbildung nach § 35 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB V ausgenommen seien, könne die Klage keinen Erfolg haben. Es sei nämlich nicht erwiesen, dass Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung biete. Dabei erfülle nicht schon jeder Vorteil den Begriff der "therapeutischen Verbesserung"; relevant seien nur Verbesserungen von einiger Erheblichkeit. Hier bedeute ein Statin gegenüber einem anderen Statin eine therapeutische Verbesserung, wenn es in deutlich mehr Fällen die Gesamtsterblichkeit und/oder die koronar bedingte Morbidität und Mortalität reduziere oder aber in deutlich weniger Fällen Nebenwirkungen von nicht unerheblichem Gewicht aufweise. Hieran gemessen bringe Atorvastatin keine therapeutische Verbesserung. Es sei nicht erwiesen, dass Atorvastatin bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, akutem Koronarsyndrom oder Diabetes mellitus die Gesamtsterblichkeit und/oder die koronar bedingte Morbidität und Mortalität reduziere oder bei Gabe in höchster zugelassener Dosierung weniger unerwünschte Nebenwirkungen habe. Hier folge die Kammer der überzeugenden "Nutzenbewertung der Statine" des IQWiG. Dieses habe die ALLIANCE-Studie und die PROVE-IT-Studie unberücksichtigt lassen dürfen, denn sie genügten nicht den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin. Dass sich eine therapeutische Verbesserung mit Atorvastatin nicht nachweisen lasse, gehe zu Lasten der Klägerinnen, denn § 35 Abs. 1 Satz 3, Hs. 2 SGB V sei Ausnahmetatbestand eines Regeltatbestandes; da die Klägerinnen sich auf diesen Ausnahmetatbestand beriefen, hätten sie im Zweifel auch das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu beweisen. Die Festsetzung der Festbeträge für die Gruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer beruhe auf einer durch den Beigeladenen zu 1) – an dessen Entscheidung die beklagten Krankenkassenverbände gebunden gewesen seien – zutreffend ermittelten Vergleichsgröße. Diese müsse nicht die tatsächliche Wirkstärke (das Ausmaß der therapeutischen Wirkung), sondern nur die reale Wirkstärke (die jeweilige Menge in mg oder einer anderen Maßeinheit) widerspiegeln. Eine Festlegung der Vergleichsgröße nach der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Einzelwirkstärke sei nicht zu beanstanden; auf diese Weise komme es zu einem geeigneten Rechenwert, der sicherstelle, dass das Verhältnis zwischen der von jedem Versicherten individuell benötigten Arzneimitteldosis zu den für diese Dosis aufzuwendenden Arzneimittelkosten annähernd gleich sei. Schließlich werde die Festsetzung der Festbeträge auch der Höhe nach den gesetzlichen Vorgaben in § 35 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB V gerecht. Die ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte Versorgung der Versicherten sei gewährleistet. Es komme zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven, zur Auslösung eines wirksamen Preiswettbewerbs und zur Ausrichtung an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten. Eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sei sichergestellt. Es gebe kein Patientenkollektiv, das allein durch die Therapie mit Atorvastatin wirksam behandelt werden könne.
Am 20. Dezember 2005 haben die Klägerinnen Berufung eingelegt.
Am 10. Februar 2006 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 48 vom 9. März 2006, Seite 1534) haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. April 2006 bei gleich bleibender Wirkstärkenvergleichsgröße von 0,97 um fünf Prozent auf 59,42 Euro abzusenken.
Am 11. Mai 2006 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 105 vom 7. Juni 2006, Seite 4219) haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung des § 35 Abs. 5 SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. Juli 2006 bei gleich bleibender Wirkstärkenvergleichsgröße (0,97) von 59,42 Euro auf 36,61 Euro abzusenken.
Am 13. März 2008 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 52 vom 4. April 2008, Seite 1224) hat der Beigeladene zu 1) beschlossen, die Vergleichsgrößen in der Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer wie folgt zu aktualisieren:
HMG-CoA-Reduktasehemmer
Wirkstoffe: Vergleichsgröße:
Atorvastatin 25,9 Atorvastatin Calcium-3-Wasser
Fluvastatin 58,2 Fluvastatin Natrium
Lovastatin 25,2
Pravastatin 25,3 Pravastatin Natrium
Simvastatin 26,9
orale, abgeteilte Darreichungsformen Kapseln; Filmtabletten; Retardtabletten; Tabletten.
Auf dieser Grundlage haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen den Festbetrag überprüft und am 7. April 2008 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 57 vom 15. April 2008, Seite 1346) beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. Juni 2008 wie folgt anzupassen: Standardpackung zu 100 Stück, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,4, Festbetrag 13,48 Euro.
Der Senat hat die Beteiligten insoweit darauf hingewiesen, dass die Allgemeinverfügungen vom 10. Februar 2006, 11. Mai 2006 und 7. April 2008 Gegenstand des Verfahrens geworden seien.
Im Berufungsverfahren beziehen die Klägerinnen sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen ergänzend im Wesentlichen vor:
Der Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 sei verfahrensfehlerhaft und damit nichtig. Aus der mangelhaft geführten Verwaltungsakte sei nicht ersichtlich, ob die konstitutiven Voraussetzungen zur Beschlussfassung vorgelegen hätten. Zu Unrecht habe der Beigeladene einen Antrag der Klägerinnen auf Akteneinsicht abgelehnt; das Recht auf Akteneinsicht ergebe sich aus § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X). Den für die ordnungsgemäße Festbetragsgruppenbildung maßgeblichen Sachverhalt habe der Beigeladene zu 1) nur unzureichend aufgeklärt. Er habe die bestverfügbare wissenschaftliche Evidenz nicht objektiv und neutral gesichtet und ausgewertet. So sei insbesondere das von Prof. W erstellte Fachgutachten zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Dieses Gutachten habe dem Beigeladenen zu 1) vorgelegen und sei auch von ihm in Auftrag gegeben worden. Zudem hätte der Beigeladene zu 1) sich inhaltlich mit dem Gutachten von Prof. K befassen müssen. Insgesamt bestehe der Eindruck, dass der Beigeladene zu 1) das Verfahren nicht ergebnisoffen, sondern vorab festgelegt betrieben habe. Gutachten mit nicht genehmen Ergebnissen seien aus dem Entscheidungsprozess ausgeblendet worden. Auch sei dem Beschluss nicht die ursprüngliche Fassung des AKdÄ-Gutachtens zu Grunde gelegt, sondern eine zweite Version veranlasst worden, um die Entscheidung "gerichtsfest" zu machen. Materiellrechtlich sei zu beachten, dass Atorvastatin aufgrund seiner spezifischen, der synthetischen Herstellungsweise geschuldeten Molekularstruktur, seiner besonderen pleiotropen Wirkeigenschaften und der ihm innewohnenden therapeutischen Verbesserung mit den übrigen Statinen nicht pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar sei. So sei etwa Atorvastatin das einzige Statin, das nachweislich in der Lage sei, die Arteriosklerose aufzuhalten. Die Gruppenbildung verstoße auch gegen § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V: Durch die Einbeziehung von Atorvastatin würden die Therapiemöglichkeiten insbesondere für solche Patienten eingeschränkt, die auf eine besonders starke LDL-Senkung angewiesen seien; medizinisch notwendige Verordnungsalternativen stünden nicht mehr zur Verfügung. Die vom Sozialgericht verfolgte enge Auslegung des Gesetzes sei insoweit nicht sachgerecht. Entscheidend müsse sein, ob ein Arzneimittel nicht gleichwertig durch ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden könne. An einem gleichwertigen Ersatz für Atorvastatin fehle es insbesondere in Bezug auf die Patienten, die auf eine möglichst starke LDL-Senkung angewiesen seien. Ob Atorvastatin neuartig im Sinne von § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2, Abs. 1 Satz 4 SGB V sei, sei im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts irrelevant. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich zweifelsfrei, dass unabhängig von der Frage der Neuartigkeit eine Einbeziehung von patentgeschützten Wirkstoffen ausgeschlossen sei, wenn diese eine therapeutische Verbesserung darstellten. § 35 Abs. 1a SGB V sei eine Spezialregelung gegenüber § 35 Abs. 1 SGB V und sperre für die Festbetragsgruppe 2 den Rückgriff auf die allgemeine Regelung. Die Gruppenbildung der Statine in Gestalt der auch Generika enthaltenden "Jumbogruppe" sei mithin auch deshalb rechtswidrig, weil sie nach § 35 Abs. 1a SGB V ausschließlich patentgeschützte Wirkstoffe berücksichtigen dürfe. Inzwischen habe der Gesetzgeber auf die verfehlte Auslegung des Sozialgerichts Berlin reagiert und das Wort "und" in § 35 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 SGB V mit Wirkung vom 1. April 2006 durch ein "oder" ersetzt. Unabhängig von alledem biete Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung. Auch hier sei die Argumentation des Sozialgerichts unzutreffend. Dass das Gericht die "Nutzenbewertung der Statine" durch das IQWiG inhaltlich verwertet habe, stelle eine Überraschungsentscheidung dar. Es sei nicht statthaft, die Bewertungsgrundlagen für eine Festbetragsgruppenbildung durch eine Bezugnahme auf nachgeschobene Stellungnahmen des IQWiG nachträglich auszuwechseln. Der Beigeladene zu 1) betreibe hier nur "prozessuale Ablenkungs- und Verlagerungsmanöver". Zudem stünden die Ergebnisse der "Nutzenbewertung" durch das IQWiG teilweise in Widerspruch zur ursprünglichen Begründung der Festbetragsgruppenbildung, etwa in Bezug auf die Bewertung der PROVE-IT-Studie und in Bezug auf den Zusammenhang zwischen dem Maß der LDL-Senkung und der Reduzierung kardiovaskulärer Risiken. Aus denselben Gründen sei es unstatthaft, wenn der Beigeladene zu 1) nun auch den HTA-Bericht des britischen NICE-Instituts heranziehe. Im Übrigen stelle der Beigeladene zu 1) die Ergebnisse der PROVE-IT-Studie zu Unrecht in Frage. Das IQWiG verkenne zudem seine Rolle: Es habe wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht umzudefinieren, sondern müsse ihn objektiv ermitteln. Ohne sachverständige Hilfe hätte das Gericht sich nicht über die Einschätzungen von Fachgesellschaften und der Fachgutachter Prof. W und Prof. K hinwegsetzen dürfen. Warum das Gericht die Nutzenbewertung durch das IQWiG für überzeugend halte, werde nicht weiter begründet. Die Kammer habe sich nicht bemüht, das vorhandene Erkenntnismaterial unvoreingenommen und neutral zu würdigen. In der Sache weise Atorvastatin innerhalb der Gruppe der Statine ein überlegenes Wirkprofil im Sinne einer therapeutischen Verbesserung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V auf; die Überlegenheit beziehe sich auf die stärkere LDL-senkende Potenz, die stärkere Reduzierung klinisch relevanter Endpunkte bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom sowie bei fortgeschrittener Arteriosklerose, den schnelleren Eintritt der Schutzwirkung sowie auf ein überlegenes Sicherheitsprofil bei einer intensiven LDL-Senkung. Die PROVE-IT-Studie belege, dass die Gabe von Atorvastatin bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom den primären Zielparameter signifikant stärker reduziere als die höchste zugelassene Dosierung von Pravastatin. Dabei beziehe sich der Begriff der therapeutischen Verbesserung auf das gemeinsame zugelassene Anwendungsgebiet (die Senkung des LDL-Cholesterins) und nicht auf die Gesamtsterblichkeit und / oder koronar bedingte Morbidität und Mortalität. Dies ergebe sich nunmehr auch aus § 35 Abs. 1b Satz 2 SGB V neuer Fassung. Unzutreffend sei schließlich die Annahme des Sozialgerichts, die Klägerinnen seien beweispflichtig für das Vorliegen einer "therapeutischen Verbesserung". Es sei Aufgabe der Beigeladenen zu 1), die Voraussetzungen für die Bildung einer Festbetragsgruppe darzulegen und im Zweifelsfall zu beweisen. Bei Prüfung einer therapeutischen Verbesserung habe der Beigeladene zu 1) den Stand der medizinisch-pharmakologi¬schen Erkenntnisse einzubeziehen; dabei komme ihm kein Beurteilungsspielraum zu (Bezugnahme auf B 6 KA 13/05 R, Rdnr. 76). Den wissenschaftlichen Erkenntnisstand habe der Beigeladene aber nicht hinreichend berücksichtigt. Hinzu trete, dass der Entscheidungsprozess nicht hinreichend dokumentiert sei, so dass die Einhaltung verfahrensrechtlicher Regelungen nicht nachvollzogen werden können. Der Hinweis des Beigeladenen zu 1) auf die sich aus dem Normsetzungsverfahren ergebenden Besonderheiten verfange schon im Lichte der EU-Transparenzrichtlinie und der dort statuierten Begründungspflicht nicht. Insgesamt sei die vom Beigeladenen zu 1) für die Festbetragsgruppenbildung gegebene Begründung nicht stichhaltig und setze sich nicht hinreichend mit den Einwänden der Klägerinnen auseinander. Wenn die voreingenommene Praxis des Beigeladenen zu 1) und des IQWiG gerichtlich gebilligt werden sollte, stünden die Klägerinnen und mit ihnen alle anderen Pharmaunternehmen faktisch schutzlos da und dem Beigeladenen zu 1) bzw. dem IQWiG wäre ein "Freibrief" gewährt. Die zugrunde gelegten Vergleichsgrößen seien ungeeignet und rechtswidrig. In den Vergleichsgrößen für Atorvastatin liege eine massive pharmakologische Unterbewertung im Verhältnis zu den anderen Statinen. Die Fehlgewichtung führe dazu, dass die Mitbewerber um etwa 70 Prozent höhere Preise für ihre Wirkstoffe verlangen könnten als die Klägerinnen. Schließlich sei auch die Höhe des festgesetzten bzw. angepassten Festbetrages zu beanstanden. Objektiv bestehende Produktunterschiede dürften nicht auf der Preisebene nivelliert werden. Letztlich sei eine in der Qualität gesicherte Versorgung der Versicherten nicht mehr gewährleistet. Betroffen seien etwa 700.000 Patienten mit akutem Koronarsyndrom, für die auf dem Festbetragsniveau keine Arzneimittelauswahl mehr bestehe, weil kein anderes Statin existiere, für das eine mit Sortis® vergleichbare Wirkung belegt sei. Zudem sei die Wirkung von Atorvastatin bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom inzwischen durch die Aufnahme einer weiteren Studie in die Fachinformation förmlich anerkannt worden.
Die Klägerinnen haben eine an das Landgericht Berlin gerichtete Klageschrift vom 18. Dezember 2008 zu den Akten gereicht, mit der sie den Beigeladenen zu 1) wegen Amtshaftung aufgrund seines Beschlusses zur Festbetragsgruppenbildung vom 20. Juli 2004 in Anspruch nehmen. Das Landgericht hat den Amtshaftungsprozess mit Blick auf das vorliegende Streitverfahren ausgesetzt.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2005 aufzuheben,
festzustellen, dass die Beschlüsse der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004, 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006 bezüglich der Festsetzung bzw. der Anpassung eines Festbetrages für den Wirkstoff Atorvaststin rechtswidrig waren sowie
den Beschluss der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 7. April 2008 bezüglich der Anpassung des Festbetrages für den Wirkstoff Atorvaststin aufzuheben.
Hilfsweise beantragen die Klägerinnen,
Herrn Prof. Dr. W, als Zeugen zu hören zum Beweis für die Tatsache, dass Herr Prof. Dr. W im Jahre 2004 vom GBA mit der Erstellung eines Gutachtens zu der Frage der Festbetragsgruppenbildung für Statine beauftragt worden ist.
Der Senat hat den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zunächst mit Beschluss vom 1. August 2008 zum Verfahren beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2009 hat der Senat beschlossen, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen als Funktionsnachfolger für die bisherigen Bundesverbände der Krankenkassen und damit als alleinigen Beklagten zu behandeln; die bisherigen Beklagten hat der Senat als Beigeladene zu 3) - 8) beigeladen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Beschlüsse der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004, 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006 abzuweisen.
Er hält das mit der Berufung angegriffene Urteil für zutreffend und macht sich das erstinstanzliche Vorbringen des auf Seiten der vormaligen Beklagten federführenden BKK-Bundesverbandes zu eigen. Im Übrigen hat er sich zu den nach Berufungseinlegung erfolgten Festbetragsanpassungen (Beschlüsse vom 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006) sowie zur Festbetragsneufestsetzung vom 7. April 2008 geäußert.
Auch der Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Beschlüsse der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004, 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006 abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus: Ein Verwaltungsverfahren im Sinne von § 8 SGB X sei in Zusammenhang mit der Ergänzung der mit Rechtsnormqualität ausgestatteten Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V nicht durchgeführt worden, so dass auch die formellen Erfordernisse eines Verwaltungsverfahrens nicht hätten beachtet werden müssen. Eine Pflicht etwa zur lückenlosen Dokumentation des gesamten Entscheidungsprozesses bzw. zur Gewährung von Akteneinsicht bestehe daher nicht. Weil einen Normgeber grundsätzlich auch keine Amtsermittlungspflicht treffe, habe keine Notwendigkeit bestanden, die Gutachten von Prof. Kund Prof. W in die Bewertung mit einzubeziehen. Prof. W sei zudem nicht mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden; anders als die AKdÄ habe er seine Ausführungen auch nicht an den zu beachtenden "Entscheidungsgrundlagen" orientiert. Materiell-rechtlich sei die Bildung der Festbetragsgruppe nicht zu beanstanden. Pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V sei gegeben. Soweit die Klägerinnen hier anführten, dass Atorvastatin über besondere pleiotrope Wirkeigenschaften verfüge, werde übersehen, dass selbst nach dem Gutachten von Prof. W nicht durch wissenschaftliche Studien untermauert sei, welchen Einfluss diese Effekte auf Morbidität und Mortalität hätten. Der Anspruch der Klägerinnen, Atorvastatin wegen einer therapeutischen Verbesserung von der Festbetragsgruppe auszunehmen, sei weder aus rechtlicher noch aus medizinischer Sicht begründet. Mit § 35 Abs. 1b SGB V habe der Gesetzgeber nunmehr klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine therapeutische Verbesserung vorliege. Die vom Beigeladenen zu 1) angewandten Entscheidungsgrundlagen entsprächen inhaltlich den später vom Gesetzgeber formulierten Kriterien; insbesondere habe der Gesetzgeber dem Erfordernis valider direkter Vergleichsstudien Gesetzesrang verschafft. Insoweit habe das Sozialgericht auch zutreffend vorausgesetzt, dass nicht jeder irgendwie geartete Vorteil unter den Begriff der therapeutischen Verbesserung falle. Gemessen an den Regelungen in § 35 Abs. 1b SGB V bedeute Atorvastatin auch keine therapeutische Verbesserung. Die erforderlichen wissenschaftlichen Belege für einen therapierelevanten Zusatznutzen von Atorvastatin lägen nicht vor. Die Nutzenbewertung durch das IQWiG und das britische NICE-Institut hätten diese Sichtweise Anfang 2006 in Würdigung der verfügbaren plazebokontrollierten bzw. direkt vergleichenden Studien nachträglich bestätigt. Insbesondere die von den Klägerinnen behauptete stärkere Wirkpotenz sei nicht in erforderlichem Maße nachgewiesen; weder die CARDS-Studie noch die ASCOTT-LLA-Studie seien insoweit überzeugend. Auch die behauptete Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom bzw. eine stärkere Reduktion anderer kardiovaskulärer Endpunkte bei arteriosklerotischen Erkrankungen seien nicht hinreichend belegt. Dasselbe gelte für alle anderen von den Klägerinnen angeführten Aspekte einer therapeutischen Verbesserung. Die Gutachten der Prof. K und Prof. W seien im Übrigen nicht entscheidend verwertbar, da sie unter gravierenden methodischen Mängeln litten. Sofern die Klägerinnen sich gegen die Nutzenbewertung der Statine durch das IQWiG richteten, seien die Einwände unbegründet. Vor allem die vom IQWiG geäußerten Zweifel an der Validität der PROVE-IT-Studie seien stichhaltig. Auch aus der IDEAL-Studie lasse sich kein Nachweis einer Überlegenheit von Atorvastatin gegenüber Simvastatin ableiten.
Auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2009 hat der Senat beschlossen, die Klage gegen die Allgemeinverfügungen der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 11. Mai 2006 und vom 7. April 2008 abzutrennen und unter dem Aktenzeichen L 9 KR 351/09 fortzuführen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte (11 Bände nebst drei Anlagenordnern), des Verwaltungsvorgangs des Beigeladenen zu 1) (zwei Ordner) sowie des Beigeladenen zu 4) (ein Ordner) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Berufung und Klage haben keinen Erfolg.
A. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2005. Streitgegenstand ist insoweit die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 hinsichtlich der Festsetzung eines Festbetrages für den Wirkstoff Atorvaststin.
Der Senat entscheidet außerdem auf die Klage über die Rechtmäßigkeit der erst während des Berufungsverfahrens ergangene Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006 bezüglich der Anpassung des Festbetrages. Diese Allgemeinverfügung ist gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden, denn sie ersetzt die vorangegangene Regelung, indem ein der Höhe nach anderer Festbetrag festgesetzt wird. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für die Allgemeinverfügungen der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 11. Mai 2006 und vom 7. April 2008; insoweit hat der Senat das Verfahren aber abgetrennt und wird über die Klage gesondert entscheiden (L 9 KR 351/09).
B. Berufung und Klage sind infolge eines Parteiwechsels kraft Gesetzes gegen den jetzigen Beklagten, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zu richten (vgl. schon Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2008, L 9 B 192/08 KR ER, zitiert nach juris). Dementsprechend hatte der Senat das Rubrum umzustellen, die bisherigen Beklagten sind beigeladen worden. Zuständig für die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel ist gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V in der seit dem 1. Juli 2008 geltenden Fassung i.V.m. § 217 f Abs. 1 SGB V nämlich ausschließlich der Spitzenverband Bund der Krankenkassen; den Beigeladenen zu 3) bis 8) fehlt hierzu seit diesem Zeitpunkt jegliche Kompetenz. Zwar bleibt die prozessuale Stellung einer beklagten Behörde grundsätzlich unberührt, wenn nach Erhebung einer Klage eine andere Behörde für den Erlass der streitgegenständlichen Entscheidung zuständig wird. Eine Ausnahme gilt aber jedenfalls dann, wenn der Zuständigkeitswechsel auf einem Organisationsakt der Verwaltung beruht. Organisationsakte in diesem Sinne sind – wie im vorliegenden Fall – gesetzliche oder durch die Verwaltung getroffene Maßnahmen, durch die der bisherige Zuständigkeitsbereich der ursprünglich beklagten Behörde geändert wird (vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Oktober 2002, I R 17/01, zitiert nach juris). Prozessuale Folge dieses Wechsels in der Behördenzuständigkeit ist zumindest bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ein Parteiwechsel kraft Gesetzes, da mit diesen Klagen in der Regel ein auch in die Zukunft gerichtetes Begehren verfolgt wird und maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in diesen Fällen die letzte mündliche Verhandlung ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 5. Juli 2007, B 9/9a SB 2/07 R, zitiert nach juris). Anderes gilt für (reine) Anfechtungsklagen, da diese allein in die Vergangenheit, nämlich auf den Zeitpunkt des angefochtene Bescheides, weisen und sich daher grundsätzlich gegen die den Bescheid erlassende Behörde richten (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O. sowie Urteil vom 5. Juli 2007, B 9/9a SB 2/06 R, zitiert nach juris). Von Letzterem ist jedoch im Falle der Funktionsnachfolge wiederum eine Ausnahme zu machen, da sie zu einer ersetzenden Zuständigkeitsverlagerung führt, wie der vorliegende Rechtsstreit anschaulich belegt. Soweit der Gesetzgeber neue Zuständigkeitszuordnungen vornimmt bzw. die Besetzung von kollegial verfassten Behörden ändert, sind die nunmehr als zuständig bestimmten Behörden in ihrer dem aktuellen Recht entsprechenden Zusammensetzung für alle Entscheidungen in allen Verfahren aus ihrem sachlichen Aufgabenbereich zuständig, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt sich die zu prüfenden Umstände abgespielt haben. Soweit keine Übergangsbestimmungen erlassen werden, treten die neu als zuständig bestimmten Behörden bzw. diese in ihrer neuen Besetzung in vollem Umfang an die Stelle der alten Behörden. Für sämtliche anstehenden Entscheidungen - unter Einschluss von Nebenentscheidungen zu bereits getroffenen Entscheidungen (z.B. zu den Kosten) - sind ausschließlich die nunmehr zuständigen Behörden verantwortlich (im Ergebnis ebenso: Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juli 2007, B 12 P 4/06 R, sowie Urteil vom 9. April 2008, B 6 KA 34/07 R, jeweils zitiert nach juris). Weil den Beigeladenen zu 3) bis 8) ab dem 1. Juli 2008 jegliche Kompetenz im Bereicht der Festbetragsfestsetzung genommen wurde, fehlt ihnen seither jede rechtliche Befugnis, die angegriffene Festbetragsfestsetzung zu ändern oder aufzuheben; die Abgabe eines prozessualen (Teil-)Aner¬kennt¬nisses etwa wäre rechtlich unzulässig. Hierzu ist nur noch die seit dem 1. Juli 2008 zur Festbetragsfestsetzung gesetzlich ermächtigte Behörde – der Spitzenverband Bund der Krankenkassen – berechtigt.
C. 1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin ist zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG). Allerdings können die Klägerinnen gegen die im erstinstanzlichen Verfahren streitgegenständliche Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 nur noch im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage vorgehen, denn diese Verfügung hat sich erledigt, indem sie durch Folgeregelungen ersetzt wurde.
Bei der Festbetragsfestsetzung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V handelt es sich um einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung nach § 31 Satz 2 SGB X, denn die Regelung richtet sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis, nämlich u.a. an Krankenkassen, Ärzte und Versicherte. Die Festbetragsfestsetzung in Form einer Allgemeinverfügung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; insbesondere gebietet Verfassungsrecht nicht, Festbeträge durch Rechtsverordnung festzusetzen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2002, 1 BvL 28, 29, 30/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 99, 126, 131). Als Klageart ist daher grundsätzlich die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. SGG statthaft (vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 13). Die Anfechtungsklage gegen die (erste) Festbetragsfestsetzung hat sich jedoch in Folge der Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006 erledigt.
Erledigung liegt allgemein vor, wenn ein Ereignis den prozessualen Anspruch gegen¬standslos macht oder eine Lage eingetreten ist, die eine Entscheidung erübrigt oder ausschließt. Sie ist mit dem Wegfall des Rechtsschutzinteresses gleichzusetzen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 1976, 7 Rar 107/75, BSGE 42, 212 [216]). Hieran gemessen erledigt sich die Anfechtung einer Festbetragsfestsetzung durch Zeitablauf, wenn die streitgegenständliche Regelung im Laufe des Gerichtsverfahrens gegenstandslos bzw. durch anderweitige Regelungen ersetzt wird und von ihr für die Zukunft keine nachteiligen Wirkungen mehr zu erwarten sind (ähnlich in Zusammenhang mit einer Wahlanfechtung: Bundessozialgericht, Urteil vom 13. September 2005, B 2 U 21/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 16). So liegt es hier, denn von der Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 gehen keine nachteiligen Wirkungen mehr aus, nachdem sie durch die Nachfolgeregelung vom 10. Februar 2006 (fortan 59,42 Euro statt zuvor 62,55 Euro) ersetzt wurde. Für eine Aufhebung der Verfügung vom 29. Oktober 2004 besteht damit kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (siehe auch Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14, Erledigung der ursprünglichen durch nachfolgende Festbetragsfestsetzungen).
Statthafte Klageart ist daher nunmehr die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG. Der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage gilt nicht als Klageänderung und ist nach allgemeiner Meinung sogar noch in der Revisionsinstanz zulässig (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O.). Erledigt sich die Anfechtung einer Festbetragsfestsetzung nach § 35 Abs. 3 SGB V durch Zeitablauf, Außerkrafttreten der zu prüfenden Allgemeinverfügung oder anderweitig, ist es grundsätzlich statthaft, das Verfahren in Gestalt eines Fortsetzungsfeststellungsantrages fortzuführen, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Unwirksamkeit hat und wenn die ursprünglich erhobene, nunmehr erledigte Anfechtungsklage ihrerseits zulässig war.
Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerinnen ergibt sich jedenfalls unter dem Aspekt der Präjudizialität. Grundsätzlich führt der Gedanke der Präjudizialität zur Bejahung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses, wenn die Entscheidung für einen Schadensersatzprozess - insbesondere einen Amtshaftungsprozess vor den Zivilgerichten - wesentlich und dieser Prozess bei Eintritt der Erledigung anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten und nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. Keller, a.a.O., Rdnr. 10 d). Mit ihrer Klage vom 18. Dezember 2008 haben die Klägerinnen einen Amtshaftungsprozess anhängig gemacht. Für dessen Erfolg kommt es unter anderem auf das Vorliegen einer rechtswidrigen Amtshandlung an, hier des Beschusses des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004, dessen Rechtmäßigkeit inzident auch im vorliegenden Verfahren zu prüfen ist. Der Amtshaftungsprozess ist auch nicht offensichtlich aussichtslos. Eine solche "offensichtliche" Aussichtslosigkeit eines beabsichtigten zivilgerichtlichen Haftungsprozesses kann nämlich nur dann angenommen werden, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete zivilrechtliche Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht (ständige Rechtsprechung; vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, 3 KR 23/04 R sowie Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29. April 1992, 4 C 29/90, jeweils zitiert nach juris). Die Fortsetzungsfeststellungsklage dient auch dem Zweck zu verhindern, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses nach Klageerhebung sein ursprüngliches Klageziel nicht mehr erreichen kann, um die Früchte seiner bisherigen Prozessführung gebracht wird. Dem der Fortsetzungsfeststellungsklage zugrunde liegenden Gedanken der Prozessökonomie würde es daher nicht gerecht, wenn die Zulässigkeit einer derartigen Klage ihrerseits von überhöhten Anforderungen an das von einem Kläger darzulegende Feststellungsinteresse abhängig gemacht würde. Bei der Prüfung der offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Schadensersatzklage vor dem Zivilgericht kann es folglich für den Senat nicht darum gehen, die Erfolgsaussichten des Haftungsprozesses schlechthin zu prüfen und somit den vor dem Landgericht Berlin zu führenden Prozess auch in den von der Feststellung der Rechtswidrigkeit unabhängigen Teilen gleichsam vorwegzunehmen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, a.a.O., mit weiteren Hinweisen zur ständigen Rechtsprechung). Hieran gemessen kann der Senat jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit des Amtshaftungsprozesses ausgehen, in dessen Rahmen komplexe Fragen wie auch die nach der schuldhaften Amtspflichtverletzung zu beantworten sein werden.
Im Übrigen war die ursprünglich gegen die Allgemeinverfügung vom 29. Oktober 2004 erhobene Anfechtungsklage zulässig. Ein Vorverfahren war nicht erforderlich (§ 35 Abs. 7 Satz 3 SGB V).
Soweit die Klägerinnen die Rechtmäßigkeit der vom Beigeladenen zu 1) vorgenommenen Gruppeneinteilung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB V angreifen, stand der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, dass eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung unzulässig ist (§ 35 Abs. 7 Satz 4 SGB V). Damit wird eine gerichtliche Überprüfung der Gruppeneinteilung nicht entgegen Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ausgeschlossen, sondern in die spätere gerichtliche Kontrolle der gesamten Festbetragsfestsetzung für ein Arzneimittel einbezogen. Im Rahmen einer Klage gegen die Festsetzung eines Festbetrages kann die Gruppenbildung in vollem Umfang zur Überprüfung gestellt werden (Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 16, unter Hinweis auf BT-Drucksache 11/3480 S. 54).
Die Klägerinnen sind als Herstellerinnen eines von der Festbetragsfestsetzung betroffenen Arzneimittels auch klagebefugt im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Grundsätzlich ist eine Klagebefugnis gegeben, sofern rechtlich geschützte Individualinteressen betroffen sind, sei es in Gestalt einfachrechtlicher Schutznormen, sei es in Gestalt grundrechtlicher Gewährleistungen. Unzulässig ist eine Klage danach, wenn eine Verletzung eigener Rechte des Klägers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise in Betracht kommt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, Rdnr. 12, 12a zu § 54 SGG).
Der Senat lässt offen, ob einzelne in § 35 SGB V enthaltene Regelungen, etwa die Privilegierung patentgeschützter Arzneimittel, Drittschutz entfalten (vgl. hierzu Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 18 bis 20). Jedenfalls können die Klägerinnen ihre Klagebefugnis aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitssatz) herleiten; grundsätzlich geht der Senat dabei davon aus, dass die Hersteller von Arzneimitteln aufgrund grundrechtlicher Gewährleistungen gerichtlichen Rechtsschutz gegen solche staatlichen Maßnahmen beanspruchen können, die den Wettbewerb mit ihren Konkurrenten verfälschen können (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 35). Die Beeinträchtigung der genannten Grundrechte erscheint möglich bzw. ist hinreichend dargetan, denn die Klägerinnen machen (u.a.) geltend, im Wettbewerb gegenüber anderen Arzneimittelherstellern dadurch benachteiligt zu werden, dass das Arzneimittel Sortis® mit dem Wirkstoff Atorvastatin gegenüber den sonstigen Statinen eine Sonderstellung besitze, die einer Einbeziehung in die Festbetragsgruppe entgegenstehe. Schon damit ist eine mögliche Verletzung der genannten Grundrechte hinreichend dargetan, denn die gleiche Behandlung gegenüber den anderen Statinen trotz behaupteter Unterschiede könnte gleichheitswidrig sein und damit einen unzulässigen Eingriff in die Teilhabe am Wettbewerb darstellen.
Dem steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2002 (1 BvL 28, 29, 30/95, zitiert nach juris) nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat hier die Grundrechtsbetroffenheit von Arzneimittelherstellern nur insofern verneint, als der Gesetzgeber die Spitzenverbände der Krankenkassen zur Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel ermächtigt habe. Bindend steht damit nur fest, dass Festbetragsfestsetzungen als solche die Berufsfreiheit pharmazeutischer Unternehmen nicht verletzen, weil sie lediglich die Rahmenbedingungen ihrer wirtschaftlichen Betätigung betreffen, auf deren unveränderte Beibehaltung kein verfassungsrechtlich geschützter Anspruch besteht. Dies schließt aber nicht aus, dass staatliche Maßnahmen, die auf eine Veränderung des Verhaltens von Unternehmen im Wettbewerb zielen oder den Wettbewerb der Unternehmen untereinander verfälschen, im Einzelfall die Berufsfreiheit beeinträchtigen können (vgl. hierzu Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 21 bis 23).
2. Die Klage gegen die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006, die – wie ausgeführt – nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, ist ebenfalls in Form der Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Auch hier kann es nur noch darum gehen, die Rechtmäßigkeit der Festbetragsfestsetzung im Nachhinein zu prüfen, denn sie hat sich mit der weiteren Verfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 11. Mai 2006 (Gegenstand des Verfahrens L 9 KR 351/09) erledigt. Im Übrigen gilt zur Zulässigkeit der Klage das bislang Gesagte.
D. Die Berufung ist unbegründet. Die erstinstanzliche Entscheidung beurteilt die Sach- und Rechtslage im Ergebnis zutreffend. Die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 bezüglich der Festsetzung eines Festbetrages für den Wirkstoff Atorvastastin war rechtmäßig. Zu messen ist sie an § 35 SGB V in der vom 20. November 2003 bis zum 30. April 2006 geltenden Fassung (unten 1.). Sowohl formell (unten 2.) als auch materiell (unten 3.) hält die Verfügung einer rechtlichen Überprüfung stand. Hierfür ist insbesondere maßgeblich, dass der vorangegangene Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 zur Gruppenbildung der Statine keine Rechte der Klägerinnen verletzt (unten 3. a); schließlich ist auch die Festsetzung der Festbeträge der Höhe nach rechtmäßig (unten 3. b).
1. Die in der Allgemeinverfügung vom 29. Oktober 2004 getroffene Regelung, die vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2006 Wirkung entfaltete, ist an § 35 SGB V in der Fassung zu messen, die er vom 20. November 2003 bis zum 30. April 2006 hatte. Die Vorschrift lautete:
(1) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. 2In den Gruppen sollen Arzneimittel mit 1. denselben Wirkstoffen, 2. pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, 3. therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen, zusammengefasst werden; unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel sind zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind. 3Die nach Satz 2 Nr. 2 und 3 gebildeten Gruppen müssen gewährleisten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen; ausgenommen von diesen Gruppen sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig ist und die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. 4Als neuartig gilt ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht. 5Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt auch die nach Absatz 3 notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen.
(1a) 1Für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen kann abweichend von Absatz 1 Satz 4 eine Gruppe nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 mit mindestens drei Arzneimitteln gebildet und ein Festbetrag festgesetzt werden, sofern die Gruppenbildung nur für Arzneimittel erfolgt, die jeweils unter Patentschutz stehen. 2Ausgenommen von der Gruppenbildung nach Satz 1 sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten.
(2) 1Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker ist vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. 2Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(3) 1Die Spitzenverbände der Krankenkassen setzen gemeinsam und einheitlich den jeweiligen Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen fest. 2Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam können einheitliche Festbeträge für Verbandmittel festsetzen. 3Für die Stellungnahmen der Sachverständigen gilt Absatz 2 entsprechend.
(4) (aufgehoben)
(5) 1Die Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. 2Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen. 3Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. 4Der Festbetrag für die Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 soll den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten Preis und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. 5Bei der Berechnung nach Satz 4 sind hochpreisige Packungen mit einem Anteil von weniger als 1 vom Hundert an den verordneten Packungen in der Festbetragsgruppe nicht zu berücksichtigen. 6Für die Zahl der Verordnungen sind die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtages zuletzt verfügbaren Jahresdaten des Arzneimittelindexes der gesetzlichen Krankenversicherung zu Grunde zu legen.
(6) Für das Verfahren zur Festsetzung der Festbeträge gilt § 213 Abs. 2 und 3.
(7) 1Die Festbeträge sind im Bundesanzeiger bekanntzumachen. 2Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. 3Ein Vorverfahren findet nicht statt. 4Eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung nach Absatz 1 Satz 1 bis 3, gegen die rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen nach Absatz 1 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Festsetzung der Festbeträge ist unzulässig.
(8) 1Bis zum 31. Dezember 2003 finden die Absätze 1 bis 7 mit Ausnahme der Verweisung in § 36 Abs. 3 und zur Vorbereitung der Festsetzung von Festbeträgen, die ab dem 1. Januar 2004 gelten sollen, keine Anwendung. 2Die nach Absatz 7 und § 35a Abs. 5 bekannt gemachten Festbeträge für verschreibungspflichtige Arzneimittel sind entsprechend den geänderten Handelszuschlägen der Arzneimittelpreisverordnung, zuletzt geändert durch Artikel 24 des Gesetzes vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190), umzurechnen; die umgerechneten Festbeträge finden ab dem 1. Januar 2004 Anwendung. 3Für die Umrechnung sind keine Stellungnahmen von Sachverständigen einzuholen. 4Die Spitzenverbände der Krankenkassen machen die Umrechnung der Festbeträge bis zum 1. Dezember 2003 bekannt; § 35a Abs. 5 Satz 1 gilt entsprechend. 5Die umgerechneten Festbeträge nach Satz 2 sowie die auf Grund der §§ 35 und 35a bekannt gemachten Festbeträge für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel in der zuletzt gültigen Fassung bleiben so lange gültig, bis sie neu bestimmt, angepasst oder aufgehoben werden.
Spätere Rechtsänderungen, insbesondere die Änderung von § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V und die Einfügung von § 35 Abs. 1b SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) mit Wirkung vom 1. Mai 2006, muss der Senat hier außer Betracht lassen. Grundsätzlich darf selbst eine Regelung mit Dauerwirkung wie die hier in Frage stehende Allgemeinverfügung nur an dem Recht gemessen werden, das während ihrer Geltungsdauer galt. Die während der Geltungsdauer der Nachfolgeregelung gegebenenfalls geänderte Rechtslage ist unerheblich.
2. Die Festbetragsfestsetzung vom 29. Oktober 2004 war unter formellen Aspekten rechtmäßig. Die Spitzenverbände der Krankenkassen waren zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung, § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V; Rügen gegen das von ihnen durchgeführte Verfahren (insbes. § 35 Abs. 6 i.V.m. § 213 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der 2004 geltenden Fassung: "gemeinsam und einheitlich") sind nicht erhoben, Mängel auch sonst nicht erkennbar; die für die Festsetzung notwendige Form wurde gewahrt, indem der Festbetrag im Bundesanzeiger Nr. 210 vom 5. November 2004 bekanntgemacht wurde, § 33 Abs. 7 Satz 1 SGB V.
3. Die Festbetragsfestsetzung vom 29. Oktober 2004 war auch materiell rechtmäßig.
a) Der der Allgemeinverfügung vom 29. Oktober 2004 vorausgegangene, ihr zugrunde liegende und ihre Rechtmäßigkeit maßgeblich mitbestimmende Beschluss des Beigeladenen zu 1) zur Bildung der Festbetragsgruppe der Statine vom 20. Juli 2004 verletzt die Klägerinnen jedenfalls nicht in ihren Rechten. Die Bildung einer Festbetragsgruppe durch den Beigeladenen zu 1) ist ein Akt der untergesetzlichen Normgebung (unten aa), der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (unten bb). Der Beschluss vom 20. Juli 2004 ist frei von Verfahrens- oder Formfehlern (unten cc). Materiellrechtlich hat der Beigeladene zu 1) die Vorgaben aus § 35 SGB V teilweise verkannt, doch ist damit keine Verletzung von subjektiven Rechten der Klägerinnen verbunden (unten dd).
aa) Aus den oben zitierten Vorschriften (§ 35 Abs. 1 Sätze 1 und 5 SGB V) ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1) die nach § 35 Abs. 1 bis 2 SGB V zu treffenden Entscheidungen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zu bestimmen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung der mit dieser Frage befassten Senate des Bundessozialgerichts stellen die Arzneimittelrichtlinien untergesetzliche Rechtsnormen dar (vgl. nur Bundessozialge¬richt, Urteil vom 16. September 1997, 1 RK 32/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 25, 32; Urteil vom 26. Januar 2006, B 3 KR 4/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20; Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 28). Mit der "Verbindlicherklärung" in § 91 SGB V hat auch der Gesetzgeber die Rechtsnormqualität der Richtlinien des Beigeladenen zu 1) außer Frage gestellt (§ 91 Abs. 9 SGB V in der Fassung vom 1. Januar 2004 bis 30. Juni 2008; § 91 Abs. 6 SGB V in der seitdem geltenden Fassung; vgl. hierzu Beck in jurisPK-SGB V, § 91 Rdnr. 60; Beier, ebd., § 92 Rdnr. 18 ff.; s.a. Engelmann, MedR 2006, S. 245 [248]).
Die Verfassungsmäßigkeit dieser besonderen Form der Rechtsetzung in den Richtlinien des Beigeladenen zu 1) ist höchstrichterlich abschließend geklärt (vgl. nur Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 58, m.w.N.). Die Normsetzung durch den Beigeladenen zu 1) ist Teil eines umfassenden gesetzlichen Konzepts, nach dem auf der Grundlage der Vorgaben im SGB V die für die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten mit Sach- und Dienstleistungen erforderlichen Regeln durch die Partner der Versorgung in Normativverträgen vereinbart oder von Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung dieser Partner in Gestalt von Richtlinien getroffen werden. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht speziell für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung mit Urteil vom 17. Dezember 2002 das System der Festsetzung von Festbeträgen (§§ 35 ff. SGB V)als verfassungskonform bewertet (Urteil vom 17. Dezember 2002, 1 BvL 28 bis 30/95, BVerfGE 106, 275). Bei der Anwendung der Festbetragsregelung greifen die Normsetzungsbefugnisse des Beigeladenen zu 1) (Zusammenstellung von Gruppen von Arzneimitteln mit denselben und vergleichbaren Wirkstoffen nach§ 92 Abs. 2§ 35 Abs. 1 SGB V) und die eigentliche Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände bzw. heute den Spitzenverband Bund (§ 35 Abs. 3 SGB V) ineinander. Obwohl die Kompetenzen des Beigeladenen zu 1) im Rahmen des Festbetragsfestsetzungsverfahrens nicht ausdrücklich angesprochen werden, kann ausgeschlossen werden, dass das Bundesverfassungsgericht prinzipielle verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Befugnisse des Beigeladenen zu 1) in diesem Bereich hat. Denn dessen Regelungen über die mit Festbeträgen zu versehenden "Gruppen von Arzneimitteln" gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V sind notwendige Vorstufen für die vom Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfte und nicht beanstandete Festbetragsfestsetzung. Ohne die vorgelagerte Entscheidung des Beigeladenen zu 1) kann eine Festsetzung der Festbeträge durch die Spitzenverbände der Krankenkassen (§ 35 Abs. 3 SGB V) nicht erfolgen.
bb) Dass die Entscheidungen des beigeladenen Gemeinsamen Bundesausschusses im Rahmen von § 35 SGB V untergesetzliche Normgebung darstellen, hat entscheidenden Einfluss auf den Prüfungsmaßstab, den der Senat im Rahmen der rechtlichen Kontrolle anzulegen hat. Die Richtliniensetzung des Beigeladenen zu 1) erfolgt nämlich – wie andere untergesetzliche Normgebung auch – im Rahmen eines gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Gestaltungsspielraumes (vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 8 Rdnr. 38; Beier, a.a.O., § 92 Rdnr. 38; Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 67 ff. [Erlass von Therapiehinweisen]; Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 20/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 31 [Überprüfung einer EBM-Ä-Regelung]; Urteil vom 19. März 2002, B 1 KR 36/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 29 [Leistungsausschluss für Hippotherapie]). Daher sind die Richtlinien des Beigeladenen zu 1) von den Gerichten im Wesentlichen nur darauf zu überprüfen, ob die maßgeblichen Verfahrens- und Formvorschriften eingehalten sind, sich die untergesetzliche Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob die Grenzen des Gestaltungsspielraums eingehalten sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 68). Somit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom Beigeladenen zu 1) getroffenen Wertungen setzen, was sich insbesondere bei Handhabung und Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe auswirkt; ansonsten drohte eine funktionswidrige Einengung der gesetzgeberisch gewollten Gestaltungsbefugnisse des Beigeladenen zu 1) als paritätisch und sachverständig besetztem und rechtsfähigem Beschlussgremium (vgl. § 91 Abs. 1 SGB V; s.a. Engelmann, a.a.O., S. 249 f.). Nicht nur dem parlamentarischen Gesetzgeber, sondern auch anderen Normgebern steht bei der ihnen überantworteten Rechtsetzung generell weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, die grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren ist und von dieser nur in Ausnahmefällen korrigiert werden darf.
Der Gestaltungsspielraum eines Normgebers ist um so mehr zu beachten, wenn – wie hier – Regelungen über die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme betroffen sind oder wenn es um die Bewältigung besonders komplexer Sachverhalte geht. Dabei darf nicht übersehen werden, dass gerade im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung der Aufgabe, durch normative Vorgaben die Funktionsfähigkeit dieses Sozialleistungssystems zu erhalten, ein sensibles, hochrangig einzustufendes Gemeinschaftsgut darstellt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 20/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 32).
Dieser eingeengte Prüfungsmaßstab führt dazu, dass der Senat die Wertungen des Beigeladenen zu 1) bei der Anwendung von § 35 Abs. 1 SGB V hinzunehmen hat, so lange sie verfahrensfehlerfrei und unter Anwendung beanstandungsfreier Maßstäbe getroffen wurde; wissenschaftliche medizinische oder pharmakologische Streitigkeiten sind nicht vom Senat zu entscheiden; maßgeblich ist nur, ob die vom Beigeladenen zu 1) bezogene Position beurteilungsfehlerfrei war. Die gerichtliche Sachaufklärung beschränkt sich in diesem Fall auf die Frage, ob der Beigeladene zu 1) den Sachverhalt, insbesondere die maßgeblichen Auffassungen in der medizinischen Wissenschaft zur pharmakologischen Wirkstoffbewertung, vollständig ermittelt und die vorhandenen relevanten Studien ausgewertet hat und ob deren Würdigung bzw. die Gründe, aus denen der Beigeladene zu 1) von deren Einbeziehung abgesehen hat, nachvollziehbar sind. Damit unterliegt die Vollständigkeit der Ermittlungen zum Stand der medizinisch-pharmakologischen Erkenntnisse uneingeschränkter gerichtlicher Nachprüfbarkeit; die Bewertung des zuvor festgestellten Standes der medizinisch-pharmakolo¬gischen Wissenschaft dagegen ist nur eingeschränkt gerichtlich nachzzuprüfent (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 73, 74). Gleichzeitig ist ohne Bedeutung, wie ein vom Gericht bestellter Sachverständiger aus seiner Sicht die in Rede stehenden Wirkstoffe bewerten würde. Es geht nämlich nicht um die sachverständige Beurteilung etwa eines einzelnen Behandlungsfalles, sondern um die auf genereller Ebene angesiedelte Beurteilung, ob und gegebenenfalls bei welchen Patientengruppen nach dem Stand der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft die Wirkstoffe vergleichbar und vergleichbar wirksam sind (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 76; Sozialgericht Dresden, Urteil vom 10. Juli 2008, S 18 KR 372/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24). Letztlich hat der Senat damit nicht selbst zu entscheiden, wie der Stand der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft zu bestimmten Einzelfragen zu bewerten ist; zu entscheiden ist nur, ob der Beigeladene zu 1) diese Fragen berurteilungsfehlerfrei beantwortet hat. Diese begrenzte gerichtliche Nachprüfbarkeit hat das Sozialgericht in seiner mit der Berufung angegriffenen Entscheidung nicht durchgehend beachtet.
cc) Die sich aus § 35 SGB V ergebenden Verfahrens- und Formerfordernisse hat der Beigeladene zu 1) im Rahmen des Beschlusses vom 20. Juli 2004 gewahrt.
aaa) Das auf den Erlass einer untergesetzlichen Rechtsnorm gerichtete Verfahren des Beigeladenen zu 1) ist kein Verwaltungsverfahren nach § 8 SGB X wie das darauf aufbauende und sich anschließende Verfahren der Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen. Die sich aus dem SGB X ergebenden Vorschriften über das Verwaltungsverfahren und den Verwaltungsakt – etwa § 24 SGB X (Anhörung) und § 25 SGB X (Akteneinsichtsrecht) – sind daher nicht auf die Gruppeneinteilung nach § 35 Abs. 1 SGB V durch den Beigeladenen zu 1) anzuwenden. Dieser hat hier zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Offenlegung der Erwägungen eines Normgebers - also insbesondere durch Akteneinsicht - grundsätzlich nicht geboten ist. Etwas anderes folgt weder einfach-gesetzlich noch aus Gründen des Verfassungsrechts. Dies liegt darin begründet, dass bei (untergesetzlichen) Rechtsnormen nur entscheidend ist, ob die Regelung sachlich gerechtfertigt ist. Ihr müssen objektiv ausreichende Erwägungen zugrunde liegen und die zur Erreichung der verfolgten Ziele gewählten Mittel müssen angemessen sein. Die mangelnde Offenlegung, insbesondere durch Nichtgewährung einer Akteneinsicht, als solche berührt die Wirksamkeit der Norm hingegen nicht (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 24. Senat, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 80). Wenn damit schon keine Akteneinsicht beansprucht werden konnte, geht erst recht die Rüge der Klägerinnen ins Leere, der Beigeladene zu 1) habe seine Akten nicht ordnungsgemäß geführt. Denn erstens kann ein Normunterworfener keine bestimmte Aktenführung seitens des Normgebers beanspruchen, zweitens enthalten die dem Gericht vom Beigeladenen zu 1) übersandten Akten sämtliche essentiellen Bestandteile und drittens würde eine unzureichende Aktenführung ohnehin nicht zur Nichtigkeit der untergesetzlichen Rechtsnorm führen können.
bbb) Zudem bedarf Normsetzung zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich keiner Begründung. Für eine öffentlich bekannt gegebene Allgemeinverfügung ergibt sich dies aus § 35 Abs. 2 Nr. 5 SGB X (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 38; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 24. Senat, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 78). Einer besonderen (gemeinschaftsrechtlichen) Begründungspflicht unterliegen die Festbetragsfestsetzung oder die ihr zugrunde liegende Gruppeneinteilung entgegen der Auffassung der Klägerinnen auch nicht aufgrund der Transparenz-Richtlinie (Richtlinie 89/105 EWG vom 21. Dezember 1988, gültig ab 27. Dezember 1988, ABl. L 040 vom 11. Februar 1989, S. 8–11). Wie das Bundessozialgericht im Zusammenhang mit § 35 SGB V bereits entschieden hat (Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 35 bis 38; vgl. auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 88 bis 98) sind weder Art. 6 noch Art. 7 der Transparenz-Richtlinie einschlägig, denn durch die Festbeträge wird nicht die Abgabefähigkeit der preislich darüber liegenden Medikamente zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt ausgeschlossen, vielmehr werden lediglich die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Kosten begrenzt. Außerdem wird die Verordnungsfähigkeit eines nicht auf das Festbetragsniveau abgesenkten Arzneimittels zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht berührt; mit dem Festbetrag wird auch kein rechtlicher Zwang zur Preissenkung ausgelöst.
ccc) Beachtet hat der Beigeladene zu 1) auch die in § 35 Abs. 2 SGB V abschließend umschriebenen Verfahrensregelungen. Danach ist Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker vor der Entscheidung des Beigeladenen zu 1) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Dieses Verfahren dient ähnlich der Anhörung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens dazu, den besonderen Sachverstand der bezeichneten Berufsgruppen- und Interessenvertreter bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrages zu nutzen. Dies erfordert, dass der Beigeladene zu 1) den Regelungsgegen¬stand und die dazu beabsichtigten Regelungen kundtut. Er darf sich auf die eingegangenen Stellungnahmen beschränken; er ist also grundsätzlich nicht verpflichtet, eigene Sachverständige zu bestellen, insbesondere wenn Stellungnahmen nicht von jedem der in § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB V genannten Stellungnahmeberechtigten vorliegen. Soweit das Gesetz verlangt, die Stellungnahmen in die Entscheidung einzubeziehen, ist ausreichend, dass sich der Beigeladene zu 1) damit auseinandersetzt, sie erwägt, sich gegebenenfalls zur Auswertung eines Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft bedient, sofern er auf weitere Sachkunde angewiesen ist, und auf deren Grundlage die erforderlichen Entscheidungen trifft. Eine solche Entscheidung kann verfahrensrechtlich allenfalls dann zu beanstanden sein, wenn sie sich willkürlich und ohne nachvollziehbaren Grund über Stellungnahmen hinwegsetzt.
Letzteres ist hier aber nicht gegeben. Der Beigeladene zu 1) hat den Klägerinnen wie auch anderen Betroffenen hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zur Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen hat er sich sodann in nicht zu beanstandender Weise der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ), eines ständigen Ausschusses der Bundesärztekammer, bedient, die in ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2004 ein eigenverantwortliches Votum abgegeben hat. Unerheblich ist, dass die AKdÄ offenbar "nachgearbeitet" hat, indem sie dem Beigeladenen zu 1) eine zweite Fassung ihrer Stellungnahme hat zukommen lassen, denn beide Fassungen unterscheiden sich nur in Nuancen und finden zum selben tragenden Ergebnis.
Prof. K mag sein Gutachten vom 2. Juli 2004 als Mitglied der AKdÄ in deren Auftrag erstattet haben, doch ist allein maßgeblich, zu welchem Votum die AKdÄ intern gefunden hat, denn nur dieses abschließende Ergebnis war dem Beigeladenen zu 1) als Stellungnahme zu übermitteln. Dem Beigeladenen zu 1) oblag es nicht, neben der eigentlichen Stellungnahme der AKdÄ noch sämtliche für diese intern erstellten Papiere zur Kenntnis zu nehmen und inhaltlich zu erwägen; dies liefe dem Zweck des Ersuchens an die AKdÄ, ein Votum zur Gruppenbildung abzugeben, zuwider. Außerdem entspricht es allgemeinen Verfahrensgrundsätzen, interne Stellungnahmen und Gutachten, die zur Vorbereitung der Entscheidung eines Kollegialorgans abgegeben werden, nicht nach außen hin zur maßgeblichen Grundlage einer Entscheidung zu machen.
