Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 14 RA 2054/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 957/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2006 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung.
Die im Dezember 1950 geborene Klägerin war nach einer abgebrochenen Ausbildung als Verkäuferin (April 1966 bis 1968), Seniorenbetreuerin (1971 bis 1972), Kraftfahrerin Apothekenbelieferung (1973 bis Januar 1982) und nach einer erfolgreich abgeschlossenen Umschulung (März 1982 bis Januar 1984) zur Floristin (Prüfungszeugnis der Industrie- und Handelskammer zu Berlin vom 18. Januar 1984) nach ihren Angaben von April 1984 bis Februar 1985 als Floristin beschäftigt. Danach arbeitete sie als Kraftfahrerin (März 1985 bis Dezember 1985), Bäckereiverkäuferin (Dezember 1985 bis Oktober 1986), befristet erneut als Bäckereiverkäuferin (Oktober 1986 bis November 1986), Kraftfahrerin (November 1986 bis Juli 1987), Schreibkraft (August 1987 bis Dezember 1987), als Angestellte im Schreibdienst (Januar bis Juli 1990, anschließend befristet weiter bis Oktober 1990) sowie jeweils befristet als Reinigerin (September 1992 bis Februar 1993), Angestellte im Schreibdienst (März 1993 bis Mai 1994) und Arbeiterin (Mai 1994 bis Dezember 1995). Zuletzt war sie im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) als Seniorenbetreuerin tätig (Juli 2000 bis Juli 2001).
Im Februar 2002 beantragte die Klägerin wegen Wirbelsäulenbeschwerden, Depressionen und Zystitis Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog verschiedene ärztliche Unterlagen, u. a. das Arbeitsamtsgutachten des Dr. R vom 05. März 2002, bei und holte die Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. T vom 04. Juni 2002 und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie W vom 24. Juni 2002 ein.
Mit Bescheid vom 07. August 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Trotz einer behandlungsfähigen depressiven Episode sei die Klägerin in der Lage, sowohl im bisherigen Beruf als Raumpflegerin als auch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Auf den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin unter Vorlage von ärztlichen Attesten geltend machte, weder orthopädisch noch urologisch untersucht worden zu sein, veranlasste die Beklagte die Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Chirurgie und Handchirurgie Dr. W vom 13. November 2002 und des Facharztes für Urologie und Sozialmedizin Dr. P vom 23. Dezember 2002.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die Klägerin könne mindestens 6 Stunden täglich leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Besteigen von Leitern, ohne häufiges Hocken und Knien sowie ohne Nachtschichtarbeiten verrichten. Aus den zusätzlich eingeholten orthopädischen und urologischen Gutachten ergäben sich keine weiteren Befunde, die zu einer Änderung der bereits getroffenen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung führten. Damit könne die Klägerin auch in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Seniorenbetreuerin erwerbstätig sein.
Dagegen hat die Klägerin am 22. April 2003 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Sie hat darauf hingewiesen, von Beruf Floristin zu sein. Sie könne keiner Tätigkeit mehr nachgehen. Nach dem orthopädischen Gutachten vom 13. November 2002 sei eine Leistungsfähigkeit für den Beruf der Raumpflegerin nicht mehr gegeben. Darüber hinaus sei sie qualitativ erheblich durch die vorhandene Reizblase beeinträchtigt. Im urologischen Gutachten vom 23. Dezember 2002 sei niedergelegt, sie habe eine Miktionsfrequenz tagsüber mit 5 bis 6 Mal und nachts mit 4 bis 6 Mal angegeben. Tatsächlich habe sie jedoch schon während der 1 bis 1 ¼ stündigen Begutachtung 3 bis 4 Mal Urin lassen müssen. Der Gutachter habe darüber hinaus 10 ml Restharn festgestellt. Der maximale Zeitraum zwischen den Toilettengängen betrage 25 Minuten. Um das tatsächliche Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung feststellen zu können, sei ein urologisches Gutachten nötig. Vor allem aber sei das Leistungsvermögen aufgrund ihrer psychischen Leiden aufgehoben. Wegen der jetzt schweren Depression bedürfe es eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Schließlich sei sie aufgrund des Knieleidens in ihrer Gehfähigkeit stark beeinträchtigt, so dass sie wegen Schmerzzuständen 2 bis 3 Mal in der Woche außerstande sei, das Haus ohne Gehstütze zu verlassen. Zusätzlich bestünden schlechte Blutwerte. Die Klägerin hat mehrere ärztliche Atteste vorgelegt.
Das Sozialgericht hat die Befundberichte der Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W vom 29. Juli 2003, des Facharztes für Urologie Dr. B S vom 31. Juli 2003, der Fachärztin für Allgemeinmedizin I vom 01. August 2003, des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 22. August 2003 und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W vom 19.August 2003 eingeholt sowie Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K vom 01. Juni 2004. Außerdem hat die Beklagte den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004 über eine vom 21. Januar bis 03. März 2004 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme übersandt.
Die Klägerin hat unter Hinweis auf weitere beigefügte ärztliche Atteste vorgetragen, nach Meinung der behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W seien im Gutachten nicht alle leistungseinschränkenden Faktoren erhoben worden. Insbesondere bestehe eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit, da einerseits eine psychogene Gehstörung bestehe, andererseits Angstzustände vorhanden seien, aufgrund derer die Klägerin das Haus nicht allein verlassen könne. Außerdem führten bereits Situationen, in denen sich die Klägerin in einer kleineren Gruppe von 4 bis 6 Menschen gegenübersehe, zu Überforderung.
Das Sozialgericht hat weiteren Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A vom 30. Mai 2005.
Die Klägerin hat unter Hinweis auf ein weiteres Attest der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W vom 26. Juli 2005 darauf hingewiesen, dass nach deren Stellungnahme sich ihr massives Vermeidehalten hinsichtlich jeglicher Konfrontation mit ihrer Umwelt mittlerweile verfestigt habe. Sie verfüge über wenig Kompensationsmöglichkeiten.
Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. A ergänzend gehört (Stellungnahme vom 29. September 2005).
Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht gewesen, das Gutachten des Sachverständigen Dr. A sei nicht überzeugend. Es scheine nicht nachvollziehbar, wie sie, die sich seit Jahren scheue, ohne Begleitung aus dem Haus zu kommen, ihre Arbeitsstelle erreichen, geschweige denn eine vollschichtige Tätigkeit ausüben solle.
Mit Urteil vom 10. April 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Klägerin könne noch 6 Stunden täglich nicht nur auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern auch in den Berufen als Bürokraft und Verkäuferin, nicht allerdings als Reinigungskraft, tätig sein. Da sie nur als Floristin eine Lehre durchlaufen und diese Beschäftigung nur ein einziges Jahr ausgeübt habe, könne sie für die übrigen Beschäftigungen keinen Berufsschutz für sich in Anspruch nehmen. Sowohl die Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. A als auch alle anderen Gutachter hätten ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr täglich beurteilt. In ihrer Wegefähigkeit sei die Klägerin nicht eingeschränkt.
Gegen das ihren früheren Prozessbevollmächtigten am 01. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. Juni 2006 eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie meint, die Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. A seien nicht überzeugend. Es lägen Anhaltspunkte für einen "Summierungsfall" vor. Die Wegefähigkeit sei nicht mehr gegeben. Die Klägerin besitze zwar ein Kraftfahrzeug, könne jedoch dieses aufgrund der Gehbehinderung, der Bewegungseinschränkung und der Angstattacken nicht mehr benutzen. Sie werde auf der Straße ständig von einer helfenden Person begleitet. Das Blasenleiden mit häufig wiederkehrenden Infektionen und Harninkontinenz, verbunden mit Dranginkontinenz, würde ein ständiges Arbeiten neben einer Toilette erfordern. Die Klägerin leide zudem an Kopfschmerzen und Sehstörungen. Es sei schließlich keine Gesamteinschätzung ihres Leistungsvermögens durch einen Allgemeinmediziner – Sozialmediziner – erfolgt, obwohl sich eine Leistungslimitierung aus mindestens vier Fachdisziplinen (Urologie/Gynäkologie, Orthopädie, Neurologie/Psychiatrie) ergäbe. Die Tätigkeit einer Floristin sei aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden. Die Klägerin hat verschiedene ärztliche Atteste und weitere ärztliche Unterlagen, insbesondere die Behandlungsunterlagen des Klinikums Steglitz zur Behandlung von April bis Juni 1978, vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren und die höhere Rente zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es seien keinerlei Befunde aus den Jahren 1985/1986 vorhanden, welche eine Lösung vom Beruf der Floristin aus gesundheitlichen Gründen belegten. Die danach ausgeübte Tätigkeit einer Raumpflegerin dürfte, verbunden mit Feuchtigkeit und Kälte, mindestens ebenso anstrengend gewesen sein.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Senat hat Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Urologie Dr. H vom 16. Mai 2007.
Die Klägerin meint, es liege eine ungewöhnliche Leistungseinschränkung vor, da der Sachverständige bestätigt habe, dass sie in der Nähe einer Toilette arbeiten müsse. Sie müsse im Durchschnitt zweimal stündlich aufgrund der Dranginkontinenz eine Toilette aufsuchen. Während der gutachterlichen Untersuchung sei sie bei mehrfachem Arztwechsel ca. 6 Mal auf der Toilette gewesen. Seit Dezember 2001 habe sie einen Generalschlüssel für die City-Toiletten der H AG. Sie plane nach vorheriger Ermittlung der Toilettenhäuser ihre Wege. Den Beruf als Floristin habe sie auf Anraten ihres damaligen zwischenzeitlich wohl verstorbenen Hausarztes Dr. P aufgegeben. Sie hat das Attest des Facharztes für Urologie Dr. BS vom 27. Juni 2007 vorgelegt.
Der Senat hat den Sachverständigen Dr. H ergänzend gehört (Stellungnahme vom 11. Juli 2007).
Die Klägerin räumt ein, zutreffender Weise liege keine halbstündige, sondern eine stündliche Miktionsfrequenz vor, wobei sich die Frequenz unter üblichen Arbeitsmarktbedingungen erhöhe. Auf eine Inkontinenz und das Tragen von Vorlagen komme es nicht an, weil es sich um einen unwiderstehlichen Harndrang handele, der ein sofortiges Aufsuchen der Toilette erforderlich mache. Stündliche Unterbrechungen der Arbeitsleistung würden arbeitgeberseits nicht hingenommen. Dies werde ein berufskundliches Gutachten beweisen.
Nach Ansicht der Beklagten sei das Fassungsvermögen der Blase nicht wesentlich eingeschränkt. Ein Anhalt für eine Stressinkontinenz bestehe nicht. Es reiche aus, wenn eine Toilette, wie für jeden anderen Arbeitnehmer auch, jederzeit erreichbar sei. Von einem notwendigen Toilettengang zweimal pro Stunde sei nicht auszugehen.
Der Senat hat den Sachverständigen Dr. H ergänzend gehört (Stellungnahme vom 30. November 2007) und die Auskünfte der Firma Blumen R vom (Eingang) 15. Januar 2008 nebst Kündigungsschreiben der Klägerin vom 15. Februar 1985, der J GmbH für Parkbetreuung und soziale Dienstleistungen vom 29. Januar 2008, des Polizeipräsidenten in Berlin vom 19. Februar 2008 und 10. März 2008 und des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 04. Juli 2008 eingeholt.
Zwischenzeitlich liegt nach Vorbringen der Klägerin ein vollständiger sozialer Rückzug vor. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. A entspreche nicht den Standards für Gutachten auf dem Gebiet der psychotherapeutischen Medizin/Psychotherapie. Dieses Gutachten sei zudem inzwischen veraltet. Nach den vorliegenden Unterlagen dürfe die Klägerin zumindest nicht auf so genannte "Primitivarbeiten" verwiesen werden, so dass in jedem Fall eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen sei. Ärztliche Unterlagen bezogen auf die Tätigkeit als Floristin im Jahr 1985 könnten nicht vorgelegt werden. Die Klägerin hat das Schreiben ihres Vaters G S vom 13. Juni 2008 übersandt.
Der Senat hat die Befundberichte der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W vom 12. Mai 2009, des Facharztes für Urologie Dr. BS vom 29. Juli 2009 und der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 03. August 2009 eingeholt, Auszüge aus den Berufsinformationskarten zur Stenotypistin/Schreibkraft (BO 782), Pförtner (BO 793), Versandfertigmacher (BO 522) und Bürohilfskraft (BO 784) sowie Kopien der berufskundlichen Stellungnahmen des ML vom 14. Februar 2000 und 13. Oktober 2008 zum Pförtner, vom 01./24. November 2002, 14. Januar 2005 und 13. Oktober 2008 zum Versandfertigmacher sowie die Auskunft des Arbeitsamtes Frankfurt (Oder) vom 01. November 1999 zur Bürohilfskraft, außerdem Auszüge aus dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) beigezogen, den Sachverständigen Dr. H ergänzend gehört (Stellungnahme vom 06. November 2009), weiter Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M vom 14. Februar 2010 nebst ergänzender Stellungnahme vom 23. März 2010 und Kopie der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 20. Mai 2009 beigezogen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme, der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagen (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 07. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, denn ihr Leistungsvermögen ist nicht in rentenrechtlich erheblicher Weise herabgesunken. Die Klägerin ist nicht einmal teilweise erwerbsgemindert, insbesondere nicht berufsunfähig.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und weitere - beitragsbezogene - Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die
1. vor dem 02. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI).
Berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI).
Die Klägerin ist hiernach nicht teilweise erwerbsgemindert, insbesondere nicht berufsunfähig. Dabei kann dahinstehen, ob sie noch in ihrem Hauptberuf als Angestellte im Schreibdienst tätig sein kann.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130 zur insoweit wortgleichen, bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI). Allerdings bleibt eine frühere versicherungspflichtige Beschäftigung maßgeblicher Beruf, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (vgl. BSGE 2, 181, 187; BSG SozR RVO § 1246 Nrn. 33, 57 und 94; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158 zur insoweit wortgleichen, bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI).
Der Beruf einer Angestellten im Schreibdienst, den sie nach der Auskunft des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 04. Juli 2008 (unbefristet) vom 15. Januar 1990 bis 14. Juli 1990 ausübte, ist hiernach maßgebender Beruf.
Es handelt sich zwar nicht um die qualitativ höchste Beschäftigung. Nach dem von ihr vorgelegten Umschulungsvertrag zwischen dem Arbeitsamt II Berlin (West) und der F GmbH als Umschulungsträger vom 30. März 1982 wurde die Klägerin vom 01. März 1982 bis 27. Januar 1984 zur Floristin, nach dem Prüfungszeugnis der Industrie- und Handelskammer zu Berlin vom 18. Januar 1984 erfolgreich umgeschult. Es ist jedoch nicht bewiesen, dass sie den Beruf einer Floristin, den sie nach ihren Angaben von April 1984 bis nach ihrem Kündigungsschreiben vom 15. Februar 1985 zum 28. Februar 1985 ausübte, aus gesundheitlichen Gründen beenden musste. Ärztliche Unterlagen hat sie nicht vorlegen können. Sie hat dazu mitgeteilt, von der Ärztekammer Berlin die Auskunft erhalten zu haben, dass die Behandlungsunterlagen des Dr. P sicherlich vernichtet worden seien. Auf das Fehlen von ärztlichen Befunden hat auch der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten hingewiesen. Ob die Abwendung vom Beruf der Floristin wegen "Blasenschwäche" im Februar 1985 erforderlich war, lässt sich mithin nicht (anhand objektiver medizinischer Befunde) beweisen. Angesichts dessen kann offen bleiben, ob die Klägerin überhaupt von April 1984 bis Februar 1985 qualifikationsgerecht als Floristin beschäftigt war. Weder hat sie dazu einen Arbeitsvertrag vorlegen können noch hat die Firma Blumen R in der Auskunft vom 15. Januar 2008 wegen des nicht mehr Vorhandenseins der Geschäftsunterlagen – mit Ausnahme der bereits genannten Kündigung der Klägerin vom 15. Februar 1985 – irgendwelche Angaben zum Arbeitsverhältnis machen können.
Beim Beruf der Angestellten im Schreibdienst handelt es sich zwar auch nicht um die letzte ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung. Die nach dem 14. Juli 1990 verrichteten Tätigkeiten scheiden jedoch bei der Bestimmung des maßgebenden Berufes deshalb aus, weil diese als ABM (Seniorenbetreuerin von Juli 2000 bis Juli 2001 nach der Auskunft der J GmbH für Parkbetreuung und soziale Dienstleistungen vom 29. Januar 2008) oder aus anderen Gründen (Angestellte im Schreibdienst nach BAT IX b von Juli bis Oktober 1990, Auskunft des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 04. Juli 2008; Reinigerin von September 1992 bis Februar 1993, Angestellte im Schreibdienst März 1993 bis Mai 1994 und Arbeiterin von Mai 1994 bis Dezember 1995, Auskünfte des Polizeipräsidenten in Berlin vom 19. Februar 2008 und 10. März 2008) von vornherein befristet waren. Es lagen deswegen nur vorübergehende Tätigkeiten vor, die somit nicht den maßgeblichen, auf Dauer ausgerichteten Beruf darstellen (vgl. speziell zu Beschäftigungen im Rahmen von ABM: BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130).
Selbst wenn die Klägerin nicht mehr als Angestellte im Schreibdienst arbeiten kann, folgt daraus keine Berufsunfähigkeit.
