Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 142/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 1696/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger ist laut Angaben in seinem Rentenantrag 1961 in der Türkei geboren. Er ist deutscher Staatsangehöriger. Er verfügt über keinen Berufsbildungsabschluss. Von 1978 bis 1984 war der Kläger in einem Lebensmittelgeschäft in B beschäftigt. In der Folgezeit wechselten sich Arbeitslosigkeit und kurzzeitige Beschäftigungen beziehungsweise Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) etwa als Malerhelfer und Gartenarbeiter ab. Der Kläger war bis November 2004 ehrenamtlich Kassierer in der Türkischen Gemeinde und kümmerte sich dort um die Buchführung. Seit 2005 steht der Kläger im Bezug von Arbeitslosengeld II.
Der Kläger durchlief vom 01. Dezember 2003 bis zum 24. Dezember 2003 eine teilstationäre Rehabilitationsmaßnahme. Der Reha-Entlassungsbericht des Zentrums für ambulante Rehabilitation in B vom 21. Januar 2004 enthält folgende Diagnosen: eingeschränkte Kniegelenksbeweglichkeit rechts bei einem Zustand nach Kniegelenk-semphyem Mai 2003, postarthroskopisch, Pachydermoperiostose beziehungsweise Touraine-Solente-Golé-Syndrom sowie Schwerhörigkeit beidseitig. In dem Reha-Entlassungsbericht heißt es weiter, dass der Kläger seine zuletzt im Rahmen einer ABM durchgeführte Tätigkeit als Maler nicht mehr wahrnehmen könne. Es bestehe für den allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsbild für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen. Diese resultierten aus einer Einschränkung des Hörvermögens, der Gebrauchsfähigkeit der Hände, der Fähigkeit zum Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, der Gang- und Standsicherheit und des Hebens, Tragens und Bewegens von Lasten. Zu vermeiden seien Erschütterungen, Vibrationen und Tätigkeiten mit erhöhter Unfall-gefahr. Der Kläger durchlief vom 22. Februar 2005 bis zum 19. April 2005 eine statio-näre Rehabilitationsmaßnahme. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der Bklinik in B – Abteilung Psychosomatik – vom 19. April 2005 bestanden folgende Diagnosen: Soma-tisierungsstörung bei einer zwanghaften Persönlichkeitsstruktur, sonstiges Kopfschmerzsyndrom, sonstige Rückenschmerzen bei mehreren Lokalisationen der Wirbelsäule und Gonarthrose (Arthrose des Kniegelenks). Das Leistungsbild des Klägers wurde in dem Reha-Entlassungsbericht dahin beschrieben, dass das Bücken, Hocken und Knien sowie das Leitersteigen und Gerüstarbeiten zu vermeiden seien, dass wegen Allergien die Vermeidung von Arbeit mit häufigem Kontakt mit metallhaltigen Gegenständen geboten sei, Nachtschichten zu vermeiden seien und eine Schwerhörigkeit beidseitig zu berücksichtigen sei. Der Kläger könne seine letzte Tätigkeit als Gärt-ner beziehungsweise Gartenarbeiter in einem zeitlichen Umfang von nur noch weniger als drei Stunden verrichten. Ansonsten stehe der Kläger dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden und mehr täglich für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen zur Verfügung.
Der Kläger stellte am 05. April 2005 bei der Beklagten den unter dem 20. September 2004 datierenden Antrag auf Versichertenrente. Er fügte dem Antrag einen Arztbrief des V Klinikums N vom 27. Mai 2003 bei, in welchem als Diagnose Kniegelenksemphyem rechts bei Zustand nach ambulanter Kniegelenksspiegelung bezeichnet war. Ferner reichte der Kläger ärztliche Bescheinigungen des ihn behandelnden Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. med. M T vom 19. Januar 2004, 26. April 2004 und 29. Juni 2004 ein, wonach es unter anderem aufgrund der fortgeschrittenen Verschleißerkrankungen des Bewegungsapparats zu wiederkehrenden lokalen Reizerscheinungen und Schmerzsyndromen komme, welche die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit deutlich mindern würden. Zur Verhinderung einer Verschlimmerung seien dem Kläger das Heben und Tragen schwerer Lasten, langes Stehen, Sitzen o-der Gehen, das Arbeiten über Kopf und in gebeugter Haltung sowie kniende Tätigkeiten zu erlassen. Es bestehe beim Kläger eine Pachydermoperiostose sowie ein Touraine-Solente-Golé-Syndrom, aufgrund dessen der Kläger nicht in der Lage sei, irgendwelche körperliche Arbeiten zu verrichten.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22. Juni 2005 die Rentengewährung unter anderem mit der Begründung ab, dass der Kläger auch eingedenk der bei ihm bestehenden Somatisierungsstörung, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Wirbelsäulenerkrankung und Gonarthrose mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünftagewoche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne. Der Kläger erhob am 05. Juli 2005 Widerspruch. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005 und im Wesentlichen gleich bleibender Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 05. September 2005 zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage weiterverfolgt, in welcher er auf das von ihm als selten bezeichnete Touraine-Solente-Golé-Syndrom verwiesen hat. Dieses bewirke eine Knochenverformung mit der Folge, dass fortschreitende Schäden an Hals, Lendenwirbelsäule und in den Gelenken, ständige Kopfschmerzen, Arthrosen etc. auftreten würden. Er erleide inzwischen in jeder Körperhaltung und jeder Bewegung Schmerzen. Des Weiteren sei er sehr schwerhörig. Eine Besserung seines Zustandes sei nicht zu erwarten. Vielmehr sei seine Krankheit von einer fortschreitenden Verschlechterung geprägt. Im weiteren Verfahrensgang hat der Kläger eine ärztliche Bescheinigung des ihn behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie I S vom 15. September 2005 eingereicht. Danach befinde sich der Kläger bei ihm seit September 2004 in ambulanter nervenärztlicher Behandlung, leide an einem chronifizierten depressiven Syndrom bei zwanghafter Persönlichkeitsstruktur; zusätzlich bestünden ein HWS-Syndrom mit rezidivierendem Zervikobrachialgien sowie rezidivierende Lumboischialgien und Cephalgien, und eine Gonarthrose dürfe nicht unerwähnt bleiben. Es bestehe zudem auch eine Somatisierungsstörung; immer wieder auftretende Kopfschmerzen seien einer Migräne zuzuordnen. Im Vordergrund des Krankheitsbildes stehe eine schwere Hörschwäche auf beiden Seiten bei einem Zustand nach viermaliger Ohrenoperation. Der Kläger sei im Rahmen der Hörstörung verunsichert, ängstlich depressiv und meide Kontakte; die Krankheit sei mittlerweile chronifiziert. Die Krankheit habe zu einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit geführt; die Art und Schwere des Krankheitsbildes und der Verlauf bildeten Veranlassung, den Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente zu unterstützen.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen mit Beweisanordnung vom 03. November 2005 Beweis erhoben durch Einholung des von Dr. med. U L, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie, erstellten Sachverständigengutachtens. Es wurde unter dem 06. Februar 2006 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Beisein eines Dolmetschers am 01. Dezember 2005 erstellt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen bestanden beim Kläger folgende Krankheiten: anhaltende somato-forme Schmerzstörung bei zwanghaft paranoider Persönlichkeitsstruktur, Schwerhörigkeit, degenerative Wirbelsäulenveränderung, degenerative Kniegelenksveränderung rechts, verschiedene Allergien. Die Diagnose einer Pachydermoperiostose beziehungsweise eines Touraine-Solente-Golé-Syndroms sei aus den übersandten Un-terlagen und der aktuellen Untersuchung nicht nachvollziehbar. Das nach qualitativen Einschränkungen verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für mindestens sechs oder mehr Stunden der täglichen Arbeitszeit aus; insofern werde von der Einschät-zung der behandelnden Ärzte abgewichen. Insbesondere bestehe entgegen der Ein-schätzung des Arztes S kein chronifiziertes depressives Syndrom, sondern die für Schwerhörige oft typische, anhaltende Verunsicherung mit misstrauisch gereizten Reaktionen, ohne dass diese Symptomatik ein Ausmaß erreicht habe, welches zu völliger Leistungsunfähigkeit geführt habe. Aus der ärztlichen Bescheinigung Dr. T vom 19. Juni 2004 sei nicht nachvollziehbar, wieso der Kläger keine Art körperlicher Arbeiten verrichten könne.