Ob der Beigeladene zu 1) das Gutachten von Professor W vom 12. Juni 2004 in seinen Entscheidungsprozess hätte einbinden und ihm gegebenenfalls sogar hätte folgen müssen, ist nicht als Aspekt formeller Rechtmäßigkeit anzusehen, sondern wird im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 20. Juli 2004 unter der Fragestellung zu beantworten sein, ob der Beigeladene zu 1) bei Subsumtion unter die einzelnen Merkmale des § 35 Abs. 1 SGB V das zur Verfügung stehende Erkenntnismaterial fehlerfrei gewürdigt hat.
Auf dem Weg zur Entscheidungsfindung (bzw. zur Normgebung) vermag der Senat danach keinen ins Gewicht fallenden Verfahrensfehler zu erkennen. Für eine "unzureichende Sachaufklärung" oder eine "unzulässige Vorabfestlegung" ist schlechthin nichts zu ersichtlich. Aus dem Umstand, dass der Beigeladene zu 1) dem gesetzgeberischen Auftrag, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung zu gewährleisten, entschieden und mit Nachdruck nachgeht, kann nicht gleichsam automatisch Voreingenommenheit und Willkür abgeleitet werden. Die Aspekte formeller Rechtmäßigkeit waren insgesamt in den Schriftsätzen der Verfahrensbeteiligten weit überbetont, denn nicht ansatzweise lassen sich eine Nichtigkeit der Normsetzung begründende Verfahrensfehler erkennen.
dd) Materiellrechtlich ist die Festbetragsgruppenbildung durch den Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 nicht zu beanstanden. Die in der Gruppe enthaltenen fünf Statine sind pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar (unten aaa); mit der Gruppenbildung bleibt gewährleistet, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (unten bbb); Atorvastatin ist zwar ein patentgeschützter Wirkstoff, aber kein solcher mit neuartiger Wirkungsweise; auf die Frage der therapeutischen Verbesserung kommt es bei der hier maßgeblichen (alten) Rechtslage nicht an (unten ccc); die Vergleichsgröße wurde rechtsfehlerfrei ermittelt (unten ddd).
aaa) Zu Recht ist der Beigeladene zu 1) bei seiner Gruppeneinteilung von einer Vergleichbarkeit der fünf in der Gruppe enthaltenen Statine ausgegangen. Maßgeblich ist insoweit § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V, der eine Zusammenfassung von "Arzneimitteln mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen" erlaubt. Der Wortlaut des Gesetzes gebietet damit einen kombinierten Prüfansatz, indem es auf pharmakologische und auf therapeutische Aspekte ankommt.
Vor diesem Hintergrund erweisen sich die vom Beigeladenen zu 1) bei der Gruppenbildung herangezogenen Maßstäbe als beanstandungsfrei; die getroffene Wertung ist frei von Willkür und sonstigen Beurteilungsfehlern. Sowohl die pharmakologischen als auch die therapeutischen Eigenschaften der verschiedenen Wirkstoffe belegen ihre Vergleichbarkeit.
Im Rahmen seiner "Entscheidungsgrundlagen der Festbetragsgruppenbildung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V ( )" vom 15. Juni 2004 hat der Beigeladene zu 1) zutreffend erkannt, dass eine Gruppierung auf der Wirkstoff-Ebene nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit, insbesondere chemische Verwandtschaft erfordert. Als Ausgangspunkt für die Feststellung der Vergleichbarkeit wird die anatomisch-therapeutisch-chemische Klassifikation der WHO (siebenstelliger ATC-Code) nach Maßgabe des § 73 Abs. 8 Satz 5 SGB V herangezogen. Weiter wird gesondert nach pharmakologischer Vergleichbarkeit, hier insbesondere nach chemischer Verwandtschaft, und nach therapeutischer Vergleichbarkeit gefragt. Der pharmakologische Aspekt soll die Pharmakokinetik und die Pharmakodynamik berücksichtigen. Chemische Verwandtschaft soll grundsätzlich auch bei unterschiedlichen Herstellungsverfahren gegeben sein. Die therapeutische Vergleichbarkeit schließlich soll sich ganz wesentlich nach der jeweiligen arzneimittelrechtlichen Zulassung richten. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass diese vom Beigeladenen zu 1) abstrakt gesetzten Prämissen unzutreffend wären; vielmehr werden sie der gesetzlichen Vorgabe in jeder Hinsicht gerecht.
Die Gruppenbildung orientiert sich an den abstrakten Vorgaben und setzt sie detailliert um. Auf der Grundlage des ATC-Indexes verfügen die Wirkstoffe Simvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin über die Codes C10AA01, C10AA02, C10AA03, C10AA04 und C10AA05. In der ausführlichen schriftlichen Begründung des Beschlusses vom 29. Oktober 2004, die sich eingehend mit den im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwänden auch der Klägerinnen auseinandersetzt, heißt es insoweit, im Wesentlichen unter Berufung auf die Stellungnahme der AKdÄ vom 5. Juli 2004:
"Der ATC-Code ist weiterhin als Orientierungshilfe für die Gruppenbildung geeignet. Bei auf dieser Basis vorgeschlagenen Gruppen (vierte Ebene) ist ergänzend zu prüfen, ob unter pharmakologisch-therapeutischen Aspekten bestimmte Wirkstoffe (fünfte Ebene) wegen einer relevanten therapeutischen Verbesserung oder wegen therapeutisch relevanter geringerer Nebenwirkungen von der Gruppenbildung gänzlich ausgenommen werden müssen oder ob Untergruppen zu bilden sind. Nach der Gesetzessystematik erfolgt die Gruppenbildung auf der Ebene von Wirkstoffen. Daher sind grundsätzlich auch Gruppenbildungen zulässig für Wirkstoffgruppen, die auf der vierten Ebene identisch, aber bei übergeordneten Klassifikationsmerkmalen unterschiedlich sind. Für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer (vierte Ebene) be¬stätigt z.B. die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, dass die Wirkstoffe Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin (fünfte Ebene) das gesetzliche Kriterium nach § 35 Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz SGB V erfüllen und eine weitergehende Differenzierung nicht erforderlich ist. Bei Festbetragsgruppen der Stufe zwei ist ergänzend das gesetzliche Kriterium "insbesondere chemisch verwandte Stoffe" zu berücksichtigen. Eine chemische Verwandtschaft erstreckt sich nicht nur auf Molekülvariationen aus kombinatorischen Syntheseverfahren, sondern schließt auch Strukturformen ein, die auf Verfahren der Gentechnk oder des "molecular modeling" beruhen. So haben alle Statine nicht nur eine gemeinsame b-, d- Dihydroxy-n-Carbonsäure-Struktur, sondern darüber hinaus auch eine gemeinsame molekulare räumliche Struktur, die erst die spezifische Interaktion Wirkstoff - Enzym ermöglicht. Insoweit genügt die auf Basis des ATC-Codes gebildete Festbetragsgruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" allen gesetzlichen Anforderungen." (S. 14 f.)
Alle CSE-Hemmer besitzen ein vergleichbares Wirkungsprofil: Durch Hemmung der HMG-CoA-Reduktase werden Vorstufen von Cholesterin verringert synthetisiert. Die daraus resultierende Verarmung an interzellulärem Cholesterin führt zu einer Zunahme von LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche. Die Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Zelle wird hierdurch erhöht. Daneben werden Cholesterin-unabhängige pleiotrope Effekte auf Gefäßendothel, Gerinnung und entzündliche Vorgänge in den Gefäßplaques vermutet, deren Bedeutung bislang noch nicht hinreichend bewertbar ist. Unterschiede in der Wirksamkeit sind für die Statine bislang nicht anhand von Studien zu klinisch relevanten Endpunkten belegt worden. Somit liegen keine hinreichenden Befunde in Bezug auf Pharmakodynamik, Pharmakokinetik, Nebenwirkungsspektrum und Interaktionsprofil vor, die eine Sonderstellung eines der Wirkstoffe begründen könnte." (S. 21)
Diese Begründung für eine "Vergleichbarkeit" der Wirkstoffe im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V hält der Senat in dem Sinne für tragfähig, dass die getroffene Bewertung nachvollziehbar erscheint, sich an den zu billigenden Maßstäben orientiert und keine Denkfehler erkennen lässt oder entscheidungserheblichen Sachverhalt willkürlich ausblendet.
So durfte der Beigeladene zu 1) im Rahmen der Pharmakokinetik eine Sonderstellung von Atorvastatin ausschließen, denn selbst wenn Atorvastatin eine besonders lange Halbwertszeit und eine besondere Wirkstärke durch seine aktiven Metaboliten besitzen sollte, wäre dies unerheblich, weil dies keine therapeutische Relevanz nach sich zöge. Jeder der in der Festbetragsgruppe zusammengefassten Wirkstoffe wird nämlich nur einmal täglich verabreicht, was auf eine ausreichende klinische Wirkung bezüglich der Wirkstoffkonzentrationen innerhalb von 24 Stunden hinweist. Außerdem ist nicht belegt, dass aktive Metabolite, die auch in Lovastatin und Simvastatin enthalten sind, zu verbesserter Wirksamkeit führen. Auch die Pharmakodynamik (den Wirkmechanismus) der Wirkstoffe der Festbetragsgruppe durfte der Beigeladene zu 1) für vergleichbar halten, denn alle Wirkstoffe hemmen die HMG-CoA-Reduktase, haben also Auswirkungen auf das geschwindigkeitsbestimmende Enzym der endogenen Cholesterinsynthese. Die chemische Verwandtschaft der fünf Wirkstoffe belegt die Beschlussbegründung nachvollziehbar.
Für die therapeutische Vergleichbarkeit schließlich durfte der Beigeladene zu 1) entscheidend berücksichtigen, dass sämtliche Wirkstoffe jedenfalls für ein gemeinsames Anwendungsgebiet, die Hypercholesterinämie, zugelassen sind. Der Senat hält es methodisch in besonderem Maße für überzeugend und zugleich für rechtlich zwingend, bei der Bestimmung der therapeutischen Vergleichbarkeit maßgeblich auf die arzneimittelrechtliche Zulassung und damit den Inhalt der Fachinformation abzustellen; nur so wird berücksichtigt, dass die Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) den rechtlichen Rahmen der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels und in diesen Grenzen dessen Verordnungsfähigkeit zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt. Das Krankenversicherungsrecht verzichtet nämlich bei der Arzneimittelversorgung weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit an das Arzneimittelrecht an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments abhängig macht (§ 21 Abs. 2 AMG). Da dies dieselben Kriterien sind, an denen die Leistungen der Krankenversicherung gemessen werden, kann bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung davon ausgegangen werden, dass damit zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt sind. Unbeschadet der unterschiedlichen Zielsetzung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht rechtfertigt dies die Vorgreiflichkeit der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Anwendung eines Medikaments im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. März 2002, B 1 KR 37/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 11). Diese Verknüpfung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten beanstandungsfrei (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1997, 1 BvR 1071/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 10). In der arzneimittelrechtlichen Zulassung liegt somit ein verlässliches, eindeutiges und zugängliches Kriterium nicht nur für die Beurteilung der Wirksamkeit, sondern gerade auch der Vergleichbarkeit bestimmter Wirkstoffe im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V. Kriterium für die Zulassung eines Arzneimittels ist nach § 25 Abs. 2 Nr. 4 AMG nämlich insbesondere auch die therapeutische Wirksamkeit, also die Fähigkeit, einen bestimmten Krankheitszustand in Richtung auf das erwünschte Behandlungsziel zu beeinflussen. Konkret besitzen alle fünf in der Festbetragsgruppe zusammengefassten Statine eine Zulassung für das Anwendungsgebiet der Hypercholesterinämie; schon daraus ergibt sich die therapeutische Vergleichbarkeit. Atorvastatin besitzt zudem seit Mai 2006 (also nach dem hier relevanten Zeitraum Januar 2005 bis März 2006) eine Zulassung auch für das Anwendungsgebiet der Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen; über eine Zulassung für dieses Anwendungsgebiet verfügen aber auch die Konkurrenzwirkstoffe Fluvastatin, Pravastatin und Simvastatin, so dass auch insoweit für Atorvastatin keine Sonderstellung beansprucht werden kann.
Hiervon abgesehen hat das Sozialgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung zu Recht angeführt, dass "vergleichbar" nicht "austauschbar" oder "gleich" heiße, sondern eben nur "sich mit etwas anderem vergleichen lassend"; Vergleichbarkeit sei schon gegeben, wenn sich verschiedene Dinge einem gemeinsamen Bezugspunkt unterstellen ließen. Zwar kann es hier für den Senat aufgrund der eingeschränkten Kontrolldichte nur darauf ankommen, die vom Beigeladenen zu 1) gewählten Maßstäbe und ihre konkrete Handhabung auf Beurteilungsfehler zu prüfen; gleichwohl erscheint auch die vom Sozialgericht unter Berücksichtigung einschlägigen Schrifttums gewählte Definition der Vergleichbarkeit sachgerecht: Pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar sollen Wirkstoffe sein, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden und die einerseits entweder in ihrer Art oder ihrem chemischen Aufbau, dass heißt ihrer molekularen Grundstruktur, oder ihren Wirkungen, und andererseits im Hinblick auf die zu heilende oder lindernde Krankheit, also bezüglich der Anwendungsgebiete, zumindest eine Gemeinsamkeit aufweisen. Zu Recht hat das Sozialgericht weiter gezeigt, dass alle Statine unstreitig eine ähnliche Wirkung bzw. einen übereinstimmenden Wirkmechanismus aufweisen, da sie die HMG-CoA-Reduktase hemmen. Übereinstimmung besteht, gemessen an der insoweit maßgeblichen jeweiligen arzneimittelrechtlichen Zulassung, auch in jedenfalls einem Anwendungsgebiet, nämlich in der Behandlung der primären und der kombinierten Hypercholesterinämie. All dies genügt, um die Annahme einer Vergleichbarkeit beurteilungsfehlerfrei zu begründen. Aufgrund der chemischen Verwandtschaft sowie angesichts des im wesentlichen deckungsgleichen Zulassungsbereichs aller Statine gibt es schlechthin keinen Ansatzpunkt, der bei Beurteilung der "Vergleichbarkeit" eine Sonderstellung von Atorvastatin auch nur erwägenswert erscheinen ließe.
bbb) Zu Recht hat der Beigeladene zu 1) auch angenommen, dass die Gruppeneinteilung Therapiemöglichkeiten nicht einschränkt und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (§ 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V). Der Senat folgt insoweit dem vom Sozialgericht in der erstinstanzlichen Entscheidung entwickelten normgerechten Begriffsverständnis, wonach gemäß § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V nur ein solches Arzneimittel von der Gruppenbildung auszunehmen ist, das eine arzneimittelrechtliche Zulassung in einem Bereich besitzt, für das kein anderes Arzneimittel eine Zulassung besitzt, so dass eine medizinisch notwendige Verordnungsalternative nicht zur Verfügung steht und dieses Arzneimittel für das fragliche Anwendungsgebiet die einzige Therapiemöglichkeit darstellt; geboten, vorhersehbar und kontrollierbar ist der zulassungsbezogene Prüfansatz auch hier. Notwendig ist also, dass ein Arzneimittel zur Behandlung von Versicherten durch ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht gleichwertig ersetzt werden kann, weil es für die ärztliche Therapie bestimmter Erkrankungen generell oder auch nur in bestimmten, nicht seltenen Kon¬stellationen unverzichtbar ist (vgl. insoweit ausdrücklich in Zusammenhang mit § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB V und dem Begriff der "medizinisch notwendigen Verordnungsalternative": Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 Kr 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 29). Die weitergehende Auffassung, dass medizinisch notwendige Verordnungsalternativen eine freie Austauschbarkeit der gruppierten Wirkstoffe beinhalte, hält der Senat nicht für sachgerecht, weil sie schon mit dem Grundgedanken der Gruppenbildung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V kollidiert, wonach es nur auf die Vergleichbarkeit, nicht aber auf die Identität der Wirkstoffe ankommt (vgl. Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 16).
Hieran gemessen ist die Entscheidung des Beigeladenen zu 1) zur Bildung der Festbetragsgruppe der Statine nicht zu beanstanden, denn die Gruppeneinteilung führt nicht zur Einschränkung von Therapiemöglichkeiten; medizinisch notwendige Verordnungsalternativen stehen im Rahmen der ärztlichen Behandlung nach wie vor zur Verfügung. Atorvastatin war im hier zu prüfenden Zeitraum (1. Januar 2005 bis 31. März 2006) nämlich für kein Behandlungsgebiet zugelassen, für das nicht wenigstens ein anderes Statin zugelassen war. Gleichzeitig erlaubt die arzneimittelrechtliche Zulassung von Atorvastatin keinen Rückschluss darauf, dass ausschließlich mit diesem Wirkstoff – etwa in Hochdosierung – besondere Patientenkollektive zu erschließen seien. Ebenso wenig kommt es unter dem Aspekt der Nebenwirkungen zu einer Einengung der Therapiemöglichkeiten, denn der Fachinformation für Atorvastatin ist im Vergleich zu denen der übrigen Statine der Gruppe kein Vorteil im Hinblick auf das Nebenwirkungsspektrum zu entnehmen; dies wird im Übrigen auch von den Klägerinnen nicht behauptet.
ccc) Auch im Lichte von § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V ist die Gruppeneinteilung beurteilungsfehlerfrei. Zwar handelt es sich bei Atorvastatin um einen noch bis 2011 patentgeschützten Wirkstoff. Allerdings ist die Wirkungsweise von Atorvastatin nicht gleichzeitig "neuartig" und eine "therapeutische Verbesserung".
Der Senat ist der Überzeugung, dass § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V in der hier maßgeblichen, bis zum 30. April 2006 geltenden Fassung in Bezug auf die Konjunktion "und" so zu verstehen ist, dass gleichzeitig (kumulativ) "Neuartigkeit" der Wirkungsweise und "therapeutische Verbesserung" vorliegen mussten, um die Aufnahme eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB V auszuschließen. Die Auslegung eines "und" als "oder" verstieße schlechthin gegen die in der juristischen Methodenlehre anerkannte Regel, dass der Wortlaut einer Norm ihrer Auslegbarkeit strikte Grenzen setzt. Diese Grenze wäre überschritten, läse man hier das "und" als "oder". Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die ausführliche und überzeugende Argumentation des Sozialgerichts im mit der Berufung angefochtenen Urteil, dort Punkt I. 1. c), Bl. 20 unten bis 26 oben des Umdrucks, wo in überzeugender systematischer Auslegung der Vorschrift auch auf die Regelung in § 35 Abs. 1a SGB V eingegangen und nachgewiesen wird, dass die Lesweise als "und" in § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V zwingend ist (siehe auch Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 26).
Erst mit Wirkung vom 1. Mai 2006 hat der Gesetzgeber das Erfordernis des kumulativen Vorliegens beider Tatbestandsvoraussetzungen aufgegeben, indem das "und" durch ein "oder" ersetzt worden ist. Dass der Gesetzgeber selbst diese Änderung nur als Klarstellung bezeichnet hat (BTDrs. 16/194, Seite 7), ist dabei unerheblich. Es liegt nicht in der Interpretationsmacht des Gesetzgebers des Jahres 2006 zu bestimmen, wie für die Vergangenheit eine Norm zu verstehen sein soll, die der Gesetzgeber des Jahres 1988 erlassen hat.
Danach kommt es für den Zeitraum der ersten Festbetragsgeltung vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2006 nicht auf die "therapeutische Verbesserung" an, denn es fehlt bereits an der "Neuartigkeit" der Wirkungsweise von Atorvastatin. Nach § 35 Abs. 1 Satz 4 SGB V gilt als neuartig ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht. Diese Voraussatzungen waren für Atorvastatin zu Beginn des Jahres 2005 nicht gegeben, denn zwar genießt es selbst bis 2011 Patentschutz, doch als erster der Gruppe der Statine wurde Lovastatin in Verkehr gebracht, das schon vor 2003 patentfrei war.
Aus alledem ergibt sich gleichzeitig, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen seines Beschlusses vom 20. Juli 2004 aufgrund der fehlenden "Neuartigkeit" von Atorvastatin die Frage der therapeutischen Verbesserung nicht prüfen durfte. Die in der Beschlussbegründung analysierte Studienlage ist insoweit unerheblich. Dass der Beigeladene zu 1) gleichwohl eine therapeutische Verbesserung geprüft hat, ist rechtswidrig. Dies führt jedoch nicht etwa zum Erfolg der Klage, denn mit der Rechtswidrigkeit geht keine Rechtsverletzung auf Seiten der Klägerinnen einher. Die zusätzliche Prüfung der mit Atorvastatin verbundenen therapeutischen Verbesserung ist den Klägerinnen gegenüber ein ausschließlich positiv wirkender Umstand; mit Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals hat der Beigeladene zu 1) nämlich engere Tatbestandsvoraussetzungen als erforderlich zum rechtlichen Maßstab erhoben. Damit kommt es auch auf etwaige, von den Klägerinnen schriftsätzlich ausführlich behauptete Fehlwertungen in diesem Zusammenhang nicht an. Insbesondere kommt es nicht darauf an, wie Prof. Dr. W, dessen Gutachten vom 12. Juni 2004 seit dem 13. Juni 2004 (und damit vor Beschlussfassung am 20. Juli 2004) beim Beigeladenen zu 1) vorlag, die Frage der therapeutischen Verbesserung in Auswertung der Studienlage beurteilte. Somit war der Senat auch nicht gehalten, dem Hilfsantrag der Klägerinnen nachzukommen und aufzuklären, ob Prof. Dr. Konrad W im Jahre 2004 vom Beigeladenen zu 1) mit der Erstellung eines Gutachtens zu der Frage der Festbetragsgruppenbildung für Statine beauftragt worden ist. Dieser Umstand ist nicht entscheidungserheblich.
ddd) Auch mit seiner Entscheidung der Vergleichsgrößenbildung hat der Beigeladene zu 1) beurteilungsfehlerfrei gehandelt. § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V benennt zwar als zulässige Vergleichsgröße ausdrücklich die rechnerische mittlere Tages- oder Einzeldosis. Die Vorschrift lässt aber auch andere geeignete Vergleichsgrößen nach Maßgabe eines Gestaltungsspielraumes des Beigeladenen zu 1) zu. Die Vergleichsgrößen dienen dem Zweck sicherzustellen, dass die aufzuwendenden Arzneimittelkosten unabhängig vom jeweiligen Wirkstoff für die von jedem Versicherten individuell benötigte Arzneimitteldosis annähernd gleich sind. Bei gleichen Packungsgrößen wird damit dem stärkeren Wirkstoff ein höherer Festbetrag als dem schwächeren Wirkstoff zugeordnet. Dies ist sachgerecht, denn zur Erreichung desselben Therapieziels muss der schwächere Wirkstoff in entsprechend höherer Dosierung verabreicht werden. Je geringer die Vergleichsgröße ist, desto höher ist der Festbetrag. Da in der Regel keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen einer bestimmten Dosierung und dem Umfang eines bestimmten Therapieerfolges vorliegen, insbesondere weil bei vielen Wirkstoffen die einzunehmende Dosis individuell durch den Arzt bestimmt werden muss, ist eine rein rechnerische Ermittlung der Vergleichsgröße vom Gestaltungsspielraum des Gemeinsamen Bundesausschusses gedeckt und an sich beurteilungsfehlerfrei (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 206; Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 20). Von einer zulässigen entsprechenden Typisierung geht das Gesetz selbst aus, wenn es als zulässige Vergleichsgröße die rechnerische mittlere Tages- oder Einzeldosis benennt.
Nach Ziffer 3 Buchstabe C § 1 (Ermittlung der Vergleichsgrößen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V) der Begründung des Beschlusses vom 29. Oktober 2004 hat der Beigeladene zu 1) als geeignete Vergleichsgröße die verordnungsgewichtete durchschnittliche Wirkstärke bestimmt. Sie wird nach Maßgabe der folgenden Methodik ermittelt:
"1. Ermittlung der gewichteten Wirkstärke
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass nur therapeutisch sinnvolle Wirkstärken zugelassen werden. Um der therapeutischen Relevanz der einzelnen Wirkstärken angemessen Rechnung zu tragen, ist ihre jeweilige Verordnungshäufigkeit zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck werden für jeden einzelnen Wirkstoff die zu den im Markt verfügbaren Wirkstärken ausgewiesenen Verordnungen anhand der zum Stichtag zuletzt verfügbaren Jahresdaten des GKV-Arzneimittelindexes herangezogen.
Jeder wirkstärkenbezogen ermittelte prozentuale Verordnungsanteil wird zunächst abgerundet und zu diesem Ergebnis der Wert 1 addiert. Der Gewichtungswert ist also stets die nächst größere ganze Zahl. Jede Wirkstärke wird dann mit ihrem Gewichtungswert multipliziert und als gewichtete Wirkstärke ausgewiesen.
2. Ermittlung der durchschnittlichen Wirkstärke
Anschließend werden für jeden einzelnen Wirkstoff die gewichteten Wirkstärken addiert und durch die Summe der Gewichtungswerte des Wirkstoffes dividiert. Die so ermittelte durchschnittliche Wirkstärke ergibt die Vergleichsgröße. Diese berücksichtigt die Verordnungsrelevanz der einzelnen Wirkstärken und erlaubt einen quantitativen Vergleich der therapeutischen Einsatzbreite des jeweiligen Wirkstoffes."
Der Beigeladene zu 1) hat die Vergleichsgröße für Atorvastatin mit 16,7 danach wie folgt ermittelt (für die Wirkstärke 80 mg besaß Atorvastatin im Oktober 2004 noch keine Zulassung):
Tabelle Gewichtung der Wirkstärken Wirkstoffbase Wirkstärke Verordnungs¬anteil in Prozent Gewichtungswert Wirkstärke, gewichtet Atorvastatin 10,00 45,9 46 460,0 Atorvastatin 20,00 49,1 50 1000,0 Atorvastatin 40,00 5 6 240,0
Tabelle Ermittlung der Vergleichsgröße Wirkstoffbase gewichtete Wirkstärkensumme Summe Gewichtungswerte Vergleichsgröße Atorvastatin 1700,0 102 16,7
Der Beigeladene zu 1) ist damit von seiner ursprünglichen Konzeption der Bildung der Vergleichsgrößen, wie noch mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 bekannt gegeben, abgewichen. Danach hätte die (endgültige) Vergleichsgröße für Atorvastatin 20,8 betragen. Zur Bildung der endgültigen Vergleichsgröße sollte zunächst eine vorläufige Vergleichsgröße als Intervallmitte der Wirkstärkenspannen festgelegt werden. Für Atorvastatin wurde hierbei eine Wirkstärkenspanne von 10,00 als Minimum und von 40,00 als Maximum angenommen, woraus eine Intervallmitte von 25,00 resultierte. Die endgültige Vergleichsgröße sollte aus der vorläufigen Vergleichsgröße (25,00) dividiert durch einen Indikationswert errechnet werden. Dazu erfolgte zunächst eine Gewichtung des Indikationsbereiches (1.) für die Hypercholesterinämie (kombinierte Hyperlipidämie, wenn die Hypercholesterinämie im Vordergrund steht) mit 1,00 (100 Prozent = alle fünf Statine), (2.) für die Prävention cardiovaskulärer und zerebrovaskulärer Ereignisse mit 0,60 (60 Prozent = drei Statine), (3.) für die monozygote familiäre Hypercholesterinämie mit 0,20 (20 Prozent = ein Statin und (4.) für die Hypercholesterinämie Typ IV nach Fredickson mit 0,20 (20 Prozent = ein Statin). Daraus ergab sich für Atorvastatin, da es für den ersten und den vierten Indikationsbereich zugelassen war, ein Indikationswert von 1,20 als der Summe der Anteile der Wirkstoffe mit dem Indikationsbereich (1,00 + 0,20). Die endgültige Vergleichsgröße für Atorvastatin mit 20,8 resultierte aus der Division der vorläufigen Vergleichsgröße (25,0) und dem Indikationswert (1,20).