Sie ist jedenfalls in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt insbesondere als Versandfertigmacherin und als Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Die genannten Berufe sind ihr ausgehend von der Tätigkeit einer Angestellten im Schreibdienst zumutbar.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (vgl. dazu BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N. zur insoweit wortgleichen, bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI). Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschemas werden die Angestelltenberufe in fünf Gruppen eingeteilt, nämlich die mit dem Leitberuf der unausgebildeten Angestellten, der Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren, der Angestellten mit einer längeren Ausbildung, der Angestellten, für die über eine längere, durchschnittlich dreijährige Ausbildung hinaus zusätzliche Zugangsvoraussetzungen wie etwa die Ablegung einer Meisterprüfung, der erfolgreiche Besuch einer Fachschule oder das abgeschlossene Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule erforderlich sind, sowie der Angestellten, die mit ihrem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb oder in der Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 1). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden. Die Stufe des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren wird, da es sich um eine vielschichtige und inhomogene Gruppe handelt, in einen oberen Bereich (mit einer Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und einen unteren Bereich (mit einer Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwölf Monaten) unterteilt (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45). Dem Angestellten, der innerhalb seiner Gruppe dem oberen Bereich angehört, ist mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen, denn einem solchen Angestellten sind nur Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar, die sich hieraus durch Qualitätsmerkmale, z. B. durch das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder durch die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse, herausheben (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45).
Davon ausgehend ist die Tätigkeit einer Angestellten im Schreibdienst höchstens der Gruppe mit dem Leitberuf der Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren des oberen Bereiches zuzuordnen.
Nach der Auskunft des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 04. Juli 2008 war die Klägerin als Angestellte im Schreibdienst in Vergütungsgruppe VIII Ziffer 4 des Abschnitts N. Angestellte im Schreib- und Fernschreibdienst Unterabschnitt I Angestellte im Schreibdienst eingruppiert. Diese Vergütungsgruppe ist wie folgt definiert: Stenotypistinnen, Phonotypistinnen und Maschinenschreiberinnen mit schwierigerer Tätigkeit (z. B. Aufnehmen, Übertragen von Texten mit zahlreichen chemischen oder mathematischen Formeln oder wissenschaftlichen Fachausdrücken oder fremdsprachigen Einmischungen; selbständiges Abfassen kurzer Schriftstücke nach Ansage). Nach dieser Auskunft waren ihr Phonodiktate und sonstige Schreibmaschinenarbeiten (Phonotypistin mit schwieriger Tätigkeit) übertragen. Eine Ausbildung oder eine Anlernzeit waren danach weder für die Klägerin noch für eine völlig ungelernte und branchenfremde Kraft erforderlich. Ob die Klägerin nicht über eine entsprechende Ausbildung zur Phonotypistin verfügt, die nach der BIK BO 782 je nach Bildungsziel bzw. Einrichtung für Stenotypistin und Phonotypistin, geprüfte Sekretäre, Fernsprachensekretäre, Fremdsprachenkonturisten, Euro-Fremdsprachensekretäre und Europa-Sekretäre zwischen 4 Wochen bis 3 Jahren betragen kann, kann angesichts ihrer tarifvertraglichen Eingruppierung offen bleiben. Wie der Auskunft des Polizeipräsidenten in Berlin vom 19. Februar 2008 zu entnehmen ist, legte die Klägerin die Prüfung für Maschinenschreiberinnen jedenfalls erst später, nämlich im April 1993 ab, weswegen ihr seit Mai 1993 eine Funktionszulage gewährt wurde. Nach dem beigezogenen Auszug aus dem BAT werden Angestellte im Schreibdienst beginnend mit der niedrigsten Vergütungsgruppe IX b und aufsteigend in Vergütungsgruppe VIII, Vergütungsgruppe VII bis in die höchste Vergütungsgruppe VI b eingestuft. Bei der Vergütungsgruppe VIII handelt es sich um eine Gehaltsgruppe der Angelernten, in die Facharbeiter verwiesen werden können (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17).
Für die Klägerin kommen als Angelernte (mit dem Leitberuf der Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren) damit als sozial zumutbar die Tätigkeit einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft in der Poststelle in Betracht.
Zu den Aufgaben eines Versandfertigmachers gehören nach der BIK BO 522 das Aufmachen von Fertigerzeugnissen zur Verschönerung oder Aufbesserung des Aussehens sowie das Kennzeichnen und Fertigmachen von Waren für den Versand in verschiedenen Branchen und bei unterschiedlichen Produkten. Im Einzelnen sind dort, wie auch in der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 01. November 2002, als Einzeltätigkeiten genannt: Bekleben, Bemalen, Blankreiben, Einfetten, Einhüllen, Auf- oder Einnähen; Zurichten von Textilien, Ausformen von Wirk- und Strickwaren, Handschuhen oder Strümpfen, Dressieren von Stoffen, Bügeln von Hüten oder Lederwaren, Einziehen von Schnürsenkeln; Kennzeichnen von Waren durch Banderolieren, Etikettieren, Stempeln, Bekleben, Heften, Anbringen von Abziehbildern, Ein- oder Annähen von Warenzeichen oder Etiketten von Hand oder mit der Maschine; Abzählen, Abmessen oder Abwiegen von Waren und Erzeugnissen; manuelles und maschinelles Abpacken und Abfüllen in Papp- oder Holzschachteln, Kisten, Fässer, Säcke oder sonstige Behälter; Verschließen von Behältnissen sowie Anbringen von Kennzeichen oder anderen Hinweisen an Waren oder Behältnissen. Diese Tätigkeiten setzen nach der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 01. November 2002 bestimmte berufliche Vorkenntnisse nicht voraus. Es handelt sich um einfache Routinearbeiten, auf die durch eine aufgabenbezogene Einweisung in wenigen Tagen vorbereitet wird. Der Umfang der Vorbereitung sei abhängig vom übertragenen Arbeitsinhalt, dauere in jedem Fall aber deutlich unter drei Monate. Es kann dahinstehen, ob eine Einweisung von wenigen Tagen bereits ausreichend ist, um diese Tätigkeit nicht zu den aller einfachsten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu rechnen. In der ergänzenden berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 24. November 2002 ist diesbezüglich jedenfalls klargestellt, dass es auch Tätigkeiten eines Versandfertigmachers gibt, die eine Einarbeitung von mehr als wenigen Tagen bis zu zwei Wochen erfordern. Insoweit sind die jeweils unterschiedlichen inhaltlichen Anforderungen maßgebend. Werden nur wenige Teile zusammengebracht und eingepackt (zum Beispiel Gebrauchsanweisungen, Produkthinweise, Handbücher und CD-Rom), ergibt sich an diesem Arbeitsplatz eine nur kurze Einweisungszeit, weil kein Wechsel der inhaltlichen Anforderungen stattfindet. Werden hingegen an einem Arbeitsplatz für eine gesamte Produktpalette mit ständig wechselnder Anzahl und in unterschiedlicher Zusammensetzung Beschreibungen zusammengestellt, dauert die Einweisung länger, weil die Gefahr einer falschen Zusammenstellung deutlich größer ist. Es müssen für letztgenannte Tätigkeit, so nach dieser berufskundlichen Stellungnahme, Ablaufformen und systematische Vorgehensweisen vermittelt werden, die anhand von Plausibilitäten während der Arbeitsverrichtung überprüft werden. Mit dieser Begründung ist nachvollziehbar, dass die genannte Tätigkeit eines Versandfertigmachers eine Einarbeitungszeit erfordert, die sie von den sonstigen ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes abhebt und die deswegen sozial zumutbar ist.
Dies folgt im Übrigen auch aus Tarifverträgen, die der berufskundlichen Stellungnahme des ML vom 01. November 2002 beigefügt waren. Nach dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag für den Groß-, Ein- und Ausfuhrhandel in Schleswig-Holstein werden von Lohngruppe 1 Hilfstätigkeiten, die Vorkenntnisse nicht erfordern und jederzeit von anderen Beschäftigten ausgeführt werden können (wie zum Beispiel Lagerhilfe, Küchenhilfe) eingestuft, während zur Lohngruppe 2 Tätigkeiten rechnen, die ohne Vorkenntnisse nach Einweisung ausgeführt werden, wie zum Beispiel das Auspacken, Abpacken und Sortieren, wie es bei einem Versandfertigmacher anfällt. Dieselbe Unterscheidung wird auch im Gehalts- und Lohntarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Mecklenburg-Vorpommern vorgenommen. Wird eine bestimmte Tätigkeit jedoch nicht von der untersten Lohngruppe erfasst, so hebt sie sich dadurch, dass sie zu einer höheren Lohngruppe gehört, von den sonstigen ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ab. Aus der beigezogenen berufskundlichen Literatur (BIK BO 784) ergibt sich, dass Bürohilfskräfte unter anderem in der Poststelle und der Registratur Verwendung finden. Im Bereich der Poststelle sind sie mit dem Öffnen und Auszeichnen (Verteilen) der eingehenden Post sowie dem Kuvertieren beziehungsweise Verpacken und Frankieren der ausgehenden Post beschäftigt. In der Registratur fallen Arbeiten wie Sortieren und Ablegen von Schriftgut aller Art und Anlegen und Beschriften von Akten an. Diese Tätigkeiten setzen keine beziehungsweise nur geringe Vorkenntnisse voraus, erfordern üblicherweise jedoch eine Einarbeitung beziehungsweise Anlernung und heben sich insoweit von den sonstigen ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ab. Sie sind damit sozial zumutbar.
Den Berufen einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle ist die Klägerin gesundheitlich gewachsen.
Dies folgt aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. H, Prof. Dr. K, Dr. A und Dr. M.
Nach Dr. H bestehen ein Overactive bladder, eine diskrete Trigonumcystitis und als außerurologische Gesundheitsstörungen eine ängstlich-dependente Persönlichkeit, eine Neurasthenie, ein Diabetes mellitus, eine Adipositas ersten Grades, eine Hypothyreose, ein Nikotinabusus und eine Meniskopathie zweiten Grades links.
Beim Overactive bladder handelt es sich nach diesem Sachverständigen um einen Symptomenkomplex aus Pollakisurie (über 8 Mal täglich), Nykturie (über 2 Mal nächtlich) und imperativen Harndrang bis hin zur Dranginkontinenz. Diese Diagnose ist eine ausschließlich symptomatische Diagnose mit der Urge-Komponente als Leitsymptom. Eine Dranginkontinenz liegt allerdings, wie dieser Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. Juli 2007 schon klargestellt hat, nicht vor. Die Overactive bladder stellt sich als so genannte "trockene" Overactive bladder dar, das heißt, als hypersensitive Blasensensorik im Sinne einer sensorischen Urge ohne Nachweis einer motorischen Komponente (motorische Urge). Dies hat der Sachverständige daraus abgeleitet, dass sich eine Detrusorüberaktivität mit gleichzeitig unzureichender Sphinkerantwort als Voraussetzung für einen unwillkürlichen Urinverlust nicht hat feststellen lassen. Bei Patienten mit einer "trockenen" Overactive bladder kommt es bei Blasenfüllungsvolumina von üblicherweise weniger als 200 ml zu starkem, überfallsartigen Harndrang, der eine sofortige Entleerung der Blase verlangt. Daraus resultiert eine gehäufte Miktionsfrequenz tagsüber und nachts (vgl. insbesondere seine ergänzende Stellungnahme vom 06. November 2009). Bei diesem Krankheitsbild ist nach seiner weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 30. November 2007 ein Aufenthalt unmittelbar in der Nähe einer Toilette nicht angezeigt. Dies ist Betroffenen mit Inkontinenzproblemen vorbehalten. Es ist vielmehr angemessen, dass die Erreichbarkeit einer Toilette innerhalb von drei Gehminuten nach Einsetzen des Harndranges gewährleistet ist.
Eine Harninkontinenz dritten Grades (so die Atteste des Facharztes für Urologie Dr. BS vom 19. Mai 2003, 27. November 2006 und 27. Juni 2007 (vgl. aber auch dessen Befundbericht vom 29. Juli 2009, wonach sich die Drang- und Belastungsinkontinenz in den letzten Jahren von Grad I auf Grad II verschlechtert hat) liegt nach dem Sachverständigen Dr. H hingegen nicht vor, zumal diese terminologisch korrekt als dritten Grades allein der stressbedingten Belastungsinkontinenz vorbehalten bleibt.
Die von diesem Sachverständigen überhaupt erstmals durchgeführte umfangreiche urologische Diagnostik hat das dargelegte Ergebnis belegt.
Danach hat sich bereits bei der körperlichen Untersuchung, nämlich der Exploration im Stehen und in Steinschnittlage unter Stress (Hustenmanöver) nach vorherigem sonografisch ermitteltem Nachweis eines aktuellen Blasenvolumens von 166 ml kein Anhalt für eine Stressinkontinenz gefunden. Es ist gleichfalls während des insgesamt sechsstündigen Aufenthaltes bei keiner Untersuchung eine erhöhte Miktionsfrequenz im Sinne einer Pollakisurie aufgefallen, noch hat eine Untersuchung zwecks Toilettengangs unterbrochen werden müssen. Eine von der Klägerin – insoweit abweichend gegenüber ihren Angaben beim Sachverständigen Dr. H mit mindestens 8 bis 9-maliger Diurie und mindestens 4- bis 5-maliger Nykurie – nach Erstellung des Gutachtens gemachte Angabe einer durchschnittlichen halbstündigen Miktionsfrequenz, von der sie allerdings nach der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 11. Juli 2007 wieder abgerückt ist, hat sich nach dieser ergänzenden Stellungnahme nicht bestätigen lassen, zumal sämtliche invasive urologische Diagnostik zu einer (nur) passageren Pollakisurie geführt hat. Die eingeräumte Miktionsfrequenz von sechsmal in 6 Stunden ist danach mit der gestellten Diagnose vereinbar.
Bei der Uroflowmetrie hat sich die Blase nach Miktion sonografisch restharnfrei dargestellt. Weder die Sonografie der Blase einschließlich beider Nieren noch das Miktionscystrourethrogramm haben einen auffälligen Befund gezeigt. Im Rahmen der Cystomanometrie in Steinschnittlage ist bei kontinuierlicher Infundierung der Harnblase mit einem körperwarmen Füllmedium ein erstes Harndranggefühl bei einem Volumen von 128 ml, ein normaler bzw. subjektiv starker Harndrang bei einem Volumen von 152 ml bzw. 195 ml angegeben worden. Die maximale Blasenkapazität ist bei 238 ml erreicht worden. Während der gesamten Untersuchung ist kein unwillkürlicher Urinverlust eingetreten. Die Detrusoraktivität in der Austreibungsphase ist physiologisch gewesen. Bei einem Miktionsvolumen von 250 ml ist die Blase restharnfrei entleert worden. Bei Durchführung einer Vergleichsuntersuchung unter Verwendung eines 7 Grad kalten Füllmediums hat sich ein erster bzw. normaler Harndrang bereits bei 73 ml bzw. 98 ml sowie ein starker Harndrang bei 144 ml gezeigt. Die maximale Blasenkapazität ist bei 191 ml erreicht worden. Die Blase ist bei unauffälligen Detrusoraktivitäten im Verlauf der Füllungsphase restharnfrei entleert worden bei gleichfalls unauffälliger Austreibungsphase. Der Sachverständige Dr. H hat als Ergebnis dieser Untersuchungen eine mittelgradig hypersensitive Blasensensorik angenommen, wobei das ermittelte Blasenvolumen in Korrelation zum ersten Harndranggefühl durchaus noch als normwertig betrachtet werden kann. Die ermittelte maximale Blasenkapazität von 250 ml entspricht einer eher mittelmäßig hypokapazitären Harnblase, wobei es sich am ehesten um funktionell bedingte Mindervolumina handelt. Bei ansonsten selbst unter Provokation stets stabilem Detrusor und bei der vorhandenen Fähigkeit, die Aktivität des Austreibermuskels während des Wasserlassvorgangs willkürlich zu unterbrechen, entspricht das Volumen der maximalen Blasenkapazität dem des effektiven Fassungsvermögens.
Die durchgeführte Urethrocystoskopie hat eine mäßiggradige inflammatorische Schleimhaut im Bereich des Trigonums im Sinne einer geringgradigen Trigonumcystitis ergeben, die hinsichtlich ihrer klinischen Bedeutung der Overactive bladder unterzuordnen ist.
Im von der Klägerin nach dezidierter Anleitung selbst durchgeführten Miktionstagesprofil über 14 Tage (vom 07. bis 23. Mai 2007) hat die Klägerin nur dokumentiert, wie häufig Urin unwillkürlich tropfenweise abging, ohne allerdings valide Angaben zu Miktionsfrequenz oder –volumen zu vermerken, weswegen der Sachverständige Dr. H eine Auswertung dieses Protokolls als nicht sinnvoll angesehen hat.
Im Übrigen hat dieser Sachverständige festgestellt, dass die Klägerin aggraviert. Bei ungestörtem Gangbild ist die mitgebrachte Unterarmgehstütze zur sicheren Fortbewegung nicht erforderlich gewesen. Hinsichtlich der außerurologischen Gesundheitsstörungen hat der Sachverständige Dr. H im Vergleich zu den Vorgutachten keinen neuen Sachverhalt erheben können. In urologischer Hinsicht sind nach seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 30. November 2007 und 06. November 2009 dem nachfolgenden Attest bzw. den nachfolgenden Befundberichten keine wesentlichen objektiven Befundänderung zu entnehmen. Dies gilt insbesondere deswegen, weil solches auch von dem Facharzt für Urologie Dr. BS in seinem letzten Befundbericht vom 29. Juli 2009 verneint worden ist.
Wenn der Sachverständige Dr. H infolge der vorhandenen Gesundheitsstörungen die Schlussfolgerung gezogen hat, die Klägerin könne noch körperlich leichte bis mittelschwere und geistig leichte Arbeiten bevorzugt in geschlossenen Räumen ohne Feuchtigkeit, Zugluft sowie ohne Arbeiten mit Zwangshaltungen oder einseitiger Belastung, in Wechselschicht, unter besonderem Zeitdruck und mit häufigem Publikumsverkehr bei erreichbarer Toilette in 3 Gehminuten verrichten, ist dies nachvollziehbar. Wie er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06. November 2009 dargelegt hat, kommt es unter als Stress wahrgenommenen Situationen zur Ausbildung bzw. Zunahme des Beschwerdekomplexes, so dass solche Einflüsse vermieden werden müssen. Die von ihm genannten Leistungseinschränkungen tragen diesem Zustand hinreichend Rechnung. Dies gilt auch für den Ausschluss geistig anspruchsvolleren Arbeiten, denn dies kann ebenfalls zu einer Überforderung führen. Nicht zwingend ist, wie in dieser ergänzenden Stellungnahme klargestellt worden ist, hingegen ein Wechsel der Haltungsarten. Demgemäß sind insoweit Leistungseinschränkungen nicht festzustellen. Es ist ebenfalls nachvollziehbar, dass bei der angenommenen Miktionsfrequenz Wegstrecken länger als 60 Minuten nicht zumutbar, solche bis zu diesem Zeitrahmen jedoch, insbesondere nach vorheriger entsprechender Blasenentleerung (vgl. dazu auch die ergänzende Stellungnahme vom 30. November 2007) zumutbar sind.
