Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 10 AS 67/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Auf die Erinnerung der Beklagten werden die von der Beklagten zu erstattenden Kosten unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 04.01.2007 auf 119,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Im Streit ist die Höhe der Verfahrensgebühr in einem auf Erteilung eines Widerspruchsbescheides gerichteten Klageverfahren.
Streitgegenstand des zugrunde liegenden Klageverfahrens war eine Untätigkeitsklage. Die Beklagte hatte den Kläger mit Bescheid vom 07.10.2005 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.10. bis zum 30.11.2005 lediglich in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterkunft zuzüglich eines Zuschlages nach § 24 SGB II unter Wegfall der Regelleistung bewilligt, da sich der Kläger im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages in Indien aufgehalten hatte. Für die Zeit ab dem 01.12.2005 waren dem Kläger keine Leistungen gewährt worden. Mit Schreiben vom 15.11.2005 hatte der Kläger eine Überprüfung des Bescheides beantragt. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 20.12.2005 die Rücknahme des Verwaltungsaktes abgelehnt, da die Überprüfung ergeben habe, dass weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 02.01.2006 Widerspruch, den er mit Schriftsatz vom 16.02.2006 begründete. Am 13.06.2006 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Untätigkeitsklage und trug zur Begründung vor, dass seit der Widerspruchsbegründung mehr als 4 Monate vergangen seien, ohne dass die Beklagte den Widerspruch beschieden hätte. Am 24.08.2006 erging ein Bescheid der Beklagten, mit dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde. Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 06.09.2006 für erledigt. Die Beklagte erklärte sich bereit, die notwendigen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu übernehmen.
Mit Schriftsatz vom 04.12.2006 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung folgender zu erstattender Kosten des Klägers:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV 250,00 Euro
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 43,20 Euro
Gesamtbetrag 313,20 Euro
Die Beklagte erstattete dem Kläger einen Betrag von 69,90 Euro, wobei sie eine Verfahrensgebühr in Höhe von 50,00 Euro in Ansatz brachte. Mit Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 04.01.2007 wurden die von der Beklagten zu erstattenden Kosten in Höhe von 197,20 Euro festgesetzt. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr gem Nr. 3102 VV in Höhe von 150,00 Euro als angemessen zugrunde gelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Vertretungsaufwand sei als weit unterdurchschnittlich einzustufen. Die im Rahmen einer Untätigkeitsklage vorzunehmenden Prüfungen gehörten zu den einfachsten Problemen, die im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens auftreten könnten.
Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte Erinnerung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Verfahrensgebühr sei mit 150,00 Euro zu hoch angesetzt worden. Wenn bei einer Untätigkeitsklage mit dem nur erforderlichen Hinweis auf die Verstreichung der Frist des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht eine Gebühr ganz deutlich unter der Mittelgebühr angemessen sei, dürfte kaum eine Möglichkeit bestehen, den gesetzlichen Gebührenrahmen nach unten auch nur annähernd auszuschöpfen.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die nach § 197 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung der Beklagten ist begründet. Die zu erstattenden Gebühren und Auslagen sind abweichend von dem Kostenfestsetzungsbeschluss in Höhe von 119,00 Euro festzusetzen.
Nach § 3 Abs 1 S 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen – wie vorliegend – das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Bei Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dabei ist auch das Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers getroffene Bestimmung hinsichtlich der Höhe der Verfahrensgebühr entspricht nicht billigem Ermessen und ist daher nicht verbindlich, da eine Verfahrensgebühr in Höhe von 80,00 Euro angemessen ist und die getroffene Bestimmung (250,00 Euro) um mehr als 20 vH von der angemessenen Gebühr abweicht. Das Gericht teilt die in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung vorherrschende Auffassung, dass Unbilligkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn die durch den Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die nach Ansicht des Gerichts angemessene Gebühr um mehr als 20 vH übersteigt (vgl. LSG NRW vom 09.08.2007, Az: L 20 B 91/07 AS mwN).
