L 27 P 31/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 P 150/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 31/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Pflegevergütung sowie die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung.

Die Klägerin betreibt in H/Nordrhein-Westfalen die Pflegeeinrichtung K mit 136 vollstationären Pflegeplätzen. Hierbei handelt es sich um eine unselbständige Betriebsstätte ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die mit Versorgungsvertrag vom 27. April 2001 zur Pflege zugelassen worden war. Die letzte Pflegesatzvereinbarung sah für die Zeit ab 1. März 1999 folgende Vergütungen (umgerechnet von DM in Euro) vor:

Pflegesatz pro Tag in der Pflegestufe I: 30,41 EUR Pflegesatz pro Tag in der Pflegestufe II: 42,57 EUR Pflegesatz pro Tag in der Pflegestufe III: 63,86 EUR Unterkunft und Verpflegung pro Tag: 22,99 EUR

Nach erfolglosen schriftlichen Verhandlungen über die Anhebung der Pflegesätze bezifferte die Klägerin mit Schreiben vom 25. April 2002 gegenüber den Landesverbänden der Pflegekassen in Westfalen-Lippe ihr Angebot auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für die Zeit ab 1. Mai 2002 wie folgt:

Pflegesatz pro Tag in der Pflegestufe I: 41,10 EUR Pflegesatz pro Tag in der Pflegestufe II: 54,35 EUR Pflegesatz pro Tag in der Pflegestufe III: 71,62 EUR Unterkunft und Verpflegung pro Tag: 25,60 EUR

Beigefügt war u.a. der "gemeinsame Nachweis gemäß § 85 Abs. 3 SGB XI für stationäre Pflegeeinrichtungen in NRW". In dem nach diesem Formular vorgegebenen Kalkulationsschema hatte die Klägerin lediglich die Spalten für den beantragten Vergütungszeitraum ausgefüllt, nicht aber für die Jahre 2000 und 2001. Zur Begründung führte sie an, eine Betrachtung der zurückliegenden Zeiträume sei für einen in die Zukunft gerichteten marktgerechten Pflegesatz nicht erforderlich. Mit Schreiben vom 3. Mai 2002 forderte die Beigeladene zu 1) die Klägerin auf, im Hinblick auf die nicht unerheblichen Steigerungen entsprechende Kalkulationsnachweise – z.B. den Jahresabschluss 2000 und den vorläufigen Jahresabschluss 2001 – nachzureichen.

Hierauf beantragte die Klägerin bei der Beklagten am 10. Juli 2002, durch Schiedsspruch die Pflegevergütung sowie das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung mit Wirkung ab 1. Juli 2002 entsprechend ihrem Schreiben vom 25. April 2002 festzusetzen. Sie erklärte sich weiterhin nicht bereit, die verlangten internen Daten aus der Vergangenheit vorzulegen. Vielmehr vertrat sie die Ansicht, dass die Vergütungen auf der Grundlage eines externen Vergleichs im Sinne der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts festzusetzen seien. Die Steigerungsraten seien durchaus berechtigt, weil die beantragten Vergütungen sich im Vergleich zu anderen Einrichtungen der Region weiterhin im unteren Drittel bewegen würden. Die von der Beklagten im Schiedsverfahren angehörten Beigeladenen brachten vor, die Höhe der beantragten Anhebung der Sätze erfordere es, zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Einrichtung Auskünfte im Einzelfall einzuholen. Zudem beständen Zweifel an der Validität der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen.