Der Kläger ist dem Gutachten unter anderem mit einer Stellungnahme des Arztes S vom 22. März 2006 entgegengetreten, wonach der Sachverständige Dr. L das Krankheitsbild ausreichend und gründlich geschildert habe, bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit allerdings eine deutliche Diskrepanz zu seinen eigenen Beobachtungen bestehe. Die Leistungsfähigkeit sei nach den vom Kläger seit 2004 geschilderten glaubhaften Leistungseinbußen geringer als von Dr. L bewertet. Ferner hat der Kläger ein ärztliches Attest Dr. T vom 24. März 2006 vorgelegt, wonach der Kläger als Gartenarbeiter nicht mehr ausreichend belastbar sei. Wegen seiner Leiden sei der Kläger nicht mehr in der Lage, eine Vollzeitarbeit anzutreten. Schließlich hat der Kläger ein ärztliches Attest der Dres. med. C T und NG vom 06. März 2006 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der vorgenannten behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Ferner hat das Sozialgericht von der Agentur für Arbeit B ein nach Aktenlage erstelltes Gutachten des dortigen ärztlichen Diensts vom 17. August 2004 sowie ein nach ambulanter Untersuchung erstelltes Gutachten der Arbeitsmedizinerin Dr. med. R beigezogen. Schließlich hat das Sozialgericht vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) Protokollabschriften symptombezogener Untersuchungen des Orthopäden Dr. med. B vom 13. Dezember 2004 und der Ärztin L vom 27. Dezember 2004 sowie die Schwerbehindertenakten für den Kläger beigezogen, ausweislich derer das Landesamt für Gesundheit und Soziales - Versorgungsamt - beim Kläger mit Bescheid vom 03. April 2006 einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 feststellte.
Das Sozialgericht hat aufgrund Beweisanordnung vom 05. September 2006 Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren schriftlichen Gutachtens auf allgemeinmedizinischem Fachgebiet durch den Arzt für Arbeitsmedizin und Allgemeinmedizin T L, welches dieser unter dem 12. Dezember 2006 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Beisein eines Dolmetschers am 30. November 2006 erstellt hat. Der Sachverständige hat beim Kläger folgende Leiden festgestellt: seelisches Leiden mit bereits gutachtlich festgestellter anhaltender somatoformer Schmerzstörung bei zwanghaft paranoider Persönlichkeitsstruktur, Schwerhörigkeit beidseitig, wiederkeh-rende Reizsyndrome der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen, Knieschmerzen nach Zustand bei Kniegelenksentzündung rechts, wiederkehrende Magen- beziehungsweise Darmbeschwerden, Pachydermoperiostose und pathologische Schlafaktivität. Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers stünden die Auswirkungen des seelischen Leidens mit gehäuft auftretenden Kopfschmerzen sowie anhaltenden Körperfühlstörungen. Soweit der Sachverständige L anhaltende somatoforme Schmerz-störung bei zwanghaft paranoider Persönlichkeitsstruktur festgestellt habe und den Kläger für voll leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Leis-tungseinschränkungen angesehen habe, sei dem zu folgen. Der Kläger könne hierbei und bei voller Wegefähigkeit vollschichtig mindestens acht Stunden täglich bei üblicher Pausengestaltung arbeiten. Zumutbar seien auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt körperlich leichte, teilweise auch mittelschwere Tätigkeiten, die im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt werden können. Auch das gelegentliche Bücken, Hocken oder Knien sei zumindest kurzfristig möglich, nicht jedoch Arbeiten in Zwangshaltungen wie Überkopfarbeit oder auch Arbeit auf Leitern und Gerüsten. Die Tätigkeit müsse ohne Einfluss von extremen Umweltbedingungen wie Hitze, Kälte, Zugluft, Staub oder Feuchtigkeit stattfinden; Arbeiten unter Zeitdruck seien nicht zumutbar. Auch die Arbeit an laufenden Maschinen sei wegen der eingeschränkten Reaktionsfähigkeit wegen Verletzungsgefahr nicht zumutbar. Es bestehe keine Einschränkung der Fingerfeinbeweglichkeit. Arbeiten am Computer sei möglich.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. November 2007 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung habe. Den beiden eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten sei gegenüber den entgegenstehenden Äußerungen der den Kläger behandelnden Ärzte der Vorzug zu geben. Die Frage, ob der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen eine Tätigkeit, die noch mindestens sechs Stunden täglich möglich sei, auch tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt finde, falle in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung und führe nicht dazu, den Kläger als erwerbsgemindert im Sinne der Rentenversicherung anzusehen. Der Kläger könne mit dem verbliebenen Restleistungsvermögen jedenfalls noch die Tätigkeit einer Bürohilfskraft ausüben. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Er-werbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass der Versicherte vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sei, wohingegen der Kläger laut seinen Angaben bei allen Antragstellungen und den offiziellen Registrierungen erst am 05. Februar 1961 geboren sei. Im Übrigen liege auch nichts für eine Berufsunfähigkeit vor, für welche die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit als Aushilfskraft in einem Lebensmittelladen ausschlaggebend sei. Diese Tätigkeit wiederum sei nach dem vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschema allenfalls der Tätigkeit eines Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen, so dass der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.
Der Kläger hat gegen das ihm am 19. November 2007 zugestellte Urteil am 10. De-zember 2007 Berufung eingelegt. Er behauptet, gegenüber den Angaben in seinem Personalausweis drei Jahre älter zu sein und seinerzeit ein unzutreffendes Geburtsdatum angegeben zu haben, damit er 1968 habe nach Deutschland kommen können. Angesichts der im Gerichtsbescheid aufgezählten Krankheiten komme für den Kläger etwa auch eine Tätigkeit am Computer nicht mehr in Betracht, weil sie nach seinem Ausbildungs- und Gesundheitszustand nicht von ihm erwartet werden könne, sondern eine bereits anspruchsvolle Anlerntätigkeit sei. Das Gericht erster Instanz sei ver-pflichtet gewesen, den sich widersprechenden Einschätzungen der Gutachter und Ärzte nachzugehen und in einer mündlichen Verhandlung durch Befragen aufzuklären, welche Krankheiten der Kläger habe und wie hoch dessen Leistungsfähigkeit noch sei. Der Kläger hat ärztliche Bescheinigungen des Arztes S vom 04. Dezember 2007 und 01. August 2008 vorgelegt, wonach er an einem inzwischen chronifizierten mittelschweren bis schweren depressiven Syndrom mit Somatisierungsstörung leide. Zusätzlich bestehe eine schwere Hypakusis beidseitig. Im Vordergrund des psychopathologischen Befundes stehe eine depressive Grundstimmung mit Antriebs- und Af-fektstörung, Ratlosigkeit, Unruhe, Schlafstörungen sowie zahlreichen Körperbeschwerden. Unter Belastungssituationen komme es ohne Unterlass zu resignativen Lebenseinstellungen bis hin zur Suizidalität. Der Kläger hat ein unter dem 04. Mai 2010 datierendes Attest des Arztes Dr. T vorgelegt, wonach er mittlerweile an Diabetes Typ II leide.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen fest und ist der Meinung, dass beim Kläger keine nennenswerten quantitativen Einschränkungen seines Leistungsvermögens vorlägen.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. med. M S, welches sie nach ambulanten Untersuchungen am 16., 19. Oktober und 02. November 2009 unter dem 23. Januar 2010 erstellt hat. Die Sachverständige nahm testpsychologische Untersuchungen sowie ein Elektroenzephalogramm (EEG) vor und befragte auch die Ehefrau des Klägers. Sie stellte bei dem Kläger folgende Krankheiten fest: rezidivierend-depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischem Syndrom mit Versagens- und Insuffizienzgefühlen, bekannte Migräne, Karpaltunnelsyndrom links, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, beidseits bekannte Schwerhörigkeit, mit Hörgeräten versorgt, substituierte Hypothyreose und Hyperlipidämie. Die psychische Erkrankung äußere sich dahingehend, dass der Klä-ger äußerlich eher in sich gekehrt, zurückgezogen, depressiv, mit vermindertem Antrieb, verminderter Lust und Freude, ohne Interesse sei. Es handele sich dabei um eine gestörte Erlebnisverarbeitung (psychisches Fehlverhalten). Dem Kläger sei dieses Fehlverhalten nicht bewusst. Hinweise auf aggravatorische Verhaltensweisen könnten nicht ausgeschlossen werden; nach Einschätzung der Sachverständigen handele es sich hier um ein vollbewusstes Verhalten im Sinne einer Begehrensvor-stellung. Die Versorgungshaltung des Klägers sei so weit fixiert beziehungsweise gefestigt, dass er nicht mehr in der Lage sei, die Fehlhaltung bei zumutbarer Willensanstrengung zu überwinden. Möglicherweise nehme der Kläger seine Medikamente nicht wie vereinbart ein. Davon abgesehen sei unklar, warum der Kläger von seinem behandelnden Neurologen und Psychiater mi einem Neuroleptikum behandelt werde. Die Anwendungsgebiete dafür seien Langzeittherapie und Rezidivprophylaxe akuter produktiver und chronisch schizophrener Psychosen, welche beim Kläger nicht vorlägen. Der Kläger wähne sich aktuell aufgrund seiner schweren Erkrankung subjektiv als nicht arbeitsfähig und damit nicht leistungsfähig. Aktuell sei er in der Tat aufgrund der rezidivierend-depressiven Störung nicht in der Lage, einer Tätigkeit von wirtschaftlichem Nutzen nachzugehen. Allerdings sei zu erwähnen, dass die Möglichkeiten einer entsprechenden Behandlung nicht ausgeschöpft seien. Insbesondere habe der Kläger keine muttersprachliche Psychotherapie als eine wesentliche Säule der Behandlung in Anspruch genommen. Zudem seien die medikamentösen Maßnahmen wohl bei fehlendem Spiegel nicht ausgeschöpft. Allerdings sei einschränkend darauf hinzuweisen, dass die Erkrankung so weit chronifiziert sei, die Versorgungshaltung und die erlernte Hilflosigkeit so weit gefestigt schienen, dass eine durchgreifende Besserung schwer zu erreichen sein dürfte. Aktuell seien dem Kläger lediglich, wenn überhaupt, leichte Tätigkeiten zuzumuten. Neben anderen qualitativen Einschränkungen seien einseitige körperliche Belastungen nicht zuträglich. Unter Zeitdruck sollte der Kläger ebenfalls nicht arbeiten. Ein festgelegter Arbeitsrhythmus sei indiziert, allerdings aufgrund der einzunehmenden Medikamente nicht an laufenden Maschinen. Er könne Arbeiten überwiegend oder teilweise am Computer nicht durchführen, da er die deutsche Sprache nicht entsprechend Schrift und Bild beherrsche. Ihm seien lediglich einfache geistige Arbeiten zuzumuten. Wegeeinschränkungen seien nicht vorhanden. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche aktuell aufgrund der mittelschweren depressiven Episode nicht aus, um eine Tätigkeit von durchschnittlich drei Stunden täglich auszuführen. Die Einschränkungen bestünden möglicherweise seit Antragstellung.