Der Betragsrahmen für die Verfahrensgebühr ergibt sich vorliegend aus Nr. 3102 VV RVG. und beträgt 40,00 Euro bis 460,00 Euro. Die Vorschrift der Nr. 3103 VV RVG, wonach sich der Gebührenrahmen auf 20,00 Euro bis 320,00 Euro mindert, wenn eine Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verfahren vorausgegangen ist, greift bei einer Untätigkeitsklage nicht ein (vgl. LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS; LSG NRW vom 07.04.2007, Az: L 12 B 44/07 AS).
Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Gebührentatbestandes der Nr. 3103 VV RVG, dass eine Reduzierung des Gebührenrahmens bei einer Untätigkeitsklage nicht in Betracht kommt, wenn der Prozessbevollmächtigte bereits im Widerspruchsverfahren tätig gewesen ist. Durch die Reduzierung des Gebührenrahmens soll berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit in einem Verwaltungsverfahren bzw. in einem der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verwaltungsverfahren die anschließende Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren durchaus erleichtert, weil man sich bereits mit der Streitsache befasst hat (BT-Drucksache 15/1971 Seite 212). Dieser Gesichtspunkt kommt im Verhältnis von Widerspruchsverfahren und Untätigkeitsklageverfahren nicht zum Tragen, da das Widerspruchsverfahren auf die Nachprüfung des Verwaltungsaktes in formell-rechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht gerichtet ist, während es in einem Untätigkeitsklageverfahren alleine um die Bescheidung eines Antrages bzw. eines Widerspruches geht. Ein Synergieeffekt, der die Minderung des Gebührenrahmens nach den Vorstellungen des Gesetzgebers rechtfertigt, tritt durch die anwaltliche Tätigkeit im Widerspruchsverfahren nicht ein, wenn wegen Nichtbescheidung des Widerspruches Untätigkeitsklage erhoben wird. Während im Widerspruchsverfahren durch den Anwalt eine materiell-rechtliche und formell-rechtliche Prüfung des erlassenen bzw. begehrten Verwaltungsaktes vorzunehmen ist, sind in einem Untätigkeitsklageverfahren völlig andere Fragestellungen zu beurteilen. Insoweit ist ausschließlich zu prüfen, ob die in § 88 SGG vorgesehenen Fristen abgelaufen sind und ob ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Verwaltungsakt bzw. der Widerspruchsbescheid noch nicht erlassen worden ist. Wegen der Unterschiedlichkeit der Streitgegenstände ist die Annahme, dass ein Rechtsanwalt aufgrund der Vorbefassung mit der Streitsache in einem Verwaltungsverfahren bzw. einem Widerspruchsverfahren im Rahmen der Untätigkeitsklage einen geringeren Aufwand hat, nicht gerechtfertigt (ebenso: LSG NRW vom 07.04.2007, Az: L 12 B 44/07 AS; LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08AS; SG Berlin vom 01.12.2004, Az: S 54 AL 4073/04 in AS R 2005, 40; SG Nürnberg vom 04.10.2006, Az: S 3 R 288/05 KO; SG München vom 20.11.2007, Az: S 51 SF 74/07 F; SG Marburg vom 14.02.2008, Az: S 6 KR 72/07; SG Aachen vom 16.03.2005, Az: S 11 RJ 90/04; SG Düsseldorf vom30.08.2007, Az: S 23 AS 42/06; aA SG Hamburg vom 18.12.2006, Az: S 53 AS 746/06). Die am Sinn und Zweck des Gebührentatbestandes orientierte Auslegung entspricht der Rechtslage in Verfahren nach § 197 a SGG, in denen Wertgebühren anfallen, da auch in diesen Verfahren wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände die in einem Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren angefallenen Geschäftsgebühr nicht nach der Vorbemerkung 3 Abs 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr bei einer Untätigkeitsklage angerechnet wird (vgl. LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS unter Hinweis auf die insoweit ergangene Rechtsprechung).
Bei der Bestimmung der Gebühr nach § 14 RVG ist grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen, dh die Mittelgebühr ist gerechtfertigt, wenn es sich um eine Angelegenheit mit üblicher Bedeutung für den Kläger, durchschnittlichem Umfang und durchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie um normale wirtschaftliche Verhältnisse des Klägers handelt (vgl. Gerold/Schmidt, Kommentar zum RVG § 14 Rn 10 mwN). Unter Zugrundelegung des in Nr 3102 VV RVG geregelten Betragsrahmens für die Verfahrensgebühr (40,00 bis 460,00 Euro) ergibt sich eine Mittelgebühr in Höhe von 250,00 Euro.