Mit Beschluss vom 14. November 2003 hat die Beklagte die Anträge auf Erhöhung der Pflegevergütungen und des Entgelts für Unterkunft und Verpflegung für die Pflegeeinrichtung K zurückgewiesen. Der Antrag sei unbegründet. Die Beigeladenen seien berechtigt, von der Klägerin die Angabe der streitigen internen betrieblichen Daten zu verlangen. Zwar habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 14. Dezember 2000 (B 3 P 19/00 R, SozR 3-3300 § 85 Nr. 1 = BSGE 87, 199) ausgeführt, dass die leistungsgerechte Vergütung von Pflegeeinrichtungen in erster Linie der Marktpreis sei, zu dessen Ermittlung im Wege eines externen Vergleichs das Angebot und die Vergütung anderer Leistungserbringer heranzuziehen seien. Jedoch könne auch nach Auffassung des Bundessozialgericht im Einzelfall ein Vergleich mit anderen Einrichtungen nicht angebracht sein, woraus sich die Notwendigkeit ergeben könne, eine interne bzw. vertikale Vergleichsprüfung anhand von Zahlenwerten des Leistungserbringers bzw. aus Vorjahreszeiträumen durchzuführen. Notfalls dürften dann auch interne Betriebsdaten gefordert werden. Um eine derartige Fallkonstellation handele es sich vorliegend. Zwar stellten sich die von der Klägerin beanspruchten Pflegesätze im Vergleich zu anderen Einrichtungen als nicht ungewöhnlich hoch dar. Andererseits bedürfe es einer nachprüfbaren Erklärung, aus welchem Grund die Klägerin Steigerungsraten von rund 30% geltend mache. Da sie die Angaben der geforderten Daten verweigert habe, obwohl die Problematik mit ihr mehrfach erörtert worden sei, sei der Antrag zurückzuweisen.

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der Klage bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen weiterverfolgt, das sich mit Beschluss vom 5. April 2004 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Berlin verwiesen hat.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin ihr Vorbringen im Schiedsverfahren wiederholt und vertieft. Insbesondere hat sie vorgebracht, dass die Schiedsstellenentscheidung schon deswegen rechtswidrig sei, weil die Beklagte die Pflegesätze nicht unverzüglich, sondern erst anderthalb Jahre nach dem Schiedsstellenantrag festgesetzt habe.

Mit Urteil vom 28. September 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Festsetzung der beantragten Pflegesätze und Entgelte und keinen Anspruch auf Neubescheidung.

Der Schiedsspruch sei rechtmäßig. Er sei unverzüglich, nämlich ohne schuldhaftes Zögern, erfolgt und entspreche den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere den §§ 84, 85 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI).

Die Pflegesätze müssten leistungsgerecht sein (§ 84 Abs. 2 Satz 1 SGB XI) und einem Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen (§ 84 Abs. 2 Satz 4 SGB XI). Marktpreise allein würden diesen Anforderungen nicht gerecht, weshalb immer auch eine individuelle Prüfung des Pflegeheims zulässig sei. Diese Prüfung sei zudem eine gute Basis für externe Vergleiche, weil dann mit mehr Sicherheit festgestellt werden könne, welche Pflegeheime miteinander verglichen werden dürften. Entsprechendes gelte für die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung (§ 87 Satz 2 SGB XI).

Von einer individuellen Prüfung des Pflegeheimes gehe – der nach § 87 Satz 3 SGB XI auch für die die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung anzuwendende – § 85 Abs. 3 SGB XI aus. Aufgrund der beantragten Steigerungsraten sei es nach § 85 Abs. 3 Satz 3 SGB XI vorliegend zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit des Pflegeheimes im Einzelfall erforderlich, dass die Klägerin die geforderten Unterlagen vorlegen müsse. Allein aufgrund der von der Klägerin gemachten Angaben in dem "gemeinsamen Nachweis gemäß § 85 Abs. 3 SGB XI für stationäre Pflegeeinrichtungen in NRW" sei die beantragte Festsetzung durch die Beklagte nicht zu treffen. Es bleibe gerade offen, ob die Einzeldaten des Schiedsstellenantrags zutreffend seien.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie insbesondere vor:

Die Beklagte hätte ihren Antrag nicht zurückweisen dürfen, denn hierfür gebe es keine Rechtsgrundlage. Die Frage, ob ein Pflegeheim etwaigen Informationspflichten ausreichend nachgekommen sei, stehe mit der Frage der Einforderbarkeit des Festsetzungsanspruchs nicht im Zusammenhang. Ein Verstoß gegen solche Pflichten bleibe sanktionslos. Gravierendste Folge könne nur das Scheitern der Pflegesatzvereinbarung verbunden mit der Gefahr einer Festsetzung der Vereinbarung durch die Schiedsstelle sein.