Die Beklagte ist dem Gutachten mit einer Stellungnahme der Fachärztin für Nerven-heilkunde Dr. med. I C des sozialmedizinischen Dienstes vom 17. Februar 2010 entgegengetreten. Danach bestünden im letzten Gerichtsgutachten Ungereimtheiten, indem aus der Befragung des Klägers ein völlig passives Tagesbild hervorgehe sowie, dass er keine sozialen Kontakte habe, wohingegen bei der Sozialanamnese von einem guten Freundesnetzwerk die Rede sei, ohne dass der Kläger mit diesen Aussagen konfrontiert worden sei. Es ergebe sich die Frage, wie der Tagesablauf strukturiert sei. Der in türkischer Sprache durchgeführte psychologische Test sei nicht vali-diert; nicht nachvollziehbar sei die Durchführung eines EEG. Wie die Gutachterin bei einer sich mit den Einschätzungen des Sachverständigen Dr. L weitgehend deckenden Diagnose zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen gelange, sei nicht nachvollziehbar. Soweit die Sachverständige auf einen zu niedrigen Medikamentenspiegel verweise, würden durchaus Behandlungsoptionen bestehen. Es ergebe sich aus dem Gutachten auch keine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers; vielmehr gelange die Sachverständige zu einer gegenüber dem behandelnden Facharzt milderen Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung bloß mittelgradiger Ausprägung.
In der unter dem 16. Juni 2010 erstellten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme hat die Sachverständige Dr. S unter anderem ausgeführt, dass beim Kläger eine rezidivierend-depressive Erkrankung vorliege, welche nach Aktenlage mindestens seit Antragstellung bestehe. Auch wenn die Behandlungsoptionen nicht ausgeschöpft seien, besage dies nicht, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers voll oder eingeschränkt fortbestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten sowie der gerichtlichen Sachverständigengutachten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlagen in Betracht kommenden §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind nicht erfüllt.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmark-tes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch behinderte Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist dagegen nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des all-gemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Hiervon ausgehend ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger weder die medizinischen Voraussetzungen der teilweisen noch der vollen Erwerbsminderung erfüllt. Denn er ist auch angesichts der bei ihm festgestellten Leiden und unter Beachtung der daraus folgenden qualitativen Leistungseinschränkungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Für die von ihm behaupteten quantitativen Leistungseinschränkungen geben die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. L und L von vornherein nichts her. Beide Sachverständige gelangen - im Ergebnis übereinstimmend - jeweils auf ihrem Fachgebiet zur nachvollziehbaren Einschätzung, dass das verbliebene Leistungsvermögen noch für mindestens sechs Stunden der täglichen Arbeitszeit ausreicht. Sie haben ihre Erkenntnisse jeweils auf der Grundlage einer eigenen Untersuchung und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen medizinischen Befunde gewonnen und eben hieraus ihre Leistungsbewertung widerspruchsfrei und überzeugend hergeleitet. Sie haben insbesondere nachvollziehbar dargelegt, welche qualitativen Leistungseinschränkungen aus den von ihnen erhobenen Befunden folgen. Hierbei tragen die Sachverständigen den beim Kläger bestehenden qualitativen Einschränkungen Rechnung. Sie muten ihm wegen der Krankheiten am Bewegungsapparat (wiederkehrende Reizsymptome der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen, Knieschmerzen nach Zustand bei Kniegelenksentzündung rechts) keine körperlich schweren Arbeiten zu. Sie halten indes im Übrigen - eingedenk sämtlicher beim Kläger bestehender Leiden - an einem vollschichtigen Leistungsvermögen fest.
Auch die übrigen ärztlichen Stellungnahmen lassen einen Rückschluss auf dauerhafte quantitative Leistungseinschränkungen des Klägers nicht zu. Vielmehr wird dem Klä-ger in den beiden Reha-Entlassungsberichten ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei qualitativen Leistungseinschränkungen bescheinigt; die von der Agentur für Arbeit B veranlassten Begutachtungen ergeben ebenfalls nur qualitative Leistungseinschränkungen.
Soweit die Sachverständige Dr. S demgegenüber in ihrem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten zu einem unter drei Stunden liegenden Restleistungsvermögen gelangt, überzeugt dies nicht. Zunächst gibt das Gutachten Dr. S von vornherein nichts für quantitative Einschränkungen her, welche auf den Erkrankungen des Bewegungsapparats oder sonstigen organischen Leiden des Klägers beruhen könnten. So ergab ihre körperliche Untersuchung des KIägers – wie bereits die der Sachverständi-gen Dr. L und L – sowohl auf neurologischem Gebiet als auch den Bewegungsapparat betreffend unauffällige Befunde. Die Sachverständige stellt für das Bestehen einer quantitativen Leistungseinschränkung maßgeblich auf die mittelgradige rezidivierend-depressive Störung mit somatischem Syndrom mit Versagens- und Insuffizienzgefühlen ab. Hierbei lässt sich der hieraus gezogene Schluss auf eine quantitative Leis-tungseinschränkung indes im Ansatz nicht nachvollziehen. Der Senat teilt insofern die Bedenken, welche Dr. C vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten geäußert hat. Zunächst leidet das Gutachten Dr. S in der Tat insoweit an mangelnder Überzeugungskraft, als sie sich mit den Widersprüchen bei der Anamnese nicht auseinandersetzt. So hat die Sachverständige im sozialanamnestischen Teil ihres Gutachtens zunächst die Befragung des Klägers zu sich und seiner Familie dahin wiedergegeben, dass sie gut in einem Freundesnetzwerk aufgenommen seien und auch gute Freunde hätten. Demgegenüber hat sich die Sachverständige bei Ihrer Diagnose und Bewertung der Leistungsfähigkeit im Wesentlichen auf die Schilderung des Tagesablaufs und die Befragung der Ehefrau des Klägers gestützt, wonach sich der Kläger völlig zurückgezogen und keine Kontakte mehr habe, ohne hierbei auch dem Leidensdruck der Ehefrau hinreichend Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang fehlt es im Übrigen an einer Berücksichtigung der wesentlich abweichenden Feststellungen im Gutachten des Sachverständigen Dr. L Dort hatte der Kläger zum Tagesablauf unter anderem noch angegeben, Bücher und Zeitung zu lesen, Hausarbeiten zu erledigen, ein- bis zweimal wöchentlich zu einem türkisch-islamischen Verein zu gehen, zwei- bis dreimal wöchentlich von Mitgliedern des Vereins besucht zu werden. Weiterhin leidet die Überzeugungskraft des Gutachtens daran, dass die Sachverständige die nach ihrer Einschätzung bestehenden Leistungseinschränkungen nicht an bestimmten, von ihr erhobenen Befunden festmacht. Darüberhinaus vermag sich die Sachverständige in ihrem Gutachten zunächst allenfalls auf eine aktuelle Bewertung des Gesundheitszustands und Leistungsvermögens des Klägers festzulegen. Wieso sie in ihrer ergän-zenden Stellungnahme schließlich doch zur Einschätzung gelangt, dass der Kläger bereits seit Antragstellung unter einer rezidivierend-depressiven Erkrankung gelitten habe und seitdem nicht mehr in der Lage gewesen sei, einer Tätigkeit von wirtschaftli-chem Nutzen nachzugehen, erschließt sich dem Senat nicht, insbesondere weil sich die Sachverständige mit den Befunden der anderen gerichtlichen Sachverständigen nicht auseinandergesetzt hat. Es fehlt zudem an einer Beschreibung der zu erwartenden Dauer der von ihr beim Kläger festgestellten Leiden und Einschränkungen. Schließlich vermag das Gutachten Dr. S keinen Aufschluss geschweige Beweis über die fehlende zeitliche Absehbarkeit etwaiger Leistungseinschränkungen im Sinne von § 43 Abs. 1 S. 2 beziehungsweise Abs. 2 S. 2 SGB VI zu erbringen. Die Sachverstän-dige selbst verweist auf die bislang unzureichende beziehungsweise dem Krankheitsbild des Klägers nicht entsprechende Medikation sowie auf die fehlende Ausschöpfung der zu Gebote stehenden Behandlungsmöglichkeiten insbesondere durch eine muttersprachliche Psychotherapie. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Sachverständige zu ihren eigenen Ausführungen in Widerspruch, indem Sie an anderer Stelle zunächst auf die fixierte und gefestigte Versorgungshaltung des Klägers und sein Unvermögen verweist, die Fehlhaltung bei zumutbarer Willensanstrengung zu überwinden, ohne hieraus durch eine therapeutische Intervention gelöst werden zu können. Im Übrigen geben die von der Sachverständigen vorgenommenen testpsychologischen Untersuchungen keinen weiteren Aufschluss für die vom Kläger behaupteten Leistungseinschränkungen, zumal sie nicht zu einem einheitlichen Ergebnis führen und teilweise ohnehin nur den Schluss auf eine leichte depressive Störung zulassen. Das von der Sachverständigen durchgeführte EEG ergab keinen pathologischen Befund.