Unter Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Kriterien erscheint eine deutlich unter der Mittelgebühr liegende Gebühr für eine Untätigkeitsklage als angemessen. Dies ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, wobei die Bestimmung der konkreten
Höhe der angemessenen Gebühr teilweise deutlich voneinander abweicht (vgl. LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS mit einem Überblick über die insoweit ergangene Rechtsprechung).
Das Gericht hält in einem Verfahren wie dem vorliegenden, in dem die Untätigkeitsklage auf Erteilung eines Widerspruchsbescheides gerichtet ist, der eine existenzsichernde Leistung zum Gegenstand hat, und in dem sich die Klage nach kurzer Zeit durch den Erlass des begehrten Bescheides unstreitig erledigt, eine Verfahrensgebühr in Höhe von 80,00 Euro als angemessen (ebenso LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS mwN).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit bei einer Untätigkeitsklage erheblich unterdurchschnittlich ist. Im Rahmen der Zulässigkeit der Klage muss – neben den üblichen Klagevoraussetzungen – lediglich untersucht werden, ob die Sperrfrist von 3 Monaten ab Widerspruchserhebung abgelaufen ist. Die Begründetheit der Klage hängt davon ab, ob ein zureichender Grund für das Ausbleiben der Widerspruchsentscheidung innerhalb der gesetzlichen Frist vorliegt. Insoweit ist lediglich zu prüfen, ob die Beklagte – ggf. auf Nachfrage hin - einen Grund für das bisherige Ausbleiben der Entscheidung vorgetragen hat und ob dieser ausreichend im Sinne des § 88 Abs 1 S 2, Abs 2 SGG ist. Eine materiell-rechtliche Prüfung hinsichtlich des Inhalts des begehrten Bescheides ist im Rahmen der Untätigkeitsklage nicht vorzunehmen. Dementsprechend beschränkte sich die Begründung der Klage durch den Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren auf die Schilderung des Verfahrensablaufes und den Hinweis, dass seit der Widerspruchserhebung 4 Monate vergangen seien, ohne dass die Beklagte den eingelegte Widerspruch beschieden habe. Damit ist der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit im Verhältnis zu den sonstigen Gerichtsverfahren in Sozialrechtsangelegenheiten, die typischerweise vertiefte Auseinandersetzungen mit Rechtsproblemen und medizinischen Fragestellungen voraussetzen, als weit unterdurchschnittlich anzusehen.
Dies gilt auch für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Der anwaltliche Arbeitsaufwand beschränkt sich bei einer Untätigkeitsklage in der Regel auf die Überwachung der in § 88 SGG vorgesehenen Fristen, die Fertigung der Klageschrift und – nach Erteilung des begehrten Bescheides – die Abgabe der Erklärung, dass sich die Untätigkeitsklage erledigt habe (§ 88 Abs 1 S 3 SGG). Auch im vorliegenden Verfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers lediglich den Klageschriftsatz eingereicht und nach Erteilung des Widerspruchsbescheides den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Es sind weder weitere Schriftsätze gefertigt worden, noch musste eine inhaltliche Auseinandersetzung mit streitigen Rechtsfragen oder tatsächlichen Umständen vorgenommen werden, die einen entsprechenden Arbeitsaufwand einschließlich notwendiger Mandantengespräche erforderten. Die Dauer des Klageverfahrens von knapp 3 Monaten liegt weit unter der in sozialgerichtlichen Verfahren üblichen Verfahrensdauer. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vergleich zu sonstigen sozialgerichtlichen Verfahren erheblich unter dem Durchschnitt liegt.