Der Beigeladene zu 1) hat im Verlauf seiner Willensbildung sodann den Einwänden der Stellungnehmenden Rechnung getragen. Er hat beanstandungsfrei die Intervallmitte der Wirkstärken durch die verordnungsgewichtete durchschnittliche Wirkstärke ersetzt, denn den therapeutisch notwendigen Differenzierungen wird man gerecht, wenn die jeweilige Verordnungshäufigkeit der einzelnen Wirkstärken berücksichtigt wird (vgl. hierzu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 217). Eine Gleichbehandlung aller Wirkstärkenausprägungen entspricht nicht der jeweiligen Verordnungsrelevanz, der jedoch im Hinblick auf das Therapieziel wesentliche Bedeutung zukommt. Die Beklagtenseite verweist daher zutreffend darauf, dass die Gewichtung aller Wirkstärkenausprägungen in Form der jeweiligen Einzelwirkstärke mit den entsprechenden Verordnungen die ambulanten Therapiemöglichkeiten und die therapeutisch notwendigen Dosierungen repräsentiert und damit Ausdruck der realen Marktverhältnisse und Verordnungsgewohnheiten ist. Dieses Verfahren hat zudem den Vorteil, dass sämtliche in einem Jahr an GKV-Versicherte abgegebene Arzneimittel eines Wirkstoffes der Festbetragsgruppe und deren zugelassene Wirkstärken die Vergleichsgröße bestimmen und eigene Bewertungen des Beigeladenen zu 1) entbehrlich machen.
Beurteilungsfehler vermag der Senat bei alledem nicht zu erkennen. Die Ermittlung der Vergleichsgrößen hat sachgerechte Prämissen, ist nicht willkürlich, führt zur Gleichbehandlung der einbezogenen Wirkstoffe und zu Ergebnissen, die die jeweiligen Wirkstärken hinreichend differenziert. Denkfehler sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Es ist vom Gestaltungsspielraum des Beklagten umfasst, sich für eine bestimmte wissenschaftliche Methode zu entscheiden und sie zu praktizieren; dass es auch andere Methoden geben mag, ist insoweit unerheblich, da nichts dafür ersichtlich ist, dass die praktizierte Methode sachwidrig ist. Im Gegenteil erscheint es besonders sachgerecht, bei Ermittlung der Vergleichsgröße auf die verordnungsgewichtete durchschnittliche Einzelwirkstärke abzustellen, denn das Verhältnis zwischen der von jedem Versicherten individuell benötigten Arzneimitteldosis zu den für diese Dosis aufzuwendenden Arzneimittelkosten lässt sich nicht allein anhand der tatsächlichen Wirkstärken oder des ATC/DDD-Systems ermitteln, weil bei vielen Arzneimitteln die Dosis individuell bestimmt werden muss und ein Arzt Gründe haben kann, einem Patienten ein Medikament geringerer tatsächlicher Wirkstärke zu verordnen; so werden nicht nur die realen nationalen Marktverhältnisse und ärztlichen Verordnungsgewohnheiten wiedergegeben (vgl. auch Kraftberger/Adelt , a.a.O. Rdnr. 21, 22 zur Entwicklung der Methode bei Bestimmung der Vergleichsgröße), sondern die vom Beigeladenen zu 1) gewählte Methode trägt auch den Versorgungsbedürfnissen der Versicherten nach den dafür maßgeblichen Feststellungen der Vertragsärzte Rechnung.
b) Die Festsetzung der Festbeträge durch die Allgemeinverfügung der der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 35 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB V sind die Festbeträge so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen.
Bei der Anwendung der hier enthaltenen Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe mit teilweise divergierenden Zielvorgaben stand den Spitzenverbänden der Krankenkassen ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Hess in Kasseler Kommentar, SGB V, § 35 Rdnr. 11). Dies gilt insbesondere für die Festsetzung des Festbetragsniveaus, da sich aus der Anwendung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe wegen des Gebotes der Ermöglichung einer ausreichenden Therapieauswahl keine allein richtige Festsetzung treffen lässt. Es gibt vielmehr eine Bandbreite in der jeweils vorhandenen Preisspanne, innerhalb der Festbeträge festsetzungsfähig sind. Bei der Anwendung dieser Kriterien darf keine willkürliche Differenzierung unter den einzelnen Arzneimittelgruppen getroffen werden.
Hieran gemessen war die konkrete Festbetragsfestsetzung von 62,55 Euro für eine Standardpackung zu 100 Stück beurteilungsfehlerfrei. In der Qualität ist die Versorgung im Allgemeinen gesichert, wenn den Versicherten insgesamt zum Festbetrag für die gruppenspezifischen Bereiche eine Arzneimittelversorgung ermöglicht wird. Zu gewährleisten ist eine gesicherte Versorgung zum Festbetrag in jeder einzelnen Festbetragsgruppe durch Einhaltung der so genannten Maßzahl M, die als Summe des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Verordnungen und des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Packungen definiert ist. Als Grenzwert für die Maßzahl M haben die Spitzenverbände der Krankenkassen für die Festbetragsgruppen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V den Wert 100 festgelegt. Dies bedeutet, dass im Idealfall mindestens die Hälfte der Verordnungen und die Hälfte der Packungen für die Versicherten ohne festbetragsbedingte Zuzahlung zur Verfügung stehen. In der Festbetragsgruppe der Statine liegt die Maßzahl M bei 98,8. Damit stehen rund 75 Prozent der Packungen und 26,3 Prozent der Verordnungen den Versicherten zum Festbetrag zur Verfügung. Dabei sind drei der fünf Wirkstoffe der Gruppe der Statine zum Festbetrag ohne Mehrzahlung erhältlich (Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin). Damit wird der gesetzgeberische Zweck verwirklicht, auf hochpreisige Arzneimittel einzuwirken und eine in der Qualität gesicherte Versorgung sowie eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl zu gewährleisten. E. Unbegründet ist auch die Klage gegen die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006, denn diese war ebenfalls rechtmäßig.
1. Maßgeblich für die rechtliche Überprüfung dieser Verfügung, die nur im Zeitraum 1. April 2006 bis 30. Juni 2006 Wirkung entfaltete, ist wiederum § 35 SGB V in der oben (D. 1) wiedergegebenen Fassung, die im Regelungszeitpunkt (10. Februar 2006) und zu Beginn des Geltungszeitraumes (1. April 2006) der Allgemeinverfügung galt. Grundsätzlich kann daher nichts anderes für die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung vom 10. Februar 2006 gelten als für diejenige vom 29. Oktober 2004; das oben unter D. Gesagte gilt insoweit entsprechend.
2. Auch der Höhe nach ist die Anpassung der Festbeträge durch die Regelung vom 10. Februar 2006 rechtlich nicht zu beanstanden. Die Anpassung ist aufgrund der gesetzlichen Vorgabe in § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V erfolgt, wonach die Festbeträge einmal im Jahr zu überprüfen sind und eine Anpassung an die geänderte Marktlage vorzunehmen ist. Der Beklagte hat insoweit schlüssig und unwidersprochen vorgetragen, dass zwischen dem Berechnungsstichtag 1. April 2004 und dem 1. Juli 2005 Marktveränderungen eingetreten seien, die eine Absenkung des Festbetrages zum 1. April 2006 erforderlich gemacht hätten. Es sei festgestellt worden, dass nach Inkrafttreten der Festbetragsregelung zum 1. Januar 2005 ein Preiswettbewerb unterhalb der Festbeträge stattgefunden habe, der Wirtschaftlichkeitsreserven offenbart habe; am 1. Juli 2005 habe das Festbetragsniveau über dem Preisniveau gelegen, weshalb eine Absenkung des Festbetrages indiziert gewesen sei. Dasselbe habe eine Packungs- und Herstelleranalyse ergeben. Gegenüber dem 1. April 2004 habe es am 1. Juli 2005 drei neue Anbieter gegeben; die Anzahl der Packungen habe um 159 zugenommen. Der Anpassungssatz von minus fünf Prozent sei nach dem iterativen Verfahren ermittelt worden. Die Maßzahl M habe am Berechnungsstichtag bei 60,8 gelegen. Rund 87,5 Prozent der 766 Packungen und 51,7 Prozent der Verordnungen hätten den Versicherten zum angepassten Festbetrag zur Verfügung gestanden; nach wie vor seien drei der fünf Wirkstoffe der Festbetragsgruppe zum Festbetrag erhältlich gewesen.
Die Absenkung des Festbetrages um fünf Prozent auf 59,42 Euro ist danach plausibel. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Handhabung von § 35 Abs. 5 SGB V sind weder ersichtlich noch von Seiten der Klägerinnen vorgetragen.
3. Nichts anderes ergibt sich für die Allgemeinverfügung vom 10. Februar 2006 durch das In-Kraft-Treten der mit dem AVWG zum 1. Mai 2006 eingeführten Änderungen (BGBl. I, S. 984). Der Beigeladene zu 1) war bis Juni 2006 nicht gehalten, seinen Beschluss zur Gruppenbildung der Statine im Lichte der geänderten Rechtslage zu ändern. Daher durfte auch die Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen zumindest bis Juni 2006 weiterhin den Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 zugrunde legen.
a) In der Fassung des AVWG lauteten § 35 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 1b seit dem 1. Mai 2006 wie folgt (Abs. 1b neu eingefügt; übrige Änderungen unterstrichen):
(1) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. 2In den Gruppen sollen Arzneimittel mit 1. denselben Wirkstoffen, 2. pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, 3. therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen, zusammengefasst werden; unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel sind zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind. 3Die nach Satz 2 Nr. 2 und 3 gebildeten Gruppen müssen gewährleisten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen; ausgenommen von diesen Gruppen sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. 4Als neuartig gilt ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht. 5Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt auch die nach Absatz 3 notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen. 6Für die Vorbereitung der Beschlüsse nach Satz 1 durch die Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses gilt § 106 Abs. 4a Satz 3 und 7 entsprechend. 7Soweit der Gemeinsame Bundesausschuss Dritte beauftragt, hat er zu gewährleisten, dass diese ihre Bewertungsgrundsätze und die Begründung für ihre Bewertungen einschließlich der verwendeten Daten offen legen. 8Die Namen beauftragter Gutachter dürfen nicht genannt werden.
(1a) 1Für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen kann abweichend von Absatz 1 Satz 4 eine Gruppe nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 mit mindestens drei Arzneimitteln gebildet und ein Festbetrag festgesetzt werden, sofern die Gruppenbildung nur für Arzneimittel erfolgt, die jeweils unter Patentschutz stehen. 2Ausgenommen von der Gruppenbildung nach Satz 1 sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Arzneimittelkombinationen, die Wirkstoffe enthalten, die in eine Festbetragsgruppe nach Absatz 1 oder 1a Satz 1 einbezogen sind oder die nicht neuartig sind.
(1b) 1Eine therapeutische Verbesserung nach Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz und Absatz 1a Satz 2 liegt vor, wenn das Arzneimittel einen therapierelevanten höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Gruppe vorzuziehen ist. 2Bewertungen nach Satz 1 erfolgen für gemeinsame Anwendungsgebiete der Arzneimittel der Wirkstoffgruppe. 3Ein höherer Nutzen nach Satz 1 kann auch eine Verringerung der Häufigkeit oder des Schweregrads therapierelevanter Nebenwirkungen sein. 4Der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung erfolgt aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. 5Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. 6Die Ergebnisse der Bewertung sind in der Begründung zu dem Beschluss nach Absatz 1 Satz 1 fachlich und methodisch aufzubereiten, sodass die tragenden Gründe des Beschlusses nachvollziehbar sind. 7Vor der Entscheidung sind die Sachverständigen nach Absatz 2 auch mündlich anzuhören. 8Vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses aus wichtigem Grund ist die Begründung des Beschlusses bekannt zu machen, sobald die Vorlage nach § 94 Abs. 1 erfolgt, spätestens jedoch mit Bekanntgabe des Beschlusses im Bundesanzeiger. 9Ein Arzneimittel, das von einer Festbetragsgruppe freigestellt ist, weil es einen therapierelevanten höheren Nutzen nur für einen Teil der Patienten oder Indikationsbereiche des gemeinsamen Anwendungsgebietes nach Satz 1 hat, ist nur für diese Anwendungen wirtschaftlich; das Nähere ist in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 zu regeln.
Die Rechtsänderung hat sich damit vor allem in § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB V vollzogen, indem nunmehr Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen von der Gruppenbildung ausgenommen sind, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. Anders als bislang hat der Beigeladene zu 1) damit nun die Frage der Neuartigkeit und diejenige der therapeutischen Verbesserung kumulativ zu prüfen. In § 35 Abs. 1b Satz 1 bis 5 SGB V ist zudem eine Legaldefinition der therapeutischen Verbesserung enthalten.
b) Die streitgegenständliche Festbetragsfestsetzung wäre durch das In-Kraft-Treten des AVWG allerdings nur dann rechtswidrig (geworden), wenn der Beigeladene zu 1) durch diese Rechtsänderung zum 1. Mai 2006 gezwungen gewesen wäre, schon vor dem 1. Juli 2006 die Festbetragsgruppe der Statine der neuen Rechtslage anzupassen. Das ist zur Überzeugung des Senats aber nicht der Fall.
Änderungen der maßgeblichen Rechtslage oder neue Erkenntnisse im Bereich der evidenzbasierten Medizin verpflichten den Beigeladenen zu 1), Festbetragsgruppen zeitnah zu überprüfen und die Gruppenbildung gegebenenfalls zu korrigieren. Denn ebenso wie bei der Normsetzung im Vertragsarztrecht korrespondiert mit dem weiten Normsetzungsermessen des Beigeladenen zu 1) eine Beobachtungs- und Korrekturpflicht des Normgebers (vgl. hierzu die vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätze bei der Normsetzung im Vertragsarztrecht: Beschluss vom 11. März 2009, B 6 KA 31/08 B, zitiert nach juris, dort Rdnr. 22, m.w.N.). Eine Pflicht zur Korrektur besteht indes nur dann, wenn der Beigeladene zu 1) im Rahmen des ihm zustehende Gestaltungsspielraums durch eine Rechtsänderung oder eine erhebliche Änderung der Sachlage gezwungen ist, von der bisherigen Gruppenbildung Abstand zu nehmen, weil die die Norm legitimierenden Gründe weggefallen sind. In diesem Sinne trifft den Beigeladenen zu 1) als Normgeber eine Pflicht zur permanenten Überprüfung der von ihm festgesetzten Festbetragsgruppen. Selbst wenn es zu einer Rechtsänderung oder zu erheblichen Veränderungen der Sachlage kommt, muss dem Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die Komplexität der Materie und die von ihm zu beachtenden Verfahrensvorschriften eine Übergangszeit eingeräumt werden, seine Normsetzung der neuen Sach- oder Rechtslage für die Zukunft anzupassen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 7. Februar 1996, 6 Rka 6/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 16). Nur wenn er trotz einer eindeutig feststellbaren (rechtlichen oder tatsächlichen) Anpassungspflicht und auch nach Ablauf eines ausreichend bemessenen Ermittlungs- und Entscheidungszeitraumes untätig bliebe, würde die zuvor rechtmäßig festgesetzte Norm rechtswidrig (und damit nichtig). Erst dann würde die Gruppenbildung für den Beklagten unbeachtlich und die Rechtswidrigkeit der Gruppenbildung auf die Rechtmäßigkeit einer Festbetragsfestsetzung durchschlagen. Mithin wäre die hier streitige Festbetragsfestsetzung rechtswidrig, wenn der Beigeladene zu 1) es auch unter Berücksichtigung der dafür erforderlichen Zeitspanne pflichtwidrig unterlassen hätte, die Bildung der Atorvastatin umfassenden Festbetragsgruppe zu ändern oder aufzuheben.
Dies war hier jedoch bis zum 30. Juni 2006 (noch) nicht der Fall, was sich schon aus den schlichten zeitlichen Zusammenhängen ergibt: Die Pflicht des Beigeladenen zu 1) zur Überprüfung seiner normgebenden Entscheidung aufgrund der Neuregelungen im AVWG konnte erst am 1. Mai 2006 einsetzen. Der Beigeladene zu 1) war im Hinblick auf die Schwierigkeit der hier zu klärenden Rechts- und Sachfragen überhaupt nicht in der Lage, schon bis zum 30. Juni 2006 – also binnen nur zweier Monate –, eine abschließende Neuprüfung der Gruppenbildung im Lichte der geänderten Rechtslage und unter Beachtung der aktuellen Erkenntnisse der evidenzbasierten Medizin vorzunehmen und Atorvastatin gegebenenfalls aus der Festbetragsgruppe der Statine her¬auszunehmen. Auch wenn ihn die Verpflichtung traf, der neuen Rechtslage durch eine zeitnahe Überprüfung der streitbefangenen Festbetragsgruppe Rechnung zu tragen, musste ihm eine Übergangsfrist eingeräumt werden, die hierfür erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und eine entsprechende Entscheidung zu treffen und zu veröffentlichen. Dafür reichte die Zeit bis zum 30. Juni 2006 offensichtlich nicht aus. Deshalb durfte der Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen jedenfalls bis Ende Juni 2006 weiterhin der Beschluss des Beigeladenen zu 1) zur Gruppenbildung vom 20. Juli 2004 zugrunde gelegt werden. Denn so lange eine wirksame und rechtlich beanstandungsfreie Gruppenbildung existierte, durfte diese als Ausgangsposition für die Festbetragsfestsetzung fungieren. Zusammenfassend ist deshalb festzustellen, dass das am 1. Mai 2006 in Kraft getretene AVWG nichts an der Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung vom 10. Februar 2006 geändert hat.
F. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 2 und 3 und 162 Abs. 3 VwGO.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der Senat die Revision zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Tatbestand:
Die klagenden pharmazeutischen Unternehmen wenden sich gegen die Festsetzung eines Festbetrages für den Wirkstoff Atorvastatin in der Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer. Streitgegenständlich sind hier die Allgemeinverfügungen der ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen, der Rechtsvorgänger des Beklagten, vom 29. Oktober 2004 und vom 10. Februar 2006.
Atorvastatin gehört zur Wirkstoffgruppe der Statine, wird synthetisch hergestellt, hemmt die HMG-CoA-Reduktase und senkt auf diese Weise das LDL-Cholesterin. Der Wirkstoff ist enthalten in dem von den Klägerinnen seit 1997 in Deutschland hergestellten und vertriebenen Fertigarzneimittel Sortis®. Atorvastatin wurde am 17. Dezember 1996 zugelassen und genießt bis 2011 Patentschutz. Die Zulassung erfasste zunächst die Wirkstärken 10, 20, 40 mg, später auch die Wirkstärke 80 mg.
Nach der Fachinformation mit Stand vom Januar 2003 (Wirkstärken 10, 20, 40 mg) bzw. Januar 2006 (Wirkstärken 10, 20, 40 und 80 mg) erstreckte sich die Zulassung von Sortis® auf folgende Anwendungsgebiete:
Die Anwendung von Sortis ist zusätzlich zu einer Diät angezeigt zur Senkung erhöhter Gesamtcholesterin-, LDL-Cholesterin-, Apo-Lipoprotein-B- und Triglyzeridspiegel bei Patienten mit Primärer Hypercholesterinämie, einschließlich Familiärer Hypercholesterinämie (heterozygote Variante) oder Kombinierter (Gemischter) Hyperlipidämie (entsprechend Typ II a und II b nach Fredrickson), wenn Diät und andere nicht pharmakologische Maßnahmen keine ausreichende Wirkung erbringen.
Sortis ist auch zur Senkung von Gesamt- und LDL-Cholesterin bei Patienten mit Homozygoter Familiärer Hypercholesterinämie angezeigt – entweder zusätzlich zu anderen lipidsenkenden Maßnahmen (z. B. LDL-Apherese) oder falls solche Behandlungsmöglichkeiten nicht verfügbar sind.
Seit Mai 2006 enthält die Fachinformation zusätzlich zur Hypercholesterinämie folgendes Anwendungsgebiet:
Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen
Zur Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten, deren Risiko für ein erstes kardiovaskuläres Ereignis als hoch eingestuft wird, zusätzlich zur Behandlung weiterer Risikofaktoren.
Nach aktuellen Fachinformationen (recherchiert über www.pharmnet-bund.de) sind die übrigen Statine für folgende Anwendungsgebiete zugelassen:
Fluvastatin (Cranoc, vollsynthetisch hergestellt): Hypercholesterinämie: Zur Senkung erhöhter Gesamt-Cholesterin- und LDL-Cholesterinspiegel im Serum, wenn Diät und andere nicht pharmakologische Maßnahmen (z.B. körperliches Training und Gewichtsabnahme) allein eine ungenügende Wirkung zeigen: - bei Patienten mit primärer Hypercholesterinämie mit Ausnahme der seltenen homozygoten familiären Hypercholesterinämie; - bei kombinierter Hypercholesterinämie und Hypertriglyzeridämie, wenn die Hypercholesterinämie im Vordergrund steht. Sekundärprävention schwerwiegender kardialer Ereignisse nach einer Herzkatheter-Therapie.
Lovastatin (Mevinacor, fungales Fermentationsprodukt): Hypercholesterinämie: Zur Senkung erhöhter Gesamt- und LDL-Cholesterinspiegel im Serum, wenn Diät und andere nicht pharmakologische Maßnahmen (z. B. körperliches Training und Gewichtsabnahme) alleine eine ungenügende Wirkung zeigten, - bei Patienten mit primärer Hypercholesterinämie, - bei Patienten mit kombinierter Hypercholesterinämie und Hypertriglyzeridämie, wenn die Hypercholesterinämie im Vordergrund der therapeutischen Bemühungen steht.
Pravastatin (Pravasin® protect, semisynthetisch hergestellt): Hypercholesterinämie: Behandlung von primärer Hypercholesterinämie oder gemischter Dyslipidämie, zusätzlich zu einer Diät, wenn das Ansprechen auf eine Diät und andere nicht-pharmakologische Massnahmen (z.B. körperliche Betätigung, Gewichtsabnahme) nicht ausreichend ist. Primäre Prävention: Verringerung der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität zusätzlich zu einer Diät bei Patienten mit mittlerer oder schwerer Hypercholesterinämie und einem hohen Risiko eines ersten kardiovaskulären Ereignisses. Sekundäre Prävention: Verringerung der kardiovaskulären Mortalität und Morbidität bei Patienten mit einem Myokardinfarkt oder instabiler Angina pectoris in der Anamnese und entweder normalen oder erhöhten Cholesterinwerten, zusätzlich zur Korrektur anderer Risikofaktoren (siehe Abschnitt 5.1). Post-Transplantation: Verringerung einer Post-Transplantations-Hyperlipidämie bei Patienten, die nach Organtransplantation eine immunsuppressive Therapie erhalten.
Simvastatin (Zocor®, semisynthetisch hergestellt): Hypercholesterinämie: Zur Behandlung der primären oder kombinierten Hyperlipidämie begleitend zu Diät, wenn Diät und andere nicht pharmakologische Maßnahmen (z. B. körperliches Training und Gewichtsabnahme) allein nicht ausreichen. Zur Behandlung der homozygoten familiären Hypercholesterinämie. Kardiovaskuläre Prävention: Zur Senkung kardiovaskulärer Mortalität und Morbidität bei Patienten mit manifester atherosklerotischer Herzerkrankung oder Diabetes mellitus, deren Cholesterinwerte normal oder erhöht sind. Begleitend zur Korrektur anderer Risikofaktoren und kardioprotektiver Therapie.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 setzte der Arbeitsausschuss "Arzneimittel" des seinerzeitigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen ein Anhörungsverfahren in Bezug auf die beabsichtigte Bildung einer Festbetragsgruppe für HMG-CoA-Reduktasehemmer in Gang; es war beabsichtigt, die Wirkstoffe Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin in einer Festbetragsgruppe zusammenzufassen. Die Klägerin zu 1) wandte sich gegen die Einbeziehung von Atorvastatin in die geplante Festbetragsgruppe, weil der Wirkstoff besondere pharmakologisch-therapeu¬tische Eigenschaften besitze und eine therapeutische Verbesserung darstelle.
Im April 2004 beauftragte der Gemeinsame Bundesausschuss (im Folgenden: Beigeladener zu 1) die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ) mit der Bewertung der von Seiten der Angehörten eingegangenen Stellungnahmen. In ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2004 formulierte die AKdÄ als Ergebnis, dass die Einwände gegenüber der Gruppenbildung nicht stichhaltig seien und keiner der fraglichen fünf Wirkstoffe hinsichtlich seines pharmako-therapeutischen Stellenwerts eine wesentliche Verbesserung darstelle; das gelte auch für das jeweilige Wechsel- und Nebenwirkungsprofil. Keiner der fünf Wirkstoffe nehme eine Sonderstellung ein. Es bestehe ein großer Mangel an direkten Vergleichsstudien mit klinischen Endpunkten. Die einzige vorliegende direkte Vergleichssudie (PROVE-IT) weise ein fragwürdiges Studiendesign und eine sehr enge Patientenauswahl auf und könne daher eine Sonderstellung von Atorvastatin nicht belegen.
Der Beigeladene zu 1) beschloss hierauf in seiner Sitzung am 20. Juli 2004, die Arzneimittelrichtlinien in der Anlage 2 um die Festbetragsgruppe der Stufe 2 "HMG-CoA-Reduktasehemmer" wie folgt zu ergänzen (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 182 vom 25. September 2004, S. 21086):
HMG-CoA-Reduktasehemmer
Wirkstoffe: Vergleichsgröße: Atorvastatin 16,7 Fluvastatin 42,2 Lovastatin 23,2 Pravastatin 21,3 Simvastatin 20,7
orale, abgeteilte Darreichungsformen Kapseln; Filmtabletten; Retardtabletten; Tabletten.
In der Beschlussbegründung heißt es im Wesentlichen: Die Analyse der chemischen Strukturen der Mitglieder der Wirkstoffgruppe lasse keinen Zweifel an der chemischen Verwandtschaft. Der Wirkmechanismus lasse von einer pharmakologisch-therapeutischen Vergleichbarkeit im Hinblick auf Pharmakodynamik, Pharmakokinetik, Nebenwirkungsspektrum und Interaktionsprofil ausgehen. Die vorliegenden Daten zur Arzneimittelsicherheit rechtfertigten keine Sonderstellung eines der Vertreter der Statine. Eine klinische Überlegenheit insbesondere von Atorvastatin sei nicht erkennbar. Zwar senke Atorvastatin stärker und schneller als andere Statine das LDL-Cholesterin und damit das Risiko bestimmter kardiovaskulärer Ereignisse, wobei dies höchstwahrscheinlich durch seine besondere Pharmakokinetik bedingt sei; jedoch stehe zugleich fest, dass dies keine therapeutische Verbesserung bedeute, zumal der Wirkstoff auch nicht zu einer erheblichen Verringerung des Häufigkeitsgrades einer schwerwiegenden Nebenwirkung führe. Willkürfrei könne Atorvastatin nicht aus der Festbetragsgruppe ausgeschlossen werden. Ferner heißt es in der Begründung, dass eine Sonderstellung von Atorvastatin auch nicht durch die PROVE-IT-Studie gerechtfertigt werde, weil die in ihr untersuchte Population nur einen geringen Bruchteil der Patienten repräsentiere und nicht repräsentativ für die übliche Behandlungssituation sei. Ein Konsens über den therapeutischen Vorteil von Atorvastatin sei allein mit dieser Studie zudem nicht belegt.
Mit Schreiben vom 12. August 2004 teilte der Beigeladene zu 2) dem Beigeladenen zu 1) mit, den Beschluss vom 20. Juli 2004 nicht zu beanstanden.
Auf dieser Grundlage beschlossen die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen am 29. Oktober 2004 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 210 vom 5. November 2004, Seite 22602), für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. Januar 2005 einen Festbetrag festzusetzen (Standardpackung zu 100 Stück, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,97, Festbetrag 62,55 Euro).
Die Wirkstoffe Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin waren bei Beschlussfassung zu diesem Festbetrag erhältlich. Der Apothekenpreis des Wirkstoffs Atorvastatin lag und liegt seit Inkrafttreten der Festbetragsregelung deutlich über dem Festbetrag.