Auch vermag sich der Senat den Einschätzungen der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. T und S nicht anzuschließen, schon weil sich ihren Befundberichten beziehungsweise Bescheinigungen nicht entnehmen lässt, auf welchen genauen Befunderhebungen ihre Leistungsbewertungen beruhen. Die vom MDK veranlassten symptombezogenen Untersuchungen sind, indem sie ebenfalls keine nachvollziehbare Befunderhebung erkennen lassen und sich nur zur Arbeitsunfähigkeit des Klägers äußern, ebenfalls unergiebig.
Unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen sind dem Kläger nach Überzeugung des Senats jedenfalls noch einfache – ihn auch in geistig-intellektueller Hinsicht nicht überfordernde - Verrichtungen wie das Zureichen, Abnehmen, Trans-portieren, Reinigen, Kleben, Sortieren oder Verpacken, mithin jedenfalls auch leichte Bürohelferarbeiten möglich; eben so erscheinen auch Arbeiten am Computer nicht ausgeschlossen, zumal – entgegen der Einschätzung der Sachverständigen Dr. S - fehlende Sprachkenntnisse hierfür unbeachtlich sind, weil dies von vornherein nicht auf Krankheit oder Behinderung beruhende Leistungseinschränkungen im Sinne von § 43 Abs. 1 S. 2 beziehungsweise Abs. 2 S. 2 SGB VI sind. Dem steht auch nicht die langjährig vorliegende, mit Hörgeräten versorgte Scherhörigkeit des Klägers entge-gen, welche nur Arbeiten unter besonderer Lärmexposition oder starkem Publikumsverkehr verbietet. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die langjährige Tätigkeit des Klägers als Kassierer und Buchhalter in der Türkischen Gemeinde hinzuwei-sen.
Da hiernach keine Zweifel bestehen, dass das Restleistungsvermögen des Klägers noch leichte körperliche Verrichtungen erlaubt, welche in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, und auch nicht die Gefahr besteht, dass dem Kläger aufgrund seiner Leistungseinschränkungen der Arbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist, stellt sich hier die Frage nach einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 30/98 R -, zitiert nach juris Rn. 13).
Schließlich fehlt es dem Kläger auch nicht an der erforderlichen Wegefähigkeit. In der Regel ist auch derjenige erwerbsgemindert, welcher selbst unter Verwendung von Hilfsmitteln, zum Beispiel von Gehstützen, nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als fünfhundert Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, - 13/5 RJ 73/90 -, zitiert nach juris Rn. 19). An einer Wegefähigkeit dieses Umfangs bestehen hier nach der überstimmenden Einschätzung sämtlicher medizinischer Sachverständiger keine vernünftigen Zweifel.
Für den Kläger kommt auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Be-rufsunfähigkeit in Betracht.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch solche Versicherte einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI solche Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für welche die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die je-weilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Dieser Anspruch scheitert bereits daran, dass der Kläger entgegen § 240 Abs. 1 SGB VI erst nach dem 02. Januar 1961 geboren ist. Soweit der Kläger auf ein drei Jahre früheres Geburtsdatum als dem 05. Februar 1961 verweist, ist dieses Vorbringen bereits nach § 33a des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift ist, wenn Rechte oder Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, das Geburtsdatum maßgebend, welches sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt (Abs. 1), es sei denn, dass ein Schreibfeh-ler vorliegt oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (Abs. 2). Vorliegend ist weder eine abweichende frühere Angabe gegenüber irgendeinem Sozial-leistungsträger noch ein bloßer Schreibfehler noch eine anderslautende frühere Urkunde ersichtlich.
Davon abgesehen liegen auch die weiteren Voraussetzungen für einen Rentenanspruch aus § 240 SGB VI nicht vor. Insbesondere ist eine Berufsunfähigkeit des Klägers nicht erkennbar.
Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist vom bisherigen Beruf des Versicherten auszugehen. Es ist dann zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 35/93 -, vom 16. November 2000 - B 13 RJ 79/99 R -, jeweils zitiert nach juris).
Der für den Berufsschutz des Klägers maßgebliche bisherige Beruf ist die ausgeübte Tätigkeit im Lebensmitteleinzelhandel.
Bisheriger Beruf ist in der Regel eine der Versicherungspflicht unterliegende Berufstätigkeit, welche der Versicherte zuletzt auf Dauer verrichtete, und zwar mit dem Ziel, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höherqualifizierte Tätigkeit im Wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch freiwillig aufgegeben oder sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, zitiert nach juris).
Angesichts des beruflichen Werdegangs des Klägers ist sein hier maßgeblicher Beruf derjenige eines Mitarbeiters im Lebensmitteleinzelhandel. Soweit der Kläger im Klageverfahren angegeben hat, den Beruf des Malerhelfers während einer zweijährigen Lehr- beziehungsweise Anlernzeit erlernt zu haben, ohne dies zeitlich näher zu konkretisieren und zu belegen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Sollte die behauptete Anlernausbildung vor der Tätigkeit im Lebensmitteleinzelhandel gelegen haben, so ist für eine unfreiwillige, krankheitsbedingte Lösung aus seinem angelernten Malerberuf nichts ersichtlich. Die späteren ABM-Tätigkeiten beziehungsweise Arbeitsgelegenheiten als Malerhelfer und Gartenbauarbeiter unterfallen von vornherein nicht dem Berufsschutz, zumal auch nichts für eine dauerhafte Ausübung ersichtlich ist.
Zur Erleichterung der Beurteilung, ob ein Verweisungsberuf benannt werden muss und welcher Verweisungsberuf gegebenenfalls sozial zumutbar ist, hat das Bundessozialgericht ein aus mehreren Stufen bestehendes Schema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach Bedeutung, welche Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet. Danach ergeben sich für die Arbeiterberufe folgende Stufen: - Stufe 1: ungelernte Arbeiter oder Angestellte - Stufe 2: angelernte Arbeiter oder Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren - Stufe 3: Facharbeiter mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren oder Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren - Stufe 4: hoch qualifizierte Facharbeiter, zu denen Facharbeiter mit Vorgesetz-tenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung gehören, oder Angestellte mit hoher beruflicher Qualität (BSG, Urteile vom 13. Dezember 1984 – 11 RA 72/83 - und vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 25/96 -, jeweils zitiert nach juris).
Dies zugrunde gelegt kann der Kläger nach seinem beruflichen Werdegang allenfalls der Stufe 2 zugeordnet werden, ohne dass vorliegend ein konkreter Verweisungsberuf benannt werden muss.
Eine Verweisung, die grundsätzlich durch die konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächstniedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber mit einer Ausbildungsdauer von bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, a.a.O.).
Hiervon ausgehend liegt nichts dafür vor, dass sich der Kläger zumindest auf eine geschützte Anlerntätigkeit der zweiten Stufe berufen könnte. Sein Berufsschutz ist vielmehr an seiner einfachen Anlerntätigkeit im Lebensmitteleinzelhandel zu messen, mit der Folge, dass der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist, ohne dass nach dem zuvor Gesagten durchgreifende quantitative Leistungseinschränkungen erkennbar sind. Nichts anderes würde bei Zugrundelegung der Malerhelfertätigkeit gelten, weil mangels Nachweises einer längeren als ein Jahr andauernden Aus-bildung die Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt möglich ist. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger ist laut Angaben in seinem Rentenantrag 1961 in der Türkei geboren. Er ist deutscher Staatsangehöriger. Er verfügt über keinen Berufsbildungsabschluss. Von 1978 bis 1984 war der Kläger in einem Lebensmittelgeschäft in B beschäftigt. In der Folgezeit wechselten sich Arbeitslosigkeit und kurzzeitige Beschäftigungen beziehungsweise Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) etwa als Malerhelfer und Gartenarbeiter ab. Der Kläger war bis November 2004 ehrenamtlich Kassierer in der Türkischen Gemeinde und kümmerte sich dort um die Buchführung. Seit 2005 steht der Kläger im Bezug von Arbeitslosengeld II.