Nach dem Sachverständigen Prof. Dr. K bestehen eine leichte bis mittelgradige depressive Störung, eine gemischte Persönlichkeitsstörung sowie eine Miktionsstörung und eine Schädigung im Bereich des linken Kniegelenkes und der Menisken.
Ob tatsächlich eine gemischte Persönlichkeitsstörung vorliegt, lässt der Senat offen. Der Sachverständige Dr. M hat gegen diese Diagnose eingewandt, dass sie bisher von keinem Gutachter oder der behandelnden Ärztin mit Hilfe eines strukturierten Interviews verifiziert bzw. validiert wurde. So weist dieser Sachverständige zutreffend darauf hin, dass sich der Sachverständige Prof. Dr. K zu den Kriterien einer solchen Diagnose nicht geäußert hat. Das von dem Sachverständigen Dr. M durchgeführte halbstrukturierte klinische Interview zum DSM IV (SKID II) hat ergeben, dass lediglich selbstunsichere, dependente und zwanghafte Persönlichkeitsanteile festzustellen gewesen sind. Diese Persönlichkeitsanteile sind teilweise auch nur bezogen auf die Vergangenheit erfüllt worden. Da nach Dr. M somit nicht eine ausreichende Anzahl der geforderten Kriterien festzustellen gewesen ist, hat er bei seiner Untersuchung aktuell eine Persönlichkeitsstörung ausgeschlossen. Er hat es jedoch für möglich erachtet, dass eine solche Diagnose früher vorgelegen haben kann. Dies bedarf jedoch keiner weiteren Sachaufklärung, denn zum einen haben alle Sachverständigen des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets insoweit ähnliche Befunde erhoben und zum anderen sind sie ungeachtet der diagnostischen Einordnung dieser Befunde bei der Bewertung des Leistungsvermögens nicht zu unterschiedlichen Beurteilungen gelangt.
Nach dem Sachverständigen Prof. Dr. K kann die Klägerin körperlich leichte und geistig mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten bei Ausschluss eines längeren Stehens, ohne Arbeiten in Hitze, Kälte, Staub, Feuchtigkeit und Zugluft, mit einseitiger körperlicher Belastung, mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und mit Besteigen von Leitern und Gerüsten verrichten. Dies ist insbesondere unter Berücksichtigung der Schädigung im Bereich des linken Kniegelenkes und der Menisken nachvollziehbar.
Zum Tagesablauf befragt hat die Klägerin angegeben, kaum Fernsehen zu schauen und wenig Musik zu hören. Sie müsse viel über die häuslichen Aufgaben grübeln. Sie kümmere sich um ihre Katze. Ihr Vater hole sie häufig von zu Hause ab. Man müsse sie an die Hand nehmen, um Aktivitäten zu entwickeln. Einkaufen gehe sie allein. In neurologischer Hinsicht hat dieser Sachverständige Schmerzen im Bereich des linken Knies bei leicht gemindertem Vibrationsempfinden mit 6 bis 7/8 befundet. In psychischer Hinsicht ist die Stimmung zum Teil gedrückt, der Affekt kaum modulierbar gewesen. Die Klägerin hat einen enttäuschten und schwunglosen Eindruck gemacht. Die Anwesenheit von 6 Personen würde bei ihr Beklemmungen auslösen. Sie habe Angst vor dem Tod ihres Vaters. Zusammenfassend hat der Sachverständige Prof. Dr. K daraus eine Persönlichkeitsstörung mit zum Teil unselbständigen, passiven Anteilen mit einem etwas regressiv oberflächlichem Verhaltensmuster sowie Zeichen einer mangelnden psychischen Belastbarkeit im Sinne einer Neurasthenie bei durchweg depressiv getönter Grundstimmung abgeleitet. Die Defizite seien im Wesentlichen im Bereich der Persönlichkeit und des Charakters, mit verminderten Möglichkeiten den Anforderungen an ihre Person standzuhalten, festzumachen. Die Klägerin sei letztlich der Hilfe der Eltern nicht entwachsen. Die seelische Störung äußert sich in einem allgemeinen Rückzug, Passivität, Entschlusslosigkeit und Antriebslosigkeit. Die Klägerin ist sich dieser Fehlhaltung bewusst. Sie simuliert und aggraviert diese teilweise, wobei eine Begehrensvorstellung eine Rolle spielt.
Vor dem Hintergrund einer wenig durchsetzungsfähigen und vermindert belastbaren Wesensart ist einleuchtend, dass besondere psychische Anforderungen nicht gestellt werden können. Bei nicht wesentlich eingeschränkter Belastbarkeit der Wirbelsäule resultieren die sonstigen dargestellten Einschränkungen einerseits aus der eingeschränkten Belastbarkeit des linken Beines und andererseits, die betrifft die klimatischen Einflüsse, aus der Miktionsstörung.
Nach dem Sachverständigen Dr. A bestehen eine ängstlich-dependente Persönlichkeitsstörung, eine Neurasthenie und eine Reizblase. Eine depressive Erkrankung im engeren Sinne und eine Angsterkrankung hat dieser Sachverständige ausgeschlossen.
Wegen des Vorliegens einer ängstlich-dependenten Persönlichkeitsstörung wird auf die oben gemachten Darlegungen verwiesen. Der Sachverständige Dr. M hat auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. A nicht nachvollziehen können, woraus dieser eine Persönlichkeitsstörung hergeleitet hat. Ein strukturiertes klinisches Interview ist dessen Gutachten ebenfalls nicht zu entnehmen. Wegen ähnlicher Befunde und einer im Wesentlichen identischen Leistungsbeurteilung bedarf es auch insoweit keiner weiteren Sachaufklärung.
Die Diagnose einer Neurasthenie steht hingegen nicht im Widerspruch zum Gutachten des Sachverständigen Dr. M, denn dieser Sachverständige hat diese Diagnose nur deswegen nicht gestellt, weil sie neben der von ihm erhobenen mittelgradig depressiven Episode nicht diagnostiziert werden darf.
Unter Berücksichtigung der von dem Sachverständigen Dr. A erhobenen Befunden, ist folgerichtig, dass die Klägerin nur noch geistig einfache Arbeiten ausführen kann.
Ihren Tagesablauf hat sie wie folgt geschildert. Sie stehe relativ spät, erst gegen 11.00 Uhr auf. Nach dem Einkaufen, das sie in der Regel mit dem Vater oder der Schwester erledige, widme sie sich dem Haushalt. Auch beim Putzen und Staubsaugen erhalte sie mehr oder minder regelmäßig Hilfe von den Angehörigen. Gelegentlich werde Fernsehen angeschaut. Außenaktivitäten würden gemieden, da die Kniebeschwerden hinderlich seien. Schon als Kind solle wohl eine gewisse Unselbständigkeit bestanden haben. Dr. A hat beurteilt, dass aufgrund des Fehlens einer Aufgabe sich diese regressive Haltung verfestigt hat. Die Einschränkung des sozialen Radius auf die engere Familie ist dabei wesentlich eine Folge der fehlenden Arbeitstätigkeit.
Dieser Sachverständige hat ebenfalls angesichts des ungestörten Gangbildes die von der Klägerin mitgeführte Gehstütze nicht für erforderlich gehalten. Als psychopathologischen Befund hat er eine gering eingeschränkte affektive Modulation, eine, wenn auch langsam und schwerfällige, jedoch ohne relevante Defizite erscheinende kognitive Leistung mit Auffassung und Konzentration, ein langsam und wenig stringentes formales Denken, bei dem inhaltlich eine fast kindlich wirkende Unzufriedenheit und Unreife hinsichtlich eigener Initiative und Willensbildung dominiert, eine gedrückt wirkende Stimmung und ein Affekt bei regressiver und resignativer Haltung, eine leicht reduzierte Psychomotorik und ein reduziertes Antriebsverhalten festgestellt. Insgesamt verharrt die Klägerin inzwischen in einer regressiven Versorgungshaltung, die von den bemühten Familienangehörigen notgedrungen unterstützt wird. Bei dieser seelischen Störung handelt es sich um eine gestörte Erlebnisverarbeitung. Die Klägerin aggraviert. Eine initiale Begehrensvorstellung ist nicht auszuschließen. Körperlich sichtbare Fehlregulationen hat der Sachverständige nicht feststellen können. Wie er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. September 2005 betont hat, äußert die Klägerin vielfältige Klagen über Schmerzen ohne validierenden paraklinischen Befund.
Nach dem Sachverständigen Dr. M bestehen eine rezidivierend depressive Störung, derzeit mittelgradige Episode und eine Agoraphobie.
Eine Dysthymie und eine generalisierte Angststörung (so Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004) ist nicht bewiesen. Eine Dysthymie ist nach dem Sachverständigen Dr. M dadurch gekennzeichnet, dass es konstante oder konstant wiederkehrende Depressionen über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren gibt und keine oder nur sehr wenige der einzelnen depressiven Episoden während eines solchen Zweijahreszeitraumes so schwer oder so lange andauern, dass die Kriterien für eine rezidivierende leichte depressive Störung erfüllt sind. Da nach diesem Entlassungsbericht eine Dysthymia diagnostiziert wurde, sollte eine mittelschwere oder schwere depressive Symptomatik fehlen. Dies widerspricht jedoch der dortigen Angabe, dass hinsichtlich Antrieb und Stimmung das Vollbild eines depressiven Syndroms vorlag. Somit sind diese Angaben nach dem Sachverständigen Dr. M als inhaltlich widersprüchlich nicht zu verwerten. Unter Berücksichtigung der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. K, wonach eine mittelgradige depressive Episode (von jenem Sachverständigen als leichte bis mäßige bzw. mittelgradige depressive Störung bezeichnet) bei seiner Untersuchung der Klägerin bestanden hat, ist zwar theoretisch denkbar, dass zunächst eine Dysthymie vorgelegen und sich darauf noch eine mittelgradig depressive Episode entwickelt hat. Dafür gibt es allerdings in den vorliegenden ärztlichen Unterlagen keine Hinweise. Ebenso wenig lässt sich nach dem Sachverständigen Dr. M aus dem genannten Entlassungsbericht eine generalisierte Angststörung ableiten. Der dort niedergelegte psychische Befund beschreibt vielmehr eher eine differenzialdiagnostische Abgrenzung zu einer generalisierten Angststörung. Um die geforderten Kriterien für diese Gesundheitsstörung zu erfüllen, müssen über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten Anspannung, Besorgnis oder Befürchtung in Bezug auf alltägliche Ereignisse und Probleme vorherrschen sowie gleichzeitig unterschiedliche vegetative Symptome bestehen. Bei der Klägerin liegen aber lediglich eine konkrete Angst in Bezug auf Menschenmengen und Befürchtungen, ohnmächtig zu werden, wenn sie das Haus verlässt, vor. Dies ist nachvollziehbar, denn im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004 wird die depressive Symptomatik als "am ehesten" einer Dysthymia zugeordnet und die multiplen Ängste ausdrücklich als differenzialdiagnostische Abgrenzung zu einer generalisierten Angststörung dargestellt.
In Verbindung mit den beschriebenen vegetativen Symptomen wie Herzklopfen, Schweißausbruch, Beklemmungsgefühl, erfüllt diese Art der Angst jedoch die Diagnose einer Agoraphobie.
Der Sachverständige Dr. M hat ebenfalls infolge der von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen die Notwendigkeit gesehen, externe Stressoren auszuschließen. Er hat daran anknüpfend, Arbeiten unter Zeitdruck wie Akkord- und Fließbandarbeit, mit Nachtschicht oder mit Umstellungsfähigkeit für nicht zumutbar erachtet.
Er hat ebenfalls, wie die weiteren Sachverständigen Prof. Dr. K, Dr. A und Dr. H insoweit in Übereinstimmung mit dem Arbeitsamtsgutachten des Dr. R vom 05. März 2002, dem Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. T vom 04. Juni 2002, dem Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie W vom 24. Juni 2002, dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Chirotherapie und Handchirurgie Dr. W vom 13. November 2002 und dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004 ein Leistungsvermögen von wenigstens 6 Stunden täglich angenommen. Dies ist, ohne dass zusätzliche Befunde oder Gesichtspunkte hinzutreten, folgerichtig.
Der Sachverständige Dr. Mist damit nicht der Einschätzung der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W gefolgt, die von einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten bzw. aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen ist. Er hat sich damit auch insoweit den Beurteilungen des Sachverständigen Prof. Dr. K und des Sachverständigen Dr. A angeschlossen. Prof. Dr. K hat deren Befundbericht vom 19. August 2003 deswegen nicht für nachvollziehbar gehalten, weil dort lediglich von "Anzeichen" einer Depression als Befund gesprochen wird. Der Sachverständige Dr. A hat in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. September 2005 darauf hingewiesen, dass die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W sich vorwiegend auf die subjektiven Angaben der Klägerin und deren soziale Notlage zur Begründung des zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögens stützt. Der Sachverständige Dr. M hat daran anknüpfend aus deren Befundbericht vom 12. Mai 2009, in dem ausführlich die jeweiligen Befunde mit dem Erhebungsdatum niedergelegt sind, gleichfalls wenig objektivierbare Symptome beschrieben gefunden. Dies ist nach letztgenanntem Befundbericht nachvollziehbar.
Allerdings ist der Sachverständige Dr. M angesichts der Vielzahl an glaubhaften und nachvollziehbaren und damit objektivierbaren depressiven Symptomen zum Ergebnis gelangt, dass die mittelgradig depressive Episode zum Zeitpunkt seiner Untersuchung am 27. Januar 2010 derart stark ausgeprägt ist, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin aufgrund ihrer Antriebsstörung, ihrer formalen Denkstörung sowie ihrer Störung der Stimmung und des Affekts verbunden mit den bestehenden Ängsten auf unter drei Stunden täglich reduziert ist.
Zum Tagesablauf befragt hat die Klägerin angegeben, zwischen 11.00 Uhr und 13.00 Uhr aufzustehen, sich eine Tasse Kaffee zu machen und eine Zigarette zu rauchen. Sie frühstücke nicht. Sie sitze dann in der Küche und grübele über verschiedene Dinge, zum Beispiel den Abwasch, nach. Oft trinke sie eine zweite Tasse Kaffee und rauche eine zweite Zigarette, ehe sie sich selber wasche. Sie esse relativ spät gegen 15.00 Uhr bis 16.00 Uhr; dann esse sie abends nochmals vermehrt. Sie wasche gelegentlich ab. Zwischen 01.00 Uhr und 03.00 Uhr gehe sie ins Bett. Im Übrigen frage sie sich, was sie den ganzen Tag mache und womit die Zeit vergehe.
Als psychischen und psychopathologischen Befund hat der Sachverständige Dr. M festgestellt: Er hat eine leicht aufgeregte, unsichere und zurückhaltende Klägerin vorgefunden. Die Exploration ist einerseits durch Weinattacken und andererseits durch mangelnde Fähigkeit, einfache Sachverhalte konkret darzustellen, gekennzeichnet gewesen. Er hat allerdings auch in vielen Bereichen eine deutliche Aggravation erheben können. So hat die Klägerin bei Prüfung der Kraft nicht wirklich mitgearbeitet. Ihrer Bitte, sie auf dem Rücken auf der Untersuchungsliege liegend hochzuziehen, ist der Sachverständige nicht nachgekommen, worauf sie dies aus eigener Kraft vollzogen hat. Ein passiver Versorgungswunsch ist mehr als deutlich geworden. Allerdings ist das formale Denken eingeengt und umständlich gewesen. Die Stimmung ist subjektiv und objektiv gedrückt gewesen. Es hat nicht nur eine Affektlabilität beim Thema Blasenstörung, sondern eine generell verminderte affektive Modulationsfähigkeit bestanden. Im Übrigen ist eine Angst und eine deutlich anhaltende Furcht vor Menschenmengen verbunden mit vegetativer Symptomatik sichtbar geworden. In neurologischer Hinsicht hat an beiden Beinen eine betonte Pallhypästhesie vorgelegen. Die orientierende körperliche Untersuchung ist bis auf einen Blutdruck von 145/95 mmHg und zwei kleine Narben nach endoskopischer Gallenoperation unauffällig gewesen.
Die insgesamt vorgefundene depressive Stimmung, der Verlust des Selbstvertrauens, das Klagen über ein vermindertes Denk- oder Konzentrationsvermögen, der Interessen- oder Freudeverlust an Aktivitäten, die normalerweise angenehm sind, sowie der verminderte Antrieb oder die gesteigerte Ermüdbarkeit mögen das von dem Sachverständigen Dr. M genannte zeitlich reduzierte Leistungsvermögen begründen.
Dieser Sachverständige hat aber auch darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um einen Dauerzustand handelt, vielmehr die begründete Aussicht gegeben ist, dass sich der Zustand innerhalb von sechs Monaten bessern lässt. Er hat dies nachvollziehbar damit begründet, dass bisher eine leitliniengerechte Behandlung nicht stattgefunden hat.
Das zeitweise Bestehen einer Gesundheitsstörung, auch wenn dadurch die Erwerbsfähigkeit vorübergehend beeinflusst wird, begründet noch keine Minderung des Leistungsvermögens im Sinne des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Erwerbsfähigkeit muss vielmehr nicht nur vorübergehend worunter ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten verstanden wird herabgesunken sein (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 670 f. VI; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB VI, gesetzliche Rentenversicherung, Kommentar, 60. Ergänzungslieferung, K § 43 Rdnr. 22, K § 44 Rdnr. 15; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 16), so dass kurzzeitige Erkrankungen außer Betracht zu bleiben haben. Diese bedingen allenfalls Arbeitsunfähigkeit.
