L 22 R 485/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 19 R 814/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 485/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 05. Mai 2010 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Wege der Untätigkeitsklage die Beklagte zu verpflichten, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen.

Für den im Januar 1959 geborenen Kläger sind Pflichtbeiträge bis Januar 1989, von Juli 1996 bis Mai 1999, von Mai 2005 bis Oktober 2006 und von Dezember 2006 bis September 2007 gezahlt worden. Nach dem Gesamtkontospiegel der Beklagten vom 29. Februar 2008 beantragte der Kläger am 21. November 1995 Versichertenrente, die mit Bescheid vom 21. November 1996 abgelehnt wurde.

Auf ein Ersuchen des Grundsicherungsamtes des Landkreises B vom 20. September 2007, dem verschiedene ärztliche Unterlagen beigefügt waren, teilte die Beklagte nach Einholung des Gutachtens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie N vom 21. August 2008 mit Schreiben vom 28. Januar 2008 mit, dass der Kläger (zumindest) seit dem 20. September 2007 voll erwerbsgemindert sei.

Im Oktober 2009 stellte der Kläger einen "Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente zum abgelehnten Antrag aus 1995 wegen fehlender Anwartschaft", den die Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 2009 ablehnte.

Am 18. November 2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage wegen Untätigkeit erhoben.

Er hat vorgetragen, 1995 das erste Mal einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gestellt zu haben. Daraufhin habe er einen abschlägigen Bescheid erhalten, gegen den er Widerspruch eingelegt habe. Einen Widerspruchsbescheid habe er nicht erhalten. Er habe immer neue Bescheide bekommen, in denen die Rente abgelehnt worden sei, gegen die er immer wieder Widerspruch eingelegt habe, ohne auch insoweit einen Widerspruchsbescheid erhalten zu haben. Unterlagen dazu seien bei ihm nicht mehr vorhanden. Da die Beklagte ihre Akten vernichtet habe, sei ihm deswegen ab 1995 rückwirkend Rente zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm auf seine wiederholt eingelegten Widersprüche einen Widerspruchsbescheid zu erteilen.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, aus dem Kontenspiegel ergebe sich nicht, dass gegen den Bescheid vom 21. November 1996 Widerspruch eingelegt worden sei. Akten aus dieser Zeit seien inzwischen vernichtet. Ein weiterer Bescheid sei am 14. Mai 1997 nach § 149 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) über die Feststellung rentenrechtlicher Zeiten und am 22. Oktober 2009 zum erneuten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung erteilt worden.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 05. Mai 2010 die Klage abgewiesen: Die Untätigkeitsklage sei unzulässig. Nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei eine Klage nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung eines Widerspruchs zulässig. Die Erhebung einer Untätigkeitsklage, die auf die Verurteilung zur Entscheidung über einen Widerspruch gerichtet sei, setze die Einlegung eines Widerspruches voraus. Daran fehle es. Ein Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21. November 1996 lasse sich nicht feststellen. Ebenso wenig seien weitere Bescheide über die Ablehnung einer Rente ersichtlich. Trotz Aufforderung des Gerichts habe der Kläger auch keinerlei Unterlagen zum Nachweis vorgelegt. Der fehlende Beweis gehe daher zu seinen Lasten.

Gegen den ihm am 08. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 02. Juni 2010 eingelegte Berufung des Klägers.

Er meint, nicht verpflichtet zu sein, Unterlagen zu liefern, da die Beklagte die Akten vernichtet habe. Zudem werde durch die beigefügte Kopie des Beschlagnahme-Protokolls vom 22. Januar 2009 nachgewiesen, dass er keinerlei Unterlagen besitze. Seit 2006 sei es zu mehrfachen Übergriffen widerrechtlicher Art in Form von Wohnungsöffnungen in seiner Abwesenheit gekommen.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 05. Mai 2010 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, einen Widerspruchsbescheid zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Senat hat die Auskunft des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Oktober 2010 eingeholt. Das Sonderheft mit den beschlagnahmten Originalunterlagen hat vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Untätigkeitsklage zu Recht abgewiesen. Da sich – auch nach den weiteren Ermittlungen des Senats – ein Widerspruch des Klägers nicht feststellen lässt, ist die Einlegung eines Widerspruches gegen den Bescheid vom 21. November 1996 nicht bewiesen, so dass die Beklagte nicht verpflichtet war, einen Widerspruchsbescheid zu erlassen.

Der Senat folgt dem Sozialgericht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht daher von einer weiteren Begründung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Berufungsvorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis. In dem Sonderheft mit den gemäß Durchsuchungs-/Sicherstellungsprotokoll vom 22. Januar 2009 beschlagnahmten Originalunterlagen befinden sich, wie in der Auskunft des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Oktober 2010 mitgeteilt, weder ein Widerspruchsschreiben noch entsprechende Eingangsnachweise. Auch eine Haftung bei Amtspflichtverletzung nach Art. 34 Grundgesetz (GG), die der Kläger in der Vernichtung von Verwaltungsakten durch die Beklagte sieht, begründet einen Anspruch erst, wenn der behauptete Schaden bewiesen ist. Nach der Vorstellung des Klägers besteht der Schaden im Verlust des bzw. der Widerspruchsschreiben. Es gibt jedoch keinen Nachweis dazu, dass ein Widerspruchsschreiben zu den Akten der Beklagten gelangt ist. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast trägt derjenige, der aus einer bestimmten Tatsache eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will, das Risiko, wenn sich diese Tatsache nicht erweisen lässt, vorliegend also der Kläger.

Die Berufung muss mithin erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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