Der Kläger durchlief vom 01. Dezember 2003 bis zum 24. Dezember 2003 eine teilstationäre Rehabilitationsmaßnahme. Der Reha-Entlassungsbericht des Zentrums für ambulante Rehabilitation in B vom 21. Januar 2004 enthält folgende Diagnosen: eingeschränkte Kniegelenksbeweglichkeit rechts bei einem Zustand nach Kniegelenk-semphyem Mai 2003, postarthroskopisch, Pachydermoperiostose beziehungsweise Touraine-Solente-Golé-Syndrom sowie Schwerhörigkeit beidseitig. In dem Reha-Entlassungsbericht heißt es weiter, dass der Kläger seine zuletzt im Rahmen einer ABM durchgeführte Tätigkeit als Maler nicht mehr wahrnehmen könne. Es bestehe für den allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsbild für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Leistungseinschränkungen. Diese resultierten aus einer Einschränkung des Hörvermögens, der Gebrauchsfähigkeit der Hände, der Fähigkeit zum Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, der Gang- und Standsicherheit und des Hebens, Tragens und Bewegens von Lasten. Zu vermeiden seien Erschütterungen, Vibrationen und Tätigkeiten mit erhöhter Unfall-gefahr. Der Kläger durchlief vom 22. Februar 2005 bis zum 19. April 2005 eine statio-näre Rehabilitationsmaßnahme. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der Bklinik in B – Abteilung Psychosomatik – vom 19. April 2005 bestanden folgende Diagnosen: Soma-tisierungsstörung bei einer zwanghaften Persönlichkeitsstruktur, sonstiges Kopfschmerzsyndrom, sonstige Rückenschmerzen bei mehreren Lokalisationen der Wirbelsäule und Gonarthrose (Arthrose des Kniegelenks). Das Leistungsbild des Klägers wurde in dem Reha-Entlassungsbericht dahin beschrieben, dass das Bücken, Hocken und Knien sowie das Leitersteigen und Gerüstarbeiten zu vermeiden seien, dass wegen Allergien die Vermeidung von Arbeit mit häufigem Kontakt mit metallhaltigen Gegenständen geboten sei, Nachtschichten zu vermeiden seien und eine Schwerhörigkeit beidseitig zu berücksichtigen sei. Der Kläger könne seine letzte Tätigkeit als Gärt-ner beziehungsweise Gartenarbeiter in einem zeitlichen Umfang von nur noch weniger als drei Stunden verrichten. Ansonsten stehe der Kläger dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden und mehr täglich für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen zur Verfügung.
Der Kläger stellte am 05. April 2005 bei der Beklagten den unter dem 20. September 2004 datierenden Antrag auf Versichertenrente. Er fügte dem Antrag einen Arztbrief des V Klinikums N vom 27. Mai 2003 bei, in welchem als Diagnose Kniegelenksemphyem rechts bei Zustand nach ambulanter Kniegelenksspiegelung bezeichnet war. Ferner reichte der Kläger ärztliche Bescheinigungen des ihn behandelnden Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. med. M T vom 19. Januar 2004, 26. April 2004 und 29. Juni 2004 ein, wonach es unter anderem aufgrund der fortgeschrittenen Verschleißerkrankungen des Bewegungsapparats zu wiederkehrenden lokalen Reizerscheinungen und Schmerzsyndromen komme, welche die Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit deutlich mindern würden. Zur Verhinderung einer Verschlimmerung seien dem Kläger das Heben und Tragen schwerer Lasten, langes Stehen, Sitzen o-der Gehen, das Arbeiten über Kopf und in gebeugter Haltung sowie kniende Tätigkeiten zu erlassen. Es bestehe beim Kläger eine Pachydermoperiostose sowie ein Touraine-Solente-Golé-Syndrom, aufgrund dessen der Kläger nicht in der Lage sei, irgendwelche körperliche Arbeiten zu verrichten.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22. Juni 2005 die Rentengewährung unter anderem mit der Begründung ab, dass der Kläger auch eingedenk der bei ihm bestehenden Somatisierungsstörung, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Wirbelsäulenerkrankung und Gonarthrose mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünftagewoche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten könne. Der Kläger erhob am 05. Juli 2005 Widerspruch. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005 und im Wesentlichen gleich bleibender Begründung wie im Ausgangsbescheid zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 05. September 2005 zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage weiterverfolgt, in welcher er auf das von ihm als selten bezeichnete Touraine-Solente-Golé-Syndrom verwiesen hat. Dieses bewirke eine Knochenverformung mit der Folge, dass fortschreitende Schäden an Hals, Lendenwirbelsäule und in den Gelenken, ständige Kopfschmerzen, Arthrosen etc. auftreten würden. Er erleide inzwischen in jeder Körperhaltung und jeder Bewegung Schmerzen. Des Weiteren sei er sehr schwerhörig. Eine Besserung seines Zustandes sei nicht zu erwarten. Vielmehr sei seine Krankheit von einer fortschreitenden Verschlechterung geprägt. Im weiteren Verfahrensgang hat der Kläger eine ärztliche Bescheinigung des ihn behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie I S vom 15. September 2005 eingereicht. Danach befinde sich der Kläger bei ihm seit September 2004 in ambulanter nervenärztlicher Behandlung, leide an einem chronifizierten depressiven Syndrom bei zwanghafter Persönlichkeitsstruktur; zusätzlich bestünden ein HWS-Syndrom mit rezidivierendem Zervikobrachialgien sowie rezidivierende Lumboischialgien und Cephalgien, und eine Gonarthrose dürfe nicht unerwähnt bleiben. Es bestehe zudem auch eine Somatisierungsstörung; immer wieder auftretende Kopfschmerzen seien einer Migräne zuzuordnen. Im Vordergrund des Krankheitsbildes stehe eine schwere Hörschwäche auf beiden Seiten bei einem Zustand nach viermaliger Ohrenoperation. Der Kläger sei im Rahmen der Hörstörung verunsichert, ängstlich depressiv und meide Kontakte; die Krankheit sei mittlerweile chronifiziert. Die Krankheit habe zu einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit geführt; die Art und Schwere des Krankheitsbildes und der Verlauf bildeten Veranlassung, den Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente zu unterstützen.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen mit Beweisanordnung vom 03. November 2005 Beweis erhoben durch Einholung des von Dr. med. U L, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie – Psychotherapie, erstellten Sachverständigengutachtens. Es wurde unter dem 06. Februar 2006 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Beisein eines Dolmetschers am 01. Dezember 2005 erstellt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen bestanden beim Kläger folgende Krankheiten: anhaltende somato-forme Schmerzstörung bei zwanghaft paranoider Persönlichkeitsstruktur, Schwerhörigkeit, degenerative Wirbelsäulenveränderung, degenerative Kniegelenksveränderung rechts, verschiedene Allergien. Die Diagnose einer Pachydermoperiostose beziehungsweise eines Touraine-Solente-Golé-Syndroms sei aus den übersandten Un-terlagen und der aktuellen Untersuchung nicht nachvollziehbar. Das nach qualitativen Einschränkungen verbliebene Leistungsvermögen reiche noch für mindestens sechs oder mehr Stunden der täglichen Arbeitszeit aus; insofern werde von der Einschät-zung der behandelnden Ärzte abgewichen. Insbesondere bestehe entgegen der Ein-schätzung des Arztes S kein chronifiziertes depressives Syndrom, sondern die für Schwerhörige oft typische, anhaltende Verunsicherung mit misstrauisch gereizten Reaktionen, ohne dass diese Symptomatik ein Ausmaß erreicht habe, welches zu völliger Leistungsunfähigkeit geführt habe. Aus der ärztlichen Bescheinigung Dr. T vom 19. Juni 2004 sei nicht nachvollziehbar, wieso der Kläger keine Art körperlicher Arbeiten verrichten könne.