Das Klageverfahren betraf eine Angelegenheit mit durchschnittlicher Bedeutung für den Kläger. Dabei ist zwar zum Einen zu berücksichtigen, dass Streitgegenstand des Verfahrens die Frage war, ob der Kläger einen Anspruch auf Bescheidung seines Widerspruches innerhalb der gesetzlich vorgesehenen 3-Monats-Frist hatte, so dass nicht darüber zu entscheiden war, ob dem Kläger die in dem Widerspruchsverfahren geltend gemachten Leistungen nach dem SGB II zustanden. Andererseits kann nach Auffassung des Gerichtes im Rahmen der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger bei einer Untätigkeitsklage nicht außer Acht gelassen werden, welche Bedeutung die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens streitigen Leistungen für den Kläger haben. Handelt es sich – wie vorliegend – um Leistungen mit existenzsicherndem Charakter mit entsprechend hoher Bedeutung für den Widerspruchsführer, hat dies auch mittelbare Auswirkungen auf die Bedeutung einer Untätigkeitsklage. Dies ergibt sich daraus, dass das Interesse des Antragstellers bzw. Widerspruchsführers, innerhalb der gesetzlichen Fristen durch einen Bescheid zu erfahren, ob und ggf. in welcher Höhe ihm Leistungen gewährt werden, um so höher zu bewerten ist, je existentieller diese Leistungen für ihn sind. Da die Bedeutung der Angelegenheit im Sinne des § 14 RVG aus der Sicht des Klägers zu beurteilen ist und insoweit maßgebend ist, welches wirtschaftliche und persönliche Interesse die Angelegenheit für ihn hat, sind auch mittelbare Auswirkungen auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (vgl. Gerold/Schmidt § 14 RVG Rn 17). Diesem Umstand ist nach Auffassung des Gerichts dadurch Rechnung zu tragen, dass von einer durchschnittlichen Bedeutung einer Untätigkeitsklage für den Kläger auszugehen ist, wenn die begehrte Bescheiderteilung eine Leistung betrifft, die einen wichtigen Bestandteil der Existenzsicherung darstellt. Dabei wird ausreichend berücksichtigt, dass die Frage, zu welchem Zeitpunkt über einen Antrag bzw. einen Widerspruch entschieden sein muss, im Vergleich zur materiellen Anspruchsberechtigung von geringerem Gewicht ist, weil dem entsprechenden Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren eine weit überdurchschnittliche Bedeutung zuzumessen ist (im Ergebnis ebenso: SG Augsburg vom 21.11.2006, Az: S 9 AS 286/06 KO; SG Marburg vom 14.02.2008, Az: S 6 KR 72/07; SG Aachen vom 16.03.2005, Az: S 11 RJ 90/04; SG Düsseldorf vom 30.08.2007, Az: 23 AS 42/06, SG Hamburg vom 13.02.2007, Az: S 53 AS 2116/06; aA LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS).
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers sind als unterdurchschnittlich zu beurteilen, da im Widerspruchsverfahren Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht worden sind. Ein nach § 14 Abs 1 S 3 RVG zu berücksichtigendes besonderes Haftungsrisiko des Prozessbevollmächtigten ist bei einer Untätigkeitsklage nicht ersichtlich.
Insgesamt ist aufgrund des erheblich unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, der erheblich unterdurchschnittlichen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger und den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers eine erhebliche Unterschreitung der Mittelgebühr auf den Betrag von 80,00 Euro angemessen. Allein der Umstand, dass aufgrund der mittelbaren Auswirkungen des Klageverfahrens eine durchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger vorliegt, rechtfertigt die Erhöhung der Mindestgebühr auf den doppelten Betrag von 80,00 Euro. Der vom Gesetzgeber vorgegebene Gebührenrahmen von 40,00 bis 460,00 Euro ist bei der Bestimmung der Gebühr in vollem Umfang auszuschöpfen, so dass bei Vorliegen mehrerer als unterdurchschnittlich zu bewertender Kriterien auch eine Gebühr im unteren Bereich des Gebührenrahmens angemessen sein kann (vgl. LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS mwN).
Somit ergeben sich folgende erstattungsfähige Gebühren und Auslagen:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV 80,00 Euro
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 19,00 Euro
Gesamtbetrag 119,00 Euro
Da die Beklagte bereits Gebühren in Höhe von 69,60 Euro an den Kläger erstattet hat, verbleibt ein zu erstattender Betrag von 49,40 Euro.
Gründe:
I.
Im Streit ist die Höhe der Verfahrensgebühr in einem auf Erteilung eines Widerspruchsbescheides gerichteten Klageverfahren.