Ausgehend von dem erst seit dem Zeitpunkt der Untersuchung der Klägerin durch den Sachverständigen Dr. M am 27. Januar 2010 bestehenden Leistungsvermögen von unter 3 Stunden täglich liegt mithin noch keine rechtserhebliche Minderung des Leistungsvermögens vor. Soweit im o. g. Urteil des BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 16 ausgeführt ist, dass vor Ablauf von (damals) 26 Wochen (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 1 Angestelltenversicherungsgesetz, § 1276 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung; jetzt aber 6 Monaten: § 101 Abs. 1 SGB VI) möglicherweise nicht feststeht, ob eine Leistungsunfähigkeit nur vorübergehend oder von Dauer ist, und insofern die Sache für den Versicherungsträger unter Umständen noch nicht entscheidungsreif sein kann (Hinweis auf § 88 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG ), mag dies zutreffen. Dies hindert den Senat jedoch nicht an einer gerichtlichen Entscheidung in Sinne des ausgeworfenen Tenors. Es gibt keinen Rechtssatz, der gebietet, den Eintritt einer materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzung (Fälligkeit) abzuwarten, und demzufolge spiegelbildlich verbieten würde, vor Eintritt einer solchen Voraussetzung eine dem Anspruchsinhaber ungünstige Entscheidung zu treffen.
Die weiteren bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen, nämlich Cervikobrachialgien (Befundbericht bzw. Attest des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 22. August 2003 bzw. vom 26. Mai 2003), ein Lumbalsyndrom bzw. Lumboischialgien (Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. T vom 04. Juni 2002, Attest bzw. Befundbericht des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 26. Mai 2003 bzw. vom 22. August 2003, Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Göhren vom 06. Mai 2004), eine (beginnende) Coxarthrose beidseits (Arbeitsamtsgutachten des Dr. R vom 05. März 2002, Attest des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 26. Mai 2003 mit lediglich initialer Coxarthrose rechts, im Befundbericht des letztgenannten Arztes vom 22. August 2003 sogar völlig unerwähnt), eine Gonalgie beidseits (Befundbericht des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 22. August 2003) sowie ein Diabetes mellitus (Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004, Attest bzw. Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 29. April 2005 bzw. vom 03. August 2009), eine Hypothyreose (Befundbericht der Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W vom 29. Juli 2003 und Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 03. August 2009), eine Hyperlipidämie (Attest bzw. Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 29. April 2005 bzw. vom 03. August 2009), eine Hypertonie, eine Gastritis und eine Emphysembronchitis (allesamt im Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 03. August 2009) bedingen keine weitergehenden Leistungseinschränkungen.
Im Arbeitsamtsgutachten des Dr. R vom 05. März 2002 wird festgestellt, dass den beginnenden Abnutzungserscheinungen beider Hüftgelenke gegenüber den anderen Leiden (Blasen-Stressschwäche, depressive Verstimmungen und chronischer Meniskusschaden des linken Knies) lediglich eine untergeordnete arbeitsmedizinische Bedeutung zukommt. Im Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. T vom 04. Juni 2002 ist zum einen auf die adäquate Substitution der Hypothyreose und zum anderen darauf hingewiesen, dass weder die beginnende Coxarthrose rechts noch ein degeneratives Lumbalsyndrom wesentliche Symptome hervorrufen. Im Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Chirurgie und Handchirurgie Dr. W vom 13. November 2002 wird als Diagnose lediglich der Zustand nach Arthroskopie und Teilmeniskektomie des linken Kniegelenkes bei ansonsten weitgehend unauffälligem Befund des übrigen Stütz- und Bewegungsapparates erwähnt. Nach dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004 ergab das orthopädische Konzil ein Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten mit weiteren Einschränkungen. Erstmals wurde während dieser stationären Rehabilitationsmaßnahme ein Diabetes mellitus diagnostiziert. Den übrigen genannten ärztlichen Berichten sind Funktionsstörungen nicht bzw. nicht im Einzelnen konkretisiert zu entnehmen.
Unter Berücksichtigung dessen haben bereits die Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. A insbesondere ein orthopädisches Fachgutachten sowie der Sachverständige Dr. H im Hinblick auf die von ihm genannten weiteren internistischen Leiden auch ein sonstiges Gutachten nicht für erforderlich gehalten. Dieser Einschätzung hat sich schließlich auch der Sachverständige Dr. M angeschlossen. Dies ist nachvollziehbar, denn es liegen wesentliche Funktionseinschränkungen, die aus den weiteren Gesundheitsstörungen resultieren, nicht vor.
Damit kommt die Klägerin für die Tätigkeiten einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle in Betracht.
Die Arbeitsbedingungen eines Versandfertigmachers sind in der BIK BO 522 beschrieben unter anderem als körperlich leichte bis mittelschwere Arbeit (zeitweise schweres Heben und Tragen) überwiegend in geschlossenen Räumen und Hallen, zum Teil im Freien, Arbeit in wechselnder Körperhaltung von Gehen, Stehen und Sitzen, zum Teil Zwangshaltungen wie Bücken, Hocken, Knien und vornüber geneigte Haltung, zum Teil Arbeit auf Leitern und Gerüsten. Allerdings bedeutet diese Beschreibung nicht notwendigerweise, dass dieses Anforderungsprofil für alle Arbeitsplätze eines Versandfertigmachers einschlägig ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass diese Tätigkeit in verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Produkten ausgeführt wird. Wenn demzufolge in den berufskundlichen Stellungnahmen des M L vom 01. November 2002 und 24. November 2002 dargestellt ist, dass es insoweit auch eine nennenswerte Zahl von, also nicht weniger als 300, Arbeitsplätzen gibt, die körperlich leicht sind und in geschlossenen Räumen im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden, bei denen wirbelsäulen- oder gelenkbelastende Körperhaltungen nicht eingenommen werden müssen, monotone oder repetitive Arbeitshaltungen sich nicht ergeben, die Aufgaben nicht durch fremdbestimmtes Arbeitstempo geprägt sind, nicht unter akkordähnlichen Bedingungen verrichtet werden, keine besonderen Anforderungen an die Kraft oder die Ausdauer der Hände gestellt werden, insbesondere keine Fein- oder Präzisionsarbeiten erfordern, Reiben, Schieben, Drehen, Ziehen oder Drücken nicht verlangt werden, weder Anforderungen an das Hörvermögen noch an die Stimme gestellt werden, eine durchschnittliche Sehfähigkeit genügt und bei denen geistig einfache Routinearbeiten weder besondere Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit, das Reaktionsvermögen, die Aufmerksamkeit, die Übersicht, die Verantwortung oder die Zuverlässigkeit stellen, ist dies nachvollziehbar.
Betrachtet man das Leistungsvermögen jener Klägerin, das der berufskundlichen Aussage des M L vom 01. November 2002 und 24. November 2002 zugrunde gelegen hatte, mit demjenigen der hiesigen Klägerin, wird deutlich, dass als Versandfertigmacher, wie auch in jener berufskundlichen Aussage angenommen wurde, gearbeitet werden kann. Das ermittelte Leistungsvermögen jener Klägerin war wie folgt beschränkt auf körperlich leichte Arbeiten, geistig einfache Arbeiten, im Wechsel der Haltungsarten, kein ausschließliches Stehen oder Sitzen, unter Witterungsschutz, ohne monotone oder repetitive Arbeitshaltungen, ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne anhaltende Rumpfbeugehaltung, ohne anhaltendes Knien, Hocken und Bücken, ohne dauerhafte Überkopfarbeiten, ohne Leiter- und Gerüstarbeit und ohne besonderen Zeitdruck wie etwa Akkord- oder Fließbandarbeit. Dies zeigt, dass die Klägerin in ihrem Leistungsvermögen nicht stärker eingeschränkt ist als jene Klägerin, die in den berufskundlichen Aussagen vom 01. November 2002 und 24. November 2002 zu beurteilen war.
In der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 14. Januar 2005 wird an der Darstellung vom 01./24. November 2002, die im Einzelnen wiederholt wird, festgehalten und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich seither bezüglich des Berufes eines Versandfertigmachers keine nachhaltigen Veränderungen ergeben hätten. Wird das Leistungsvermögen jenes Klägers, das Grundlage der berufskundlichen Stellungnahme vom 14. Januar 2005 war, mit dem vorliegenden Leistungsvermögen verglichen, ist zwar festzustellen, dass jener Kläger teilweise in seinem Leistungsvermögen nicht so deutlich eingeschränkt war. Jener Kläger konnte körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten und geistig einfache Arbeiten (ohne hohe Anforderungen an das Intelligenzniveau) mit nur geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit und Verantwortungsbewusstsein in freien und in geschlossenen Räumen, jedoch ohne Arbeit unter besonderem Zeitdruck, wie z. B. Akkordarbeit, ohne Kontakt mit hautreizenden Stoffen und mit grober Verschmutzung und ohne Feuchtarbeit verrichten. Dieses Leistungsvermögen steht ebenfalls einer Tätigkeit eines Versandfertigmachers nach der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 14. Januar 2005 nicht entgegen. Im Übrigen folgt daraus jedoch nichts Neues, denn dass sich das Belastungsprofil eines Versandfertigmachers in körperlicher oder geistiger Hinsicht zwischenzeitlich verändert haben könnte, insbesondere stärkere oder höhere Anforderungen gestellt werden, wird in dieser neuen berufskundlichen Stellungnahme gerade verneint.
Schließlich wird in der weiteren berufskundlichen Stellungnahme des ML vom 13. Oktober 2008 daran weiter festgehalten.
Die Arbeitsbedingungen einer Bürohilfskraft sind nach der BIK BO 784 wie folgt beschrieben: Körperlich leichte Arbeit in geschlossenen Räumen, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen, zum Teil Zwangshaltungen, zum Teil Umgang mit Bürokommunikationsmitteln, zum Teil Publikumsverkehr, genaue, systematische und zuverlässige Arbeitsweise, Ordnungssinn, Konzentrationsfähigkeit, Anpassungs- und Kooperationsfähigkeit. Der Auskunft des Arbeitsamtes Frankfurt (Oder) vom 11. November 1999 ist daneben zu entnehmen, dass im Bereich der Poststelle ein Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen je nach Bedarf und Möglichkeit des Beschäftigten in Frage kommt und es dort nicht zu irgendeiner Art von Zwangshaltung kommt.
Die bei der Klägerin bestehenden Leistungseinschränkungen lassen sich mit dem Belastungsprofil einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle in Einklang bringen. Wenn die Sachverständigen Dr. H und Dr. M somit zu der Einschätzung gelangt sind, die Klägerin könne die genannten Berufe mindestens 6 Stunden täglich ausüben, ist dies, weil sie das berufskundliche Anforderungsprofil nicht verkannt haben, schlüssig und bewegt sich im Rahmen des einem Arzt einzuräumenden Beurteilungsspielraumes, so dass sich der Senat deren Bewertung zu eigen machen kann. Nichts anderes folgt aus den Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. A, wenn die von diesen Sachverständigen genannten Leistungseinschränkungen mit dem oben aufgezeigten Leistungsprofil einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle abgeglichen werden.
Die von dem Sachverständigen Dr. H für erforderlich gehaltene Erreichbarkeit einer Toilette innerhalb von 3 Gehminuten nach Einsetzen des Harndranges oder Arbeitsunterbrechungen zum Aufsuchen einer Toilette durchschnittlich einmal stündlich stehen den Tätigkeiten einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle nicht entgegen. Es handelt sich nicht um betriebsunübliche Sachverhalte, die zur Verschlossenheit des Arbeitsmarktes führen.
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Verordnung über Arbeitsstätten vom 12. August 2004 (BGBl I 2004, 2179), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I 2008, 2768) ArbStättV , hat der Arbeitgeber Toilettenräume bereit zu stellen. Diese müssen sich nach Ziffer 4.1 Abs. 1 Satz 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 1 ArbStättV sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Wird davon ausgegangen, dass bei uneingeschränktem Gehvermögen 500 m in einer Gehzeit von 7,5 Minuten zurückgelegt werden können (so jedenfalls BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90, abgedruckt in SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10), können in 3 Minuten ca. 200 m bewältigt werden. Der Senat geht unter Anlegung eines generalisierenden Maßstabes davon aus, dass bei einer solchen Entfernung nicht mehr der Begriff "in der Nähe" erfüllt wird. Mithin ist vorliegend gewahrt, dass die Klägerin innerhalb von 3 Gehminuten eine Toilette erreichen kann.
Eine Miktionshäufigkeit von einmal stündlich begründet, mit den Ausführungen in der berufskundlichen Aussage des M L vom 14. Juni 2009, die vergleichsweise herangezogen werden, keine betriebsunübliche Unterbrechung.
Darin ist Folgendes ausgeführt: Das häufige Aufsuchen einer Toilette, mindestens 10 Mal täglich während eines achtstündigen Arbeitstages im Abstand von 50 Minuten, wobei ggf. in einem nicht näher bestimmbaren Zeitraum bzw. nicht näher bestimmbaren Häufigkeit dies auch vor Ablauf von 50 Minuten erforderlich sein kann, führt nicht zu unüblichen Abläufen am Arbeitsplatz insbesondere eines Versandfertigmachers. Vielmehr stehen solche Arbeitsunterbrechungen noch mit den üblichen so genannten Rüst- und Verteilzeiten im Einklang. Dabei sind Verteilzeiten Zeitanteile, die unregelmäßig auftreten und nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet werden, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden und deshalb bei der Ermittlung des Personalbedarfs, der Kapazität oder des Auslastungsgrades berücksichtigt werden. Nach der berufskundlichen Aussage des ML werden zwei Arten von Verteilzeiten unterschieden, die sachliche Verteilzeit (z. B. Einrichten und Aufräumen des Arbeitsplatzes, Vorbereitung technischer Arbeitsmittel, arbeitsbedingte Gespräche), die nach allgemeiner Erfahrung etwa 5 v. H. der Arbeitszeit ausmacht, und die persönliche Verteilzeit mit einem Anteil von ca. 10 v. H. der Arbeitszeit, zu der die Frühstückspause, Toilettenbesuche, Besprechungen und Rücksprachen in persönlichen Angelegenheiten, Erholungs- und Entspannungszeiten und ähnliches rechnen. Diese Verteilzeiten werden häufig pauschal mit 15 v. H. der Arbeitszeit zusammengefasst. Wird der übliche Arbeitsablauf betrachtet, ergibt sich in aller Regel im Verlauf des Vormittags eine Pause von 15 Minuten, eine Mittagspause und nicht selten ist auch eine kurze Nachmittagspause betrieblich vereinbart bzw. wird häufig toleriert. Neben der üblichen Frequenz des Wasserlassens während der Arbeit (etwa drei- bis viermal) sowie der Nutzung regelmäßiger Pausen für einen Toilettenbesuch (zweimal evtl. auch dreimal), ergaben sich für den dortigen Kläger weitere Toilettenbesuche in einer Größenordnung von etwa drei- bis fünfmal. Die Anzahl dieser zusätzlichen Unterbrechungen sowie die jeweils benötigte übliche Zeit erreichen nicht das Ausmaß eines betriebsunüblichen Ablaufes, so dass sie noch mit der zugestandenen persönlichen Verteilzeit abgedeckt ist. Es kommt hinzu, dass es sich bei den Arbeiten eines Versandfertigmachers um einen Einzelarbeitsplatz handelt, so dass eigene Arbeitsunterbrechungen sich nicht störend auf den Gesamtarbeitsablauf auswirken oder die Einzelarbeitsverrichtungen anderer Arbeitnehmer beeinflusst werden. Es ist daher nachvollziehbar, wenn nach der berufskundlichen Aussage des M L die in jenem Fall für erforderlich gehaltenen Arbeitsunterbrechungen zum Aufsuchen einer Toilette als nicht hinderlich für die Ausübung einer solchen (noch einer anderen an einem Einzelarbeitsplatz auszuübenden) Berufstätigkeit bewertet hat.
Die Klägerin ist auch nicht gehindert, entsprechende Arbeitsplätze aufzusuchen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 56; BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10) gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, denn eine Tätigkeit zum Zwecke des Gelderwerbs ist regelmäßig nur außerhalb der Wohnung möglich. Hinsichtlich der Bestimmung der erforderlichen Fußwegstrecke wird hierbei ein generalisierender Maßstab angesetzt und danach generell die Fähigkeit des Versicherten für erforderlich gehalten, Entfernungen, gegebenenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln (zum Beispiel Gehstützen, orthopädischen Schuhen, Einlagen, Abrollhilfen), von über 500 m zu Fuß viermal arbeitstäglich zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen. Zudem wird gefordert, dass die Strecke von mehr als 500 m in wenigstens 20 Minuten zurückgelegt werden kann.
Aus keinem Gutachten ergibt sich, dass die Klägerin außerstande wäre, solche Fußwege zurückzulegen oder öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Nach dem Sachverständigen Dr. H kann die Klägerin wegen der genannten Miktionshäufigkeit eine einfache Wegstrecke über 60 Minuten zurücklegen. Nach dem Sachverständigen Dr. M bestehen objektive Einschränkungen der Wegefähigkeit psychiatrischerseits nicht.
Berufsunfähigkeit und teilweise Erwerbsminderung scheiden damit aus, so dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht zu gewähren ist.
Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung steht ebenfalls nicht zu.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei dem bereits dargelegten Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich liegen diese Voraussetzungen, die noch weitergehende Leistungseinschränkungen als bei der teilweisen Erwerbsminderung erfordern, nicht vor.
Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung.