Mit ihrer am 2. Dezember 2004 erhobenen Klage haben die Klägerinnen im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Beschluss der ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen rechtswidrig sei, weil er auf einem seinerseits rechtswidrigen Beschluss des Beigeladenen zu 1) beruhe. Die Voraussetzungen aus § 35 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) lägen nicht vor. Atorvastatin sei mit den übrigen Statinen schon nicht pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar. Für patentgeschützte Wirkstoffe sei die Regelung in § 35 Abs. 1a S. 2 SGB V abschließend. Gegenüber den anderen Statinen bedeute Atorvastatin ein therapeutische Verbesserung. Die "Nutzenbewertung" durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vom 15. August 2005, von der Beklagtenseite in das Verfahren eingeführt, dürfe das Gericht nicht berücksichtigen, zudem sei sie inhaltlich nicht tragfähig. Auch die Stellungnahme der AKdÄ vom 5. Juli 2004 sei nicht verwertbar, denn diese sei auf Veranlassung des Beigeladenen zu 1) "nachgebessert" worden und habe die Gutachten der beauftragten Prof. W und Prof. K nicht hinlänglich beachtet. Unabhängig davon sei die Vergleichsgrößenbildung rechtswidrig, denn sie entspreche nicht der jeweiligen tatsächlichen Wirkstärke. Der Festpreis gewährleiste zudem keine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung.
Das Sozialgericht hat die Gutachten der genannten Prof. W und Prof. K vom 12. Juni 2004 bzw. 2. Juli 2004 beigezogen; während Prof. K sein Gutachten dem Gericht auf Anforderung überlassen hat, ist das Gutachten von Prof. W vom Beigeladenen zu 1) zu den Akten gereicht worden. In diesem Zusammenhang haben der Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, als dessen ständiger Ausschuss die AKdÄ fungiert, sowie der Beigeladene zu 1) betont, Prof. W sei im vorliegenden Zusammenhang weder von der AKdÄ noch vom Beigeladenen zu 1) beauftragt worden, ein Gutachten zur Gruppenbildung der Statine zu erstellen.
Federführend für die ursprünglich beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen hat der Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Rechtsvorgänger des jetzigen Beigeladenen zu 4), in Erwiderung auf die Klage ausgeführt: Sämtliche Statine seien pharmakologisch und therapeutisch vergleichbar. Anhand der Fachinformationen sei nachzuvollziehen, dass das gemeinsame Anwendungsgebiet in der primären und kombinierten Hypercholesterinämie bestehe. Alle Statine besäßen hier einen vergleichbaren Wirkmechanismus. Auf eine "Indikationsidentität" komme es insoweit nicht an. Zur Behandlung eines akuten Koronarsyndroms sei keines der Statine zugelassen; ein Präparat, das für das hervorgehobene Anwendungsgebiet aber keine arzneimittelrechtliche Zulassung besitze, dürfe bei Einbeziehung in eine Festbetragsgruppe keine Sonderstellung erhalten. Die Gruppenbildung sei nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V und nicht nach § 35 Abs. 1 a SGB V erfolgt. Die letztgenannte Vorschrift sei nur einschlägig, wenn die Gruppenbildung – anders als hier – nur für Arzneimittel erfolge, die jeweils unter Patentschutz stehen. Damit werde die Grundregel aus § 35 Abs. 1 SGB V erweitert und sichergestellt, dass nur wirkliche Innovationen weiterhin von der Festbetragsregelung ausgenommen seien. Die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung in § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V lägen nicht vor. Da Simvastatin schon seit 2003 patentfrei sei, mangele es Atorvastatin an der notwendigen "Neuartigkeit". Im Anwendungsgebiet der Hypercholesterinämie sei eine therapeutische Verbesserung nicht erwiesen. Allein eine stärkere Wirkung sei noch keine therapeutische Verbesserung; maßgeblich komme es auf Beweise für die Reduktion von Morbidität bzw. Mortalität an. Im Hinblick auf die Festsetzung des konkreten Festbetrages bestehe ein Beurteilungsspielraum. Mit der Festbetragshöhe werde die Preisgestaltung der Anbieter hinreichend abgebildet. Orientieren müsse sich die Entscheidung an einer in der Qualität gesicherten Versorgung und an einer für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl. Beide Aspekte seien gewährleistet, denn drei der fünf Wirkstoffe seien zum Festbetrag erhältlich (Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin); zudem stünden rund 75 Prozent der erhältlichen 607 Packungen und 26,3 Prozent der Verordnungen zum Festbetrag zur Verfügung.
Der Beigeladene zu 1) hat im Klageverfahren im Wesentlichen erklärt, sein Beschluss vom 20. Juli 2004 entspreche den gesetzlichen Erfordernissen. Die gerichtliche Überprüfbarkeit dieses Beschlusses, eines Aktes der Rechtsetzung, sei im Hinblick auf die der Entscheidung zugrunde liegenden wissenschaftlichen Einschätzungen eingeschränkt; der Gemeinsame Bundesausschuss habe hier eine Beurteilungsprärogative, denn er sei ein weisungsunabhängiges, besonders fachkundiges und pluralistisch zusammengesetztes Sachverständigengremium, das mit jeweiliger Stimmenmehrheit und im Akt wertender wissenschaftlicher Erkenntnis entscheide. Auf die AKdÄ sei nicht etwa manipulativ eingewirkt worden. Als maßgeblich sei das von der AKdÄ überreichte Gesamtgutachten angesehen worden. In der Sache habe sich die Entscheidung an den "Entscheidungsgrundlagen der Festbetragsgruppenbildung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V und der Konkretisierung des Ausnahmetatbestandes nach § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V" des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 15. Juni 2004 orientiert. Auf dieser Grundlage habe er detailliert und unter Auswertung einschlägiger Studien ausgeführt, warum innerhalb der Festbetragsgruppe eine auch Atorvastatin treffende pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit bestehe und warum kein tauglicher Nachweis für eine therapeutische Verbesserung im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V vorliege. Ebenso wenig zu beanstanden sei eine Ermittlung der Vergleichsgröße anhand der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Einzelwirkstärke.
Mit Urteil vom 22. November 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Beschluss des Beigeladenen zu 1) zur Bildung einer Festbetragsgruppe für HMG-CoA-Reduktasehemmer sei formell rechtmäßig, insbesondere frei von Verfahrensfehlern. Der Antrag der Klägerinnen auf Akteneinsicht sei zu Recht abgelehnt worden, weil ein Anspruch hierauf im Verfahren zur Ergänzung der mit Rechtsnormqualität ausgestatteten Richtlinie im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V nicht bestehe. Die Nichteinbeziehung des Gutachtens von Prof. Wdurch den Beigeladenen zu 1) sei nicht zu beanstanden und verstoße insbesondere nicht gegen § 35 Abs. 2 SGB V. Gelegenheit zur Stellungnahme habe der Beigeladene zu 1) nämlich nur der AKdÄ gegeben, so dass auch nur deren Stellungnahme in die Entscheidung einzubeziehen gewesen sei. Im Übrigen hätte eine Einbeziehung des Gutachtens von Prof. W die Beschlussfassung des Beigeladenen zu 1) kaum beeinflusst. Auch führe nicht jeder Verstoß gegen § 35 Abs. 2 SGB V automatisch zur Nichtigkeit der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V. Die Gruppenbildung sei auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Atorvastatin sei mit Lovastatin, Simvastatin, Fluvastatin und Pravastatin pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V, weil alle diese Statine mit der Hemmung der HMG-CoA-Reduktase unstreitig eine ähnliche Wirkung bzw. einen übereinstimmenden Wirkmechanismus aufwiesen. Mit der Behandlung der primären und kombinierten Hypercholesterinämie habe Atorvaststin zudem dasselbe Anwendungsgebiet wir die übrigen Statine. Ohne Belang sei, dass das synthetisch hergestellte Atorvastatin eine andere molekulare Grundstruktur aufweise als Lovastatin, Simvastatin und Pravastatin, die auf einer mikrobiellen Basis beruhten. Die Gruppenbildung verstoße auch nicht gegen § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V, wonach die nach § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 Nr. 2 und 3 gebildeten Gruppen zu gewährleisten hätten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt würden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stünden. Von einer Gruppenbildung im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB V seien danach nämlich nur solche Arzneimittel auszunehmen, die eine arzneimittelrechtliche Zulassung für ein Anwendungsgebiet besäßen, für das kein anderes Arzneimittel zugelassen sei. Die Vorschrift verlange dagegen vor allem nicht die Austauschbarkeit der gruppierten Arzneimittel. Unterschiede in der Qualität der einer Festbetragsgruppe angehörenden Arzneimittel setze der Gesetzgeber gerade voraus. Hiervon ausgehend sei nicht gegen § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V verstoßen worden, da Atorvastatin für kein Anwendungsgebiet zugelassen sei, für das nicht wenigstens ein anderes Statin zugelassen sei. Die Gruppenbildung stehe auch mit § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V in Einklang, denn zwar sei Atorvastatin ein patentgeschützter Wirkstoff, doch seine Wirkungsweise sei nicht (gemessen an § 35 Abs. 1 Satz 4 SGB V) neuartig. Als erster der Gruppe der Statine sei nämlich Lovastatin in Verkehr gebracht worden, das noch vor 2003 patentfrei gewesen sei. Weil die Voraussetzungen aus § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V kumulativ vorliegen müssten, komme es nicht darauf an, ob Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung bedeute; bei Arzneimitteln mit patentgeschützten Wirkstoffen sei daher eine therapeutische Verbesserung nicht schon generell zu berücksichtigen. Das "und" in der Vorschrift dürfe nicht als "oder" gelesen werden. Der Gesetzgeber habe nur echte Innovationen mit neuartiger Wirkungsweise und zugleich therapeutischer Verbesserung privilegieren wollen. Zudem sei der mit Wirkung vom 20. November 2003 eingefügte § 35 Abs. 1a SGB V nicht etwa lex specialis zu § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bzw. Satz 3 Hs. 2 SGB V. Selbst wenn man unterstelle, dass Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise nicht neuartig sei, von einer Gruppenbildung nach § 35 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB V ausgenommen seien, könne die Klage keinen Erfolg haben. Es sei nämlich nicht erwiesen, dass Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung biete. Dabei erfülle nicht schon jeder Vorteil den Begriff der "therapeutischen Verbesserung"; relevant seien nur Verbesserungen von einiger Erheblichkeit. Hier bedeute ein Statin gegenüber einem anderen Statin eine therapeutische Verbesserung, wenn es in deutlich mehr Fällen die Gesamtsterblichkeit und/oder die koronar bedingte Morbidität und Mortalität reduziere oder aber in deutlich weniger Fällen Nebenwirkungen von nicht unerheblichem Gewicht aufweise. Hieran gemessen bringe Atorvastatin keine therapeutische Verbesserung. Es sei nicht erwiesen, dass Atorvastatin bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, akutem Koronarsyndrom oder Diabetes mellitus die Gesamtsterblichkeit und/oder die koronar bedingte Morbidität und Mortalität reduziere oder bei Gabe in höchster zugelassener Dosierung weniger unerwünschte Nebenwirkungen habe. Hier folge die Kammer der überzeugenden "Nutzenbewertung der Statine" des IQWiG. Dieses habe die ALLIANCE-Studie und die PROVE-IT-Studie unberücksichtigt lassen dürfen, denn sie genügten nicht den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin. Dass sich eine therapeutische Verbesserung mit Atorvastatin nicht nachweisen lasse, gehe zu Lasten der Klägerinnen, denn § 35 Abs. 1 Satz 3, Hs. 2 SGB V sei Ausnahmetatbestand eines Regeltatbestandes; da die Klägerinnen sich auf diesen Ausnahmetatbestand beriefen, hätten sie im Zweifel auch das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu beweisen. Die Festsetzung der Festbeträge für die Gruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer beruhe auf einer durch den Beigeladenen zu 1) – an dessen Entscheidung die beklagten Krankenkassenverbände gebunden gewesen seien – zutreffend ermittelten Vergleichsgröße. Diese müsse nicht die tatsächliche Wirkstärke (das Ausmaß der therapeutischen Wirkung), sondern nur die reale Wirkstärke (die jeweilige Menge in mg oder einer anderen Maßeinheit) widerspiegeln. Eine Festlegung der Vergleichsgröße nach der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Einzelwirkstärke sei nicht zu beanstanden; auf diese Weise komme es zu einem geeigneten Rechenwert, der sicherstelle, dass das Verhältnis zwischen der von jedem Versicherten individuell benötigten Arzneimitteldosis zu den für diese Dosis aufzuwendenden Arzneimittelkosten annähernd gleich sei. Schließlich werde die Festsetzung der Festbeträge auch der Höhe nach den gesetzlichen Vorgaben in § 35 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB V gerecht. Die ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte Versorgung der Versicherten sei gewährleistet. Es komme zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven, zur Auslösung eines wirksamen Preiswettbewerbs und zur Ausrichtung an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten. Eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sei sichergestellt. Es gebe kein Patientenkollektiv, das allein durch die Therapie mit Atorvastatin wirksam behandelt werden könne.
Am 20. Dezember 2005 haben die Klägerinnen Berufung eingelegt.
Am 10. Februar 2006 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 48 vom 9. März 2006, Seite 1534) haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. April 2006 bei gleich bleibender Wirkstärkenvergleichsgröße von 0,97 um fünf Prozent auf 59,42 Euro abzusenken.
Am 11. Mai 2006 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 105 vom 7. Juni 2006, Seite 4219) haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung des § 35 Abs. 5 SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. Juli 2006 bei gleich bleibender Wirkstärkenvergleichsgröße (0,97) von 59,42 Euro auf 36,61 Euro abzusenken.
Am 13. März 2008 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 52 vom 4. April 2008, Seite 1224) hat der Beigeladene zu 1) beschlossen, die Vergleichsgrößen in der Festbetragsgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer wie folgt zu aktualisieren:
HMG-CoA-Reduktasehemmer
Wirkstoffe: Vergleichsgröße:
Atorvastatin 25,9 Atorvastatin Calcium-3-Wasser
Fluvastatin 58,2 Fluvastatin Natrium
Lovastatin 25,2
Pravastatin 25,3 Pravastatin Natrium
Simvastatin 26,9
orale, abgeteilte Darreichungsformen Kapseln; Filmtabletten; Retardtabletten; Tabletten.
Auf dieser Grundlage haben die ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen den Festbetrag überprüft und am 7. April 2008 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 57 vom 15. April 2008, Seite 1346) beschlossen, den Festbetrag für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer mit Wirkung vom 1. Juni 2008 wie folgt anzupassen: Standardpackung zu 100 Stück, Wirkstärkenvergleichsgröße 0,4, Festbetrag 13,48 Euro.
Der Senat hat die Beteiligten insoweit darauf hingewiesen, dass die Allgemeinverfügungen vom 10. Februar 2006, 11. Mai 2006 und 7. April 2008 Gegenstand des Verfahrens geworden seien.
Im Berufungsverfahren beziehen die Klägerinnen sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen ergänzend im Wesentlichen vor:
Der Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 sei verfahrensfehlerhaft und damit nichtig. Aus der mangelhaft geführten Verwaltungsakte sei nicht ersichtlich, ob die konstitutiven Voraussetzungen zur Beschlussfassung vorgelegen hätten. Zu Unrecht habe der Beigeladene einen Antrag der Klägerinnen auf Akteneinsicht abgelehnt; das Recht auf Akteneinsicht ergebe sich aus § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X). Den für die ordnungsgemäße Festbetragsgruppenbildung maßgeblichen Sachverhalt habe der Beigeladene zu 1) nur unzureichend aufgeklärt. Er habe die bestverfügbare wissenschaftliche Evidenz nicht objektiv und neutral gesichtet und ausgewertet. So sei insbesondere das von Prof. W erstellte Fachgutachten zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Dieses Gutachten habe dem Beigeladenen zu 1) vorgelegen und sei auch von ihm in Auftrag gegeben worden. Zudem hätte der Beigeladene zu 1) sich inhaltlich mit dem Gutachten von Prof. K befassen müssen. Insgesamt bestehe der Eindruck, dass der Beigeladene zu 1) das Verfahren nicht ergebnisoffen, sondern vorab festgelegt betrieben habe. Gutachten mit nicht genehmen Ergebnissen seien aus dem Entscheidungsprozess ausgeblendet worden. Auch sei dem Beschluss nicht die ursprüngliche Fassung des AKdÄ-Gutachtens zu Grunde gelegt, sondern eine zweite Version veranlasst worden, um die Entscheidung "gerichtsfest" zu machen. Materiellrechtlich sei zu beachten, dass Atorvastatin aufgrund seiner spezifischen, der synthetischen Herstellungsweise geschuldeten Molekularstruktur, seiner besonderen pleiotropen Wirkeigenschaften und der ihm innewohnenden therapeutischen Verbesserung mit den übrigen Statinen nicht pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar sei. So sei etwa Atorvastatin das einzige Statin, das nachweislich in der Lage sei, die Arteriosklerose aufzuhalten. Die Gruppenbildung verstoße auch gegen § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V: Durch die Einbeziehung von Atorvastatin würden die Therapiemöglichkeiten insbesondere für solche Patienten eingeschränkt, die auf eine besonders starke LDL-Senkung angewiesen seien; medizinisch notwendige Verordnungsalternativen stünden nicht mehr zur Verfügung. Die vom Sozialgericht verfolgte enge Auslegung des Gesetzes sei insoweit nicht sachgerecht. Entscheidend müsse sein, ob ein Arzneimittel nicht gleichwertig durch ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden könne. An einem gleichwertigen Ersatz für Atorvastatin fehle es insbesondere in Bezug auf die Patienten, die auf eine möglichst starke LDL-Senkung angewiesen seien. Ob Atorvastatin neuartig im Sinne von § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2, Abs. 1 Satz 4 SGB V sei, sei im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts irrelevant. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich zweifelsfrei, dass unabhängig von der Frage der Neuartigkeit eine Einbeziehung von patentgeschützten Wirkstoffen ausgeschlossen sei, wenn diese eine therapeutische Verbesserung darstellten. § 35 Abs. 1a SGB V sei eine Spezialregelung gegenüber § 35 Abs. 1 SGB V und sperre für die Festbetragsgruppe 2 den Rückgriff auf die allgemeine Regelung. Die Gruppenbildung der Statine in Gestalt der auch Generika enthaltenden "Jumbogruppe" sei mithin auch deshalb rechtswidrig, weil sie nach § 35 Abs. 1a SGB V ausschließlich patentgeschützte Wirkstoffe berücksichtigen dürfe. Inzwischen habe der Gesetzgeber auf die verfehlte Auslegung des Sozialgerichts Berlin reagiert und das Wort "und" in § 35 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2 SGB V mit Wirkung vom 1. April 2006 durch ein "oder" ersetzt. Unabhängig von alledem biete Atorvastatin eine therapeutische Verbesserung. Auch hier sei die Argumentation des Sozialgerichts unzutreffend. Dass das Gericht die "Nutzenbewertung der Statine" durch das IQWiG inhaltlich verwertet habe, stelle eine Überraschungsentscheidung dar. Es sei nicht statthaft, die Bewertungsgrundlagen für eine Festbetragsgruppenbildung durch eine Bezugnahme auf nachgeschobene Stellungnahmen des IQWiG nachträglich auszuwechseln. Der Beigeladene zu 1) betreibe hier nur "prozessuale Ablenkungs- und Verlagerungsmanöver". Zudem stünden die Ergebnisse der "Nutzenbewertung" durch das IQWiG teilweise in Widerspruch zur ursprünglichen Begründung der Festbetragsgruppenbildung, etwa in Bezug auf die Bewertung der PROVE-IT-Studie und in Bezug auf den Zusammenhang zwischen dem Maß der LDL-Senkung und der Reduzierung kardiovaskulärer Risiken. Aus denselben Gründen sei es unstatthaft, wenn der Beigeladene zu 1) nun auch den HTA-Bericht des britischen NICE-Instituts heranziehe. Im Übrigen stelle der Beigeladene zu 1) die Ergebnisse der PROVE-IT-Studie zu Unrecht in Frage. Das IQWiG verkenne zudem seine Rolle: Es habe wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht umzudefinieren, sondern müsse ihn objektiv ermitteln. Ohne sachverständige Hilfe hätte das Gericht sich nicht über die Einschätzungen von Fachgesellschaften und der Fachgutachter Prof. W und Prof. K hinwegsetzen dürfen. Warum das Gericht die Nutzenbewertung durch das IQWiG für überzeugend halte, werde nicht weiter begründet. Die Kammer habe sich nicht bemüht, das vorhandene Erkenntnismaterial unvoreingenommen und neutral zu würdigen. In der Sache weise Atorvastatin innerhalb der Gruppe der Statine ein überlegenes Wirkprofil im Sinne einer therapeutischen Verbesserung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V auf; die Überlegenheit beziehe sich auf die stärkere LDL-senkende Potenz, die stärkere Reduzierung klinisch relevanter Endpunkte bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom sowie bei fortgeschrittener Arteriosklerose, den schnelleren Eintritt der Schutzwirkung sowie auf ein überlegenes Sicherheitsprofil bei einer intensiven LDL-Senkung. Die PROVE-IT-Studie belege, dass die Gabe von Atorvastatin bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom den primären Zielparameter signifikant stärker reduziere als die höchste zugelassene Dosierung von Pravastatin. Dabei beziehe sich der Begriff der therapeutischen Verbesserung auf das gemeinsame zugelassene Anwendungsgebiet (die Senkung des LDL-Cholesterins) und nicht auf die Gesamtsterblichkeit und / oder koronar bedingte Morbidität und Mortalität. Dies ergebe sich nunmehr auch aus § 35 Abs. 1b Satz 2 SGB V neuer Fassung. Unzutreffend sei schließlich die Annahme des Sozialgerichts, die Klägerinnen seien beweispflichtig für das Vorliegen einer "therapeutischen Verbesserung". Es sei Aufgabe der Beigeladenen zu 1), die Voraussetzungen für die Bildung einer Festbetragsgruppe darzulegen und im Zweifelsfall zu beweisen. Bei Prüfung einer therapeutischen Verbesserung habe der Beigeladene zu 1) den Stand der medizinisch-pharmakologi¬schen Erkenntnisse einzubeziehen; dabei komme ihm kein Beurteilungsspielraum zu (Bezugnahme auf B 6 KA 13/05 R, Rdnr. 76). Den wissenschaftlichen Erkenntnisstand habe der Beigeladene aber nicht hinreichend berücksichtigt. Hinzu trete, dass der Entscheidungsprozess nicht hinreichend dokumentiert sei, so dass die Einhaltung verfahrensrechtlicher Regelungen nicht nachvollzogen werden können. Der Hinweis des Beigeladenen zu 1) auf die sich aus dem Normsetzungsverfahren ergebenden Besonderheiten verfange schon im Lichte der EU-Transparenzrichtlinie und der dort statuierten Begründungspflicht nicht. Insgesamt sei die vom Beigeladenen zu 1) für die Festbetragsgruppenbildung gegebene Begründung nicht stichhaltig und setze sich nicht hinreichend mit den Einwänden der Klägerinnen auseinander. Wenn die voreingenommene Praxis des Beigeladenen zu 1) und des IQWiG gerichtlich gebilligt werden sollte, stünden die Klägerinnen und mit ihnen alle anderen Pharmaunternehmen faktisch schutzlos da und dem Beigeladenen zu 1) bzw. dem IQWiG wäre ein "Freibrief" gewährt. Die zugrunde gelegten Vergleichsgrößen seien ungeeignet und rechtswidrig. In den Vergleichsgrößen für Atorvastatin liege eine massive pharmakologische Unterbewertung im Verhältnis zu den anderen Statinen. Die Fehlgewichtung führe dazu, dass die Mitbewerber um etwa 70 Prozent höhere Preise für ihre Wirkstoffe verlangen könnten als die Klägerinnen. Schließlich sei auch die Höhe des festgesetzten bzw. angepassten Festbetrages zu beanstanden. Objektiv bestehende Produktunterschiede dürften nicht auf der Preisebene nivelliert werden. Letztlich sei eine in der Qualität gesicherte Versorgung der Versicherten nicht mehr gewährleistet. Betroffen seien etwa 700.000 Patienten mit akutem Koronarsyndrom, für die auf dem Festbetragsniveau keine Arzneimittelauswahl mehr bestehe, weil kein anderes Statin existiere, für das eine mit Sortis® vergleichbare Wirkung belegt sei. Zudem sei die Wirkung von Atorvastatin bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom inzwischen durch die Aufnahme einer weiteren Studie in die Fachinformation förmlich anerkannt worden.
Die Klägerinnen haben eine an das Landgericht Berlin gerichtete Klageschrift vom 18. Dezember 2008 zu den Akten gereicht, mit der sie den Beigeladenen zu 1) wegen Amtshaftung aufgrund seines Beschlusses zur Festbetragsgruppenbildung vom 20. Juli 2004 in Anspruch nehmen. Das Landgericht hat den Amtshaftungsprozess mit Blick auf das vorliegende Streitverfahren ausgesetzt.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2005 aufzuheben,
festzustellen, dass die Beschlüsse der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004, 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006 bezüglich der Festsetzung bzw. der Anpassung eines Festbetrages für den Wirkstoff Atorvaststin rechtswidrig waren sowie
den Beschluss der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 7. April 2008 bezüglich der Anpassung des Festbetrages für den Wirkstoff Atorvaststin aufzuheben.
Hilfsweise beantragen die Klägerinnen,
Herrn Prof. Dr. W, als Zeugen zu hören zum Beweis für die Tatsache, dass Herr Prof. Dr. W im Jahre 2004 vom GBA mit der Erstellung eines Gutachtens zu der Frage der Festbetragsgruppenbildung für Statine beauftragt worden ist.
Der Senat hat den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zunächst mit Beschluss vom 1. August 2008 zum Verfahren beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2009 hat der Senat beschlossen, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen als Funktionsnachfolger für die bisherigen Bundesverbände der Krankenkassen und damit als alleinigen Beklagten zu behandeln; die bisherigen Beklagten hat der Senat als Beigeladene zu 3) - 8) beigeladen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Beschlüsse der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004, 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006 abzuweisen.
Er hält das mit der Berufung angegriffene Urteil für zutreffend und macht sich das erstinstanzliche Vorbringen des auf Seiten der vormaligen Beklagten federführenden BKK-Bundesverbandes zu eigen. Im Übrigen hat er sich zu den nach Berufungseinlegung erfolgten Festbetragsanpassungen (Beschlüsse vom 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006) sowie zur Festbetragsneufestsetzung vom 7. April 2008 geäußert.
Auch der Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Beschlüsse der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004, 10. Februar 2006 und 11. Mai 2006 abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus: Ein Verwaltungsverfahren im Sinne von § 8 SGB X sei in Zusammenhang mit der Ergänzung der mit Rechtsnormqualität ausgestatteten Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V nicht durchgeführt worden, so dass auch die formellen Erfordernisse eines Verwaltungsverfahrens nicht hätten beachtet werden müssen. Eine Pflicht etwa zur lückenlosen Dokumentation des gesamten Entscheidungsprozesses bzw. zur Gewährung von Akteneinsicht bestehe daher nicht. Weil einen Normgeber grundsätzlich auch keine Amtsermittlungspflicht treffe, habe keine Notwendigkeit bestanden, die Gutachten von Prof. Kund Prof. W in die Bewertung mit einzubeziehen. Prof. W sei zudem nicht mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden; anders als die AKdÄ habe er seine Ausführungen auch nicht an den zu beachtenden "Entscheidungsgrundlagen" orientiert. Materiell-rechtlich sei die Bildung der Festbetragsgruppe nicht zu beanstanden. Pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V sei gegeben. Soweit die Klägerinnen hier anführten, dass Atorvastatin über besondere pleiotrope Wirkeigenschaften verfüge, werde übersehen, dass selbst nach dem Gutachten von Prof. W nicht durch wissenschaftliche Studien untermauert sei, welchen Einfluss diese Effekte auf Morbidität und Mortalität hätten. Der Anspruch der Klägerinnen, Atorvastatin wegen einer therapeutischen Verbesserung von der Festbetragsgruppe auszunehmen, sei weder aus rechtlicher noch aus medizinischer Sicht begründet. Mit § 35 Abs. 1b SGB V habe der Gesetzgeber nunmehr klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine therapeutische Verbesserung vorliege. Die vom Beigeladenen zu 1) angewandten Entscheidungsgrundlagen entsprächen inhaltlich den später vom Gesetzgeber formulierten Kriterien; insbesondere habe der Gesetzgeber dem Erfordernis valider direkter Vergleichsstudien Gesetzesrang verschafft. Insoweit habe das Sozialgericht auch zutreffend vorausgesetzt, dass nicht jeder irgendwie geartete Vorteil unter den Begriff der therapeutischen Verbesserung falle. Gemessen an den Regelungen in § 35 Abs. 1b SGB V bedeute Atorvastatin auch keine therapeutische Verbesserung. Die erforderlichen wissenschaftlichen Belege für einen therapierelevanten Zusatznutzen von Atorvastatin lägen nicht vor. Die Nutzenbewertung durch das IQWiG und das britische NICE-Institut hätten diese Sichtweise Anfang 2006 in Würdigung der verfügbaren plazebokontrollierten bzw. direkt vergleichenden Studien nachträglich bestätigt. Insbesondere die von den Klägerinnen behauptete stärkere Wirkpotenz sei nicht in erforderlichem Maße nachgewiesen; weder die CARDS-Studie noch die ASCOTT-LLA-Studie seien insoweit überzeugend. Auch die behauptete Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom bzw. eine stärkere Reduktion anderer kardiovaskulärer Endpunkte bei arteriosklerotischen Erkrankungen seien nicht hinreichend belegt. Dasselbe gelte für alle anderen von den Klägerinnen angeführten Aspekte einer therapeutischen Verbesserung. Die Gutachten der Prof. K und Prof. W seien im Übrigen nicht entscheidend verwertbar, da sie unter gravierenden methodischen Mängeln litten. Sofern die Klägerinnen sich gegen die Nutzenbewertung der Statine durch das IQWiG richteten, seien die Einwände unbegründet. Vor allem die vom IQWiG geäußerten Zweifel an der Validität der PROVE-IT-Studie seien stichhaltig. Auch aus der IDEAL-Studie lasse sich kein Nachweis einer Überlegenheit von Atorvastatin gegenüber Simvastatin ableiten.
Auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2009 hat der Senat beschlossen, die Klage gegen die Allgemeinverfügungen der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 11. Mai 2006 und vom 7. April 2008 abzutrennen und unter dem Aktenzeichen L 9 KR 351/09 fortzuführen.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte (11 Bände nebst drei Anlagenordnern), des Verwaltungsvorgangs des Beigeladenen zu 1) (zwei Ordner) sowie des Beigeladenen zu 4) (ein Ordner) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Berufung und Klage haben keinen Erfolg.
A. Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2005. Streitgegenstand ist insoweit die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 hinsichtlich der Festsetzung eines Festbetrages für den Wirkstoff Atorvaststin.
Der Senat entscheidet außerdem auf die Klage über die Rechtmäßigkeit der erst während des Berufungsverfahrens ergangene Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006 bezüglich der Anpassung des Festbetrages. Diese Allgemeinverfügung ist gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden, denn sie ersetzt die vorangegangene Regelung, indem ein der Höhe nach anderer Festbetrag festgesetzt wird. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für die Allgemeinverfügungen der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 11. Mai 2006 und vom 7. April 2008; insoweit hat der Senat das Verfahren aber abgetrennt und wird über die Klage gesondert entscheiden (L 9 KR 351/09).
B. Berufung und Klage sind infolge eines Parteiwechsels kraft Gesetzes gegen den jetzigen Beklagten, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zu richten (vgl. schon Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2008, L 9 B 192/08 KR ER, zitiert nach juris). Dementsprechend hatte der Senat das Rubrum umzustellen, die bisherigen Beklagten sind beigeladen worden. Zuständig für die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel ist gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V in der seit dem 1. Juli 2008 geltenden Fassung i.V.m. § 217 f Abs. 1 SGB V nämlich ausschließlich der Spitzenverband Bund der Krankenkassen; den Beigeladenen zu 3) bis 8) fehlt hierzu seit diesem Zeitpunkt jegliche Kompetenz. Zwar bleibt die prozessuale Stellung einer beklagten Behörde grundsätzlich unberührt, wenn nach Erhebung einer Klage eine andere Behörde für den Erlass der streitgegenständlichen Entscheidung zuständig wird. Eine Ausnahme gilt aber jedenfalls dann, wenn der Zuständigkeitswechsel auf einem Organisationsakt der Verwaltung beruht. Organisationsakte in diesem Sinne sind – wie im vorliegenden Fall – gesetzliche oder durch die Verwaltung getroffene Maßnahmen, durch die der bisherige Zuständigkeitsbereich der ursprünglich beklagten Behörde geändert wird (vgl. Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Oktober 2002, I R 17/01, zitiert nach juris). Prozessuale Folge dieses Wechsels in der Behördenzuständigkeit ist zumindest bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ein Parteiwechsel kraft Gesetzes, da mit diesen Klagen in der Regel ein auch in die Zukunft gerichtetes Begehren verfolgt wird und maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in diesen Fällen die letzte mündliche Verhandlung ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 5. Juli 2007, B 9/9a SB 2/07 R, zitiert nach juris). Anderes gilt für (reine) Anfechtungsklagen, da diese allein in die Vergangenheit, nämlich auf den Zeitpunkt des angefochtene Bescheides, weisen und sich daher grundsätzlich gegen die den Bescheid erlassende Behörde richten (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O. sowie Urteil vom 5. Juli 2007, B 9/9a SB 2/06 R, zitiert nach juris). Von Letzterem ist jedoch im Falle der Funktionsnachfolge wiederum eine Ausnahme zu machen, da sie zu einer ersetzenden Zuständigkeitsverlagerung führt, wie der vorliegende Rechtsstreit anschaulich belegt. Soweit der Gesetzgeber neue Zuständigkeitszuordnungen vornimmt bzw. die Besetzung von kollegial verfassten Behörden ändert, sind die nunmehr als zuständig bestimmten Behörden in ihrer dem aktuellen Recht entsprechenden Zusammensetzung für alle Entscheidungen in allen Verfahren aus ihrem sachlichen Aufgabenbereich zuständig, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt sich die zu prüfenden Umstände abgespielt haben. Soweit keine Übergangsbestimmungen erlassen werden, treten die neu als zuständig bestimmten Behörden bzw. diese in ihrer neuen Besetzung in vollem Umfang an die Stelle der alten Behörden. Für sämtliche anstehenden Entscheidungen - unter Einschluss von Nebenentscheidungen zu bereits getroffenen Entscheidungen (z.B. zu den Kosten) - sind ausschließlich die nunmehr zuständigen Behörden verantwortlich (im Ergebnis ebenso: Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Juli 2007, B 12 P 4/06 R, sowie Urteil vom 9. April 2008, B 6 KA 34/07 R, jeweils zitiert nach juris). Weil den Beigeladenen zu 3) bis 8) ab dem 1. Juli 2008 jegliche Kompetenz im Bereicht der Festbetragsfestsetzung genommen wurde, fehlt ihnen seither jede rechtliche Befugnis, die angegriffene Festbetragsfestsetzung zu ändern oder aufzuheben; die Abgabe eines prozessualen (Teil-)Aner¬kennt¬nisses etwa wäre rechtlich unzulässig. Hierzu ist nur noch die seit dem 1. Juli 2008 zur Festbetragsfestsetzung gesetzlich ermächtigte Behörde – der Spitzenverband Bund der Krankenkassen – berechtigt.
C. 1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin ist zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG). Allerdings können die Klägerinnen gegen die im erstinstanzlichen Verfahren streitgegenständliche Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 nur noch im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage vorgehen, denn diese Verfügung hat sich erledigt, indem sie durch Folgeregelungen ersetzt wurde.
Bei der Festbetragsfestsetzung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V handelt es sich um einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung nach § 31 Satz 2 SGB X, denn die Regelung richtet sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis, nämlich u.a. an Krankenkassen, Ärzte und Versicherte. Die Festbetragsfestsetzung in Form einer Allgemeinverfügung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; insbesondere gebietet Verfassungsrecht nicht, Festbeträge durch Rechtsverordnung festzusetzen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2002, 1 BvL 28, 29, 30/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 99, 126, 131). Als Klageart ist daher grundsätzlich die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. SGG statthaft (vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 13). Die Anfechtungsklage gegen die (erste) Festbetragsfestsetzung hat sich jedoch in Folge der Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006 erledigt.
Erledigung liegt allgemein vor, wenn ein Ereignis den prozessualen Anspruch gegen¬standslos macht oder eine Lage eingetreten ist, die eine Entscheidung erübrigt oder ausschließt. Sie ist mit dem Wegfall des Rechtsschutzinteresses gleichzusetzen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 1976, 7 Rar 107/75, BSGE 42, 212 [216]). Hieran gemessen erledigt sich die Anfechtung einer Festbetragsfestsetzung durch Zeitablauf, wenn die streitgegenständliche Regelung im Laufe des Gerichtsverfahrens gegenstandslos bzw. durch anderweitige Regelungen ersetzt wird und von ihr für die Zukunft keine nachteiligen Wirkungen mehr zu erwarten sind (ähnlich in Zusammenhang mit einer Wahlanfechtung: Bundessozialgericht, Urteil vom 13. September 2005, B 2 U 21/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 16). So liegt es hier, denn von der Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 gehen keine nachteiligen Wirkungen mehr aus, nachdem sie durch die Nachfolgeregelung vom 10. Februar 2006 (fortan 59,42 Euro statt zuvor 62,55 Euro) ersetzt wurde. Für eine Aufhebung der Verfügung vom 29. Oktober 2004 besteht damit kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (siehe auch Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14, Erledigung der ursprünglichen durch nachfolgende Festbetragsfestsetzungen).
Statthafte Klageart ist daher nunmehr die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG. Der Übergang zur Fortsetzungsfeststellungsklage gilt nicht als Klageänderung und ist nach allgemeiner Meinung sogar noch in der Revisionsinstanz zulässig (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O.). Erledigt sich die Anfechtung einer Festbetragsfestsetzung nach § 35 Abs. 3 SGB V durch Zeitablauf, Außerkrafttreten der zu prüfenden Allgemeinverfügung oder anderweitig, ist es grundsätzlich statthaft, das Verfahren in Gestalt eines Fortsetzungsfeststellungsantrages fortzuführen, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Unwirksamkeit hat und wenn die ursprünglich erhobene, nunmehr erledigte Anfechtungsklage ihrerseits zulässig war.
Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerinnen ergibt sich jedenfalls unter dem Aspekt der Präjudizialität. Grundsätzlich führt der Gedanke der Präjudizialität zur Bejahung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses, wenn die Entscheidung für einen Schadensersatzprozess - insbesondere einen Amtshaftungsprozess vor den Zivilgerichten - wesentlich und dieser Prozess bei Eintritt der Erledigung anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten und nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. Keller, a.a.O., Rdnr. 10 d). Mit ihrer Klage vom 18. Dezember 2008 haben die Klägerinnen einen Amtshaftungsprozess anhängig gemacht. Für dessen Erfolg kommt es unter anderem auf das Vorliegen einer rechtswidrigen Amtshandlung an, hier des Beschusses des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004, dessen Rechtmäßigkeit inzident auch im vorliegenden Verfahren zu prüfen ist. Der Amtshaftungsprozess ist auch nicht offensichtlich aussichtslos. Eine solche "offensichtliche" Aussichtslosigkeit eines beabsichtigten zivilgerichtlichen Haftungsprozesses kann nämlich nur dann angenommen werden, wenn ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete zivilrechtliche Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt besteht (ständige Rechtsprechung; vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, 3 KR 23/04 R sowie Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29. April 1992, 4 C 29/90, jeweils zitiert nach juris). Die Fortsetzungsfeststellungsklage dient auch dem Zweck zu verhindern, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses nach Klageerhebung sein ursprüngliches Klageziel nicht mehr erreichen kann, um die Früchte seiner bisherigen Prozessführung gebracht wird. Dem der Fortsetzungsfeststellungsklage zugrunde liegenden Gedanken der Prozessökonomie würde es daher nicht gerecht, wenn die Zulässigkeit einer derartigen Klage ihrerseits von überhöhten Anforderungen an das von einem Kläger darzulegende Feststellungsinteresse abhängig gemacht würde. Bei der Prüfung der offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Schadensersatzklage vor dem Zivilgericht kann es folglich für den Senat nicht darum gehen, die Erfolgsaussichten des Haftungsprozesses schlechthin zu prüfen und somit den vor dem Landgericht Berlin zu führenden Prozess auch in den von der Feststellung der Rechtswidrigkeit unabhängigen Teilen gleichsam vorwegzunehmen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, a.a.O., mit weiteren Hinweisen zur ständigen Rechtsprechung). Hieran gemessen kann der Senat jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit des Amtshaftungsprozesses ausgehen, in dessen Rahmen komplexe Fragen wie auch die nach der schuldhaften Amtspflichtverletzung zu beantworten sein werden.
Im Übrigen war die ursprünglich gegen die Allgemeinverfügung vom 29. Oktober 2004 erhobene Anfechtungsklage zulässig. Ein Vorverfahren war nicht erforderlich (§ 35 Abs. 7 Satz 3 SGB V).
Soweit die Klägerinnen die Rechtmäßigkeit der vom Beigeladenen zu 1) vorgenommenen Gruppeneinteilung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB V angreifen, stand der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, dass eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung unzulässig ist (§ 35 Abs. 7 Satz 4 SGB V). Damit wird eine gerichtliche Überprüfung der Gruppeneinteilung nicht entgegen Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ausgeschlossen, sondern in die spätere gerichtliche Kontrolle der gesamten Festbetragsfestsetzung für ein Arzneimittel einbezogen. Im Rahmen einer Klage gegen die Festsetzung eines Festbetrages kann die Gruppenbildung in vollem Umfang zur Überprüfung gestellt werden (Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 16, unter Hinweis auf BT-Drucksache 11/3480 S. 54).
Die Klägerinnen sind als Herstellerinnen eines von der Festbetragsfestsetzung betroffenen Arzneimittels auch klagebefugt im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Grundsätzlich ist eine Klagebefugnis gegeben, sofern rechtlich geschützte Individualinteressen betroffen sind, sei es in Gestalt einfachrechtlicher Schutznormen, sei es in Gestalt grundrechtlicher Gewährleistungen. Unzulässig ist eine Klage danach, wenn eine Verletzung eigener Rechte des Klägers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise in Betracht kommt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, Rdnr. 12, 12a zu § 54 SGG).
Der Senat lässt offen, ob einzelne in § 35 SGB V enthaltene Regelungen, etwa die Privilegierung patentgeschützter Arzneimittel, Drittschutz entfalten (vgl. hierzu Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 18 bis 20). Jedenfalls können die Klägerinnen ihre Klagebefugnis aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitssatz) herleiten; grundsätzlich geht der Senat dabei davon aus, dass die Hersteller von Arzneimitteln aufgrund grundrechtlicher Gewährleistungen gerichtlichen Rechtsschutz gegen solche staatlichen Maßnahmen beanspruchen können, die den Wettbewerb mit ihren Konkurrenten verfälschen können (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 35). Die Beeinträchtigung der genannten Grundrechte erscheint möglich bzw. ist hinreichend dargetan, denn die Klägerinnen machen (u.a.) geltend, im Wettbewerb gegenüber anderen Arzneimittelherstellern dadurch benachteiligt zu werden, dass das Arzneimittel Sortis® mit dem Wirkstoff Atorvastatin gegenüber den sonstigen Statinen eine Sonderstellung besitze, die einer Einbeziehung in die Festbetragsgruppe entgegenstehe. Schon damit ist eine mögliche Verletzung der genannten Grundrechte hinreichend dargetan, denn die gleiche Behandlung gegenüber den anderen Statinen trotz behaupteter Unterschiede könnte gleichheitswidrig sein und damit einen unzulässigen Eingriff in die Teilhabe am Wettbewerb darstellen.
Dem steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2002 (1 BvL 28, 29, 30/95, zitiert nach juris) nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat hier die Grundrechtsbetroffenheit von Arzneimittelherstellern nur insofern verneint, als der Gesetzgeber die Spitzenverbände der Krankenkassen zur Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel ermächtigt habe. Bindend steht damit nur fest, dass Festbetragsfestsetzungen als solche die Berufsfreiheit pharmazeutischer Unternehmen nicht verletzen, weil sie lediglich die Rahmenbedingungen ihrer wirtschaftlichen Betätigung betreffen, auf deren unveränderte Beibehaltung kein verfassungsrechtlich geschützter Anspruch besteht. Dies schließt aber nicht aus, dass staatliche Maßnahmen, die auf eine Veränderung des Verhaltens von Unternehmen im Wettbewerb zielen oder den Wettbewerb der Unternehmen untereinander verfälschen, im Einzelfall die Berufsfreiheit beeinträchtigen können (vgl. hierzu Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 21 bis 23).
2. Die Klage gegen die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006, die – wie ausgeführt – nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, ist ebenfalls in Form der Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Auch hier kann es nur noch darum gehen, die Rechtmäßigkeit der Festbetragsfestsetzung im Nachhinein zu prüfen, denn sie hat sich mit der weiteren Verfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 11. Mai 2006 (Gegenstand des Verfahrens L 9 KR 351/09) erledigt. Im Übrigen gilt zur Zulässigkeit der Klage das bislang Gesagte.
D. Die Berufung ist unbegründet. Die erstinstanzliche Entscheidung beurteilt die Sach- und Rechtslage im Ergebnis zutreffend. Die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 bezüglich der Festsetzung eines Festbetrages für den Wirkstoff Atorvastastin war rechtmäßig. Zu messen ist sie an § 35 SGB V in der vom 20. November 2003 bis zum 30. April 2006 geltenden Fassung (unten 1.). Sowohl formell (unten 2.) als auch materiell (unten 3.) hält die Verfügung einer rechtlichen Überprüfung stand. Hierfür ist insbesondere maßgeblich, dass der vorangegangene Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 zur Gruppenbildung der Statine keine Rechte der Klägerinnen verletzt (unten 3. a); schließlich ist auch die Festsetzung der Festbeträge der Höhe nach rechtmäßig (unten 3. b).
1. Die in der Allgemeinverfügung vom 29. Oktober 2004 getroffene Regelung, die vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2006 Wirkung entfaltete, ist an § 35 SGB V in der Fassung zu messen, die er vom 20. November 2003 bis zum 30. April 2006 hatte. Die Vorschrift lautete:
(1) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. 2In den Gruppen sollen Arzneimittel mit 1. denselben Wirkstoffen, 2. pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, 3. therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen, zusammengefasst werden; unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel sind zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind. 3Die nach Satz 2 Nr. 2 und 3 gebildeten Gruppen müssen gewährleisten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen; ausgenommen von diesen Gruppen sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig ist und die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. 4Als neuartig gilt ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht. 5Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt auch die nach Absatz 3 notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen.
(1a) 1Für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen kann abweichend von Absatz 1 Satz 4 eine Gruppe nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 mit mindestens drei Arzneimitteln gebildet und ein Festbetrag festgesetzt werden, sofern die Gruppenbildung nur für Arzneimittel erfolgt, die jeweils unter Patentschutz stehen. 2Ausgenommen von der Gruppenbildung nach Satz 1 sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten.
(2) 1Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker ist vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. 2Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(3) 1Die Spitzenverbände der Krankenkassen setzen gemeinsam und einheitlich den jeweiligen Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen fest. 2Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam können einheitliche Festbeträge für Verbandmittel festsetzen. 3Für die Stellungnahmen der Sachverständigen gilt Absatz 2 entsprechend.
(4) (aufgehoben)
(5) 1Die Festbeträge sind so festzusetzen, dass sie im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. 2Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen. 3Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. 4Der Festbetrag für die Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 soll den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten Preis und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. 5Bei der Berechnung nach Satz 4 sind hochpreisige Packungen mit einem Anteil von weniger als 1 vom Hundert an den verordneten Packungen in der Festbetragsgruppe nicht zu berücksichtigen. 6Für die Zahl der Verordnungen sind die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtages zuletzt verfügbaren Jahresdaten des Arzneimittelindexes der gesetzlichen Krankenversicherung zu Grunde zu legen.
(6) Für das Verfahren zur Festsetzung der Festbeträge gilt § 213 Abs. 2 und 3.
(7) 1Die Festbeträge sind im Bundesanzeiger bekanntzumachen. 2Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. 3Ein Vorverfahren findet nicht statt. 4Eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung nach Absatz 1 Satz 1 bis 3, gegen die rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen nach Absatz 1 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Festsetzung der Festbeträge ist unzulässig.
(8) 1Bis zum 31. Dezember 2003 finden die Absätze 1 bis 7 mit Ausnahme der Verweisung in § 36 Abs. 3 und zur Vorbereitung der Festsetzung von Festbeträgen, die ab dem 1. Januar 2004 gelten sollen, keine Anwendung. 2Die nach Absatz 7 und § 35a Abs. 5 bekannt gemachten Festbeträge für verschreibungspflichtige Arzneimittel sind entsprechend den geänderten Handelszuschlägen der Arzneimittelpreisverordnung, zuletzt geändert durch Artikel 24 des Gesetzes vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190), umzurechnen; die umgerechneten Festbeträge finden ab dem 1. Januar 2004 Anwendung. 3Für die Umrechnung sind keine Stellungnahmen von Sachverständigen einzuholen. 4Die Spitzenverbände der Krankenkassen machen die Umrechnung der Festbeträge bis zum 1. Dezember 2003 bekannt; § 35a Abs. 5 Satz 1 gilt entsprechend. 5Die umgerechneten Festbeträge nach Satz 2 sowie die auf Grund der §§ 35 und 35a bekannt gemachten Festbeträge für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel in der zuletzt gültigen Fassung bleiben so lange gültig, bis sie neu bestimmt, angepasst oder aufgehoben werden.
Spätere Rechtsänderungen, insbesondere die Änderung von § 35 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. SGB V und die Einfügung von § 35 Abs. 1b SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) mit Wirkung vom 1. Mai 2006, muss der Senat hier außer Betracht lassen. Grundsätzlich darf selbst eine Regelung mit Dauerwirkung wie die hier in Frage stehende Allgemeinverfügung nur an dem Recht gemessen werden, das während ihrer Geltungsdauer galt. Die während der Geltungsdauer der Nachfolgeregelung gegebenenfalls geänderte Rechtslage ist unerheblich.
2. Die Festbetragsfestsetzung vom 29. Oktober 2004 war unter formellen Aspekten rechtmäßig. Die Spitzenverbände der Krankenkassen waren zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung, § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V; Rügen gegen das von ihnen durchgeführte Verfahren (insbes. § 35 Abs. 6 i.V.m. § 213 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der 2004 geltenden Fassung: "gemeinsam und einheitlich") sind nicht erhoben, Mängel auch sonst nicht erkennbar; die für die Festsetzung notwendige Form wurde gewahrt, indem der Festbetrag im Bundesanzeiger Nr. 210 vom 5. November 2004 bekanntgemacht wurde, § 33 Abs. 7 Satz 1 SGB V.
3. Die Festbetragsfestsetzung vom 29. Oktober 2004 war auch materiell rechtmäßig.
a) Der der Allgemeinverfügung vom 29. Oktober 2004 vorausgegangene, ihr zugrunde liegende und ihre Rechtmäßigkeit maßgeblich mitbestimmende Beschluss des Beigeladenen zu 1) zur Bildung der Festbetragsgruppe der Statine vom 20. Juli 2004 verletzt die Klägerinnen jedenfalls nicht in ihren Rechten. Die Bildung einer Festbetragsgruppe durch den Beigeladenen zu 1) ist ein Akt der untergesetzlichen Normgebung (unten aa), der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (unten bb). Der Beschluss vom 20. Juli 2004 ist frei von Verfahrens- oder Formfehlern (unten cc). Materiellrechtlich hat der Beigeladene zu 1) die Vorgaben aus § 35 SGB V teilweise verkannt, doch ist damit keine Verletzung von subjektiven Rechten der Klägerinnen verbunden (unten dd).
aa) Aus den oben zitierten Vorschriften (§ 35 Abs. 1 Sätze 1 und 5 SGB V) ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1) die nach § 35 Abs. 1 bis 2 SGB V zu treffenden Entscheidungen in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zu bestimmen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung der mit dieser Frage befassten Senate des Bundessozialgerichts stellen die Arzneimittelrichtlinien untergesetzliche Rechtsnormen dar (vgl. nur Bundessozialge¬richt, Urteil vom 16. September 1997, 1 RK 32/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 25, 32; Urteil vom 26. Januar 2006, B 3 KR 4/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20; Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 28). Mit der "Verbindlicherklärung" in § 91 SGB V hat auch der Gesetzgeber die Rechtsnormqualität der Richtlinien des Beigeladenen zu 1) außer Frage gestellt (§ 91 Abs. 9 SGB V in der Fassung vom 1. Januar 2004 bis 30. Juni 2008; § 91 Abs. 6 SGB V in der seitdem geltenden Fassung; vgl. hierzu Beck in jurisPK-SGB V, § 91 Rdnr. 60; Beier, ebd., § 92 Rdnr. 18 ff.; s.a. Engelmann, MedR 2006, S. 245 [248]).
Die Verfassungsmäßigkeit dieser besonderen Form der Rechtsetzung in den Richtlinien des Beigeladenen zu 1) ist höchstrichterlich abschließend geklärt (vgl. nur Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 58, m.w.N.). Die Normsetzung durch den Beigeladenen zu 1) ist Teil eines umfassenden gesetzlichen Konzepts, nach dem auf der Grundlage der Vorgaben im SGB V die für die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten mit Sach- und Dienstleistungen erforderlichen Regeln durch die Partner der Versorgung in Normativverträgen vereinbart oder von Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung dieser Partner in Gestalt von Richtlinien getroffen werden. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht speziell für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung mit Urteil vom 17. Dezember 2002 das System der Festsetzung von Festbeträgen (§§ 35 ff. SGB V)als verfassungskonform bewertet (Urteil vom 17. Dezember 2002, 1 BvL 28 bis 30/95, BVerfGE 106, 275). Bei der Anwendung der Festbetragsregelung greifen die Normsetzungsbefugnisse des Beigeladenen zu 1) (Zusammenstellung von Gruppen von Arzneimitteln mit denselben und vergleichbaren Wirkstoffen nach§ 92 Abs. 2§ 35 Abs. 1 SGB V) und die eigentliche Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände bzw. heute den Spitzenverband Bund (§ 35 Abs. 3 SGB V) ineinander. Obwohl die Kompetenzen des Beigeladenen zu 1) im Rahmen des Festbetragsfestsetzungsverfahrens nicht ausdrücklich angesprochen werden, kann ausgeschlossen werden, dass das Bundesverfassungsgericht prinzipielle verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Befugnisse des Beigeladenen zu 1) in diesem Bereich hat. Denn dessen Regelungen über die mit Festbeträgen zu versehenden "Gruppen von Arzneimitteln" gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V sind notwendige Vorstufen für die vom Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfte und nicht beanstandete Festbetragsfestsetzung. Ohne die vorgelagerte Entscheidung des Beigeladenen zu 1) kann eine Festsetzung der Festbeträge durch die Spitzenverbände der Krankenkassen (§ 35 Abs. 3 SGB V) nicht erfolgen.
bb) Dass die Entscheidungen des beigeladenen Gemeinsamen Bundesausschusses im Rahmen von § 35 SGB V untergesetzliche Normgebung darstellen, hat entscheidenden Einfluss auf den Prüfungsmaßstab, den der Senat im Rahmen der rechtlichen Kontrolle anzulegen hat. Die Richtliniensetzung des Beigeladenen zu 1) erfolgt nämlich – wie andere untergesetzliche Normgebung auch – im Rahmen eines gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Gestaltungsspielraumes (vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 8 Rdnr. 38; Beier, a.a.O., § 92 Rdnr. 38; Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 67 ff. [Erlass von Therapiehinweisen]; Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 20/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 31 [Überprüfung einer EBM-Ä-Regelung]; Urteil vom 19. März 2002, B 1 KR 36/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 29 [Leistungsausschluss für Hippotherapie]). Daher sind die Richtlinien des Beigeladenen zu 1) von den Gerichten im Wesentlichen nur darauf zu überprüfen, ob die maßgeblichen Verfahrens- und Formvorschriften eingehalten sind, sich die untergesetzliche Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob die Grenzen des Gestaltungsspielraums eingehalten sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 68). Somit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom Beigeladenen zu 1) getroffenen Wertungen setzen, was sich insbesondere bei Handhabung und Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe auswirkt; ansonsten drohte eine funktionswidrige Einengung der gesetzgeberisch gewollten Gestaltungsbefugnisse des Beigeladenen zu 1) als paritätisch und sachverständig besetztem und rechtsfähigem Beschlussgremium (vgl. § 91 Abs. 1 SGB V; s.a. Engelmann, a.a.O., S. 249 f.). Nicht nur dem parlamentarischen Gesetzgeber, sondern auch anderen Normgebern steht bei der ihnen überantworteten Rechtsetzung generell weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, die grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren ist und von dieser nur in Ausnahmefällen korrigiert werden darf.