Streitgegenstand des zugrunde liegenden Klageverfahrens war eine Untätigkeitsklage. Die Beklagte hatte den Kläger mit Bescheid vom 07.10.2005 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.10. bis zum 30.11.2005 lediglich in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterkunft zuzüglich eines Zuschlages nach § 24 SGB II unter Wegfall der Regelleistung bewilligt, da sich der Kläger im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages in Indien aufgehalten hatte. Für die Zeit ab dem 01.12.2005 waren dem Kläger keine Leistungen gewährt worden. Mit Schreiben vom 15.11.2005 hatte der Kläger eine Überprüfung des Bescheides beantragt. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 20.12.2005 die Rücknahme des Verwaltungsaktes abgelehnt, da die Überprüfung ergeben habe, dass weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 02.01.2006 Widerspruch, den er mit Schriftsatz vom 16.02.2006 begründete. Am 13.06.2006 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Untätigkeitsklage und trug zur Begründung vor, dass seit der Widerspruchsbegründung mehr als 4 Monate vergangen seien, ohne dass die Beklagte den Widerspruch beschieden hätte. Am 24.08.2006 erging ein Bescheid der Beklagten, mit dem der Widerspruch zurückgewiesen wurde. Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 06.09.2006 für erledigt. Die Beklagte erklärte sich bereit, die notwendigen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu übernehmen.
Mit Schriftsatz vom 04.12.2006 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung folgender zu erstattender Kosten des Klägers:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV 250,00 Euro
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 43,20 Euro
Gesamtbetrag 313,20 Euro
Die Beklagte erstattete dem Kläger einen Betrag von 69,90 Euro, wobei sie eine Verfahrensgebühr in Höhe von 50,00 Euro in Ansatz brachte. Mit Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 04.01.2007 wurden die von der Beklagten zu erstattenden Kosten in Höhe von 197,20 Euro festgesetzt. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr gem Nr. 3102 VV in Höhe von 150,00 Euro als angemessen zugrunde gelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Vertretungsaufwand sei als weit unterdurchschnittlich einzustufen. Die im Rahmen einer Untätigkeitsklage vorzunehmenden Prüfungen gehörten zu den einfachsten Problemen, die im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens auftreten könnten.
Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte Erinnerung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Verfahrensgebühr sei mit 150,00 Euro zu hoch angesetzt worden. Wenn bei einer Untätigkeitsklage mit dem nur erforderlichen Hinweis auf die Verstreichung der Frist des § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht eine Gebühr ganz deutlich unter der Mittelgebühr angemessen sei, dürfte kaum eine Möglichkeit bestehen, den gesetzlichen Gebührenrahmen nach unten auch nur annähernd auszuschöpfen.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die nach § 197 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung der Beklagten ist begründet. Die zu erstattenden Gebühren und Auslagen sind abweichend von dem Kostenfestsetzungsbeschluss in Höhe von 119,00 Euro festzusetzen.
Nach § 3 Abs 1 S 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen – wie vorliegend – das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Bei Rahmengebühren bestimmt nach § 14 Abs 1 RVG der Rechtsanwalt die Gebühren im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfanges und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Dabei ist auch das Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers getroffene Bestimmung hinsichtlich der Höhe der Verfahrensgebühr entspricht nicht billigem Ermessen und ist daher nicht verbindlich, da eine Verfahrensgebühr in Höhe von 80,00 Euro angemessen ist und die getroffene Bestimmung (250,00 Euro) um mehr als 20 vH von der angemessenen Gebühr abweicht. Das Gericht teilt die in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung vorherrschende Auffassung, dass Unbilligkeit jedenfalls dann vorliegt, wenn die durch den Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die nach Ansicht des Gerichts angemessene Gebühr um mehr als 20 vH übersteigt (vgl. LSG NRW vom 09.08.2007, Az: L 20 B 91/07 AS mwN).
Der Betragsrahmen für die Verfahrensgebühr ergibt sich vorliegend aus Nr. 3102 VV RVG. und beträgt 40,00 Euro bis 460,00 Euro. Die Vorschrift der Nr. 3103 VV RVG, wonach sich der Gebührenrahmen auf 20,00 Euro bis 320,00 Euro mindert, wenn eine Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verfahren vorausgegangen ist, greift bei einer Untätigkeitsklage nicht ein (vgl. LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS; LSG NRW vom 07.04.2007, Az: L 12 B 44/07 AS).
Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Gebührentatbestandes der Nr. 3103 VV RVG, dass eine Reduzierung des Gebührenrahmens bei einer Untätigkeitsklage nicht in Betracht kommt, wenn der Prozessbevollmächtigte bereits im Widerspruchsverfahren tätig gewesen ist. Durch die Reduzierung des Gebührenrahmens soll berücksichtigt werden, dass die Tätigkeit in einem Verwaltungsverfahren bzw. in einem der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dienenden Verwaltungsverfahren die anschließende Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren durchaus erleichtert, weil man sich bereits mit der Streitsache befasst hat (BT-Drucksache 15/1971 Seite 212). Dieser Gesichtspunkt kommt im Verhältnis von Widerspruchsverfahren und Untätigkeitsklageverfahren nicht zum Tragen, da das Widerspruchsverfahren auf die Nachprüfung des Verwaltungsaktes in formell-rechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht gerichtet ist, während es in einem Untätigkeitsklageverfahren alleine um die Bescheidung eines Antrages bzw. eines Widerspruches geht. Ein Synergieeffekt, der die Minderung des Gebührenrahmens nach den Vorstellungen des Gesetzgebers rechtfertigt, tritt durch die anwaltliche Tätigkeit im Widerspruchsverfahren nicht ein, wenn wegen Nichtbescheidung des Widerspruches Untätigkeitsklage erhoben wird. Während im Widerspruchsverfahren durch den Anwalt eine materiell-rechtliche und formell-rechtliche Prüfung des erlassenen bzw. begehrten Verwaltungsaktes vorzunehmen ist, sind in einem Untätigkeitsklageverfahren völlig andere Fragestellungen zu beurteilen. Insoweit ist ausschließlich zu prüfen, ob die in § 88 SGG vorgesehenen Fristen abgelaufen sind und ob ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Verwaltungsakt bzw. der Widerspruchsbescheid noch nicht erlassen worden ist. Wegen der Unterschiedlichkeit der Streitgegenstände ist die Annahme, dass ein Rechtsanwalt aufgrund der Vorbefassung mit der Streitsache in einem Verwaltungsverfahren bzw. einem Widerspruchsverfahren im Rahmen der Untätigkeitsklage einen geringeren Aufwand hat, nicht gerechtfertigt (ebenso: LSG NRW vom 07.04.2007, Az: L 12 B 44/07 AS; LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08AS; SG Berlin vom 01.12.2004, Az: S 54 AL 4073/04 in AS R 2005, 40; SG Nürnberg vom 04.10.2006, Az: S 3 R 288/05 KO; SG München vom 20.11.2007, Az: S 51 SF 74/07 F; SG Marburg vom 14.02.2008, Az: S 6 KR 72/07; SG Aachen vom 16.03.2005, Az: S 11 RJ 90/04; SG Düsseldorf vom30.08.2007, Az: S 23 AS 42/06; aA SG Hamburg vom 18.12.2006, Az: S 53 AS 746/06). Die am Sinn und Zweck des Gebührentatbestandes orientierte Auslegung entspricht der Rechtslage in Verfahren nach § 197 a SGG, in denen Wertgebühren anfallen, da auch in diesen Verfahren wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände die in einem Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren angefallenen Geschäftsgebühr nicht nach der Vorbemerkung 3 Abs 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr bei einer Untätigkeitsklage angerechnet wird (vgl. LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS unter Hinweis auf die insoweit ergangene Rechtsprechung).
Bei der Bestimmung der Gebühr nach § 14 RVG ist grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen, dh die Mittelgebühr ist gerechtfertigt, wenn es sich um eine Angelegenheit mit üblicher Bedeutung für den Kläger, durchschnittlichem Umfang und durchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie um normale wirtschaftliche Verhältnisse des Klägers handelt (vgl. Gerold/Schmidt, Kommentar zum RVG § 14 Rn 10 mwN). Unter Zugrundelegung des in Nr 3102 VV RVG geregelten Betragsrahmens für die Verfahrensgebühr (40,00 bis 460,00 Euro) ergibt sich eine Mittelgebühr in Höhe von 250,00 Euro.