Die im Dezember 1950 geborene Klägerin war nach einer abgebrochenen Ausbildung als Verkäuferin (April 1966 bis 1968), Seniorenbetreuerin (1971 bis 1972), Kraftfahrerin Apothekenbelieferung (1973 bis Januar 1982) und nach einer erfolgreich abgeschlossenen Umschulung (März 1982 bis Januar 1984) zur Floristin (Prüfungszeugnis der Industrie- und Handelskammer zu Berlin vom 18. Januar 1984) nach ihren Angaben von April 1984 bis Februar 1985 als Floristin beschäftigt. Danach arbeitete sie als Kraftfahrerin (März 1985 bis Dezember 1985), Bäckereiverkäuferin (Dezember 1985 bis Oktober 1986), befristet erneut als Bäckereiverkäuferin (Oktober 1986 bis November 1986), Kraftfahrerin (November 1986 bis Juli 1987), Schreibkraft (August 1987 bis Dezember 1987), als Angestellte im Schreibdienst (Januar bis Juli 1990, anschließend befristet weiter bis Oktober 1990) sowie jeweils befristet als Reinigerin (September 1992 bis Februar 1993), Angestellte im Schreibdienst (März 1993 bis Mai 1994) und Arbeiterin (Mai 1994 bis Dezember 1995). Zuletzt war sie im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) als Seniorenbetreuerin tätig (Juli 2000 bis Juli 2001).
Im Februar 2002 beantragte die Klägerin wegen Wirbelsäulenbeschwerden, Depressionen und Zystitis Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog verschiedene ärztliche Unterlagen, u. a. das Arbeitsamtsgutachten des Dr. R vom 05. März 2002, bei und holte die Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. T vom 04. Juni 2002 und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie W vom 24. Juni 2002 ein.
Mit Bescheid vom 07. August 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Trotz einer behandlungsfähigen depressiven Episode sei die Klägerin in der Lage, sowohl im bisherigen Beruf als Raumpflegerin als auch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Auf den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin unter Vorlage von ärztlichen Attesten geltend machte, weder orthopädisch noch urologisch untersucht worden zu sein, veranlasste die Beklagte die Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Chirurgie und Handchirurgie Dr. W vom 13. November 2002 und des Facharztes für Urologie und Sozialmedizin Dr. P vom 23. Dezember 2002.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die Klägerin könne mindestens 6 Stunden täglich leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Besteigen von Leitern, ohne häufiges Hocken und Knien sowie ohne Nachtschichtarbeiten verrichten. Aus den zusätzlich eingeholten orthopädischen und urologischen Gutachten ergäben sich keine weiteren Befunde, die zu einer Änderung der bereits getroffenen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung führten. Damit könne die Klägerin auch in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Seniorenbetreuerin erwerbstätig sein.
Dagegen hat die Klägerin am 22. April 2003 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Sie hat darauf hingewiesen, von Beruf Floristin zu sein. Sie könne keiner Tätigkeit mehr nachgehen. Nach dem orthopädischen Gutachten vom 13. November 2002 sei eine Leistungsfähigkeit für den Beruf der Raumpflegerin nicht mehr gegeben. Darüber hinaus sei sie qualitativ erheblich durch die vorhandene Reizblase beeinträchtigt. Im urologischen Gutachten vom 23. Dezember 2002 sei niedergelegt, sie habe eine Miktionsfrequenz tagsüber mit 5 bis 6 Mal und nachts mit 4 bis 6 Mal angegeben. Tatsächlich habe sie jedoch schon während der 1 bis 1 ¼ stündigen Begutachtung 3 bis 4 Mal Urin lassen müssen. Der Gutachter habe darüber hinaus 10 ml Restharn festgestellt. Der maximale Zeitraum zwischen den Toilettengängen betrage 25 Minuten. Um das tatsächliche Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung feststellen zu können, sei ein urologisches Gutachten nötig. Vor allem aber sei das Leistungsvermögen aufgrund ihrer psychischen Leiden aufgehoben. Wegen der jetzt schweren Depression bedürfe es eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. Schließlich sei sie aufgrund des Knieleidens in ihrer Gehfähigkeit stark beeinträchtigt, so dass sie wegen Schmerzzuständen 2 bis 3 Mal in der Woche außerstande sei, das Haus ohne Gehstütze zu verlassen. Zusätzlich bestünden schlechte Blutwerte. Die Klägerin hat mehrere ärztliche Atteste vorgelegt.
Das Sozialgericht hat die Befundberichte der Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W vom 29. Juli 2003, des Facharztes für Urologie Dr. B S vom 31. Juli 2003, der Fachärztin für Allgemeinmedizin I vom 01. August 2003, des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 22. August 2003 und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W vom 19.August 2003 eingeholt sowie Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K vom 01. Juni 2004. Außerdem hat die Beklagte den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004 über eine vom 21. Januar bis 03. März 2004 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme übersandt.
Die Klägerin hat unter Hinweis auf weitere beigefügte ärztliche Atteste vorgetragen, nach Meinung der behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W seien im Gutachten nicht alle leistungseinschränkenden Faktoren erhoben worden. Insbesondere bestehe eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit, da einerseits eine psychogene Gehstörung bestehe, andererseits Angstzustände vorhanden seien, aufgrund derer die Klägerin das Haus nicht allein verlassen könne. Außerdem führten bereits Situationen, in denen sich die Klägerin in einer kleineren Gruppe von 4 bis 6 Menschen gegenübersehe, zu Überforderung.
Das Sozialgericht hat weiteren Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A vom 30. Mai 2005.
Die Klägerin hat unter Hinweis auf ein weiteres Attest der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W vom 26. Juli 2005 darauf hingewiesen, dass nach deren Stellungnahme sich ihr massives Vermeidehalten hinsichtlich jeglicher Konfrontation mit ihrer Umwelt mittlerweile verfestigt habe. Sie verfüge über wenig Kompensationsmöglichkeiten.
Das Sozialgericht hat den Sachverständigen Dr. A ergänzend gehört (Stellungnahme vom 29. September 2005).
Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht gewesen, das Gutachten des Sachverständigen Dr. A sei nicht überzeugend. Es scheine nicht nachvollziehbar, wie sie, die sich seit Jahren scheue, ohne Begleitung aus dem Haus zu kommen, ihre Arbeitsstelle erreichen, geschweige denn eine vollschichtige Tätigkeit ausüben solle.
Mit Urteil vom 10. April 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Klägerin könne noch 6 Stunden täglich nicht nur auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern auch in den Berufen als Bürokraft und Verkäuferin, nicht allerdings als Reinigungskraft, tätig sein. Da sie nur als Floristin eine Lehre durchlaufen und diese Beschäftigung nur ein einziges Jahr ausgeübt habe, könne sie für die übrigen Beschäftigungen keinen Berufsschutz für sich in Anspruch nehmen. Sowohl die Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. A als auch alle anderen Gutachter hätten ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr täglich beurteilt. In ihrer Wegefähigkeit sei die Klägerin nicht eingeschränkt.
Gegen das ihren früheren Prozessbevollmächtigten am 01. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. Juni 2006 eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie meint, die Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. A seien nicht überzeugend. Es lägen Anhaltspunkte für einen "Summierungsfall" vor. Die Wegefähigkeit sei nicht mehr gegeben. Die Klägerin besitze zwar ein Kraftfahrzeug, könne jedoch dieses aufgrund der Gehbehinderung, der Bewegungseinschränkung und der Angstattacken nicht mehr benutzen. Sie werde auf der Straße ständig von einer helfenden Person begleitet. Das Blasenleiden mit häufig wiederkehrenden Infektionen und Harninkontinenz, verbunden mit Dranginkontinenz, würde ein ständiges Arbeiten neben einer Toilette erfordern. Die Klägerin leide zudem an Kopfschmerzen und Sehstörungen. Es sei schließlich keine Gesamteinschätzung ihres Leistungsvermögens durch einen Allgemeinmediziner – Sozialmediziner – erfolgt, obwohl sich eine Leistungslimitierung aus mindestens vier Fachdisziplinen (Urologie/Gynäkologie, Orthopädie, Neurologie/Psychiatrie) ergäbe. Die Tätigkeit einer Floristin sei aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden. Die Klägerin hat verschiedene ärztliche Atteste und weitere ärztliche Unterlagen, insbesondere die Behandlungsunterlagen des Klinikums Steglitz zur Behandlung von April bis Juni 1978, vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. April 2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren und die höhere Rente zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es seien keinerlei Befunde aus den Jahren 1985/1986 vorhanden, welche eine Lösung vom Beruf der Floristin aus gesundheitlichen Gründen belegten. Die danach ausgeübte Tätigkeit einer Raumpflegerin dürfte, verbunden mit Feuchtigkeit und Kälte, mindestens ebenso anstrengend gewesen sein.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Senat hat Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Urologie Dr. H vom 16. Mai 2007.
Die Klägerin meint, es liege eine ungewöhnliche Leistungseinschränkung vor, da der Sachverständige bestätigt habe, dass sie in der Nähe einer Toilette arbeiten müsse. Sie müsse im Durchschnitt zweimal stündlich aufgrund der Dranginkontinenz eine Toilette aufsuchen. Während der gutachterlichen Untersuchung sei sie bei mehrfachem Arztwechsel ca. 6 Mal auf der Toilette gewesen. Seit Dezember 2001 habe sie einen Generalschlüssel für die City-Toiletten der H AG. Sie plane nach vorheriger Ermittlung der Toilettenhäuser ihre Wege. Den Beruf als Floristin habe sie auf Anraten ihres damaligen zwischenzeitlich wohl verstorbenen Hausarztes Dr. P aufgegeben. Sie hat das Attest des Facharztes für Urologie Dr. BS vom 27. Juni 2007 vorgelegt.
Der Senat hat den Sachverständigen Dr. H ergänzend gehört (Stellungnahme vom 11. Juli 2007).
Die Klägerin räumt ein, zutreffender Weise liege keine halbstündige, sondern eine stündliche Miktionsfrequenz vor, wobei sich die Frequenz unter üblichen Arbeitsmarktbedingungen erhöhe. Auf eine Inkontinenz und das Tragen von Vorlagen komme es nicht an, weil es sich um einen unwiderstehlichen Harndrang handele, der ein sofortiges Aufsuchen der Toilette erforderlich mache. Stündliche Unterbrechungen der Arbeitsleistung würden arbeitgeberseits nicht hingenommen. Dies werde ein berufskundliches Gutachten beweisen.
Nach Ansicht der Beklagten sei das Fassungsvermögen der Blase nicht wesentlich eingeschränkt. Ein Anhalt für eine Stressinkontinenz bestehe nicht. Es reiche aus, wenn eine Toilette, wie für jeden anderen Arbeitnehmer auch, jederzeit erreichbar sei. Von einem notwendigen Toilettengang zweimal pro Stunde sei nicht auszugehen.
Der Senat hat den Sachverständigen Dr. H ergänzend gehört (Stellungnahme vom 30. November 2007) und die Auskünfte der Firma Blumen R vom (Eingang) 15. Januar 2008 nebst Kündigungsschreiben der Klägerin vom 15. Februar 1985, der J GmbH für Parkbetreuung und soziale Dienstleistungen vom 29. Januar 2008, des Polizeipräsidenten in Berlin vom 19. Februar 2008 und 10. März 2008 und des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 04. Juli 2008 eingeholt.
Zwischenzeitlich liegt nach Vorbringen der Klägerin ein vollständiger sozialer Rückzug vor. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. A entspreche nicht den Standards für Gutachten auf dem Gebiet der psychotherapeutischen Medizin/Psychotherapie. Dieses Gutachten sei zudem inzwischen veraltet. Nach den vorliegenden Unterlagen dürfe die Klägerin zumindest nicht auf so genannte "Primitivarbeiten" verwiesen werden, so dass in jedem Fall eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen sei. Ärztliche Unterlagen bezogen auf die Tätigkeit als Floristin im Jahr 1985 könnten nicht vorgelegt werden. Die Klägerin hat das Schreiben ihres Vaters G S vom 13. Juni 2008 übersandt.
Der Senat hat die Befundberichte der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W vom 12. Mai 2009, des Facharztes für Urologie Dr. BS vom 29. Juli 2009 und der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 03. August 2009 eingeholt, Auszüge aus den Berufsinformationskarten zur Stenotypistin/Schreibkraft (BO 782), Pförtner (BO 793), Versandfertigmacher (BO 522) und Bürohilfskraft (BO 784) sowie Kopien der berufskundlichen Stellungnahmen des ML vom 14. Februar 2000 und 13. Oktober 2008 zum Pförtner, vom 01./24. November 2002, 14. Januar 2005 und 13. Oktober 2008 zum Versandfertigmacher sowie die Auskunft des Arbeitsamtes Frankfurt (Oder) vom 01. November 1999 zur Bürohilfskraft, außerdem Auszüge aus dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) beigezogen, den Sachverständigen Dr. H ergänzend gehört (Stellungnahme vom 06. November 2009), weiter Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M vom 14. Februar 2010 nebst ergänzender Stellungnahme vom 23. März 2010 und Kopie der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 20. Mai 2009 beigezogen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme, der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagen (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 07. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2003 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, denn ihr Leistungsvermögen ist nicht in rentenrechtlich erheblicher Weise herabgesunken. Die Klägerin ist nicht einmal teilweise erwerbsgemindert, insbesondere nicht berufsunfähig.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und weitere - beitragsbezogene - Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die
1. vor dem 02. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI).
Berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI).
Die Klägerin ist hiernach nicht teilweise erwerbsgemindert, insbesondere nicht berufsunfähig. Dabei kann dahinstehen, ob sie noch in ihrem Hauptberuf als Angestellte im Schreibdienst tätig sein kann.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130 zur insoweit wortgleichen, bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI). Allerdings bleibt eine frühere versicherungspflichtige Beschäftigung maßgeblicher Beruf, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (vgl. BSGE 2, 181, 187; BSG SozR RVO § 1246 Nrn. 33, 57 und 94; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158 zur insoweit wortgleichen, bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI).
Der Beruf einer Angestellten im Schreibdienst, den sie nach der Auskunft des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 04. Juli 2008 (unbefristet) vom 15. Januar 1990 bis 14. Juli 1990 ausübte, ist hiernach maßgebender Beruf.
Es handelt sich zwar nicht um die qualitativ höchste Beschäftigung. Nach dem von ihr vorgelegten Umschulungsvertrag zwischen dem Arbeitsamt II Berlin (West) und der F GmbH als Umschulungsträger vom 30. März 1982 wurde die Klägerin vom 01. März 1982 bis 27. Januar 1984 zur Floristin, nach dem Prüfungszeugnis der Industrie- und Handelskammer zu Berlin vom 18. Januar 1984 erfolgreich umgeschult. Es ist jedoch nicht bewiesen, dass sie den Beruf einer Floristin, den sie nach ihren Angaben von April 1984 bis nach ihrem Kündigungsschreiben vom 15. Februar 1985 zum 28. Februar 1985 ausübte, aus gesundheitlichen Gründen beenden musste. Ärztliche Unterlagen hat sie nicht vorlegen können. Sie hat dazu mitgeteilt, von der Ärztekammer Berlin die Auskunft erhalten zu haben, dass die Behandlungsunterlagen des Dr. P sicherlich vernichtet worden seien. Auf das Fehlen von ärztlichen Befunden hat auch der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten hingewiesen. Ob die Abwendung vom Beruf der Floristin wegen "Blasenschwäche" im Februar 1985 erforderlich war, lässt sich mithin nicht (anhand objektiver medizinischer Befunde) beweisen. Angesichts dessen kann offen bleiben, ob die Klägerin überhaupt von April 1984 bis Februar 1985 qualifikationsgerecht als Floristin beschäftigt war. Weder hat sie dazu einen Arbeitsvertrag vorlegen können noch hat die Firma Blumen R in der Auskunft vom 15. Januar 2008 wegen des nicht mehr Vorhandenseins der Geschäftsunterlagen – mit Ausnahme der bereits genannten Kündigung der Klägerin vom 15. Februar 1985 – irgendwelche Angaben zum Arbeitsverhältnis machen können.
Beim Beruf der Angestellten im Schreibdienst handelt es sich zwar auch nicht um die letzte ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung. Die nach dem 14. Juli 1990 verrichteten Tätigkeiten scheiden jedoch bei der Bestimmung des maßgebenden Berufes deshalb aus, weil diese als ABM (Seniorenbetreuerin von Juli 2000 bis Juli 2001 nach der Auskunft der J GmbH für Parkbetreuung und soziale Dienstleistungen vom 29. Januar 2008) oder aus anderen Gründen (Angestellte im Schreibdienst nach BAT IX b von Juli bis Oktober 1990, Auskunft des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 04. Juli 2008; Reinigerin von September 1992 bis Februar 1993, Angestellte im Schreibdienst März 1993 bis Mai 1994 und Arbeiterin von Mai 1994 bis Dezember 1995, Auskünfte des Polizeipräsidenten in Berlin vom 19. Februar 2008 und 10. März 2008) von vornherein befristet waren. Es lagen deswegen nur vorübergehende Tätigkeiten vor, die somit nicht den maßgeblichen, auf Dauer ausgerichteten Beruf darstellen (vgl. speziell zu Beschäftigungen im Rahmen von ABM: BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130).
Selbst wenn die Klägerin nicht mehr als Angestellte im Schreibdienst arbeiten kann, folgt daraus keine Berufsunfähigkeit.
Sie ist jedenfalls in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt insbesondere als Versandfertigmacherin und als Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Die genannten Berufe sind ihr ausgehend von der Tätigkeit einer Angestellten im Schreibdienst zumutbar.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (vgl. dazu BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N. zur insoweit wortgleichen, bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschrift des § 43 Abs. 2 SGB VI). Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschemas werden die Angestelltenberufe in fünf Gruppen eingeteilt, nämlich die mit dem Leitberuf der unausgebildeten Angestellten, der Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren, der Angestellten mit einer längeren Ausbildung, der Angestellten, für die über eine längere, durchschnittlich dreijährige Ausbildung hinaus zusätzliche Zugangsvoraussetzungen wie etwa die Ablegung einer Meisterprüfung, der erfolgreiche Besuch einer Fachschule oder das abgeschlossene Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule erforderlich sind, sowie der Angestellten, die mit ihrem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb oder in der Nähe unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 1). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden. Die Stufe des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren wird, da es sich um eine vielschichtige und inhomogene Gruppe handelt, in einen oberen Bereich (mit einer Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und einen unteren Bereich (mit einer Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwölf Monaten) unterteilt (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45). Dem Angestellten, der innerhalb seiner Gruppe dem oberen Bereich angehört, ist mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen, denn einem solchen Angestellten sind nur Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar, die sich hieraus durch Qualitätsmerkmale, z. B. durch das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder durch die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse, herausheben (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45).