Die Schiedsstelle hätte eine Entscheidung in der Sache selbst treffen müssen. Dies wäre ohne weiteres möglich gewesen, da die Höhe der leistungsgerechten Vergütung nach der Entscheidung des Gesetzgebers in erster Linie über die Festsetzung von Marktpreisen zu bestimmen sei. Erst wenn ein üblicher Marktpreis nicht zu ermitteln sei, könne es von Belang sein, welche Kosten der Heimträger bei wirtschaftlicher Betriebsführung habe. Letzteres stelle jedoch nach Ansicht des Bundessozialgerichts (Urteil vom 14. Dezember 2000, B 3 P 19/00 R a.a.O.) wegen der weitgehend standardisierten Pflegeleistungen die Ausnahme dar. Ohnehin sei an keiner Stelle konkret ausgeführt worden, welche beurteilungsrelevanten Sachangaben der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden hätten.

Im Übrigen sei die geltend gemachte Budgetsteigerung auch angemessen. Wie sich der eingereichten gutachterlichen Stellungnahme des Rechtsanwaltes W vom Juli 2007 ergebe, sei die beantragte Durchschnittsvergütung im externen Vergleich mit anderen Einrichtungen unterdurchschnittlich. Es gäbe nur 13 Einrichtungen die preiswerter gewesen seien, während 21 Einrichtungen höhere Vergütungen hätten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2006 und den Beschluss der Beklagten vom 14. November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Schiedsstellenantrag vom 10. Juli 2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Am 27. April 2009 haben die Klägerin und die Beigeladenen eine Pflegesatzvereinbarung betroffen, die für die Zeit ab 1. Juni 2009 folgende Sätze vorsieht:

Pflegesatz pro Tag in der Pflegestufe I: 34,64 EUR Pflegesatz pro Tag in der Pflegestufe II: 50,78 EUR Pflegesatz pro Tag in der Pflegestufe III: 67,50 EUR Unterkunft und Verpflegung pro Tag: 23,10 EUR

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die in Kopie beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. September 2006 zu Recht abgewiesen. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung.

Die Entscheidung der Beklagten im Beschluss vom 14. November 2003, den Schiedsstellenantrag der Klägerin vom 10. Juli 2002 zurückzuweisen, ist nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung in formeller Hinsicht sind § 76 SGB XI in Verbindung mit § 85 Abs. 5 Satz 1 und § 87 Satz 3 Halbsatz 1 SGB XI, und zwar jeweils in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Pflege-Qualitätssicherungsgesetzes vom 9. September 2001, da der Schiedsstellenantrag am 10. Juli 2002 bei der Beklagten einging. Nach diesen Bestimmungen setzt die Schiedsstelle die Pflegesätze bzw. die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung auf Antrag einer Vertragspartei unverzüglich fest, wenn – wie vorliegend – eine Vereinbarung darüber innerhalb von sechs Wochen nach schriftlicher Aufforderung zur Verhandlung nicht zustande gekommen ist.

Die Klägerin hat den Antrag bei der örtlich zuständigen Stelle gestellt. Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB XI bilden die Landesverbände der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam "für jedes Land" eine Schiedsstelle. Unschädlich ist, dass die Klägerin als Trägerin des hier streitbefangenen Pflegeheims Knicht im Land Nordrhein-Westfalen ansässig ist, da – entsprechend der örtlichen Zuständigkeit für die Zulassung – auf den Sitz der konkreten Pflegeeinrichtung abzustellen ist. Vorliegend befindet sich das Pflegeheim in H/Nordrhein-Westfalen.

In materieller Hinsicht wird die Grundlage des geltend gemachten Anspruchs durch § 84 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 SGB XI in Verbindung mit § 82 Abs. 1 und § 85 Abs. 3 SGB XI sowie durch § 87 Satz 3 SGB XI, jeweils in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung, gebildet. Die in diesen Vorschriften aufgestellten Voraussetzungen für die begehrte Schiedsstellenentscheidung sind vorliegend nicht erfüllt. Denn die Klägerin machte bis zuletzt nicht die für eine Sachentscheidung der Beklagten erforderlichen Angaben. Insbesondere hat sie sich zu Unrecht geweigert, in dem "gemeinsamen Nachweis gemäß § 85 Abs. 3 SGB XI für stationäre Pflegeeinrichtungen in NRW" das formularmäßig vorgegebene Kalkulationsschema vollständig auszufüllen. Vielmehr hatte sie lediglich Eintragungen in die Spalten für den beantragten Vergütungszeitraum vorgenommen, nicht aber für die Jahre 2000 und 2001. Entgegen ihrer Ansicht sind diese Angaben nicht verzichtbar.