Unter Berücksichtigung der in § 14 RVG genannten Kriterien erscheint eine deutlich unter der Mittelgebühr liegende Gebühr für eine Untätigkeitsklage als angemessen. Dies ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, wobei die Bestimmung der konkreten
Höhe der angemessenen Gebühr teilweise deutlich voneinander abweicht (vgl. LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS mit einem Überblick über die insoweit ergangene Rechtsprechung).
Das Gericht hält in einem Verfahren wie dem vorliegenden, in dem die Untätigkeitsklage auf Erteilung eines Widerspruchsbescheides gerichtet ist, der eine existenzsichernde Leistung zum Gegenstand hat, und in dem sich die Klage nach kurzer Zeit durch den Erlass des begehrten Bescheides unstreitig erledigt, eine Verfahrensgebühr in Höhe von 80,00 Euro als angemessen (ebenso LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS mwN).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit bei einer Untätigkeitsklage erheblich unterdurchschnittlich ist. Im Rahmen der Zulässigkeit der Klage muss – neben den üblichen Klagevoraussetzungen – lediglich untersucht werden, ob die Sperrfrist von 3 Monaten ab Widerspruchserhebung abgelaufen ist. Die Begründetheit der Klage hängt davon ab, ob ein zureichender Grund für das Ausbleiben der Widerspruchsentscheidung innerhalb der gesetzlichen Frist vorliegt. Insoweit ist lediglich zu prüfen, ob die Beklagte – ggf. auf Nachfrage hin - einen Grund für das bisherige Ausbleiben der Entscheidung vorgetragen hat und ob dieser ausreichend im Sinne des § 88 Abs 1 S 2, Abs 2 SGG ist. Eine materiell-rechtliche Prüfung hinsichtlich des Inhalts des begehrten Bescheides ist im Rahmen der Untätigkeitsklage nicht vorzunehmen. Dementsprechend beschränkte sich die Begründung der Klage durch den Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren auf die Schilderung des Verfahrensablaufes und den Hinweis, dass seit der Widerspruchserhebung 4 Monate vergangen seien, ohne dass die Beklagte den eingelegte Widerspruch beschieden habe. Damit ist der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit im Verhältnis zu den sonstigen Gerichtsverfahren in Sozialrechtsangelegenheiten, die typischerweise vertiefte Auseinandersetzungen mit Rechtsproblemen und medizinischen Fragestellungen voraussetzen, als weit unterdurchschnittlich anzusehen.
Dies gilt auch für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Der anwaltliche Arbeitsaufwand beschränkt sich bei einer Untätigkeitsklage in der Regel auf die Überwachung der in § 88 SGG vorgesehenen Fristen, die Fertigung der Klageschrift und – nach Erteilung des begehrten Bescheides – die Abgabe der Erklärung, dass sich die Untätigkeitsklage erledigt habe (§ 88 Abs 1 S 3 SGG). Auch im vorliegenden Verfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers lediglich den Klageschriftsatz eingereicht und nach Erteilung des Widerspruchsbescheides den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Es sind weder weitere Schriftsätze gefertigt worden, noch musste eine inhaltliche Auseinandersetzung mit streitigen Rechtsfragen oder tatsächlichen Umständen vorgenommen werden, die einen entsprechenden Arbeitsaufwand einschließlich notwendiger Mandantengespräche erforderten. Die Dauer des Klageverfahrens von knapp 3 Monaten liegt weit unter der in sozialgerichtlichen Verfahren üblichen Verfahrensdauer. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vergleich zu sonstigen sozialgerichtlichen Verfahren erheblich unter dem Durchschnitt liegt.