Davon ausgehend ist die Tätigkeit einer Angestellten im Schreibdienst höchstens der Gruppe mit dem Leitberuf der Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren des oberen Bereiches zuzuordnen.
Nach der Auskunft des Landesverwaltungsamtes Berlin vom 04. Juli 2008 war die Klägerin als Angestellte im Schreibdienst in Vergütungsgruppe VIII Ziffer 4 des Abschnitts N. Angestellte im Schreib- und Fernschreibdienst Unterabschnitt I Angestellte im Schreibdienst eingruppiert. Diese Vergütungsgruppe ist wie folgt definiert: Stenotypistinnen, Phonotypistinnen und Maschinenschreiberinnen mit schwierigerer Tätigkeit (z. B. Aufnehmen, Übertragen von Texten mit zahlreichen chemischen oder mathematischen Formeln oder wissenschaftlichen Fachausdrücken oder fremdsprachigen Einmischungen; selbständiges Abfassen kurzer Schriftstücke nach Ansage). Nach dieser Auskunft waren ihr Phonodiktate und sonstige Schreibmaschinenarbeiten (Phonotypistin mit schwieriger Tätigkeit) übertragen. Eine Ausbildung oder eine Anlernzeit waren danach weder für die Klägerin noch für eine völlig ungelernte und branchenfremde Kraft erforderlich. Ob die Klägerin nicht über eine entsprechende Ausbildung zur Phonotypistin verfügt, die nach der BIK BO 782 je nach Bildungsziel bzw. Einrichtung für Stenotypistin und Phonotypistin, geprüfte Sekretäre, Fernsprachensekretäre, Fremdsprachenkonturisten, Euro-Fremdsprachensekretäre und Europa-Sekretäre zwischen 4 Wochen bis 3 Jahren betragen kann, kann angesichts ihrer tarifvertraglichen Eingruppierung offen bleiben. Wie der Auskunft des Polizeipräsidenten in Berlin vom 19. Februar 2008 zu entnehmen ist, legte die Klägerin die Prüfung für Maschinenschreiberinnen jedenfalls erst später, nämlich im April 1993 ab, weswegen ihr seit Mai 1993 eine Funktionszulage gewährt wurde. Nach dem beigezogenen Auszug aus dem BAT werden Angestellte im Schreibdienst beginnend mit der niedrigsten Vergütungsgruppe IX b und aufsteigend in Vergütungsgruppe VIII, Vergütungsgruppe VII bis in die höchste Vergütungsgruppe VI b eingestuft. Bei der Vergütungsgruppe VIII handelt es sich um eine Gehaltsgruppe der Angelernten, in die Facharbeiter verwiesen werden können (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17).
Für die Klägerin kommen als Angelernte (mit dem Leitberuf der Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren) damit als sozial zumutbar die Tätigkeit einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft in der Poststelle in Betracht.
Zu den Aufgaben eines Versandfertigmachers gehören nach der BIK BO 522 das Aufmachen von Fertigerzeugnissen zur Verschönerung oder Aufbesserung des Aussehens sowie das Kennzeichnen und Fertigmachen von Waren für den Versand in verschiedenen Branchen und bei unterschiedlichen Produkten. Im Einzelnen sind dort, wie auch in der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 01. November 2002, als Einzeltätigkeiten genannt: Bekleben, Bemalen, Blankreiben, Einfetten, Einhüllen, Auf- oder Einnähen; Zurichten von Textilien, Ausformen von Wirk- und Strickwaren, Handschuhen oder Strümpfen, Dressieren von Stoffen, Bügeln von Hüten oder Lederwaren, Einziehen von Schnürsenkeln; Kennzeichnen von Waren durch Banderolieren, Etikettieren, Stempeln, Bekleben, Heften, Anbringen von Abziehbildern, Ein- oder Annähen von Warenzeichen oder Etiketten von Hand oder mit der Maschine; Abzählen, Abmessen oder Abwiegen von Waren und Erzeugnissen; manuelles und maschinelles Abpacken und Abfüllen in Papp- oder Holzschachteln, Kisten, Fässer, Säcke oder sonstige Behälter; Verschließen von Behältnissen sowie Anbringen von Kennzeichen oder anderen Hinweisen an Waren oder Behältnissen. Diese Tätigkeiten setzen nach der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 01. November 2002 bestimmte berufliche Vorkenntnisse nicht voraus. Es handelt sich um einfache Routinearbeiten, auf die durch eine aufgabenbezogene Einweisung in wenigen Tagen vorbereitet wird. Der Umfang der Vorbereitung sei abhängig vom übertragenen Arbeitsinhalt, dauere in jedem Fall aber deutlich unter drei Monate. Es kann dahinstehen, ob eine Einweisung von wenigen Tagen bereits ausreichend ist, um diese Tätigkeit nicht zu den aller einfachsten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu rechnen. In der ergänzenden berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 24. November 2002 ist diesbezüglich jedenfalls klargestellt, dass es auch Tätigkeiten eines Versandfertigmachers gibt, die eine Einarbeitung von mehr als wenigen Tagen bis zu zwei Wochen erfordern. Insoweit sind die jeweils unterschiedlichen inhaltlichen Anforderungen maßgebend. Werden nur wenige Teile zusammengebracht und eingepackt (zum Beispiel Gebrauchsanweisungen, Produkthinweise, Handbücher und CD-Rom), ergibt sich an diesem Arbeitsplatz eine nur kurze Einweisungszeit, weil kein Wechsel der inhaltlichen Anforderungen stattfindet. Werden hingegen an einem Arbeitsplatz für eine gesamte Produktpalette mit ständig wechselnder Anzahl und in unterschiedlicher Zusammensetzung Beschreibungen zusammengestellt, dauert die Einweisung länger, weil die Gefahr einer falschen Zusammenstellung deutlich größer ist. Es müssen für letztgenannte Tätigkeit, so nach dieser berufskundlichen Stellungnahme, Ablaufformen und systematische Vorgehensweisen vermittelt werden, die anhand von Plausibilitäten während der Arbeitsverrichtung überprüft werden. Mit dieser Begründung ist nachvollziehbar, dass die genannte Tätigkeit eines Versandfertigmachers eine Einarbeitungszeit erfordert, die sie von den sonstigen ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes abhebt und die deswegen sozial zumutbar ist.
Dies folgt im Übrigen auch aus Tarifverträgen, die der berufskundlichen Stellungnahme des ML vom 01. November 2002 beigefügt waren. Nach dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag für den Groß-, Ein- und Ausfuhrhandel in Schleswig-Holstein werden von Lohngruppe 1 Hilfstätigkeiten, die Vorkenntnisse nicht erfordern und jederzeit von anderen Beschäftigten ausgeführt werden können (wie zum Beispiel Lagerhilfe, Küchenhilfe) eingestuft, während zur Lohngruppe 2 Tätigkeiten rechnen, die ohne Vorkenntnisse nach Einweisung ausgeführt werden, wie zum Beispiel das Auspacken, Abpacken und Sortieren, wie es bei einem Versandfertigmacher anfällt. Dieselbe Unterscheidung wird auch im Gehalts- und Lohntarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Mecklenburg-Vorpommern vorgenommen. Wird eine bestimmte Tätigkeit jedoch nicht von der untersten Lohngruppe erfasst, so hebt sie sich dadurch, dass sie zu einer höheren Lohngruppe gehört, von den sonstigen ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ab. Aus der beigezogenen berufskundlichen Literatur (BIK BO 784) ergibt sich, dass Bürohilfskräfte unter anderem in der Poststelle und der Registratur Verwendung finden. Im Bereich der Poststelle sind sie mit dem Öffnen und Auszeichnen (Verteilen) der eingehenden Post sowie dem Kuvertieren beziehungsweise Verpacken und Frankieren der ausgehenden Post beschäftigt. In der Registratur fallen Arbeiten wie Sortieren und Ablegen von Schriftgut aller Art und Anlegen und Beschriften von Akten an. Diese Tätigkeiten setzen keine beziehungsweise nur geringe Vorkenntnisse voraus, erfordern üblicherweise jedoch eine Einarbeitung beziehungsweise Anlernung und heben sich insoweit von den sonstigen ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ab. Sie sind damit sozial zumutbar.
Den Berufen einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle ist die Klägerin gesundheitlich gewachsen.
Dies folgt aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. H, Prof. Dr. K, Dr. A und Dr. M.
Nach Dr. H bestehen ein Overactive bladder, eine diskrete Trigonumcystitis und als außerurologische Gesundheitsstörungen eine ängstlich-dependente Persönlichkeit, eine Neurasthenie, ein Diabetes mellitus, eine Adipositas ersten Grades, eine Hypothyreose, ein Nikotinabusus und eine Meniskopathie zweiten Grades links.
Beim Overactive bladder handelt es sich nach diesem Sachverständigen um einen Symptomenkomplex aus Pollakisurie (über 8 Mal täglich), Nykturie (über 2 Mal nächtlich) und imperativen Harndrang bis hin zur Dranginkontinenz. Diese Diagnose ist eine ausschließlich symptomatische Diagnose mit der Urge-Komponente als Leitsymptom. Eine Dranginkontinenz liegt allerdings, wie dieser Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. Juli 2007 schon klargestellt hat, nicht vor. Die Overactive bladder stellt sich als so genannte "trockene" Overactive bladder dar, das heißt, als hypersensitive Blasensensorik im Sinne einer sensorischen Urge ohne Nachweis einer motorischen Komponente (motorische Urge). Dies hat der Sachverständige daraus abgeleitet, dass sich eine Detrusorüberaktivität mit gleichzeitig unzureichender Sphinkerantwort als Voraussetzung für einen unwillkürlichen Urinverlust nicht hat feststellen lassen. Bei Patienten mit einer "trockenen" Overactive bladder kommt es bei Blasenfüllungsvolumina von üblicherweise weniger als 200 ml zu starkem, überfallsartigen Harndrang, der eine sofortige Entleerung der Blase verlangt. Daraus resultiert eine gehäufte Miktionsfrequenz tagsüber und nachts (vgl. insbesondere seine ergänzende Stellungnahme vom 06. November 2009). Bei diesem Krankheitsbild ist nach seiner weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 30. November 2007 ein Aufenthalt unmittelbar in der Nähe einer Toilette nicht angezeigt. Dies ist Betroffenen mit Inkontinenzproblemen vorbehalten. Es ist vielmehr angemessen, dass die Erreichbarkeit einer Toilette innerhalb von drei Gehminuten nach Einsetzen des Harndranges gewährleistet ist.
Eine Harninkontinenz dritten Grades (so die Atteste des Facharztes für Urologie Dr. BS vom 19. Mai 2003, 27. November 2006 und 27. Juni 2007 (vgl. aber auch dessen Befundbericht vom 29. Juli 2009, wonach sich die Drang- und Belastungsinkontinenz in den letzten Jahren von Grad I auf Grad II verschlechtert hat) liegt nach dem Sachverständigen Dr. H hingegen nicht vor, zumal diese terminologisch korrekt als dritten Grades allein der stressbedingten Belastungsinkontinenz vorbehalten bleibt.
Die von diesem Sachverständigen überhaupt erstmals durchgeführte umfangreiche urologische Diagnostik hat das dargelegte Ergebnis belegt.
Danach hat sich bereits bei der körperlichen Untersuchung, nämlich der Exploration im Stehen und in Steinschnittlage unter Stress (Hustenmanöver) nach vorherigem sonografisch ermitteltem Nachweis eines aktuellen Blasenvolumens von 166 ml kein Anhalt für eine Stressinkontinenz gefunden. Es ist gleichfalls während des insgesamt sechsstündigen Aufenthaltes bei keiner Untersuchung eine erhöhte Miktionsfrequenz im Sinne einer Pollakisurie aufgefallen, noch hat eine Untersuchung zwecks Toilettengangs unterbrochen werden müssen. Eine von der Klägerin – insoweit abweichend gegenüber ihren Angaben beim Sachverständigen Dr. H mit mindestens 8 bis 9-maliger Diurie und mindestens 4- bis 5-maliger Nykurie – nach Erstellung des Gutachtens gemachte Angabe einer durchschnittlichen halbstündigen Miktionsfrequenz, von der sie allerdings nach der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 11. Juli 2007 wieder abgerückt ist, hat sich nach dieser ergänzenden Stellungnahme nicht bestätigen lassen, zumal sämtliche invasive urologische Diagnostik zu einer (nur) passageren Pollakisurie geführt hat. Die eingeräumte Miktionsfrequenz von sechsmal in 6 Stunden ist danach mit der gestellten Diagnose vereinbar.
Bei der Uroflowmetrie hat sich die Blase nach Miktion sonografisch restharnfrei dargestellt. Weder die Sonografie der Blase einschließlich beider Nieren noch das Miktionscystrourethrogramm haben einen auffälligen Befund gezeigt. Im Rahmen der Cystomanometrie in Steinschnittlage ist bei kontinuierlicher Infundierung der Harnblase mit einem körperwarmen Füllmedium ein erstes Harndranggefühl bei einem Volumen von 128 ml, ein normaler bzw. subjektiv starker Harndrang bei einem Volumen von 152 ml bzw. 195 ml angegeben worden. Die maximale Blasenkapazität ist bei 238 ml erreicht worden. Während der gesamten Untersuchung ist kein unwillkürlicher Urinverlust eingetreten. Die Detrusoraktivität in der Austreibungsphase ist physiologisch gewesen. Bei einem Miktionsvolumen von 250 ml ist die Blase restharnfrei entleert worden. Bei Durchführung einer Vergleichsuntersuchung unter Verwendung eines 7 Grad kalten Füllmediums hat sich ein erster bzw. normaler Harndrang bereits bei 73 ml bzw. 98 ml sowie ein starker Harndrang bei 144 ml gezeigt. Die maximale Blasenkapazität ist bei 191 ml erreicht worden. Die Blase ist bei unauffälligen Detrusoraktivitäten im Verlauf der Füllungsphase restharnfrei entleert worden bei gleichfalls unauffälliger Austreibungsphase. Der Sachverständige Dr. H hat als Ergebnis dieser Untersuchungen eine mittelgradig hypersensitive Blasensensorik angenommen, wobei das ermittelte Blasenvolumen in Korrelation zum ersten Harndranggefühl durchaus noch als normwertig betrachtet werden kann. Die ermittelte maximale Blasenkapazität von 250 ml entspricht einer eher mittelmäßig hypokapazitären Harnblase, wobei es sich am ehesten um funktionell bedingte Mindervolumina handelt. Bei ansonsten selbst unter Provokation stets stabilem Detrusor und bei der vorhandenen Fähigkeit, die Aktivität des Austreibermuskels während des Wasserlassvorgangs willkürlich zu unterbrechen, entspricht das Volumen der maximalen Blasenkapazität dem des effektiven Fassungsvermögens.
Die durchgeführte Urethrocystoskopie hat eine mäßiggradige inflammatorische Schleimhaut im Bereich des Trigonums im Sinne einer geringgradigen Trigonumcystitis ergeben, die hinsichtlich ihrer klinischen Bedeutung der Overactive bladder unterzuordnen ist.
Im von der Klägerin nach dezidierter Anleitung selbst durchgeführten Miktionstagesprofil über 14 Tage (vom 07. bis 23. Mai 2007) hat die Klägerin nur dokumentiert, wie häufig Urin unwillkürlich tropfenweise abging, ohne allerdings valide Angaben zu Miktionsfrequenz oder –volumen zu vermerken, weswegen der Sachverständige Dr. H eine Auswertung dieses Protokolls als nicht sinnvoll angesehen hat.
Im Übrigen hat dieser Sachverständige festgestellt, dass die Klägerin aggraviert. Bei ungestörtem Gangbild ist die mitgebrachte Unterarmgehstütze zur sicheren Fortbewegung nicht erforderlich gewesen. Hinsichtlich der außerurologischen Gesundheitsstörungen hat der Sachverständige Dr. H im Vergleich zu den Vorgutachten keinen neuen Sachverhalt erheben können. In urologischer Hinsicht sind nach seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 30. November 2007 und 06. November 2009 dem nachfolgenden Attest bzw. den nachfolgenden Befundberichten keine wesentlichen objektiven Befundänderung zu entnehmen. Dies gilt insbesondere deswegen, weil solches auch von dem Facharzt für Urologie Dr. BS in seinem letzten Befundbericht vom 29. Juli 2009 verneint worden ist.
Wenn der Sachverständige Dr. H infolge der vorhandenen Gesundheitsstörungen die Schlussfolgerung gezogen hat, die Klägerin könne noch körperlich leichte bis mittelschwere und geistig leichte Arbeiten bevorzugt in geschlossenen Räumen ohne Feuchtigkeit, Zugluft sowie ohne Arbeiten mit Zwangshaltungen oder einseitiger Belastung, in Wechselschicht, unter besonderem Zeitdruck und mit häufigem Publikumsverkehr bei erreichbarer Toilette in 3 Gehminuten verrichten, ist dies nachvollziehbar. Wie er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06. November 2009 dargelegt hat, kommt es unter als Stress wahrgenommenen Situationen zur Ausbildung bzw. Zunahme des Beschwerdekomplexes, so dass solche Einflüsse vermieden werden müssen. Die von ihm genannten Leistungseinschränkungen tragen diesem Zustand hinreichend Rechnung. Dies gilt auch für den Ausschluss geistig anspruchsvolleren Arbeiten, denn dies kann ebenfalls zu einer Überforderung führen. Nicht zwingend ist, wie in dieser ergänzenden Stellungnahme klargestellt worden ist, hingegen ein Wechsel der Haltungsarten. Demgemäß sind insoweit Leistungseinschränkungen nicht festzustellen. Es ist ebenfalls nachvollziehbar, dass bei der angenommenen Miktionsfrequenz Wegstrecken länger als 60 Minuten nicht zumutbar, solche bis zu diesem Zeitrahmen jedoch, insbesondere nach vorheriger entsprechender Blasenentleerung (vgl. dazu auch die ergänzende Stellungnahme vom 30. November 2007) zumutbar sind.