Der Kläger ist dem Gutachten unter anderem mit einer Stellungnahme des Arztes S vom 22. März 2006 entgegengetreten, wonach der Sachverständige Dr. L das Krankheitsbild ausreichend und gründlich geschildert habe, bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit allerdings eine deutliche Diskrepanz zu seinen eigenen Beobachtungen bestehe. Die Leistungsfähigkeit sei nach den vom Kläger seit 2004 geschilderten glaubhaften Leistungseinbußen geringer als von Dr. L bewertet. Ferner hat der Kläger ein ärztliches Attest Dr. T vom 24. März 2006 vorgelegt, wonach der Kläger als Gartenarbeiter nicht mehr ausreichend belastbar sei. Wegen seiner Leiden sei der Kläger nicht mehr in der Lage, eine Vollzeitarbeit anzutreten. Schließlich hat der Kläger ein ärztliches Attest der Dres. med. C T und NG vom 06. März 2006 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der vorgenannten behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Ferner hat das Sozialgericht von der Agentur für Arbeit B ein nach Aktenlage erstelltes Gutachten des dortigen ärztlichen Diensts vom 17. August 2004 sowie ein nach ambulanter Untersuchung erstelltes Gutachten der Arbeitsmedizinerin Dr. med. R beigezogen. Schließlich hat das Sozialgericht vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) Protokollabschriften symptombezogener Untersuchungen des Orthopäden Dr. med. B vom 13. Dezember 2004 und der Ärztin L vom 27. Dezember 2004 sowie die Schwerbehindertenakten für den Kläger beigezogen, ausweislich derer das Landesamt für Gesundheit und Soziales - Versorgungsamt - beim Kläger mit Bescheid vom 03. April 2006 einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 feststellte.
Das Sozialgericht hat aufgrund Beweisanordnung vom 05. September 2006 Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren schriftlichen Gutachtens auf allgemeinmedizinischem Fachgebiet durch den Arzt für Arbeitsmedizin und Allgemeinmedizin T L, welches dieser unter dem 12. Dezember 2006 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Beisein eines Dolmetschers am 30. November 2006 erstellt hat. Der Sachverständige hat beim Kläger folgende Leiden festgestellt: seelisches Leiden mit bereits gutachtlich festgestellter anhaltender somatoformer Schmerzstörung bei zwanghaft paranoider Persönlichkeitsstruktur, Schwerhörigkeit beidseitig, wiederkeh-rende Reizsyndrome der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen, Knieschmerzen nach Zustand bei Kniegelenksentzündung rechts, wiederkehrende Magen- beziehungsweise Darmbeschwerden, Pachydermoperiostose und pathologische Schlafaktivität. Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers stünden die Auswirkungen des seelischen Leidens mit gehäuft auftretenden Kopfschmerzen sowie anhaltenden Körperfühlstörungen. Soweit der Sachverständige L anhaltende somatoforme Schmerz-störung bei zwanghaft paranoider Persönlichkeitsstruktur festgestellt habe und den Kläger für voll leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Leis-tungseinschränkungen angesehen habe, sei dem zu folgen. Der Kläger könne hierbei und bei voller Wegefähigkeit vollschichtig mindestens acht Stunden täglich bei üblicher Pausengestaltung arbeiten. Zumutbar seien auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt körperlich leichte, teilweise auch mittelschwere Tätigkeiten, die im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt werden können. Auch das gelegentliche Bücken, Hocken oder Knien sei zumindest kurzfristig möglich, nicht jedoch Arbeiten in Zwangshaltungen wie Überkopfarbeit oder auch Arbeit auf Leitern und Gerüsten. Die Tätigkeit müsse ohne Einfluss von extremen Umweltbedingungen wie Hitze, Kälte, Zugluft, Staub oder Feuchtigkeit stattfinden; Arbeiten unter Zeitdruck seien nicht zumutbar. Auch die Arbeit an laufenden Maschinen sei wegen der eingeschränkten Reaktionsfähigkeit wegen Verletzungsgefahr nicht zumutbar. Es bestehe keine Einschränkung der Fingerfeinbeweglichkeit. Arbeiten am Computer sei möglich.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. November 2007 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung habe. Den beiden eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten sei gegenüber den entgegenstehenden Äußerungen der den Kläger behandelnden Ärzte der Vorzug zu geben. Die Frage, ob der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen eine Tätigkeit, die noch mindestens sechs Stunden täglich möglich sei, auch tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt finde, falle in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung und führe nicht dazu, den Kläger als erwerbsgemindert im Sinne der Rentenversicherung anzusehen. Der Kläger könne mit dem verbliebenen Restleistungsvermögen jedenfalls noch die Tätigkeit einer Bürohilfskraft ausüben. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Er-werbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass der Versicherte vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sei, wohingegen der Kläger laut seinen Angaben bei allen Antragstellungen und den offiziellen Registrierungen erst am 05. Februar 1961 geboren sei. Im Übrigen liege auch nichts für eine Berufsunfähigkeit vor, für welche die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit als Aushilfskraft in einem Lebensmittelladen ausschlaggebend sei. Diese Tätigkeit wiederum sei nach dem vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschema allenfalls der Tätigkeit eines Angelernten im unteren Bereich zuzuordnen, so dass der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.
Der Kläger hat gegen das ihm am 19. November 2007 zugestellte Urteil am 10. De-zember 2007 Berufung eingelegt. Er behauptet, gegenüber den Angaben in seinem Personalausweis drei Jahre älter zu sein und seinerzeit ein unzutreffendes Geburtsdatum angegeben zu haben, damit er 1968 habe nach Deutschland kommen können. Angesichts der im Gerichtsbescheid aufgezählten Krankheiten komme für den Kläger etwa auch eine Tätigkeit am Computer nicht mehr in Betracht, weil sie nach seinem Ausbildungs- und Gesundheitszustand nicht von ihm erwartet werden könne, sondern eine bereits anspruchsvolle Anlerntätigkeit sei. Das Gericht erster Instanz sei ver-pflichtet gewesen, den sich widersprechenden Einschätzungen der Gutachter und Ärzte nachzugehen und in einer mündlichen Verhandlung durch Befragen aufzuklären, welche Krankheiten der Kläger habe und wie hoch dessen Leistungsfähigkeit noch sei. Der Kläger hat ärztliche Bescheinigungen des Arztes S vom 04. Dezember 2007 und 01. August 2008 vorgelegt, wonach er an einem inzwischen chronifizierten mittelschweren bis schweren depressiven Syndrom mit Somatisierungsstörung leide. Zusätzlich bestehe eine schwere Hypakusis beidseitig. Im Vordergrund des psychopathologischen Befundes stehe eine depressive Grundstimmung mit Antriebs- und Af-fektstörung, Ratlosigkeit, Unruhe, Schlafstörungen sowie zahlreichen Körperbeschwerden. Unter Belastungssituationen komme es ohne Unterlass zu resignativen Lebenseinstellungen bis hin zur Suizidalität. Der Kläger hat ein unter dem 04. Mai 2010 datierendes Attest des Arztes Dr. T vorgelegt, wonach er mittlerweile an Diabetes Typ II leide.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen fest und ist der Meinung, dass beim Kläger keine nennenswerten quantitativen Einschränkungen seines Leistungsvermögens vorlägen.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. med. M S, welches sie nach ambulanten Untersuchungen am 16., 19. Oktober und 02. November 2009 unter dem 23. Januar 2010 erstellt hat. Die Sachverständige nahm testpsychologische Untersuchungen sowie ein Elektroenzephalogramm (EEG) vor und befragte auch die Ehefrau des Klägers. Sie stellte bei dem Kläger folgende Krankheiten fest: rezidivierend-depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischem Syndrom mit Versagens- und Insuffizienzgefühlen, bekannte Migräne, Karpaltunnelsyndrom links, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, beidseits bekannte Schwerhörigkeit, mit Hörgeräten versorgt, substituierte Hypothyreose und Hyperlipidämie. Die psychische Erkrankung äußere sich dahingehend, dass der Klä-ger äußerlich eher in sich gekehrt, zurückgezogen, depressiv, mit vermindertem Antrieb, verminderter Lust und Freude, ohne Interesse sei. Es handele sich dabei um eine gestörte Erlebnisverarbeitung (psychisches Fehlverhalten). Dem Kläger sei dieses Fehlverhalten nicht bewusst. Hinweise auf aggravatorische Verhaltensweisen könnten nicht ausgeschlossen werden; nach Einschätzung der Sachverständigen handele es sich hier um ein vollbewusstes Verhalten im Sinne einer Begehrensvor-stellung. Die Versorgungshaltung des Klägers sei so weit fixiert beziehungsweise gefestigt, dass er nicht mehr in der Lage sei, die Fehlhaltung bei zumutbarer Willensanstrengung zu überwinden. Möglicherweise nehme der Kläger seine Medikamente nicht wie vereinbart ein. Davon abgesehen sei unklar, warum der Kläger von seinem behandelnden Neurologen und Psychiater mi einem Neuroleptikum behandelt werde. Die Anwendungsgebiete dafür seien Langzeittherapie und Rezidivprophylaxe akuter produktiver und chronisch schizophrener Psychosen, welche beim Kläger nicht vorlägen. Der Kläger wähne sich aktuell aufgrund seiner schweren Erkrankung subjektiv als nicht arbeitsfähig und damit nicht leistungsfähig. Aktuell sei er in der Tat aufgrund der rezidivierend-depressiven Störung nicht in der Lage, einer Tätigkeit von wirtschaftlichem Nutzen nachzugehen. Allerdings sei zu erwähnen, dass die Möglichkeiten einer entsprechenden Behandlung nicht ausgeschöpft seien. Insbesondere habe der Kläger keine muttersprachliche Psychotherapie als eine wesentliche Säule der Behandlung in Anspruch genommen. Zudem seien die medikamentösen Maßnahmen wohl bei fehlendem Spiegel nicht ausgeschöpft. Allerdings sei einschränkend darauf hinzuweisen, dass die Erkrankung so weit chronifiziert sei, die Versorgungshaltung und die erlernte Hilflosigkeit so weit gefestigt schienen, dass eine durchgreifende Besserung schwer zu erreichen sein dürfte. Aktuell seien dem Kläger lediglich, wenn überhaupt, leichte Tätigkeiten zuzumuten. Neben anderen qualitativen Einschränkungen seien einseitige körperliche Belastungen nicht zuträglich. Unter Zeitdruck sollte der Kläger ebenfalls nicht arbeiten. Ein festgelegter Arbeitsrhythmus sei indiziert, allerdings aufgrund der einzunehmenden Medikamente nicht an laufenden Maschinen. Er könne Arbeiten überwiegend oder teilweise am Computer nicht durchführen, da er die deutsche Sprache nicht entsprechend Schrift und Bild beherrsche. Ihm seien lediglich einfache geistige Arbeiten zuzumuten. Wegeeinschränkungen seien nicht vorhanden. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche aktuell aufgrund der mittelschweren depressiven Episode nicht aus, um eine Tätigkeit von durchschnittlich drei Stunden täglich auszuführen. Die Einschränkungen bestünden möglicherweise seit Antragstellung.