Der Gestaltungsspielraum eines Normgebers ist um so mehr zu beachten, wenn – wie hier – Regelungen über die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme betroffen sind oder wenn es um die Bewältigung besonders komplexer Sachverhalte geht. Dabei darf nicht übersehen werden, dass gerade im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung der Aufgabe, durch normative Vorgaben die Funktionsfähigkeit dieses Sozialleistungssystems zu erhalten, ein sensibles, hochrangig einzustufendes Gemeinschaftsgut darstellt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Mai 2001, B 6 KA 20/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 32).
Dieser eingeengte Prüfungsmaßstab führt dazu, dass der Senat die Wertungen des Beigeladenen zu 1) bei der Anwendung von § 35 Abs. 1 SGB V hinzunehmen hat, so lange sie verfahrensfehlerfrei und unter Anwendung beanstandungsfreier Maßstäbe getroffen wurde; wissenschaftliche medizinische oder pharmakologische Streitigkeiten sind nicht vom Senat zu entscheiden; maßgeblich ist nur, ob die vom Beigeladenen zu 1) bezogene Position beurteilungsfehlerfrei war. Die gerichtliche Sachaufklärung beschränkt sich in diesem Fall auf die Frage, ob der Beigeladene zu 1) den Sachverhalt, insbesondere die maßgeblichen Auffassungen in der medizinischen Wissenschaft zur pharmakologischen Wirkstoffbewertung, vollständig ermittelt und die vorhandenen relevanten Studien ausgewertet hat und ob deren Würdigung bzw. die Gründe, aus denen der Beigeladene zu 1) von deren Einbeziehung abgesehen hat, nachvollziehbar sind. Damit unterliegt die Vollständigkeit der Ermittlungen zum Stand der medizinisch-pharmakologischen Erkenntnisse uneingeschränkter gerichtlicher Nachprüfbarkeit; die Bewertung des zuvor festgestellten Standes der medizinisch-pharmakolo¬gischen Wissenschaft dagegen ist nur eingeschränkt gerichtlich nachzzuprüfent (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 73, 74). Gleichzeitig ist ohne Bedeutung, wie ein vom Gericht bestellter Sachverständiger aus seiner Sicht die in Rede stehenden Wirkstoffe bewerten würde. Es geht nämlich nicht um die sachverständige Beurteilung etwa eines einzelnen Behandlungsfalles, sondern um die auf genereller Ebene angesiedelte Beurteilung, ob und gegebenenfalls bei welchen Patientengruppen nach dem Stand der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft die Wirkstoffe vergleichbar und vergleichbar wirksam sind (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 76; Sozialgericht Dresden, Urteil vom 10. Juli 2008, S 18 KR 372/07, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24). Letztlich hat der Senat damit nicht selbst zu entscheiden, wie der Stand der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft zu bestimmten Einzelfragen zu bewerten ist; zu entscheiden ist nur, ob der Beigeladene zu 1) diese Fragen berurteilungsfehlerfrei beantwortet hat. Diese begrenzte gerichtliche Nachprüfbarkeit hat das Sozialgericht in seiner mit der Berufung angegriffenen Entscheidung nicht durchgehend beachtet.
cc) Die sich aus § 35 SGB V ergebenden Verfahrens- und Formerfordernisse hat der Beigeladene zu 1) im Rahmen des Beschlusses vom 20. Juli 2004 gewahrt.
aaa) Das auf den Erlass einer untergesetzlichen Rechtsnorm gerichtete Verfahren des Beigeladenen zu 1) ist kein Verwaltungsverfahren nach § 8 SGB X wie das darauf aufbauende und sich anschließende Verfahren der Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen. Die sich aus dem SGB X ergebenden Vorschriften über das Verwaltungsverfahren und den Verwaltungsakt – etwa § 24 SGB X (Anhörung) und § 25 SGB X (Akteneinsichtsrecht) – sind daher nicht auf die Gruppeneinteilung nach § 35 Abs. 1 SGB V durch den Beigeladenen zu 1) anzuwenden. Dieser hat hier zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Offenlegung der Erwägungen eines Normgebers - also insbesondere durch Akteneinsicht - grundsätzlich nicht geboten ist. Etwas anderes folgt weder einfach-gesetzlich noch aus Gründen des Verfassungsrechts. Dies liegt darin begründet, dass bei (untergesetzlichen) Rechtsnormen nur entscheidend ist, ob die Regelung sachlich gerechtfertigt ist. Ihr müssen objektiv ausreichende Erwägungen zugrunde liegen und die zur Erreichung der verfolgten Ziele gewählten Mittel müssen angemessen sein. Die mangelnde Offenlegung, insbesondere durch Nichtgewährung einer Akteneinsicht, als solche berührt die Wirksamkeit der Norm hingegen nicht (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 24. Senat, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 80). Wenn damit schon keine Akteneinsicht beansprucht werden konnte, geht erst recht die Rüge der Klägerinnen ins Leere, der Beigeladene zu 1) habe seine Akten nicht ordnungsgemäß geführt. Denn erstens kann ein Normunterworfener keine bestimmte Aktenführung seitens des Normgebers beanspruchen, zweitens enthalten die dem Gericht vom Beigeladenen zu 1) übersandten Akten sämtliche essentiellen Bestandteile und drittens würde eine unzureichende Aktenführung ohnehin nicht zur Nichtigkeit der untergesetzlichen Rechtsnorm führen können.
bbb) Zudem bedarf Normsetzung zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich keiner Begründung. Für eine öffentlich bekannt gegebene Allgemeinverfügung ergibt sich dies aus § 35 Abs. 2 Nr. 5 SGB X (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 38; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 24. Senat, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 78). Einer besonderen (gemeinschaftsrechtlichen) Begründungspflicht unterliegen die Festbetragsfestsetzung oder die ihr zugrunde liegende Gruppeneinteilung entgegen der Auffassung der Klägerinnen auch nicht aufgrund der Transparenz-Richtlinie (Richtlinie 89/105 EWG vom 21. Dezember 1988, gültig ab 27. Dezember 1988, ABl. L 040 vom 11. Februar 1989, S. 8–11). Wie das Bundessozialgericht im Zusammenhang mit § 35 SGB V bereits entschieden hat (Urteil vom 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 35 bis 38; vgl. auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 88 bis 98) sind weder Art. 6 noch Art. 7 der Transparenz-Richtlinie einschlägig, denn durch die Festbeträge wird nicht die Abgabefähigkeit der preislich darüber liegenden Medikamente zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt ausgeschlossen, vielmehr werden lediglich die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Kosten begrenzt. Außerdem wird die Verordnungsfähigkeit eines nicht auf das Festbetragsniveau abgesenkten Arzneimittels zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht berührt; mit dem Festbetrag wird auch kein rechtlicher Zwang zur Preissenkung ausgelöst.
ccc) Beachtet hat der Beigeladene zu 1) auch die in § 35 Abs. 2 SGB V abschließend umschriebenen Verfahrensregelungen. Danach ist Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker vor der Entscheidung des Beigeladenen zu 1) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Dieses Verfahren dient ähnlich der Anhörung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens dazu, den besonderen Sachverstand der bezeichneten Berufsgruppen- und Interessenvertreter bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrages zu nutzen. Dies erfordert, dass der Beigeladene zu 1) den Regelungsgegen¬stand und die dazu beabsichtigten Regelungen kundtut. Er darf sich auf die eingegangenen Stellungnahmen beschränken; er ist also grundsätzlich nicht verpflichtet, eigene Sachverständige zu bestellen, insbesondere wenn Stellungnahmen nicht von jedem der in § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB V genannten Stellungnahmeberechtigten vorliegen. Soweit das Gesetz verlangt, die Stellungnahmen in die Entscheidung einzubeziehen, ist ausreichend, dass sich der Beigeladene zu 1) damit auseinandersetzt, sie erwägt, sich gegebenenfalls zur Auswertung eines Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft bedient, sofern er auf weitere Sachkunde angewiesen ist, und auf deren Grundlage die erforderlichen Entscheidungen trifft. Eine solche Entscheidung kann verfahrensrechtlich allenfalls dann zu beanstanden sein, wenn sie sich willkürlich und ohne nachvollziehbaren Grund über Stellungnahmen hinwegsetzt.
Letzteres ist hier aber nicht gegeben. Der Beigeladene zu 1) hat den Klägerinnen wie auch anderen Betroffenen hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zur Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen hat er sich sodann in nicht zu beanstandender Weise der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ), eines ständigen Ausschusses der Bundesärztekammer, bedient, die in ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2004 ein eigenverantwortliches Votum abgegeben hat. Unerheblich ist, dass die AKdÄ offenbar "nachgearbeitet" hat, indem sie dem Beigeladenen zu 1) eine zweite Fassung ihrer Stellungnahme hat zukommen lassen, denn beide Fassungen unterscheiden sich nur in Nuancen und finden zum selben tragenden Ergebnis.
Prof. K mag sein Gutachten vom 2. Juli 2004 als Mitglied der AKdÄ in deren Auftrag erstattet haben, doch ist allein maßgeblich, zu welchem Votum die AKdÄ intern gefunden hat, denn nur dieses abschließende Ergebnis war dem Beigeladenen zu 1) als Stellungnahme zu übermitteln. Dem Beigeladenen zu 1) oblag es nicht, neben der eigentlichen Stellungnahme der AKdÄ noch sämtliche für diese intern erstellten Papiere zur Kenntnis zu nehmen und inhaltlich zu erwägen; dies liefe dem Zweck des Ersuchens an die AKdÄ, ein Votum zur Gruppenbildung abzugeben, zuwider. Außerdem entspricht es allgemeinen Verfahrensgrundsätzen, interne Stellungnahmen und Gutachten, die zur Vorbereitung der Entscheidung eines Kollegialorgans abgegeben werden, nicht nach außen hin zur maßgeblichen Grundlage einer Entscheidung zu machen.
Ob der Beigeladene zu 1) das Gutachten von Professor W vom 12. Juni 2004 in seinen Entscheidungsprozess hätte einbinden und ihm gegebenenfalls sogar hätte folgen müssen, ist nicht als Aspekt formeller Rechtmäßigkeit anzusehen, sondern wird im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 20. Juli 2004 unter der Fragestellung zu beantworten sein, ob der Beigeladene zu 1) bei Subsumtion unter die einzelnen Merkmale des § 35 Abs. 1 SGB V das zur Verfügung stehende Erkenntnismaterial fehlerfrei gewürdigt hat.
Auf dem Weg zur Entscheidungsfindung (bzw. zur Normgebung) vermag der Senat danach keinen ins Gewicht fallenden Verfahrensfehler zu erkennen. Für eine "unzureichende Sachaufklärung" oder eine "unzulässige Vorabfestlegung" ist schlechthin nichts zu ersichtlich. Aus dem Umstand, dass der Beigeladene zu 1) dem gesetzgeberischen Auftrag, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung zu gewährleisten, entschieden und mit Nachdruck nachgeht, kann nicht gleichsam automatisch Voreingenommenheit und Willkür abgeleitet werden. Die Aspekte formeller Rechtmäßigkeit waren insgesamt in den Schriftsätzen der Verfahrensbeteiligten weit überbetont, denn nicht ansatzweise lassen sich eine Nichtigkeit der Normsetzung begründende Verfahrensfehler erkennen.
dd) Materiellrechtlich ist die Festbetragsgruppenbildung durch den Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 nicht zu beanstanden. Die in der Gruppe enthaltenen fünf Statine sind pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar (unten aaa); mit der Gruppenbildung bleibt gewährleistet, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (unten bbb); Atorvastatin ist zwar ein patentgeschützter Wirkstoff, aber kein solcher mit neuartiger Wirkungsweise; auf die Frage der therapeutischen Verbesserung kommt es bei der hier maßgeblichen (alten) Rechtslage nicht an (unten ccc); die Vergleichsgröße wurde rechtsfehlerfrei ermittelt (unten ddd).
aaa) Zu Recht ist der Beigeladene zu 1) bei seiner Gruppeneinteilung von einer Vergleichbarkeit der fünf in der Gruppe enthaltenen Statine ausgegangen. Maßgeblich ist insoweit § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V, der eine Zusammenfassung von "Arzneimitteln mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen" erlaubt. Der Wortlaut des Gesetzes gebietet damit einen kombinierten Prüfansatz, indem es auf pharmakologische und auf therapeutische Aspekte ankommt.
Vor diesem Hintergrund erweisen sich die vom Beigeladenen zu 1) bei der Gruppenbildung herangezogenen Maßstäbe als beanstandungsfrei; die getroffene Wertung ist frei von Willkür und sonstigen Beurteilungsfehlern. Sowohl die pharmakologischen als auch die therapeutischen Eigenschaften der verschiedenen Wirkstoffe belegen ihre Vergleichbarkeit.
Im Rahmen seiner "Entscheidungsgrundlagen der Festbetragsgruppenbildung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V ( )" vom 15. Juni 2004 hat der Beigeladene zu 1) zutreffend erkannt, dass eine Gruppierung auf der Wirkstoff-Ebene nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V pharmakologisch-therapeutische Vergleichbarkeit, insbesondere chemische Verwandtschaft erfordert. Als Ausgangspunkt für die Feststellung der Vergleichbarkeit wird die anatomisch-therapeutisch-chemische Klassifikation der WHO (siebenstelliger ATC-Code) nach Maßgabe des § 73 Abs. 8 Satz 5 SGB V herangezogen. Weiter wird gesondert nach pharmakologischer Vergleichbarkeit, hier insbesondere nach chemischer Verwandtschaft, und nach therapeutischer Vergleichbarkeit gefragt. Der pharmakologische Aspekt soll die Pharmakokinetik und die Pharmakodynamik berücksichtigen. Chemische Verwandtschaft soll grundsätzlich auch bei unterschiedlichen Herstellungsverfahren gegeben sein. Die therapeutische Vergleichbarkeit schließlich soll sich ganz wesentlich nach der jeweiligen arzneimittelrechtlichen Zulassung richten. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass diese vom Beigeladenen zu 1) abstrakt gesetzten Prämissen unzutreffend wären; vielmehr werden sie der gesetzlichen Vorgabe in jeder Hinsicht gerecht.
Die Gruppenbildung orientiert sich an den abstrakten Vorgaben und setzt sie detailliert um. Auf der Grundlage des ATC-Indexes verfügen die Wirkstoffe Simvastatin, Lovastatin, Pravastatin, Fluvastatin und Atorvastatin über die Codes C10AA01, C10AA02, C10AA03, C10AA04 und C10AA05. In der ausführlichen schriftlichen Begründung des Beschlusses vom 29. Oktober 2004, die sich eingehend mit den im Anhörungsverfahren vorgebrachten Einwänden auch der Klägerinnen auseinandersetzt, heißt es insoweit, im Wesentlichen unter Berufung auf die Stellungnahme der AKdÄ vom 5. Juli 2004:
"Der ATC-Code ist weiterhin als Orientierungshilfe für die Gruppenbildung geeignet. Bei auf dieser Basis vorgeschlagenen Gruppen (vierte Ebene) ist ergänzend zu prüfen, ob unter pharmakologisch-therapeutischen Aspekten bestimmte Wirkstoffe (fünfte Ebene) wegen einer relevanten therapeutischen Verbesserung oder wegen therapeutisch relevanter geringerer Nebenwirkungen von der Gruppenbildung gänzlich ausgenommen werden müssen oder ob Untergruppen zu bilden sind. Nach der Gesetzessystematik erfolgt die Gruppenbildung auf der Ebene von Wirkstoffen. Daher sind grundsätzlich auch Gruppenbildungen zulässig für Wirkstoffgruppen, die auf der vierten Ebene identisch, aber bei übergeordneten Klassifikationsmerkmalen unterschiedlich sind. Für die Wirkstoffgruppe der HMG-CoA-Reduktasehemmer (vierte Ebene) be¬stätigt z.B. die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, dass die Wirkstoffe Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin (fünfte Ebene) das gesetzliche Kriterium nach § 35 Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz SGB V erfüllen und eine weitergehende Differenzierung nicht erforderlich ist. Bei Festbetragsgruppen der Stufe zwei ist ergänzend das gesetzliche Kriterium "insbesondere chemisch verwandte Stoffe" zu berücksichtigen. Eine chemische Verwandtschaft erstreckt sich nicht nur auf Molekülvariationen aus kombinatorischen Syntheseverfahren, sondern schließt auch Strukturformen ein, die auf Verfahren der Gentechnk oder des "molecular modeling" beruhen. So haben alle Statine nicht nur eine gemeinsame b-, d- Dihydroxy-n-Carbonsäure-Struktur, sondern darüber hinaus auch eine gemeinsame molekulare räumliche Struktur, die erst die spezifische Interaktion Wirkstoff - Enzym ermöglicht. Insoweit genügt die auf Basis des ATC-Codes gebildete Festbetragsgruppe "HMG-CoA-Reduktasehemmer" allen gesetzlichen Anforderungen." (S. 14 f.)
Alle CSE-Hemmer besitzen ein vergleichbares Wirkungsprofil: Durch Hemmung der HMG-CoA-Reduktase werden Vorstufen von Cholesterin verringert synthetisiert. Die daraus resultierende Verarmung an interzellulärem Cholesterin führt zu einer Zunahme von LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche. Die Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Zelle wird hierdurch erhöht. Daneben werden Cholesterin-unabhängige pleiotrope Effekte auf Gefäßendothel, Gerinnung und entzündliche Vorgänge in den Gefäßplaques vermutet, deren Bedeutung bislang noch nicht hinreichend bewertbar ist. Unterschiede in der Wirksamkeit sind für die Statine bislang nicht anhand von Studien zu klinisch relevanten Endpunkten belegt worden. Somit liegen keine hinreichenden Befunde in Bezug auf Pharmakodynamik, Pharmakokinetik, Nebenwirkungsspektrum und Interaktionsprofil vor, die eine Sonderstellung eines der Wirkstoffe begründen könnte." (S. 21)
Diese Begründung für eine "Vergleichbarkeit" der Wirkstoffe im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V hält der Senat in dem Sinne für tragfähig, dass die getroffene Bewertung nachvollziehbar erscheint, sich an den zu billigenden Maßstäben orientiert und keine Denkfehler erkennen lässt oder entscheidungserheblichen Sachverhalt willkürlich ausblendet.
So durfte der Beigeladene zu 1) im Rahmen der Pharmakokinetik eine Sonderstellung von Atorvastatin ausschließen, denn selbst wenn Atorvastatin eine besonders lange Halbwertszeit und eine besondere Wirkstärke durch seine aktiven Metaboliten besitzen sollte, wäre dies unerheblich, weil dies keine therapeutische Relevanz nach sich zöge. Jeder der in der Festbetragsgruppe zusammengefassten Wirkstoffe wird nämlich nur einmal täglich verabreicht, was auf eine ausreichende klinische Wirkung bezüglich der Wirkstoffkonzentrationen innerhalb von 24 Stunden hinweist. Außerdem ist nicht belegt, dass aktive Metabolite, die auch in Lovastatin und Simvastatin enthalten sind, zu verbesserter Wirksamkeit führen. Auch die Pharmakodynamik (den Wirkmechanismus) der Wirkstoffe der Festbetragsgruppe durfte der Beigeladene zu 1) für vergleichbar halten, denn alle Wirkstoffe hemmen die HMG-CoA-Reduktase, haben also Auswirkungen auf das geschwindigkeitsbestimmende Enzym der endogenen Cholesterinsynthese. Die chemische Verwandtschaft der fünf Wirkstoffe belegt die Beschlussbegründung nachvollziehbar.
Für die therapeutische Vergleichbarkeit schließlich durfte der Beigeladene zu 1) entscheidend berücksichtigen, dass sämtliche Wirkstoffe jedenfalls für ein gemeinsames Anwendungsgebiet, die Hypercholesterinämie, zugelassen sind. Der Senat hält es methodisch in besonderem Maße für überzeugend und zugleich für rechtlich zwingend, bei der Bestimmung der therapeutischen Vergleichbarkeit maßgeblich auf die arzneimittelrechtliche Zulassung und damit den Inhalt der Fachinformation abzustellen; nur so wird berücksichtigt, dass die Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) den rechtlichen Rahmen der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels und in diesen Grenzen dessen Verordnungsfähigkeit zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt. Das Krankenversicherungsrecht verzichtet nämlich bei der Arzneimittelversorgung weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit an das Arzneimittelrecht an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments abhängig macht (§ 21 Abs. 2 AMG). Da dies dieselben Kriterien sind, an denen die Leistungen der Krankenversicherung gemessen werden, kann bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung davon ausgegangen werden, dass damit zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt sind. Unbeschadet der unterschiedlichen Zielsetzung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht rechtfertigt dies die Vorgreiflichkeit der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Anwendung eines Medikaments im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. März 2002, B 1 KR 37/00 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 11). Diese Verknüpfung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten beanstandungsfrei (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1997, 1 BvR 1071/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 10). In der arzneimittelrechtlichen Zulassung liegt somit ein verlässliches, eindeutiges und zugängliches Kriterium nicht nur für die Beurteilung der Wirksamkeit, sondern gerade auch der Vergleichbarkeit bestimmter Wirkstoffe im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V. Kriterium für die Zulassung eines Arzneimittels ist nach § 25 Abs. 2 Nr. 4 AMG nämlich insbesondere auch die therapeutische Wirksamkeit, also die Fähigkeit, einen bestimmten Krankheitszustand in Richtung auf das erwünschte Behandlungsziel zu beeinflussen. Konkret besitzen alle fünf in der Festbetragsgruppe zusammengefassten Statine eine Zulassung für das Anwendungsgebiet der Hypercholesterinämie; schon daraus ergibt sich die therapeutische Vergleichbarkeit. Atorvastatin besitzt zudem seit Mai 2006 (also nach dem hier relevanten Zeitraum Januar 2005 bis März 2006) eine Zulassung auch für das Anwendungsgebiet der Vorbeugung kardiovaskulärer Erkrankungen; über eine Zulassung für dieses Anwendungsgebiet verfügen aber auch die Konkurrenzwirkstoffe Fluvastatin, Pravastatin und Simvastatin, so dass auch insoweit für Atorvastatin keine Sonderstellung beansprucht werden kann.
Hiervon abgesehen hat das Sozialgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung zu Recht angeführt, dass "vergleichbar" nicht "austauschbar" oder "gleich" heiße, sondern eben nur "sich mit etwas anderem vergleichen lassend"; Vergleichbarkeit sei schon gegeben, wenn sich verschiedene Dinge einem gemeinsamen Bezugspunkt unterstellen ließen. Zwar kann es hier für den Senat aufgrund der eingeschränkten Kontrolldichte nur darauf ankommen, die vom Beigeladenen zu 1) gewählten Maßstäbe und ihre konkrete Handhabung auf Beurteilungsfehler zu prüfen; gleichwohl erscheint auch die vom Sozialgericht unter Berücksichtigung einschlägigen Schrifttums gewählte Definition der Vergleichbarkeit sachgerecht: Pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar sollen Wirkstoffe sein, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden und die einerseits entweder in ihrer Art oder ihrem chemischen Aufbau, dass heißt ihrer molekularen Grundstruktur, oder ihren Wirkungen, und andererseits im Hinblick auf die zu heilende oder lindernde Krankheit, also bezüglich der Anwendungsgebiete, zumindest eine Gemeinsamkeit aufweisen. Zu Recht hat das Sozialgericht weiter gezeigt, dass alle Statine unstreitig eine ähnliche Wirkung bzw. einen übereinstimmenden Wirkmechanismus aufweisen, da sie die HMG-CoA-Reduktase hemmen. Übereinstimmung besteht, gemessen an der insoweit maßgeblichen jeweiligen arzneimittelrechtlichen Zulassung, auch in jedenfalls einem Anwendungsgebiet, nämlich in der Behandlung der primären und der kombinierten Hypercholesterinämie. All dies genügt, um die Annahme einer Vergleichbarkeit beurteilungsfehlerfrei zu begründen. Aufgrund der chemischen Verwandtschaft sowie angesichts des im wesentlichen deckungsgleichen Zulassungsbereichs aller Statine gibt es schlechthin keinen Ansatzpunkt, der bei Beurteilung der "Vergleichbarkeit" eine Sonderstellung von Atorvastatin auch nur erwägenswert erscheinen ließe.
bbb) Zu Recht hat der Beigeladene zu 1) auch angenommen, dass die Gruppeneinteilung Therapiemöglichkeiten nicht einschränkt und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen (§ 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V). Der Senat folgt insoweit dem vom Sozialgericht in der erstinstanzlichen Entscheidung entwickelten normgerechten Begriffsverständnis, wonach gemäß § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 SGB V nur ein solches Arzneimittel von der Gruppenbildung auszunehmen ist, das eine arzneimittelrechtliche Zulassung in einem Bereich besitzt, für das kein anderes Arzneimittel eine Zulassung besitzt, so dass eine medizinisch notwendige Verordnungsalternative nicht zur Verfügung steht und dieses Arzneimittel für das fragliche Anwendungsgebiet die einzige Therapiemöglichkeit darstellt; geboten, vorhersehbar und kontrollierbar ist der zulassungsbezogene Prüfansatz auch hier. Notwendig ist also, dass ein Arzneimittel zur Behandlung von Versicherten durch ein anderes wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht gleichwertig ersetzt werden kann, weil es für die ärztliche Therapie bestimmter Erkrankungen generell oder auch nur in bestimmten, nicht seltenen Kon¬stellationen unverzichtbar ist (vgl. insoweit ausdrücklich in Zusammenhang mit § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB V und dem Begriff der "medizinisch notwendigen Verordnungsalternative": Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 2004, B 3 Kr 23/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 29). Die weitergehende Auffassung, dass medizinisch notwendige Verordnungsalternativen eine freie Austauschbarkeit der gruppierten Wirkstoffe beinhalte, hält der Senat nicht für sachgerecht, weil sie schon mit dem Grundgedanken der Gruppenbildung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V kollidiert, wonach es nur auf die Vergleichbarkeit, nicht aber auf die Identität der Wirkstoffe ankommt (vgl. Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 16).
Hieran gemessen ist die Entscheidung des Beigeladenen zu 1) zur Bildung der Festbetragsgruppe der Statine nicht zu beanstanden, denn die Gruppeneinteilung führt nicht zur Einschränkung von Therapiemöglichkeiten; medizinisch notwendige Verordnungsalternativen stehen im Rahmen der ärztlichen Behandlung nach wie vor zur Verfügung. Atorvastatin war im hier zu prüfenden Zeitraum (1. Januar 2005 bis 31. März 2006) nämlich für kein Behandlungsgebiet zugelassen, für das nicht wenigstens ein anderes Statin zugelassen war. Gleichzeitig erlaubt die arzneimittelrechtliche Zulassung von Atorvastatin keinen Rückschluss darauf, dass ausschließlich mit diesem Wirkstoff – etwa in Hochdosierung – besondere Patientenkollektive zu erschließen seien. Ebenso wenig kommt es unter dem Aspekt der Nebenwirkungen zu einer Einengung der Therapiemöglichkeiten, denn der Fachinformation für Atorvastatin ist im Vergleich zu denen der übrigen Statine der Gruppe kein Vorteil im Hinblick auf das Nebenwirkungsspektrum zu entnehmen; dies wird im Übrigen auch von den Klägerinnen nicht behauptet.
ccc) Auch im Lichte von § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V ist die Gruppeneinteilung beurteilungsfehlerfrei. Zwar handelt es sich bei Atorvastatin um einen noch bis 2011 patentgeschützten Wirkstoff. Allerdings ist die Wirkungsweise von Atorvastatin nicht gleichzeitig "neuartig" und eine "therapeutische Verbesserung".
Der Senat ist der Überzeugung, dass § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V in der hier maßgeblichen, bis zum 30. April 2006 geltenden Fassung in Bezug auf die Konjunktion "und" so zu verstehen ist, dass gleichzeitig (kumulativ) "Neuartigkeit" der Wirkungsweise und "therapeutische Verbesserung" vorliegen mussten, um die Aufnahme eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB V auszuschließen. Die Auslegung eines "und" als "oder" verstieße schlechthin gegen die in der juristischen Methodenlehre anerkannte Regel, dass der Wortlaut einer Norm ihrer Auslegbarkeit strikte Grenzen setzt. Diese Grenze wäre überschritten, läse man hier das "und" als "oder". Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die ausführliche und überzeugende Argumentation des Sozialgerichts im mit der Berufung angefochtenen Urteil, dort Punkt I. 1. c), Bl. 20 unten bis 26 oben des Umdrucks, wo in überzeugender systematischer Auslegung der Vorschrift auch auf die Regelung in § 35 Abs. 1a SGB V eingegangen und nachgewiesen wird, dass die Lesweise als "und" in § 35 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 SGB V zwingend ist (siehe auch Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 26).
Erst mit Wirkung vom 1. Mai 2006 hat der Gesetzgeber das Erfordernis des kumulativen Vorliegens beider Tatbestandsvoraussetzungen aufgegeben, indem das "und" durch ein "oder" ersetzt worden ist. Dass der Gesetzgeber selbst diese Änderung nur als Klarstellung bezeichnet hat (BTDrs. 16/194, Seite 7), ist dabei unerheblich. Es liegt nicht in der Interpretationsmacht des Gesetzgebers des Jahres 2006 zu bestimmen, wie für die Vergangenheit eine Norm zu verstehen sein soll, die der Gesetzgeber des Jahres 1988 erlassen hat.
Danach kommt es für den Zeitraum der ersten Festbetragsgeltung vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2006 nicht auf die "therapeutische Verbesserung" an, denn es fehlt bereits an der "Neuartigkeit" der Wirkungsweise von Atorvastatin. Nach § 35 Abs. 1 Satz 4 SGB V gilt als neuartig ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht. Diese Voraussatzungen waren für Atorvastatin zu Beginn des Jahres 2005 nicht gegeben, denn zwar genießt es selbst bis 2011 Patentschutz, doch als erster der Gruppe der Statine wurde Lovastatin in Verkehr gebracht, das schon vor 2003 patentfrei war.
Aus alledem ergibt sich gleichzeitig, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen seines Beschlusses vom 20. Juli 2004 aufgrund der fehlenden "Neuartigkeit" von Atorvastatin die Frage der therapeutischen Verbesserung nicht prüfen durfte. Die in der Beschlussbegründung analysierte Studienlage ist insoweit unerheblich. Dass der Beigeladene zu 1) gleichwohl eine therapeutische Verbesserung geprüft hat, ist rechtswidrig. Dies führt jedoch nicht etwa zum Erfolg der Klage, denn mit der Rechtswidrigkeit geht keine Rechtsverletzung auf Seiten der Klägerinnen einher. Die zusätzliche Prüfung der mit Atorvastatin verbundenen therapeutischen Verbesserung ist den Klägerinnen gegenüber ein ausschließlich positiv wirkender Umstand; mit Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals hat der Beigeladene zu 1) nämlich engere Tatbestandsvoraussetzungen als erforderlich zum rechtlichen Maßstab erhoben. Damit kommt es auch auf etwaige, von den Klägerinnen schriftsätzlich ausführlich behauptete Fehlwertungen in diesem Zusammenhang nicht an. Insbesondere kommt es nicht darauf an, wie Prof. Dr. W, dessen Gutachten vom 12. Juni 2004 seit dem 13. Juni 2004 (und damit vor Beschlussfassung am 20. Juli 2004) beim Beigeladenen zu 1) vorlag, die Frage der therapeutischen Verbesserung in Auswertung der Studienlage beurteilte. Somit war der Senat auch nicht gehalten, dem Hilfsantrag der Klägerinnen nachzukommen und aufzuklären, ob Prof. Dr. Konrad W im Jahre 2004 vom Beigeladenen zu 1) mit der Erstellung eines Gutachtens zu der Frage der Festbetragsgruppenbildung für Statine beauftragt worden ist. Dieser Umstand ist nicht entscheidungserheblich.
ddd) Auch mit seiner Entscheidung der Vergleichsgrößenbildung hat der Beigeladene zu 1) beurteilungsfehlerfrei gehandelt. § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V benennt zwar als zulässige Vergleichsgröße ausdrücklich die rechnerische mittlere Tages- oder Einzeldosis. Die Vorschrift lässt aber auch andere geeignete Vergleichsgrößen nach Maßgabe eines Gestaltungsspielraumes des Beigeladenen zu 1) zu. Die Vergleichsgrößen dienen dem Zweck sicherzustellen, dass die aufzuwendenden Arzneimittelkosten unabhängig vom jeweiligen Wirkstoff für die von jedem Versicherten individuell benötigte Arzneimitteldosis annähernd gleich sind. Bei gleichen Packungsgrößen wird damit dem stärkeren Wirkstoff ein höherer Festbetrag als dem schwächeren Wirkstoff zugeordnet. Dies ist sachgerecht, denn zur Erreichung desselben Therapieziels muss der schwächere Wirkstoff in entsprechend höherer Dosierung verabreicht werden. Je geringer die Vergleichsgröße ist, desto höher ist der Festbetrag. Da in der Regel keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen einer bestimmten Dosierung und dem Umfang eines bestimmten Therapieerfolges vorliegen, insbesondere weil bei vielen Wirkstoffen die einzunehmende Dosis individuell durch den Arzt bestimmt werden muss, ist eine rein rechnerische Ermittlung der Vergleichsgröße vom Gestaltungsspielraum des Gemeinsamen Bundesausschusses gedeckt und an sich beurteilungsfehlerfrei (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 206; Kraftberger/Adelt in Kruse/Hänlein, SGB V, 3. Aufl. 2009, § 35 Rdnr. 20). Von einer zulässigen entsprechenden Typisierung geht das Gesetz selbst aus, wenn es als zulässige Vergleichsgröße die rechnerische mittlere Tages- oder Einzeldosis benennt.
Nach Ziffer 3 Buchstabe C § 1 (Ermittlung der Vergleichsgrößen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 SGB V) der Begründung des Beschlusses vom 29. Oktober 2004 hat der Beigeladene zu 1) als geeignete Vergleichsgröße die verordnungsgewichtete durchschnittliche Wirkstärke bestimmt. Sie wird nach Maßgabe der folgenden Methodik ermittelt:
"1. Ermittlung der gewichteten Wirkstärke
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass nur therapeutisch sinnvolle Wirkstärken zugelassen werden. Um der therapeutischen Relevanz der einzelnen Wirkstärken angemessen Rechnung zu tragen, ist ihre jeweilige Verordnungshäufigkeit zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck werden für jeden einzelnen Wirkstoff die zu den im Markt verfügbaren Wirkstärken ausgewiesenen Verordnungen anhand der zum Stichtag zuletzt verfügbaren Jahresdaten des GKV-Arzneimittelindexes herangezogen.
Jeder wirkstärkenbezogen ermittelte prozentuale Verordnungsanteil wird zunächst abgerundet und zu diesem Ergebnis der Wert 1 addiert. Der Gewichtungswert ist also stets die nächst größere ganze Zahl. Jede Wirkstärke wird dann mit ihrem Gewichtungswert multipliziert und als gewichtete Wirkstärke ausgewiesen.
2. Ermittlung der durchschnittlichen Wirkstärke
Anschließend werden für jeden einzelnen Wirkstoff die gewichteten Wirkstärken addiert und durch die Summe der Gewichtungswerte des Wirkstoffes dividiert. Die so ermittelte durchschnittliche Wirkstärke ergibt die Vergleichsgröße. Diese berücksichtigt die Verordnungsrelevanz der einzelnen Wirkstärken und erlaubt einen quantitativen Vergleich der therapeutischen Einsatzbreite des jeweiligen Wirkstoffes."
Der Beigeladene zu 1) hat die Vergleichsgröße für Atorvastatin mit 16,7 danach wie folgt ermittelt (für die Wirkstärke 80 mg besaß Atorvastatin im Oktober 2004 noch keine Zulassung):
Tabelle Gewichtung der Wirkstärken Wirkstoffbase Wirkstärke Verordnungs¬anteil in Prozent Gewichtungswert Wirkstärke, gewichtet Atorvastatin 10,00 45,9 46 460,0 Atorvastatin 20,00 49,1 50 1000,0 Atorvastatin 40,00 5 6 240,0
Tabelle Ermittlung der Vergleichsgröße Wirkstoffbase gewichtete Wirkstärkensumme Summe Gewichtungswerte Vergleichsgröße Atorvastatin 1700,0 102 16,7
Der Beigeladene zu 1) ist damit von seiner ursprünglichen Konzeption der Bildung der Vergleichsgrößen, wie noch mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 bekannt gegeben, abgewichen. Danach hätte die (endgültige) Vergleichsgröße für Atorvastatin 20,8 betragen. Zur Bildung der endgültigen Vergleichsgröße sollte zunächst eine vorläufige Vergleichsgröße als Intervallmitte der Wirkstärkenspannen festgelegt werden. Für Atorvastatin wurde hierbei eine Wirkstärkenspanne von 10,00 als Minimum und von 40,00 als Maximum angenommen, woraus eine Intervallmitte von 25,00 resultierte. Die endgültige Vergleichsgröße sollte aus der vorläufigen Vergleichsgröße (25,00) dividiert durch einen Indikationswert errechnet werden. Dazu erfolgte zunächst eine Gewichtung des Indikationsbereiches (1.) für die Hypercholesterinämie (kombinierte Hyperlipidämie, wenn die Hypercholesterinämie im Vordergrund steht) mit 1,00 (100 Prozent = alle fünf Statine), (2.) für die Prävention cardiovaskulärer und zerebrovaskulärer Ereignisse mit 0,60 (60 Prozent = drei Statine), (3.) für die monozygote familiäre Hypercholesterinämie mit 0,20 (20 Prozent = ein Statin und (4.) für die Hypercholesterinämie Typ IV nach Fredickson mit 0,20 (20 Prozent = ein Statin). Daraus ergab sich für Atorvastatin, da es für den ersten und den vierten Indikationsbereich zugelassen war, ein Indikationswert von 1,20 als der Summe der Anteile der Wirkstoffe mit dem Indikationsbereich (1,00 + 0,20). Die endgültige Vergleichsgröße für Atorvastatin mit 20,8 resultierte aus der Division der vorläufigen Vergleichsgröße (25,0) und dem Indikationswert (1,20).
Der Beigeladene zu 1) hat im Verlauf seiner Willensbildung sodann den Einwänden der Stellungnehmenden Rechnung getragen. Er hat beanstandungsfrei die Intervallmitte der Wirkstärken durch die verordnungsgewichtete durchschnittliche Wirkstärke ersetzt, denn den therapeutisch notwendigen Differenzierungen wird man gerecht, wenn die jeweilige Verordnungshäufigkeit der einzelnen Wirkstärken berücksichtigt wird (vgl. hierzu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Mai 2008, L 24 KR 1227/05, zitiert nach juris, dort Rdnr. 217). Eine Gleichbehandlung aller Wirkstärkenausprägungen entspricht nicht der jeweiligen Verordnungsrelevanz, der jedoch im Hinblick auf das Therapieziel wesentliche Bedeutung zukommt. Die Beklagtenseite verweist daher zutreffend darauf, dass die Gewichtung aller Wirkstärkenausprägungen in Form der jeweiligen Einzelwirkstärke mit den entsprechenden Verordnungen die ambulanten Therapiemöglichkeiten und die therapeutisch notwendigen Dosierungen repräsentiert und damit Ausdruck der realen Marktverhältnisse und Verordnungsgewohnheiten ist. Dieses Verfahren hat zudem den Vorteil, dass sämtliche in einem Jahr an GKV-Versicherte abgegebene Arzneimittel eines Wirkstoffes der Festbetragsgruppe und deren zugelassene Wirkstärken die Vergleichsgröße bestimmen und eigene Bewertungen des Beigeladenen zu 1) entbehrlich machen.
Beurteilungsfehler vermag der Senat bei alledem nicht zu erkennen. Die Ermittlung der Vergleichsgrößen hat sachgerechte Prämissen, ist nicht willkürlich, führt zur Gleichbehandlung der einbezogenen Wirkstoffe und zu Ergebnissen, die die jeweiligen Wirkstärken hinreichend differenziert. Denkfehler sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Es ist vom Gestaltungsspielraum des Beklagten umfasst, sich für eine bestimmte wissenschaftliche Methode zu entscheiden und sie zu praktizieren; dass es auch andere Methoden geben mag, ist insoweit unerheblich, da nichts dafür ersichtlich ist, dass die praktizierte Methode sachwidrig ist. Im Gegenteil erscheint es besonders sachgerecht, bei Ermittlung der Vergleichsgröße auf die verordnungsgewichtete durchschnittliche Einzelwirkstärke abzustellen, denn das Verhältnis zwischen der von jedem Versicherten individuell benötigten Arzneimitteldosis zu den für diese Dosis aufzuwendenden Arzneimittelkosten lässt sich nicht allein anhand der tatsächlichen Wirkstärken oder des ATC/DDD-Systems ermitteln, weil bei vielen Arzneimitteln die Dosis individuell bestimmt werden muss und ein Arzt Gründe haben kann, einem Patienten ein Medikament geringerer tatsächlicher Wirkstärke zu verordnen; so werden nicht nur die realen nationalen Marktverhältnisse und ärztlichen Verordnungsgewohnheiten wiedergegeben (vgl. auch Kraftberger/Adelt , a.a.O. Rdnr. 21, 22 zur Entwicklung der Methode bei Bestimmung der Vergleichsgröße), sondern die vom Beigeladenen zu 1) gewählte Methode trägt auch den Versorgungsbedürfnissen der Versicherten nach den dafür maßgeblichen Feststellungen der Vertragsärzte Rechnung.
b) Die Festsetzung der Festbeträge durch die Allgemeinverfügung der der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29. Oktober 2004 ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 35 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB V sind die Festbeträge so festzusetzen, dass sie im Allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen.
Bei der Anwendung der hier enthaltenen Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe mit teilweise divergierenden Zielvorgaben stand den Spitzenverbänden der Krankenkassen ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Hess in Kasseler Kommentar, SGB V, § 35 Rdnr. 11). Dies gilt insbesondere für die Festsetzung des Festbetragsniveaus, da sich aus der Anwendung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe wegen des Gebotes der Ermöglichung einer ausreichenden Therapieauswahl keine allein richtige Festsetzung treffen lässt. Es gibt vielmehr eine Bandbreite in der jeweils vorhandenen Preisspanne, innerhalb der Festbeträge festsetzungsfähig sind. Bei der Anwendung dieser Kriterien darf keine willkürliche Differenzierung unter den einzelnen Arzneimittelgruppen getroffen werden.
Hieran gemessen war die konkrete Festbetragsfestsetzung von 62,55 Euro für eine Standardpackung zu 100 Stück beurteilungsfehlerfrei. In der Qualität ist die Versorgung im Allgemeinen gesichert, wenn den Versicherten insgesamt zum Festbetrag für die gruppenspezifischen Bereiche eine Arzneimittelversorgung ermöglicht wird. Zu gewährleisten ist eine gesicherte Versorgung zum Festbetrag in jeder einzelnen Festbetragsgruppe durch Einhaltung der so genannten Maßzahl M, die als Summe des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Verordnungen und des prozentualen Anteils zuzahlungspflichtiger Packungen definiert ist. Als Grenzwert für die Maßzahl M haben die Spitzenverbände der Krankenkassen für die Festbetragsgruppen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V den Wert 100 festgelegt. Dies bedeutet, dass im Idealfall mindestens die Hälfte der Verordnungen und die Hälfte der Packungen für die Versicherten ohne festbetragsbedingte Zuzahlung zur Verfügung stehen. In der Festbetragsgruppe der Statine liegt die Maßzahl M bei 98,8. Damit stehen rund 75 Prozent der Packungen und 26,3 Prozent der Verordnungen den Versicherten zum Festbetrag zur Verfügung. Dabei sind drei der fünf Wirkstoffe der Gruppe der Statine zum Festbetrag ohne Mehrzahlung erhältlich (Fluvastatin, Lovastatin und Simvastatin). Damit wird der gesetzgeberische Zweck verwirklicht, auf hochpreisige Arzneimittel einzuwirken und eine in der Qualität gesicherte Versorgung sowie eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl zu gewährleisten. E. Unbegründet ist auch die Klage gegen die Allgemeinverfügung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 10. Februar 2006, denn diese war ebenfalls rechtmäßig.
1. Maßgeblich für die rechtliche Überprüfung dieser Verfügung, die nur im Zeitraum 1. April 2006 bis 30. Juni 2006 Wirkung entfaltete, ist wiederum § 35 SGB V in der oben (D. 1) wiedergegebenen Fassung, die im Regelungszeitpunkt (10. Februar 2006) und zu Beginn des Geltungszeitraumes (1. April 2006) der Allgemeinverfügung galt. Grundsätzlich kann daher nichts anderes für die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung vom 10. Februar 2006 gelten als für diejenige vom 29. Oktober 2004; das oben unter D. Gesagte gilt insoweit entsprechend.
2. Auch der Höhe nach ist die Anpassung der Festbeträge durch die Regelung vom 10. Februar 2006 rechtlich nicht zu beanstanden. Die Anpassung ist aufgrund der gesetzlichen Vorgabe in § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V erfolgt, wonach die Festbeträge einmal im Jahr zu überprüfen sind und eine Anpassung an die geänderte Marktlage vorzunehmen ist. Der Beklagte hat insoweit schlüssig und unwidersprochen vorgetragen, dass zwischen dem Berechnungsstichtag 1. April 2004 und dem 1. Juli 2005 Marktveränderungen eingetreten seien, die eine Absenkung des Festbetrages zum 1. April 2006 erforderlich gemacht hätten. Es sei festgestellt worden, dass nach Inkrafttreten der Festbetragsregelung zum 1. Januar 2005 ein Preiswettbewerb unterhalb der Festbeträge stattgefunden habe, der Wirtschaftlichkeitsreserven offenbart habe; am 1. Juli 2005 habe das Festbetragsniveau über dem Preisniveau gelegen, weshalb eine Absenkung des Festbetrages indiziert gewesen sei. Dasselbe habe eine Packungs- und Herstelleranalyse ergeben. Gegenüber dem 1. April 2004 habe es am 1. Juli 2005 drei neue Anbieter gegeben; die Anzahl der Packungen habe um 159 zugenommen. Der Anpassungssatz von minus fünf Prozent sei nach dem iterativen Verfahren ermittelt worden. Die Maßzahl M habe am Berechnungsstichtag bei 60,8 gelegen. Rund 87,5 Prozent der 766 Packungen und 51,7 Prozent der Verordnungen hätten den Versicherten zum angepassten Festbetrag zur Verfügung gestanden; nach wie vor seien drei der fünf Wirkstoffe der Festbetragsgruppe zum Festbetrag erhältlich gewesen.
Die Absenkung des Festbetrages um fünf Prozent auf 59,42 Euro ist danach plausibel. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Handhabung von § 35 Abs. 5 SGB V sind weder ersichtlich noch von Seiten der Klägerinnen vorgetragen.
3. Nichts anderes ergibt sich für die Allgemeinverfügung vom 10. Februar 2006 durch das In-Kraft-Treten der mit dem AVWG zum 1. Mai 2006 eingeführten Änderungen (BGBl. I, S. 984). Der Beigeladene zu 1) war bis Juni 2006 nicht gehalten, seinen Beschluss zur Gruppenbildung der Statine im Lichte der geänderten Rechtslage zu ändern. Daher durfte auch die Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen zumindest bis Juni 2006 weiterhin den Beschluss des Beigeladenen zu 1) vom 20. Juli 2004 zugrunde legen.
a) In der Fassung des AVWG lauteten § 35 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 1b seit dem 1. Mai 2006 wie folgt (Abs. 1b neu eingefügt; übrige Änderungen unterstrichen):
(1) 1Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. 2In den Gruppen sollen Arzneimittel mit 1. denselben Wirkstoffen, 2. pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, 3. therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen, zusammengefasst werden; unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel sind zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind. 3Die nach Satz 2 Nr. 2 und 3 gebildeten Gruppen müssen gewährleisten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen; ausgenommen von diesen Gruppen sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. 4Als neuartig gilt ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht. 5Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt auch die nach Absatz 3 notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen. 6Für die Vorbereitung der Beschlüsse nach Satz 1 durch die Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses gilt § 106 Abs. 4a Satz 3 und 7 entsprechend. 7Soweit der Gemeinsame Bundesausschuss Dritte beauftragt, hat er zu gewährleisten, dass diese ihre Bewertungsgrundsätze und die Begründung für ihre Bewertungen einschließlich der verwendeten Daten offen legen. 8Die Namen beauftragter Gutachter dürfen nicht genannt werden.
(1a) 1Für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen kann abweichend von Absatz 1 Satz 4 eine Gruppe nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 mit mindestens drei Arzneimitteln gebildet und ein Festbetrag festgesetzt werden, sofern die Gruppenbildung nur für Arzneimittel erfolgt, die jeweils unter Patentschutz stehen. 2Ausgenommen von der Gruppenbildung nach Satz 1 sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Arzneimittelkombinationen, die Wirkstoffe enthalten, die in eine Festbetragsgruppe nach Absatz 1 oder 1a Satz 1 einbezogen sind oder die nicht neuartig sind.
(1b) 1Eine therapeutische Verbesserung nach Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz und Absatz 1a Satz 2 liegt vor, wenn das Arzneimittel einen therapierelevanten höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Gruppe vorzuziehen ist. 2Bewertungen nach Satz 1 erfolgen für gemeinsame Anwendungsgebiete der Arzneimittel der Wirkstoffgruppe. 3Ein höherer Nutzen nach Satz 1 kann auch eine Verringerung der Häufigkeit oder des Schweregrads therapierelevanter Nebenwirkungen sein. 4Der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung erfolgt aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. 5Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. 6Die Ergebnisse der Bewertung sind in der Begründung zu dem Beschluss nach Absatz 1 Satz 1 fachlich und methodisch aufzubereiten, sodass die tragenden Gründe des Beschlusses nachvollziehbar sind. 7Vor der Entscheidung sind die Sachverständigen nach Absatz 2 auch mündlich anzuhören. 8Vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses aus wichtigem Grund ist die Begründung des Beschlusses bekannt zu machen, sobald die Vorlage nach § 94 Abs. 1 erfolgt, spätestens jedoch mit Bekanntgabe des Beschlusses im Bundesanzeiger. 9Ein Arzneimittel, das von einer Festbetragsgruppe freigestellt ist, weil es einen therapierelevanten höheren Nutzen nur für einen Teil der Patienten oder Indikationsbereiche des gemeinsamen Anwendungsgebietes nach Satz 1 hat, ist nur für diese Anwendungen wirtschaftlich; das Nähere ist in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 zu regeln.
Die Rechtsänderung hat sich damit vor allem in § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB V vollzogen, indem nunmehr Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen von der Gruppenbildung ausgenommen sind, deren Wirkungsweise neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. Anders als bislang hat der Beigeladene zu 1) damit nun die Frage der Neuartigkeit und diejenige der therapeutischen Verbesserung kumulativ zu prüfen. In § 35 Abs. 1b Satz 1 bis 5 SGB V ist zudem eine Legaldefinition der therapeutischen Verbesserung enthalten.
b) Die streitgegenständliche Festbetragsfestsetzung wäre durch das In-Kraft-Treten des AVWG allerdings nur dann rechtswidrig (geworden), wenn der Beigeladene zu 1) durch diese Rechtsänderung zum 1. Mai 2006 gezwungen gewesen wäre, schon vor dem 1. Juli 2006 die Festbetragsgruppe der Statine der neuen Rechtslage anzupassen. Das ist zur Überzeugung des Senats aber nicht der Fall.
Änderungen der maßgeblichen Rechtslage oder neue Erkenntnisse im Bereich der evidenzbasierten Medizin verpflichten den Beigeladenen zu 1), Festbetragsgruppen zeitnah zu überprüfen und die Gruppenbildung gegebenenfalls zu korrigieren. Denn ebenso wie bei der Normsetzung im Vertragsarztrecht korrespondiert mit dem weiten Normsetzungsermessen des Beigeladenen zu 1) eine Beobachtungs- und Korrekturpflicht des Normgebers (vgl. hierzu die vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätze bei der Normsetzung im Vertragsarztrecht: Beschluss vom 11. März 2009, B 6 KA 31/08 B, zitiert nach juris, dort Rdnr. 22, m.w.N.). Eine Pflicht zur Korrektur besteht indes nur dann, wenn der Beigeladene zu 1) im Rahmen des ihm zustehende Gestaltungsspielraums durch eine Rechtsänderung oder eine erhebliche Änderung der Sachlage gezwungen ist, von der bisherigen Gruppenbildung Abstand zu nehmen, weil die die Norm legitimierenden Gründe weggefallen sind. In diesem Sinne trifft den Beigeladenen zu 1) als Normgeber eine Pflicht zur permanenten Überprüfung der von ihm festgesetzten Festbetragsgruppen. Selbst wenn es zu einer Rechtsänderung oder zu erheblichen Veränderungen der Sachlage kommt, muss dem Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die Komplexität der Materie und die von ihm zu beachtenden Verfahrensvorschriften eine Übergangszeit eingeräumt werden, seine Normsetzung der neuen Sach- oder Rechtslage für die Zukunft anzupassen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 7. Februar 1996, 6 Rka 6/95, zitiert nach juris, dort Rdnr. 16). Nur wenn er trotz einer eindeutig feststellbaren (rechtlichen oder tatsächlichen) Anpassungspflicht und auch nach Ablauf eines ausreichend bemessenen Ermittlungs- und Entscheidungszeitraumes untätig bliebe, würde die zuvor rechtmäßig festgesetzte Norm rechtswidrig (und damit nichtig). Erst dann würde die Gruppenbildung für den Beklagten unbeachtlich und die Rechtswidrigkeit der Gruppenbildung auf die Rechtmäßigkeit einer Festbetragsfestsetzung durchschlagen. Mithin wäre die hier streitige Festbetragsfestsetzung rechtswidrig, wenn der Beigeladene zu 1) es auch unter Berücksichtigung der dafür erforderlichen Zeitspanne pflichtwidrig unterlassen hätte, die Bildung der Atorvastatin umfassenden Festbetragsgruppe zu ändern oder aufzuheben.
Dies war hier jedoch bis zum 30. Juni 2006 (noch) nicht der Fall, was sich schon aus den schlichten zeitlichen Zusammenhängen ergibt: Die Pflicht des Beigeladenen zu 1) zur Überprüfung seiner normgebenden Entscheidung aufgrund der Neuregelungen im AVWG konnte erst am 1. Mai 2006 einsetzen. Der Beigeladene zu 1) war im Hinblick auf die Schwierigkeit der hier zu klärenden Rechts- und Sachfragen überhaupt nicht in der Lage, schon bis zum 30. Juni 2006 – also binnen nur zweier Monate –, eine abschließende Neuprüfung der Gruppenbildung im Lichte der geänderten Rechtslage und unter Beachtung der aktuellen Erkenntnisse der evidenzbasierten Medizin vorzunehmen und Atorvastatin gegebenenfalls aus der Festbetragsgruppe der Statine her¬auszunehmen. Auch wenn ihn die Verpflichtung traf, der neuen Rechtslage durch eine zeitnahe Überprüfung der streitbefangenen Festbetragsgruppe Rechnung zu tragen, musste ihm eine Übergangsfrist eingeräumt werden, die hierfür erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und eine entsprechende Entscheidung zu treffen und zu veröffentlichen. Dafür reichte die Zeit bis zum 30. Juni 2006 offensichtlich nicht aus. Deshalb durfte der Festbetragsfestsetzung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen jedenfalls bis Ende Juni 2006 weiterhin der Beschluss des Beigeladenen zu 1) zur Gruppenbildung vom 20. Juli 2004 zugrunde gelegt werden. Denn so lange eine wirksame und rechtlich beanstandungsfreie Gruppenbildung existierte, durfte diese als Ausgangsposition für die Festbetragsfestsetzung fungieren. Zusammenfassend ist deshalb festzustellen, dass das am 1. Mai 2006 in Kraft getretene AVWG nichts an der Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung vom 10. Februar 2006 geändert hat.
F. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 2 und 3 und 162 Abs. 3 VwGO.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der Senat die Revision zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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