Nach dem Sachverständigen Prof. Dr. K bestehen eine leichte bis mittelgradige depressive Störung, eine gemischte Persönlichkeitsstörung sowie eine Miktionsstörung und eine Schädigung im Bereich des linken Kniegelenkes und der Menisken.
Ob tatsächlich eine gemischte Persönlichkeitsstörung vorliegt, lässt der Senat offen. Der Sachverständige Dr. M hat gegen diese Diagnose eingewandt, dass sie bisher von keinem Gutachter oder der behandelnden Ärztin mit Hilfe eines strukturierten Interviews verifiziert bzw. validiert wurde. So weist dieser Sachverständige zutreffend darauf hin, dass sich der Sachverständige Prof. Dr. K zu den Kriterien einer solchen Diagnose nicht geäußert hat. Das von dem Sachverständigen Dr. M durchgeführte halbstrukturierte klinische Interview zum DSM IV (SKID II) hat ergeben, dass lediglich selbstunsichere, dependente und zwanghafte Persönlichkeitsanteile festzustellen gewesen sind. Diese Persönlichkeitsanteile sind teilweise auch nur bezogen auf die Vergangenheit erfüllt worden. Da nach Dr. M somit nicht eine ausreichende Anzahl der geforderten Kriterien festzustellen gewesen ist, hat er bei seiner Untersuchung aktuell eine Persönlichkeitsstörung ausgeschlossen. Er hat es jedoch für möglich erachtet, dass eine solche Diagnose früher vorgelegen haben kann. Dies bedarf jedoch keiner weiteren Sachaufklärung, denn zum einen haben alle Sachverständigen des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets insoweit ähnliche Befunde erhoben und zum anderen sind sie ungeachtet der diagnostischen Einordnung dieser Befunde bei der Bewertung des Leistungsvermögens nicht zu unterschiedlichen Beurteilungen gelangt.
Nach dem Sachverständigen Prof. Dr. K kann die Klägerin körperlich leichte und geistig mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten bei Ausschluss eines längeren Stehens, ohne Arbeiten in Hitze, Kälte, Staub, Feuchtigkeit und Zugluft, mit einseitiger körperlicher Belastung, mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und mit Besteigen von Leitern und Gerüsten verrichten. Dies ist insbesondere unter Berücksichtigung der Schädigung im Bereich des linken Kniegelenkes und der Menisken nachvollziehbar.
Zum Tagesablauf befragt hat die Klägerin angegeben, kaum Fernsehen zu schauen und wenig Musik zu hören. Sie müsse viel über die häuslichen Aufgaben grübeln. Sie kümmere sich um ihre Katze. Ihr Vater hole sie häufig von zu Hause ab. Man müsse sie an die Hand nehmen, um Aktivitäten zu entwickeln. Einkaufen gehe sie allein. In neurologischer Hinsicht hat dieser Sachverständige Schmerzen im Bereich des linken Knies bei leicht gemindertem Vibrationsempfinden mit 6 bis 7/8 befundet. In psychischer Hinsicht ist die Stimmung zum Teil gedrückt, der Affekt kaum modulierbar gewesen. Die Klägerin hat einen enttäuschten und schwunglosen Eindruck gemacht. Die Anwesenheit von 6 Personen würde bei ihr Beklemmungen auslösen. Sie habe Angst vor dem Tod ihres Vaters. Zusammenfassend hat der Sachverständige Prof. Dr. K daraus eine Persönlichkeitsstörung mit zum Teil unselbständigen, passiven Anteilen mit einem etwas regressiv oberflächlichem Verhaltensmuster sowie Zeichen einer mangelnden psychischen Belastbarkeit im Sinne einer Neurasthenie bei durchweg depressiv getönter Grundstimmung abgeleitet. Die Defizite seien im Wesentlichen im Bereich der Persönlichkeit und des Charakters, mit verminderten Möglichkeiten den Anforderungen an ihre Person standzuhalten, festzumachen. Die Klägerin sei letztlich der Hilfe der Eltern nicht entwachsen. Die seelische Störung äußert sich in einem allgemeinen Rückzug, Passivität, Entschlusslosigkeit und Antriebslosigkeit. Die Klägerin ist sich dieser Fehlhaltung bewusst. Sie simuliert und aggraviert diese teilweise, wobei eine Begehrensvorstellung eine Rolle spielt.
Vor dem Hintergrund einer wenig durchsetzungsfähigen und vermindert belastbaren Wesensart ist einleuchtend, dass besondere psychische Anforderungen nicht gestellt werden können. Bei nicht wesentlich eingeschränkter Belastbarkeit der Wirbelsäule resultieren die sonstigen dargestellten Einschränkungen einerseits aus der eingeschränkten Belastbarkeit des linken Beines und andererseits, die betrifft die klimatischen Einflüsse, aus der Miktionsstörung.
Nach dem Sachverständigen Dr. A bestehen eine ängstlich-dependente Persönlichkeitsstörung, eine Neurasthenie und eine Reizblase. Eine depressive Erkrankung im engeren Sinne und eine Angsterkrankung hat dieser Sachverständige ausgeschlossen.
Wegen des Vorliegens einer ängstlich-dependenten Persönlichkeitsstörung wird auf die oben gemachten Darlegungen verwiesen. Der Sachverständige Dr. M hat auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. A nicht nachvollziehen können, woraus dieser eine Persönlichkeitsstörung hergeleitet hat. Ein strukturiertes klinisches Interview ist dessen Gutachten ebenfalls nicht zu entnehmen. Wegen ähnlicher Befunde und einer im Wesentlichen identischen Leistungsbeurteilung bedarf es auch insoweit keiner weiteren Sachaufklärung.
Die Diagnose einer Neurasthenie steht hingegen nicht im Widerspruch zum Gutachten des Sachverständigen Dr. M, denn dieser Sachverständige hat diese Diagnose nur deswegen nicht gestellt, weil sie neben der von ihm erhobenen mittelgradig depressiven Episode nicht diagnostiziert werden darf.
Unter Berücksichtigung der von dem Sachverständigen Dr. A erhobenen Befunden, ist folgerichtig, dass die Klägerin nur noch geistig einfache Arbeiten ausführen kann.
Ihren Tagesablauf hat sie wie folgt geschildert. Sie stehe relativ spät, erst gegen 11.00 Uhr auf. Nach dem Einkaufen, das sie in der Regel mit dem Vater oder der Schwester erledige, widme sie sich dem Haushalt. Auch beim Putzen und Staubsaugen erhalte sie mehr oder minder regelmäßig Hilfe von den Angehörigen. Gelegentlich werde Fernsehen angeschaut. Außenaktivitäten würden gemieden, da die Kniebeschwerden hinderlich seien. Schon als Kind solle wohl eine gewisse Unselbständigkeit bestanden haben. Dr. A hat beurteilt, dass aufgrund des Fehlens einer Aufgabe sich diese regressive Haltung verfestigt hat. Die Einschränkung des sozialen Radius auf die engere Familie ist dabei wesentlich eine Folge der fehlenden Arbeitstätigkeit.
Dieser Sachverständige hat ebenfalls angesichts des ungestörten Gangbildes die von der Klägerin mitgeführte Gehstütze nicht für erforderlich gehalten. Als psychopathologischen Befund hat er eine gering eingeschränkte affektive Modulation, eine, wenn auch langsam und schwerfällige, jedoch ohne relevante Defizite erscheinende kognitive Leistung mit Auffassung und Konzentration, ein langsam und wenig stringentes formales Denken, bei dem inhaltlich eine fast kindlich wirkende Unzufriedenheit und Unreife hinsichtlich eigener Initiative und Willensbildung dominiert, eine gedrückt wirkende Stimmung und ein Affekt bei regressiver und resignativer Haltung, eine leicht reduzierte Psychomotorik und ein reduziertes Antriebsverhalten festgestellt. Insgesamt verharrt die Klägerin inzwischen in einer regressiven Versorgungshaltung, die von den bemühten Familienangehörigen notgedrungen unterstützt wird. Bei dieser seelischen Störung handelt es sich um eine gestörte Erlebnisverarbeitung. Die Klägerin aggraviert. Eine initiale Begehrensvorstellung ist nicht auszuschließen. Körperlich sichtbare Fehlregulationen hat der Sachverständige nicht feststellen können. Wie er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. September 2005 betont hat, äußert die Klägerin vielfältige Klagen über Schmerzen ohne validierenden paraklinischen Befund.
Nach dem Sachverständigen Dr. M bestehen eine rezidivierend depressive Störung, derzeit mittelgradige Episode und eine Agoraphobie.
Eine Dysthymie und eine generalisierte Angststörung (so Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004) ist nicht bewiesen. Eine Dysthymie ist nach dem Sachverständigen Dr. M dadurch gekennzeichnet, dass es konstante oder konstant wiederkehrende Depressionen über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren gibt und keine oder nur sehr wenige der einzelnen depressiven Episoden während eines solchen Zweijahreszeitraumes so schwer oder so lange andauern, dass die Kriterien für eine rezidivierende leichte depressive Störung erfüllt sind. Da nach diesem Entlassungsbericht eine Dysthymia diagnostiziert wurde, sollte eine mittelschwere oder schwere depressive Symptomatik fehlen. Dies widerspricht jedoch der dortigen Angabe, dass hinsichtlich Antrieb und Stimmung das Vollbild eines depressiven Syndroms vorlag. Somit sind diese Angaben nach dem Sachverständigen Dr. M als inhaltlich widersprüchlich nicht zu verwerten. Unter Berücksichtigung der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. K, wonach eine mittelgradige depressive Episode (von jenem Sachverständigen als leichte bis mäßige bzw. mittelgradige depressive Störung bezeichnet) bei seiner Untersuchung der Klägerin bestanden hat, ist zwar theoretisch denkbar, dass zunächst eine Dysthymie vorgelegen und sich darauf noch eine mittelgradig depressive Episode entwickelt hat. Dafür gibt es allerdings in den vorliegenden ärztlichen Unterlagen keine Hinweise. Ebenso wenig lässt sich nach dem Sachverständigen Dr. M aus dem genannten Entlassungsbericht eine generalisierte Angststörung ableiten. Der dort niedergelegte psychische Befund beschreibt vielmehr eher eine differenzialdiagnostische Abgrenzung zu einer generalisierten Angststörung. Um die geforderten Kriterien für diese Gesundheitsstörung zu erfüllen, müssen über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten Anspannung, Besorgnis oder Befürchtung in Bezug auf alltägliche Ereignisse und Probleme vorherrschen sowie gleichzeitig unterschiedliche vegetative Symptome bestehen. Bei der Klägerin liegen aber lediglich eine konkrete Angst in Bezug auf Menschenmengen und Befürchtungen, ohnmächtig zu werden, wenn sie das Haus verlässt, vor. Dies ist nachvollziehbar, denn im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004 wird die depressive Symptomatik als "am ehesten" einer Dysthymia zugeordnet und die multiplen Ängste ausdrücklich als differenzialdiagnostische Abgrenzung zu einer generalisierten Angststörung dargestellt.
In Verbindung mit den beschriebenen vegetativen Symptomen wie Herzklopfen, Schweißausbruch, Beklemmungsgefühl, erfüllt diese Art der Angst jedoch die Diagnose einer Agoraphobie.
Der Sachverständige Dr. M hat ebenfalls infolge der von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen die Notwendigkeit gesehen, externe Stressoren auszuschließen. Er hat daran anknüpfend, Arbeiten unter Zeitdruck wie Akkord- und Fließbandarbeit, mit Nachtschicht oder mit Umstellungsfähigkeit für nicht zumutbar erachtet.
Er hat ebenfalls, wie die weiteren Sachverständigen Prof. Dr. K, Dr. A und Dr. H insoweit in Übereinstimmung mit dem Arbeitsamtsgutachten des Dr. R vom 05. März 2002, dem Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. T vom 04. Juni 2002, dem Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie W vom 24. Juni 2002, dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Chirotherapie und Handchirurgie Dr. W vom 13. November 2002 und dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004 ein Leistungsvermögen von wenigstens 6 Stunden täglich angenommen. Dies ist, ohne dass zusätzliche Befunde oder Gesichtspunkte hinzutreten, folgerichtig.
Der Sachverständige Dr. Mist damit nicht der Einschätzung der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W gefolgt, die von einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten bzw. aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen ist. Er hat sich damit auch insoweit den Beurteilungen des Sachverständigen Prof. Dr. K und des Sachverständigen Dr. A angeschlossen. Prof. Dr. K hat deren Befundbericht vom 19. August 2003 deswegen nicht für nachvollziehbar gehalten, weil dort lediglich von "Anzeichen" einer Depression als Befund gesprochen wird. Der Sachverständige Dr. A hat in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. September 2005 darauf hingewiesen, dass die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W sich vorwiegend auf die subjektiven Angaben der Klägerin und deren soziale Notlage zur Begründung des zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögens stützt. Der Sachverständige Dr. M hat daran anknüpfend aus deren Befundbericht vom 12. Mai 2009, in dem ausführlich die jeweiligen Befunde mit dem Erhebungsdatum niedergelegt sind, gleichfalls wenig objektivierbare Symptome beschrieben gefunden. Dies ist nach letztgenanntem Befundbericht nachvollziehbar.
Allerdings ist der Sachverständige Dr. M angesichts der Vielzahl an glaubhaften und nachvollziehbaren und damit objektivierbaren depressiven Symptomen zum Ergebnis gelangt, dass die mittelgradig depressive Episode zum Zeitpunkt seiner Untersuchung am 27. Januar 2010 derart stark ausgeprägt ist, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin aufgrund ihrer Antriebsstörung, ihrer formalen Denkstörung sowie ihrer Störung der Stimmung und des Affekts verbunden mit den bestehenden Ängsten auf unter drei Stunden täglich reduziert ist.
Zum Tagesablauf befragt hat die Klägerin angegeben, zwischen 11.00 Uhr und 13.00 Uhr aufzustehen, sich eine Tasse Kaffee zu machen und eine Zigarette zu rauchen. Sie frühstücke nicht. Sie sitze dann in der Küche und grübele über verschiedene Dinge, zum Beispiel den Abwasch, nach. Oft trinke sie eine zweite Tasse Kaffee und rauche eine zweite Zigarette, ehe sie sich selber wasche. Sie esse relativ spät gegen 15.00 Uhr bis 16.00 Uhr; dann esse sie abends nochmals vermehrt. Sie wasche gelegentlich ab. Zwischen 01.00 Uhr und 03.00 Uhr gehe sie ins Bett. Im Übrigen frage sie sich, was sie den ganzen Tag mache und womit die Zeit vergehe.
Als psychischen und psychopathologischen Befund hat der Sachverständige Dr. M festgestellt: Er hat eine leicht aufgeregte, unsichere und zurückhaltende Klägerin vorgefunden. Die Exploration ist einerseits durch Weinattacken und andererseits durch mangelnde Fähigkeit, einfache Sachverhalte konkret darzustellen, gekennzeichnet gewesen. Er hat allerdings auch in vielen Bereichen eine deutliche Aggravation erheben können. So hat die Klägerin bei Prüfung der Kraft nicht wirklich mitgearbeitet. Ihrer Bitte, sie auf dem Rücken auf der Untersuchungsliege liegend hochzuziehen, ist der Sachverständige nicht nachgekommen, worauf sie dies aus eigener Kraft vollzogen hat. Ein passiver Versorgungswunsch ist mehr als deutlich geworden. Allerdings ist das formale Denken eingeengt und umständlich gewesen. Die Stimmung ist subjektiv und objektiv gedrückt gewesen. Es hat nicht nur eine Affektlabilität beim Thema Blasenstörung, sondern eine generell verminderte affektive Modulationsfähigkeit bestanden. Im Übrigen ist eine Angst und eine deutlich anhaltende Furcht vor Menschenmengen verbunden mit vegetativer Symptomatik sichtbar geworden. In neurologischer Hinsicht hat an beiden Beinen eine betonte Pallhypästhesie vorgelegen. Die orientierende körperliche Untersuchung ist bis auf einen Blutdruck von 145/95 mmHg und zwei kleine Narben nach endoskopischer Gallenoperation unauffällig gewesen.
Die insgesamt vorgefundene depressive Stimmung, der Verlust des Selbstvertrauens, das Klagen über ein vermindertes Denk- oder Konzentrationsvermögen, der Interessen- oder Freudeverlust an Aktivitäten, die normalerweise angenehm sind, sowie der verminderte Antrieb oder die gesteigerte Ermüdbarkeit mögen das von dem Sachverständigen Dr. M genannte zeitlich reduzierte Leistungsvermögen begründen.
Dieser Sachverständige hat aber auch darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um einen Dauerzustand handelt, vielmehr die begründete Aussicht gegeben ist, dass sich der Zustand innerhalb von sechs Monaten bessern lässt. Er hat dies nachvollziehbar damit begründet, dass bisher eine leitliniengerechte Behandlung nicht stattgefunden hat.
Das zeitweise Bestehen einer Gesundheitsstörung, auch wenn dadurch die Erwerbsfähigkeit vorübergehend beeinflusst wird, begründet noch keine Minderung des Leistungsvermögens im Sinne des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Erwerbsfähigkeit muss vielmehr nicht nur vorübergehend worunter ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten verstanden wird herabgesunken sein (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 670 f. VI; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB VI, gesetzliche Rentenversicherung, Kommentar, 60. Ergänzungslieferung, K § 43 Rdnr. 22, K § 44 Rdnr. 15; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 16), so dass kurzzeitige Erkrankungen außer Betracht zu bleiben haben. Diese bedingen allenfalls Arbeitsunfähigkeit.