Zwar hatte das Bundessozialgericht noch mit Urteil vom 14. Dezember 2000 (B 3 P 19/00 R a.a.O.) – worauf die Klägerin sich maßgeblich bezieht – auf der Grundlage der damaligen Gesetzeslage entschieden, dass als leistungsgerechte Vergütung im Sinne von § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB XI in erster Linie der für vergleichbare Leistungen verlangte Marktpreis anzusehen ist, während es den Gestehungskosten nur für den Fall Bedeutung beigemessen hatte, dass ein üblicher Marktpreis nicht ermittelt werden kann. Diese Rechtsprechung führt das Bundessozialgericht jedoch nur noch teilweise fort. Im Urteil vom 29. Januar 2009, B 3 P 7/08 R, SozR 4-3300 § 85 Nr. 1 = BSGE 102, 227) hat es die Auffassung aufgegeben, dass sich die Vergütung im Allgemeinen ausschließlich nach Marktpreisen bestimmt und die kalkulatorischen Gestehungskosten regelmäßig außer Betracht bleiben.

Grundlage der Verhandlung über Pflegesätze und Entgelte – gleiches gilt für die Entscheidung der Schiedsstelle – ist zunächst die Abschätzung der voraussichtlichen Kosten der in der Einrichtung erbrachten Leistungen nach § 85 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 SGB XI. Daran schließt sich in einem zweiten Schritt die Prüfung der Leistungsgerechtigkeit nach § 84 Abs. 2 Satz 1 und 4 SGB XI an. Maßgebend hierfür sind die Kostenansätze vergleichbarer Leistungen in anderen Einrichtungen (sog. externer Vergleich). Im Ergebnis sind Pflegesätze und Entgelte dann leistungsgerecht im Sinne von § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB XI, wenn erstens die voraussichtlichen Gestehungskosten der Einrichtung nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden und sie zweitens in einer angemessenen und nachprüfbaren Relation zu den Sätzen anderer Einrichtungen für vergleichbare Leistungen stehen. Geltend gemachte Pflegesätze und Entgelte sind dann nicht angemessen, wenn Kostenansätze und erwartete Kostensteigerungen nicht plausibel erklärt werden können oder wenn die begehrten Sätze im Verhältnis zu anderen stationären Pflegeeinrichtungen unangemessen sind.

Vorliegend kann bereits – im ersten Prüfungsschritt – die Plausibilität der einzelnen Kostenansätze der Klägerin nicht festgestellt werden. Die Vergütungsforderung einer Einrichtung ist nicht ausreichend belegt, wenn sie nicht auf einer plausiblen und nachvollziehbaren Darlegung der voraussichtlichen Gestehungskosten beruht. Im Hinblick auf die von der Klägerin beantragte Budgetsteigerung von fast 30 % haben die Beigeladenen von ihr zu Recht weitere Nachweise verlangt. Die Grundlage für dieses Begehren bildet § 85 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB XI, wonach das Pflegeheim auf Verlangen einer Vertragspartei zusätzliche Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu ereilen hat, wenn dies zur Beurteilung seiner Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit im Einzelfall erforderlich ist. Die Nachweispflicht der Einrichtung kann bis zum Nachweis der in der Vergangenheit angefallenen Kosten reichen (so BSG, Urteil vom 29. Januar 2009, B 3 P 7/08 R a.a.O.). Soweit danach Angaben über Kostenstrukturen und betriebswirtschaftliche Kennzahlen verlangt werden, die im allgemeinen Geschäftsverkehr üblicherweise nicht zu offenbaren sind, ist dies wegen der sozialrechtlichen Bindung aller Beteiligter (§ 1 SGB XI) hinnehmbar. Da die Anforderung solch weitgehender Auskünfte durch die Pflegekassen bzw. die Schiedsstelle einen besonders intensiven Eingriff in die Rechtssphäre einer Pflegeeinrichtung darstellt, ist sie allerdings auf Ausnahmen zu beschränken. Ein derartiger Ausnahmefall ist nach Auffassung des Senats hier wegen der nicht unerheblichen Steigerungsrate gegeben.

Auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29. Januar 2009, B 3 P 7/08 R a.a.O.), wonach Pflegesatz- und Entgeltforderungen im unteren Drittel der vergleichsweise ermittelten Pflegesätze und Entgelte regelmäßig ohne weitere Prüfung als leistungsgerecht anzusehen sind, kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg berufen. Es bestehen bereits nach ihren eigenen Angaben Zweifel, ob die von ihr beanspruchten Sätze überhaupt im unteren Drittel anzusiedeln sind, wenn von 35 Pflegeeinrichtungen der Region 13 Einrichtungen günstiger als sie waren. Dies kann dahinstehen. Denn die Ausführungen des Bundessozialgerichts beziehen sich auf der zweiten Prüfungsstufe, nämlich die Frage, ob der geltend gemachte Vergütungsanspruch dem Vergleich mit anderen Einrichtungen standhält und sich insoweit als leistungsgerecht im Sinne von § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB XI erweist. Vorliegend scheitert der Anspruch bereits – wie gezeigt – im vorrangigen ersten Prüfungsschritt der nachvollziehbaren Gestehungskosten, weshalb mangels nachvollziehbarer Grundlage für eine vergleichende Bewertung auf der zweiten Prüfungsstufe kein Raum ist.

Hieran gemessen ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden, den Feststellungsantrag der Klägerin mit der Begründung zurückzuweisen, sie habe die Festsetzung der beantragten Gebühren notwendigen Angaben nicht gemacht.

Entgegen der Ansicht der Klägerin war es der Beklagten nicht möglich, eine Entscheidung in der Sache zu treffen. Zwar unterliegt die Schiedsstelle – unter Beachtung des Beschleunigungsgebotes nach § 85 Abs. 5 Satz 1 SGB XI) – einer umfassenden Aufklärungspflicht (BSG, Urteil vom 29. Januar 2009, B 3 P 7/08 R a.a.O.). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass sie –jedenfalls im Wesentlichen – über keinen eigenen Verwaltungsunterbau verfügt und ist deshalb, wie das Bundessozialgericht betont, in besonderer Weise auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen ist. Zudem handelt es sich bei den erforderlichen Angaben um interne Daten der Klägerin, die auf andere Weise als über die Vorlageverlangen nicht zu ermitteln sind. Der Klägerin wurde sowohl während der Verhandlungen mit den Beigeladenen als auch im Schiedsgerichtsverfahren hinreichend Gelegenheit gegeben, die fehlenden Angaben nachzuholen. Der Umstand, dass sie dies – gestützt auf eine unzutreffende Auslegung der zu Grunde liegenden Normen –versäumt hat, geht zu ihren Lasten.

Schließlich war es der Beklagten auch nicht verwehrt, eine Zurückweisung des Antrags auszusprechen, ohne eine Sachentscheidung zu treffen. Denn einer – von der Klägerin geforderten – gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage hierfür bedarf es nicht. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Schiedsstelle im Pflegesatzverfahren gemäß § 85 Abs. 6 Satz 1 zweiter Halbsatz SGB XI unmittelbar verbindliche Entscheidungen zu Lasten der Heimbewohner und der Kostenträger treffen kann. Dies setzt eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Einschätzung voraus, dass die von der Einrichtung geltend gemachten Pflegesätze und Entgelte angemessen und den Heimbewohnern sowie der Versichertengemeinschaft bzw. der Allgemeinheit deshalb entsprechende Zahlungen zuzumuten sind. Fehlt eine entsprechende Grundlage, darf keine Sachentscheidung ergehen. Allgemein ist die Möglichkeit zum Erlass von Beweislastentscheidungen nicht ausgeschlossen, falls eine der Schiedsparteien den gemachten Auflagen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt (BSG, Urteil vom 29. Januar 2009, B 3 P 7/08 R a.a.O.)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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