Die Beklagte ist dem Gutachten mit einer Stellungnahme der Fachärztin für Nerven-heilkunde Dr. med. I C des sozialmedizinischen Dienstes vom 17. Februar 2010 entgegengetreten. Danach bestünden im letzten Gerichtsgutachten Ungereimtheiten, indem aus der Befragung des Klägers ein völlig passives Tagesbild hervorgehe sowie, dass er keine sozialen Kontakte habe, wohingegen bei der Sozialanamnese von einem guten Freundesnetzwerk die Rede sei, ohne dass der Kläger mit diesen Aussagen konfrontiert worden sei. Es ergebe sich die Frage, wie der Tagesablauf strukturiert sei. Der in türkischer Sprache durchgeführte psychologische Test sei nicht vali-diert; nicht nachvollziehbar sei die Durchführung eines EEG. Wie die Gutachterin bei einer sich mit den Einschätzungen des Sachverständigen Dr. L weitgehend deckenden Diagnose zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen gelange, sei nicht nachvollziehbar. Soweit die Sachverständige auf einen zu niedrigen Medikamentenspiegel verweise, würden durchaus Behandlungsoptionen bestehen. Es ergebe sich aus dem Gutachten auch keine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers; vielmehr gelange die Sachverständige zu einer gegenüber dem behandelnden Facharzt milderen Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung bloß mittelgradiger Ausprägung.
In der unter dem 16. Juni 2010 erstellten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme hat die Sachverständige Dr. S unter anderem ausgeführt, dass beim Kläger eine rezidivierend-depressive Erkrankung vorliege, welche nach Aktenlage mindestens seit Antragstellung bestehe. Auch wenn die Behandlungsoptionen nicht ausgeschöpft seien, besage dies nicht, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers voll oder eingeschränkt fortbestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten sowie der gerichtlichen Sachverständigengutachten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlagen in Betracht kommenden §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind nicht erfüllt.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmark-tes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch behinderte Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist dagegen nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des all-gemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.
Hiervon ausgehend ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger weder die medizinischen Voraussetzungen der teilweisen noch der vollen Erwerbsminderung erfüllt. Denn er ist auch angesichts der bei ihm festgestellten Leiden und unter Beachtung der daraus folgenden qualitativen Leistungseinschränkungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Für die von ihm behaupteten quantitativen Leistungseinschränkungen geben die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. L und L von vornherein nichts her. Beide Sachverständige gelangen - im Ergebnis übereinstimmend - jeweils auf ihrem Fachgebiet zur nachvollziehbaren Einschätzung, dass das verbliebene Leistungsvermögen noch für mindestens sechs Stunden der täglichen Arbeitszeit ausreicht. Sie haben ihre Erkenntnisse jeweils auf der Grundlage einer eigenen Untersuchung und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen medizinischen Befunde gewonnen und eben hieraus ihre Leistungsbewertung widerspruchsfrei und überzeugend hergeleitet. Sie haben insbesondere nachvollziehbar dargelegt, welche qualitativen Leistungseinschränkungen aus den von ihnen erhobenen Befunden folgen. Hierbei tragen die Sachverständigen den beim Kläger bestehenden qualitativen Einschränkungen Rechnung. Sie muten ihm wegen der Krankheiten am Bewegungsapparat (wiederkehrende Reizsymptome der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen, Knieschmerzen nach Zustand bei Kniegelenksentzündung rechts) keine körperlich schweren Arbeiten zu. Sie halten indes im Übrigen - eingedenk sämtlicher beim Kläger bestehender Leiden - an einem vollschichtigen Leistungsvermögen fest.
Auch die übrigen ärztlichen Stellungnahmen lassen einen Rückschluss auf dauerhafte quantitative Leistungseinschränkungen des Klägers nicht zu. Vielmehr wird dem Klä-ger in den beiden Reha-Entlassungsberichten ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei qualitativen Leistungseinschränkungen bescheinigt; die von der Agentur für Arbeit B veranlassten Begutachtungen ergeben ebenfalls nur qualitative Leistungseinschränkungen.
Soweit die Sachverständige Dr. S demgegenüber in ihrem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten zu einem unter drei Stunden liegenden Restleistungsvermögen gelangt, überzeugt dies nicht. Zunächst gibt das Gutachten Dr. S von vornherein nichts für quantitative Einschränkungen her, welche auf den Erkrankungen des Bewegungsapparats oder sonstigen organischen Leiden des Klägers beruhen könnten. So ergab ihre körperliche Untersuchung des KIägers – wie bereits die der Sachverständi-gen Dr. L und L – sowohl auf neurologischem Gebiet als auch den Bewegungsapparat betreffend unauffällige Befunde. Die Sachverständige stellt für das Bestehen einer quantitativen Leistungseinschränkung maßgeblich auf die mittelgradige rezidivierend-depressive Störung mit somatischem Syndrom mit Versagens- und Insuffizienzgefühlen ab. Hierbei lässt sich der hieraus gezogene Schluss auf eine quantitative Leis-tungseinschränkung indes im Ansatz nicht nachvollziehen. Der Senat teilt insofern die Bedenken, welche Dr. C vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten geäußert hat. Zunächst leidet das Gutachten Dr. S in der Tat insoweit an mangelnder Überzeugungskraft, als sie sich mit den Widersprüchen bei der Anamnese nicht auseinandersetzt. So hat die Sachverständige im sozialanamnestischen Teil ihres Gutachtens zunächst die Befragung des Klägers zu sich und seiner Familie dahin wiedergegeben, dass sie gut in einem Freundesnetzwerk aufgenommen seien und auch gute Freunde hätten. Demgegenüber hat sich die Sachverständige bei Ihrer Diagnose und Bewertung der Leistungsfähigkeit im Wesentlichen auf die Schilderung des Tagesablaufs und die Befragung der Ehefrau des Klägers gestützt, wonach sich der Kläger völlig zurückgezogen und keine Kontakte mehr habe, ohne hierbei auch dem Leidensdruck der Ehefrau hinreichend Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang fehlt es im Übrigen an einer Berücksichtigung der wesentlich abweichenden Feststellungen im Gutachten des Sachverständigen Dr. L Dort hatte der Kläger zum Tagesablauf unter anderem noch angegeben, Bücher und Zeitung zu lesen, Hausarbeiten zu erledigen, ein- bis zweimal wöchentlich zu einem türkisch-islamischen Verein zu gehen, zwei- bis dreimal wöchentlich von Mitgliedern des Vereins besucht zu werden. Weiterhin leidet die Überzeugungskraft des Gutachtens daran, dass die Sachverständige die nach ihrer Einschätzung bestehenden Leistungseinschränkungen nicht an bestimmten, von ihr erhobenen Befunden festmacht. Darüberhinaus vermag sich die Sachverständige in ihrem Gutachten zunächst allenfalls auf eine aktuelle Bewertung des Gesundheitszustands und Leistungsvermögens des Klägers festzulegen. Wieso sie in ihrer ergän-zenden Stellungnahme schließlich doch zur Einschätzung gelangt, dass der Kläger bereits seit Antragstellung unter einer rezidivierend-depressiven Erkrankung gelitten habe und seitdem nicht mehr in der Lage gewesen sei, einer Tätigkeit von wirtschaftli-chem Nutzen nachzugehen, erschließt sich dem Senat nicht, insbesondere weil sich die Sachverständige mit den Befunden der anderen gerichtlichen Sachverständigen nicht auseinandergesetzt hat. Es fehlt zudem an einer Beschreibung der zu erwartenden Dauer der von ihr beim Kläger festgestellten Leiden und Einschränkungen. Schließlich vermag das Gutachten Dr. S keinen Aufschluss geschweige Beweis über die fehlende zeitliche Absehbarkeit etwaiger Leistungseinschränkungen im Sinne von § 43 Abs. 1 S. 2 beziehungsweise Abs. 2 S. 2 SGB VI zu erbringen. Die Sachverstän-dige selbst verweist auf die bislang unzureichende beziehungsweise dem Krankheitsbild des Klägers nicht entsprechende Medikation sowie auf die fehlende Ausschöpfung der zu Gebote stehenden Behandlungsmöglichkeiten insbesondere durch eine muttersprachliche Psychotherapie. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Sachverständige zu ihren eigenen Ausführungen in Widerspruch, indem Sie an anderer Stelle zunächst auf die fixierte und gefestigte Versorgungshaltung des Klägers und sein Unvermögen verweist, die Fehlhaltung bei zumutbarer Willensanstrengung zu überwinden, ohne hieraus durch eine therapeutische Intervention gelöst werden zu können. Im Übrigen geben die von der Sachverständigen vorgenommenen testpsychologischen Untersuchungen keinen weiteren Aufschluss für die vom Kläger behaupteten Leistungseinschränkungen, zumal sie nicht zu einem einheitlichen Ergebnis führen und teilweise ohnehin nur den Schluss auf eine leichte depressive Störung zulassen. Das von der Sachverständigen durchgeführte EEG ergab keinen pathologischen Befund.