Ausgehend von dem erst seit dem Zeitpunkt der Untersuchung der Klägerin durch den Sachverständigen Dr. M am 27. Januar 2010 bestehenden Leistungsvermögen von unter 3 Stunden täglich liegt mithin noch keine rechtserhebliche Minderung des Leistungsvermögens vor. Soweit im o. g. Urteil des BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 16 ausgeführt ist, dass vor Ablauf von (damals) 26 Wochen (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 1 Angestelltenversicherungsgesetz, § 1276 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung; jetzt aber 6 Monaten: § 101 Abs. 1 SGB VI) möglicherweise nicht feststeht, ob eine Leistungsunfähigkeit nur vorübergehend oder von Dauer ist, und insofern die Sache für den Versicherungsträger unter Umständen noch nicht entscheidungsreif sein kann (Hinweis auf § 88 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG ), mag dies zutreffen. Dies hindert den Senat jedoch nicht an einer gerichtlichen Entscheidung in Sinne des ausgeworfenen Tenors. Es gibt keinen Rechtssatz, der gebietet, den Eintritt einer materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzung (Fälligkeit) abzuwarten, und demzufolge spiegelbildlich verbieten würde, vor Eintritt einer solchen Voraussetzung eine dem Anspruchsinhaber ungünstige Entscheidung zu treffen.
Die weiteren bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen, nämlich Cervikobrachialgien (Befundbericht bzw. Attest des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 22. August 2003 bzw. vom 26. Mai 2003), ein Lumbalsyndrom bzw. Lumboischialgien (Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. T vom 04. Juni 2002, Attest bzw. Befundbericht des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 26. Mai 2003 bzw. vom 22. August 2003, Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Göhren vom 06. Mai 2004), eine (beginnende) Coxarthrose beidseits (Arbeitsamtsgutachten des Dr. R vom 05. März 2002, Attest des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 26. Mai 2003 mit lediglich initialer Coxarthrose rechts, im Befundbericht des letztgenannten Arztes vom 22. August 2003 sogar völlig unerwähnt), eine Gonalgie beidseits (Befundbericht des Arztes für Orthopädie Dr. B vom 22. August 2003) sowie ein Diabetes mellitus (Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004, Attest bzw. Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 29. April 2005 bzw. vom 03. August 2009), eine Hypothyreose (Befundbericht der Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W vom 29. Juli 2003 und Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 03. August 2009), eine Hyperlipidämie (Attest bzw. Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 29. April 2005 bzw. vom 03. August 2009), eine Hypertonie, eine Gastritis und eine Emphysembronchitis (allesamt im Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B vom 03. August 2009) bedingen keine weitergehenden Leistungseinschränkungen.
Im Arbeitsamtsgutachten des Dr. R vom 05. März 2002 wird festgestellt, dass den beginnenden Abnutzungserscheinungen beider Hüftgelenke gegenüber den anderen Leiden (Blasen-Stressschwäche, depressive Verstimmungen und chronischer Meniskusschaden des linken Knies) lediglich eine untergeordnete arbeitsmedizinische Bedeutung zukommt. Im Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Psychotherapie Dr. T vom 04. Juni 2002 ist zum einen auf die adäquate Substitution der Hypothyreose und zum anderen darauf hingewiesen, dass weder die beginnende Coxarthrose rechts noch ein degeneratives Lumbalsyndrom wesentliche Symptome hervorrufen. Im Gutachten des Facharztes für Orthopädie, Chirurgie und Handchirurgie Dr. W vom 13. November 2002 wird als Diagnose lediglich der Zustand nach Arthroskopie und Teilmeniskektomie des linken Kniegelenkes bei ansonsten weitgehend unauffälligem Befund des übrigen Stütz- und Bewegungsapparates erwähnt. Nach dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik G vom 06. Mai 2004 ergab das orthopädische Konzil ein Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten mit weiteren Einschränkungen. Erstmals wurde während dieser stationären Rehabilitationsmaßnahme ein Diabetes mellitus diagnostiziert. Den übrigen genannten ärztlichen Berichten sind Funktionsstörungen nicht bzw. nicht im Einzelnen konkretisiert zu entnehmen.
Unter Berücksichtigung dessen haben bereits die Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. A insbesondere ein orthopädisches Fachgutachten sowie der Sachverständige Dr. H im Hinblick auf die von ihm genannten weiteren internistischen Leiden auch ein sonstiges Gutachten nicht für erforderlich gehalten. Dieser Einschätzung hat sich schließlich auch der Sachverständige Dr. M angeschlossen. Dies ist nachvollziehbar, denn es liegen wesentliche Funktionseinschränkungen, die aus den weiteren Gesundheitsstörungen resultieren, nicht vor.
Damit kommt die Klägerin für die Tätigkeiten einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle in Betracht.
Die Arbeitsbedingungen eines Versandfertigmachers sind in der BIK BO 522 beschrieben unter anderem als körperlich leichte bis mittelschwere Arbeit (zeitweise schweres Heben und Tragen) überwiegend in geschlossenen Räumen und Hallen, zum Teil im Freien, Arbeit in wechselnder Körperhaltung von Gehen, Stehen und Sitzen, zum Teil Zwangshaltungen wie Bücken, Hocken, Knien und vornüber geneigte Haltung, zum Teil Arbeit auf Leitern und Gerüsten. Allerdings bedeutet diese Beschreibung nicht notwendigerweise, dass dieses Anforderungsprofil für alle Arbeitsplätze eines Versandfertigmachers einschlägig ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass diese Tätigkeit in verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Produkten ausgeführt wird. Wenn demzufolge in den berufskundlichen Stellungnahmen des M L vom 01. November 2002 und 24. November 2002 dargestellt ist, dass es insoweit auch eine nennenswerte Zahl von, also nicht weniger als 300, Arbeitsplätzen gibt, die körperlich leicht sind und in geschlossenen Räumen im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden, bei denen wirbelsäulen- oder gelenkbelastende Körperhaltungen nicht eingenommen werden müssen, monotone oder repetitive Arbeitshaltungen sich nicht ergeben, die Aufgaben nicht durch fremdbestimmtes Arbeitstempo geprägt sind, nicht unter akkordähnlichen Bedingungen verrichtet werden, keine besonderen Anforderungen an die Kraft oder die Ausdauer der Hände gestellt werden, insbesondere keine Fein- oder Präzisionsarbeiten erfordern, Reiben, Schieben, Drehen, Ziehen oder Drücken nicht verlangt werden, weder Anforderungen an das Hörvermögen noch an die Stimme gestellt werden, eine durchschnittliche Sehfähigkeit genügt und bei denen geistig einfache Routinearbeiten weder besondere Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit, das Reaktionsvermögen, die Aufmerksamkeit, die Übersicht, die Verantwortung oder die Zuverlässigkeit stellen, ist dies nachvollziehbar.
Betrachtet man das Leistungsvermögen jener Klägerin, das der berufskundlichen Aussage des M L vom 01. November 2002 und 24. November 2002 zugrunde gelegen hatte, mit demjenigen der hiesigen Klägerin, wird deutlich, dass als Versandfertigmacher, wie auch in jener berufskundlichen Aussage angenommen wurde, gearbeitet werden kann. Das ermittelte Leistungsvermögen jener Klägerin war wie folgt beschränkt auf körperlich leichte Arbeiten, geistig einfache Arbeiten, im Wechsel der Haltungsarten, kein ausschließliches Stehen oder Sitzen, unter Witterungsschutz, ohne monotone oder repetitive Arbeitshaltungen, ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne anhaltende Rumpfbeugehaltung, ohne anhaltendes Knien, Hocken und Bücken, ohne dauerhafte Überkopfarbeiten, ohne Leiter- und Gerüstarbeit und ohne besonderen Zeitdruck wie etwa Akkord- oder Fließbandarbeit. Dies zeigt, dass die Klägerin in ihrem Leistungsvermögen nicht stärker eingeschränkt ist als jene Klägerin, die in den berufskundlichen Aussagen vom 01. November 2002 und 24. November 2002 zu beurteilen war.
In der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 14. Januar 2005 wird an der Darstellung vom 01./24. November 2002, die im Einzelnen wiederholt wird, festgehalten und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich seither bezüglich des Berufes eines Versandfertigmachers keine nachhaltigen Veränderungen ergeben hätten. Wird das Leistungsvermögen jenes Klägers, das Grundlage der berufskundlichen Stellungnahme vom 14. Januar 2005 war, mit dem vorliegenden Leistungsvermögen verglichen, ist zwar festzustellen, dass jener Kläger teilweise in seinem Leistungsvermögen nicht so deutlich eingeschränkt war. Jener Kläger konnte körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten und geistig einfache Arbeiten (ohne hohe Anforderungen an das Intelligenzniveau) mit nur geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit und Verantwortungsbewusstsein in freien und in geschlossenen Räumen, jedoch ohne Arbeit unter besonderem Zeitdruck, wie z. B. Akkordarbeit, ohne Kontakt mit hautreizenden Stoffen und mit grober Verschmutzung und ohne Feuchtarbeit verrichten. Dieses Leistungsvermögen steht ebenfalls einer Tätigkeit eines Versandfertigmachers nach der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 14. Januar 2005 nicht entgegen. Im Übrigen folgt daraus jedoch nichts Neues, denn dass sich das Belastungsprofil eines Versandfertigmachers in körperlicher oder geistiger Hinsicht zwischenzeitlich verändert haben könnte, insbesondere stärkere oder höhere Anforderungen gestellt werden, wird in dieser neuen berufskundlichen Stellungnahme gerade verneint.
Schließlich wird in der weiteren berufskundlichen Stellungnahme des ML vom 13. Oktober 2008 daran weiter festgehalten.
Die Arbeitsbedingungen einer Bürohilfskraft sind nach der BIK BO 784 wie folgt beschrieben: Körperlich leichte Arbeit in geschlossenen Räumen, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen, zum Teil Zwangshaltungen, zum Teil Umgang mit Bürokommunikationsmitteln, zum Teil Publikumsverkehr, genaue, systematische und zuverlässige Arbeitsweise, Ordnungssinn, Konzentrationsfähigkeit, Anpassungs- und Kooperationsfähigkeit. Der Auskunft des Arbeitsamtes Frankfurt (Oder) vom 11. November 1999 ist daneben zu entnehmen, dass im Bereich der Poststelle ein Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen je nach Bedarf und Möglichkeit des Beschäftigten in Frage kommt und es dort nicht zu irgendeiner Art von Zwangshaltung kommt.
Die bei der Klägerin bestehenden Leistungseinschränkungen lassen sich mit dem Belastungsprofil einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle in Einklang bringen. Wenn die Sachverständigen Dr. H und Dr. M somit zu der Einschätzung gelangt sind, die Klägerin könne die genannten Berufe mindestens 6 Stunden täglich ausüben, ist dies, weil sie das berufskundliche Anforderungsprofil nicht verkannt haben, schlüssig und bewegt sich im Rahmen des einem Arzt einzuräumenden Beurteilungsspielraumes, so dass sich der Senat deren Bewertung zu eigen machen kann. Nichts anderes folgt aus den Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. A, wenn die von diesen Sachverständigen genannten Leistungseinschränkungen mit dem oben aufgezeigten Leistungsprofil einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle abgeglichen werden.
Die von dem Sachverständigen Dr. H für erforderlich gehaltene Erreichbarkeit einer Toilette innerhalb von 3 Gehminuten nach Einsetzen des Harndranges oder Arbeitsunterbrechungen zum Aufsuchen einer Toilette durchschnittlich einmal stündlich stehen den Tätigkeiten einer Versandfertigmacherin und einer Bürohilfskraft im Bereich der Poststelle nicht entgegen. Es handelt sich nicht um betriebsunübliche Sachverhalte, die zur Verschlossenheit des Arbeitsmarktes führen.
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Verordnung über Arbeitsstätten vom 12. August 2004 (BGBl I 2004, 2179), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I 2008, 2768) ArbStättV , hat der Arbeitgeber Toilettenräume bereit zu stellen. Diese müssen sich nach Ziffer 4.1 Abs. 1 Satz 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 1 ArbStättV sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Wird davon ausgegangen, dass bei uneingeschränktem Gehvermögen 500 m in einer Gehzeit von 7,5 Minuten zurückgelegt werden können (so jedenfalls BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90, abgedruckt in SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10), können in 3 Minuten ca. 200 m bewältigt werden. Der Senat geht unter Anlegung eines generalisierenden Maßstabes davon aus, dass bei einer solchen Entfernung nicht mehr der Begriff "in der Nähe" erfüllt wird. Mithin ist vorliegend gewahrt, dass die Klägerin innerhalb von 3 Gehminuten eine Toilette erreichen kann.
Eine Miktionshäufigkeit von einmal stündlich begründet, mit den Ausführungen in der berufskundlichen Aussage des M L vom 14. Juni 2009, die vergleichsweise herangezogen werden, keine betriebsunübliche Unterbrechung.
Darin ist Folgendes ausgeführt: Das häufige Aufsuchen einer Toilette, mindestens 10 Mal täglich während eines achtstündigen Arbeitstages im Abstand von 50 Minuten, wobei ggf. in einem nicht näher bestimmbaren Zeitraum bzw. nicht näher bestimmbaren Häufigkeit dies auch vor Ablauf von 50 Minuten erforderlich sein kann, führt nicht zu unüblichen Abläufen am Arbeitsplatz insbesondere eines Versandfertigmachers. Vielmehr stehen solche Arbeitsunterbrechungen noch mit den üblichen so genannten Rüst- und Verteilzeiten im Einklang. Dabei sind Verteilzeiten Zeitanteile, die unregelmäßig auftreten und nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet werden, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden und deshalb bei der Ermittlung des Personalbedarfs, der Kapazität oder des Auslastungsgrades berücksichtigt werden. Nach der berufskundlichen Aussage des ML werden zwei Arten von Verteilzeiten unterschieden, die sachliche Verteilzeit (z. B. Einrichten und Aufräumen des Arbeitsplatzes, Vorbereitung technischer Arbeitsmittel, arbeitsbedingte Gespräche), die nach allgemeiner Erfahrung etwa 5 v. H. der Arbeitszeit ausmacht, und die persönliche Verteilzeit mit einem Anteil von ca. 10 v. H. der Arbeitszeit, zu der die Frühstückspause, Toilettenbesuche, Besprechungen und Rücksprachen in persönlichen Angelegenheiten, Erholungs- und Entspannungszeiten und ähnliches rechnen. Diese Verteilzeiten werden häufig pauschal mit 15 v. H. der Arbeitszeit zusammengefasst. Wird der übliche Arbeitsablauf betrachtet, ergibt sich in aller Regel im Verlauf des Vormittags eine Pause von 15 Minuten, eine Mittagspause und nicht selten ist auch eine kurze Nachmittagspause betrieblich vereinbart bzw. wird häufig toleriert. Neben der üblichen Frequenz des Wasserlassens während der Arbeit (etwa drei- bis viermal) sowie der Nutzung regelmäßiger Pausen für einen Toilettenbesuch (zweimal evtl. auch dreimal), ergaben sich für den dortigen Kläger weitere Toilettenbesuche in einer Größenordnung von etwa drei- bis fünfmal. Die Anzahl dieser zusätzlichen Unterbrechungen sowie die jeweils benötigte übliche Zeit erreichen nicht das Ausmaß eines betriebsunüblichen Ablaufes, so dass sie noch mit der zugestandenen persönlichen Verteilzeit abgedeckt ist. Es kommt hinzu, dass es sich bei den Arbeiten eines Versandfertigmachers um einen Einzelarbeitsplatz handelt, so dass eigene Arbeitsunterbrechungen sich nicht störend auf den Gesamtarbeitsablauf auswirken oder die Einzelarbeitsverrichtungen anderer Arbeitnehmer beeinflusst werden. Es ist daher nachvollziehbar, wenn nach der berufskundlichen Aussage des M L die in jenem Fall für erforderlich gehaltenen Arbeitsunterbrechungen zum Aufsuchen einer Toilette als nicht hinderlich für die Ausübung einer solchen (noch einer anderen an einem Einzelarbeitsplatz auszuübenden) Berufstätigkeit bewertet hat.
Die Klägerin ist auch nicht gehindert, entsprechende Arbeitsplätze aufzusuchen.
Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 56; BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10) gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, denn eine Tätigkeit zum Zwecke des Gelderwerbs ist regelmäßig nur außerhalb der Wohnung möglich. Hinsichtlich der Bestimmung der erforderlichen Fußwegstrecke wird hierbei ein generalisierender Maßstab angesetzt und danach generell die Fähigkeit des Versicherten für erforderlich gehalten, Entfernungen, gegebenenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln (zum Beispiel Gehstützen, orthopädischen Schuhen, Einlagen, Abrollhilfen), von über 500 m zu Fuß viermal arbeitstäglich zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen. Zudem wird gefordert, dass die Strecke von mehr als 500 m in wenigstens 20 Minuten zurückgelegt werden kann.
Aus keinem Gutachten ergibt sich, dass die Klägerin außerstande wäre, solche Fußwege zurückzulegen oder öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Nach dem Sachverständigen Dr. H kann die Klägerin wegen der genannten Miktionshäufigkeit eine einfache Wegstrecke über 60 Minuten zurücklegen. Nach dem Sachverständigen Dr. M bestehen objektive Einschränkungen der Wegefähigkeit psychiatrischerseits nicht.
Berufsunfähigkeit und teilweise Erwerbsminderung scheiden damit aus, so dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht zu gewähren ist.
Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung steht ebenfalls nicht zu.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei dem bereits dargelegten Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich liegen diese Voraussetzungen, die noch weitergehende Leistungseinschränkungen als bei der teilweisen Erwerbsminderung erfordern, nicht vor.
Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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