Das Klageverfahren betraf eine Angelegenheit mit durchschnittlicher Bedeutung für den Kläger. Dabei ist zwar zum Einen zu berücksichtigen, dass Streitgegenstand des Verfahrens die Frage war, ob der Kläger einen Anspruch auf Bescheidung seines Widerspruches innerhalb der gesetzlich vorgesehenen 3-Monats-Frist hatte, so dass nicht darüber zu entscheiden war, ob dem Kläger die in dem Widerspruchsverfahren geltend gemachten Leistungen nach dem SGB II zustanden. Andererseits kann nach Auffassung des Gerichtes im Rahmen der Beurteilung der Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger bei einer Untätigkeitsklage nicht außer Acht gelassen werden, welche Bedeutung die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens streitigen Leistungen für den Kläger haben. Handelt es sich – wie vorliegend – um Leistungen mit existenzsicherndem Charakter mit entsprechend hoher Bedeutung für den Widerspruchsführer, hat dies auch mittelbare Auswirkungen auf die Bedeutung einer Untätigkeitsklage. Dies ergibt sich daraus, dass das Interesse des Antragstellers bzw. Widerspruchsführers, innerhalb der gesetzlichen Fristen durch einen Bescheid zu erfahren, ob und ggf. in welcher Höhe ihm Leistungen gewährt werden, um so höher zu bewerten ist, je existentieller diese Leistungen für ihn sind. Da die Bedeutung der Angelegenheit im Sinne des § 14 RVG aus der Sicht des Klägers zu beurteilen ist und insoweit maßgebend ist, welches wirtschaftliche und persönliche Interesse die Angelegenheit für ihn hat, sind auch mittelbare Auswirkungen auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (vgl. Gerold/Schmidt § 14 RVG Rn 17). Diesem Umstand ist nach Auffassung des Gerichts dadurch Rechnung zu tragen, dass von einer durchschnittlichen Bedeutung einer Untätigkeitsklage für den Kläger auszugehen ist, wenn die begehrte Bescheiderteilung eine Leistung betrifft, die einen wichtigen Bestandteil der Existenzsicherung darstellt. Dabei wird ausreichend berücksichtigt, dass die Frage, zu welchem Zeitpunkt über einen Antrag bzw. einen Widerspruch entschieden sein muss, im Vergleich zur materiellen Anspruchsberechtigung von geringerem Gewicht ist, weil dem entsprechenden Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren eine weit überdurchschnittliche Bedeutung zuzumessen ist (im Ergebnis ebenso: SG Augsburg vom 21.11.2006, Az: S 9 AS 286/06 KO; SG Marburg vom 14.02.2008, Az: S 6 KR 72/07; SG Aachen vom 16.03.2005, Az: S 11 RJ 90/04; SG Düsseldorf vom 30.08.2007, Az: 23 AS 42/06, SG Hamburg vom 13.02.2007, Az: S 53 AS 2116/06; aA LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS).
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers sind als unterdurchschnittlich zu beurteilen, da im Widerspruchsverfahren Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht worden sind. Ein nach § 14 Abs 1 S 3 RVG zu berücksichtigendes besonderes Haftungsrisiko des Prozessbevollmächtigten ist bei einer Untätigkeitsklage nicht ersichtlich.
Insgesamt ist aufgrund des erheblich unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, der erheblich unterdurchschnittlichen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger und den unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers eine erhebliche Unterschreitung der Mittelgebühr auf den Betrag von 80,00 Euro angemessen. Allein der Umstand, dass aufgrund der mittelbaren Auswirkungen des Klageverfahrens eine durchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger vorliegt, rechtfertigt die Erhöhung der Mindestgebühr auf den doppelten Betrag von 80,00 Euro. Der vom Gesetzgeber vorgegebene Gebührenrahmen von 40,00 bis 460,00 Euro ist bei der Bestimmung der Gebühr in vollem Umfang auszuschöpfen, so dass bei Vorliegen mehrerer als unterdurchschnittlich zu bewertender Kriterien auch eine Gebühr im unteren Bereich des Gebührenrahmens angemessen sein kann (vgl. LSG NRW vom 05.05.2008, Az: L 19 B 24/08 AS mwN).
Somit ergeben sich folgende erstattungsfähige Gebühren und Auslagen:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV 80,00 Euro
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 19,00 Euro
Gesamtbetrag 119,00 Euro
Da die Beklagte bereits Gebühren in Höhe von 69,60 Euro an den Kläger erstattet hat, verbleibt ein zu erstattender Betrag von 49,40 Euro.
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