Auch vermag sich der Senat den Einschätzungen der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. T und S nicht anzuschließen, schon weil sich ihren Befundberichten beziehungsweise Bescheinigungen nicht entnehmen lässt, auf welchen genauen Befunderhebungen ihre Leistungsbewertungen beruhen. Die vom MDK veranlassten symptombezogenen Untersuchungen sind, indem sie ebenfalls keine nachvollziehbare Befunderhebung erkennen lassen und sich nur zur Arbeitsunfähigkeit des Klägers äußern, ebenfalls unergiebig.
Unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen sind dem Kläger nach Überzeugung des Senats jedenfalls noch einfache – ihn auch in geistig-intellektueller Hinsicht nicht überfordernde - Verrichtungen wie das Zureichen, Abnehmen, Trans-portieren, Reinigen, Kleben, Sortieren oder Verpacken, mithin jedenfalls auch leichte Bürohelferarbeiten möglich; eben so erscheinen auch Arbeiten am Computer nicht ausgeschlossen, zumal – entgegen der Einschätzung der Sachverständigen Dr. S - fehlende Sprachkenntnisse hierfür unbeachtlich sind, weil dies von vornherein nicht auf Krankheit oder Behinderung beruhende Leistungseinschränkungen im Sinne von § 43 Abs. 1 S. 2 beziehungsweise Abs. 2 S. 2 SGB VI sind. Dem steht auch nicht die langjährig vorliegende, mit Hörgeräten versorgte Scherhörigkeit des Klägers entge-gen, welche nur Arbeiten unter besonderer Lärmexposition oder starkem Publikumsverkehr verbietet. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die langjährige Tätigkeit des Klägers als Kassierer und Buchhalter in der Türkischen Gemeinde hinzuwei-sen.
Da hiernach keine Zweifel bestehen, dass das Restleistungsvermögen des Klägers noch leichte körperliche Verrichtungen erlaubt, welche in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, und auch nicht die Gefahr besteht, dass dem Kläger aufgrund seiner Leistungseinschränkungen der Arbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist, stellt sich hier die Frage nach einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 30/98 R -, zitiert nach juris Rn. 13).
Schließlich fehlt es dem Kläger auch nicht an der erforderlichen Wegefähigkeit. In der Regel ist auch derjenige erwerbsgemindert, welcher selbst unter Verwendung von Hilfsmitteln, zum Beispiel von Gehstützen, nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als fünfhundert Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, - 13/5 RJ 73/90 -, zitiert nach juris Rn. 19). An einer Wegefähigkeit dieses Umfangs bestehen hier nach der überstimmenden Einschätzung sämtlicher medizinischer Sachverständiger keine vernünftigen Zweifel.
Für den Kläger kommt auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Be-rufsunfähigkeit in Betracht.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch solche Versicherte einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI solche Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für welche die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die je-weilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Dieser Anspruch scheitert bereits daran, dass der Kläger entgegen § 240 Abs. 1 SGB VI erst nach dem 02. Januar 1961 geboren ist. Soweit der Kläger auf ein drei Jahre früheres Geburtsdatum als dem 05. Februar 1961 verweist, ist dieses Vorbringen bereits nach § 33a des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift ist, wenn Rechte oder Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, das Geburtsdatum maßgebend, welches sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt (Abs. 1), es sei denn, dass ein Schreibfeh-ler vorliegt oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (Abs. 2). Vorliegend ist weder eine abweichende frühere Angabe gegenüber irgendeinem Sozial-leistungsträger noch ein bloßer Schreibfehler noch eine anderslautende frühere Urkunde ersichtlich.
Davon abgesehen liegen auch die weiteren Voraussetzungen für einen Rentenanspruch aus § 240 SGB VI nicht vor. Insbesondere ist eine Berufsunfähigkeit des Klägers nicht erkennbar.
Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist vom bisherigen Beruf des Versicherten auszugehen. Es ist dann zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 35/93 -, vom 16. November 2000 - B 13 RJ 79/99 R -, jeweils zitiert nach juris).
Der für den Berufsschutz des Klägers maßgebliche bisherige Beruf ist die ausgeübte Tätigkeit im Lebensmitteleinzelhandel.
Bisheriger Beruf ist in der Regel eine der Versicherungspflicht unterliegende Berufstätigkeit, welche der Versicherte zuletzt auf Dauer verrichtete, und zwar mit dem Ziel, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höherqualifizierte Tätigkeit im Wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch freiwillig aufgegeben oder sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, zitiert nach juris).
Angesichts des beruflichen Werdegangs des Klägers ist sein hier maßgeblicher Beruf derjenige eines Mitarbeiters im Lebensmitteleinzelhandel. Soweit der Kläger im Klageverfahren angegeben hat, den Beruf des Malerhelfers während einer zweijährigen Lehr- beziehungsweise Anlernzeit erlernt zu haben, ohne dies zeitlich näher zu konkretisieren und zu belegen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Sollte die behauptete Anlernausbildung vor der Tätigkeit im Lebensmitteleinzelhandel gelegen haben, so ist für eine unfreiwillige, krankheitsbedingte Lösung aus seinem angelernten Malerberuf nichts ersichtlich. Die späteren ABM-Tätigkeiten beziehungsweise Arbeitsgelegenheiten als Malerhelfer und Gartenbauarbeiter unterfallen von vornherein nicht dem Berufsschutz, zumal auch nichts für eine dauerhafte Ausübung ersichtlich ist.
Zur Erleichterung der Beurteilung, ob ein Verweisungsberuf benannt werden muss und welcher Verweisungsberuf gegebenenfalls sozial zumutbar ist, hat das Bundessozialgericht ein aus mehreren Stufen bestehendes Schema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach Bedeutung, welche Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet. Danach ergeben sich für die Arbeiterberufe folgende Stufen: - Stufe 1: ungelernte Arbeiter oder Angestellte - Stufe 2: angelernte Arbeiter oder Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren - Stufe 3: Facharbeiter mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren oder Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren - Stufe 4: hoch qualifizierte Facharbeiter, zu denen Facharbeiter mit Vorgesetz-tenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung gehören, oder Angestellte mit hoher beruflicher Qualität (BSG, Urteile vom 13. Dezember 1984 – 11 RA 72/83 - und vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 25/96 -, jeweils zitiert nach juris).
Dies zugrunde gelegt kann der Kläger nach seinem beruflichen Werdegang allenfalls der Stufe 2 zugeordnet werden, ohne dass vorliegend ein konkreter Verweisungsberuf benannt werden muss.
Eine Verweisung, die grundsätzlich durch die konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächstniedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber mit einer Ausbildungsdauer von bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, a.a.O.).
Hiervon ausgehend liegt nichts dafür vor, dass sich der Kläger zumindest auf eine geschützte Anlerntätigkeit der zweiten Stufe berufen könnte. Sein Berufsschutz ist vielmehr an seiner einfachen Anlerntätigkeit im Lebensmitteleinzelhandel zu messen, mit der Folge, dass der Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist, ohne dass nach dem zuvor Gesagten durchgreifende quantitative Leistungseinschränkungen erkennbar sind. Nichts anderes würde bei Zugrundelegung der Malerhelfertätigkeit gelten, weil mangels Nachweises einer längeren als ein Jahr andauernden Aus-bildung die Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt möglich ist. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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