L 18 AL 75/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 AL 363/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 75/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 18. Februar 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung durch Gewährung einer Fahrkostenbeihilfe (FKB).

Der 1984 geborene Kläger nahm nach vorheriger Arbeitslosigkeit am 2. Juni 2008 eine Beschäftigung als Monteur auf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag des Klägers mit der i-GmbH vom 15. Mai 2008 Bezug genommen. Die Beklagte lehnte den am 30. Mai 2008 gestellten Antrag auf FKB mit Bescheid vom 17. Oktober 2008, der am selben Tag zur Post gegeben wurde, mit der Begründung ab, dass nach § 8 des Arbeitsvertrages gleichartige Leistungen bereits von der Arbeitgeberin erbracht würden und im Übrigen kein tägliches Pendeln zwischen dem Wohnort A und dem Arbeitsort F vorliege.

Mit einer e-Mail vom 18. Oktober 2008 ging ein Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 17. Oktober 2008 bei der Beklagten ein, der nicht handschriftlich vom Kläger unterzeichnet war. Nachdem die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen hatte, dass der Widerspruch zwingend schriftlich oder zur Niederschrift einzureichen sei, und dem Kläger Gelegenheit gegeben hatte, den Widerspruch bis spätestens 20. November 2008 "in der erforderlichen Form" nachzuholen (Schreiben vom 22. bzw. 23. Oktober 2008) oder die Urheberschaft schriftlich zu bestätigen, reichte der Kläger mit einem am 21. November 2008 eingegangenen und nicht handschriftlich unterzeichneten Brief bei der Beklagten u.a. Unterlagen zum Widerspruch gegen Ablehnungsbescheid vom 17. Oktober 2008 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2008 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig.

Die am 2. Dezember 2008 erhobene und auf Gewährung von FKB gerichtete Klage hat das Sozialgericht Neuruppin abgewiesen (Urteil vom 18. Februar 2010). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Beklagte habe den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 17. Oktober 2008 zutreffend als unzulässig verworfen, weil der Widerspruch verspätet eingelegt worden sei.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Auf seine im Berufungsverfahren eingereichten Schreiben wird Bezug genommen. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 18. Februar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag auf Fahrkostenbeihilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Im Übrigen habe der Kläger auch in der Sache keinen Anspruch auf FKB, da diese wegen der vom Arbeitgeber gewährten täglichen Auslöse zur Aufnahme der Beschäftigung nicht notwendig gewesen sei und zudem die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu groß gewesen sei, um täglich zurückgelegt zu werden.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2008 und Neubescheidung seines Antrags auf FKB. Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 17. Oktober 2008 wurde nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt, so dass die Beklagte diesen Widerspruch zu Recht als unzulässig verwerfen durfte. Der Bescheid vom 17. Oktober 2008 ist bestandskräftig (§ 77 SGG).

Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Der per e-Mail vom 18. Oktober 2008 eingelegte – nicht unterschriebene - Widerspruch gegen den mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 17. Oktober 2008 genügt diesen Formerfordernissen nicht, und zwar schon deshalb nicht, weil eine Widerspruchseinlegung mittels einfacher e-Mail nicht möglich ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 84 Rn. 3 mwN). Die Voraussetzungen einer zulässigen elektronischen Übermittlung iSv § 65a SGG liegen bereits mangels Übermittlung der in Rede stehenden e-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur nicht vor. Der Kläger hat trotz eines entsprechenden unmissverständlichen Hinweises der Beklagten die gesetzlich zwingend erforderliche Schriftform auch nicht innerhalb der Widerspruchsfrist nachgeholt, die gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - am dritten Tag nach der Aufgabe des Bescheides vom 17. Oktober 2008 zur Post (20. Oktober 2008) begann und nach § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG mit Ablauf des 20. November 2008 endete, sondern (frühestens) erst mit dem am 21. November 2010 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben. Eine Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist (vgl. hierzu BSGE 43, 19, 24) scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte den Kläger ausdrücklich auf die fehlende Schriftform hingewiesen und diesem die Möglichkeit gegeben hatte, diesen Mangel innerhalb der von ihr gesetzten Frist zu heilen. Wiedereinsetzungsgründe im Übrigen sind nicht ersichtlich.

Eine Sachentscheidung über das Begehren des Klägers ist dem Gericht daher verwehrt. Indes weist das Gericht darauf hin, dass einem – im Ermessen der Beklagten stehenden – Anspruch des Klägers auf FKB nach § 53 Abs. 2 Nr. 3b Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der bis 31. Dezember 2008 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung bereits entgegensteht, dass diese Mobilitätshilfe iSv § 53 Abs. 1 SGB III nur erbracht werden kann, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung "notwendig" ist. Erforderlich ist danach ein Element der Unverzichtbarkeit dahingehend, dass die Mobilitätshilfe dann nicht notwendig iSv § 53 Abs. 1 SGB III ist, wenn die Beschäftigungsaufnahme auch ohne diese Leistung erfolgt wäre (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 4. März 2009 – B 11 AL 50/07 R = SozR 4-4300 § 53 Nr. 2). Vorliegend hat der Kläger die Beschäftigung unabhängig von der beantragten FKB aufgenommen, was schon daraus erhellt, dass er den Arbeitsvertrag bereits am 15. Mai 2008 vor der Beantragung der FKB abgeschlossen hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved