L 3 R 1802/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 R 2195/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 1802/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. November 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben einander für das gesamte Verfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, ihre Zugehörigkeit in der Zeit vom 01. September 1975 bis zum 31. Dezember 1984 zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der Technischen Intelligenz (AVItech; Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetzes (AAÜG)) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die 1951 geborene Klägerin erlangte unter dem 09. Juni 1975 das Diplom als "Ingenieur – Elektromechaniker für Automatisierungstechnik" in der Fachrichtung Automatisierung und komplexe Mechanisierung chemisch-technologischer Prozesse und war aufgrund des Arbeitsvertrags vom 08. Februar 1974 ausweislich der aktenkundigen Sozialversicherungsausweise vom 01. September 1975 bis zum 31. Dezember 1984 als Ingenieurin (Gruppenleiterin) beim "VEB Geräte- und Reglerwerke Teltow – Zentraler Anlagenbau der BMSR" (GRW) im Betriebsteil Berlin beschäftigt. Ab 01. Januar 1985 arbeitete sie beim VEB Elektroprojekt und Anlagenbau Berlin. Die Klägerin trat zum 01. Februar 1979 der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei.

Der VEB GRW plante und produzierte Automatisierungsanlagen der Betriebsmess-, Steuerungs- und Regelungstechnik (BMSR). Hierzu gehörten unter anderem Automatisierungsschränke, welche nach einem einheitlichen Grundkonzept hergestellt und individuell in größere Automatisierungsanlagen eingepasst wurden. Der VEB GRW stellte Druckmessumformer hauptsächlich für Kraftwerke und teilweise für kleinere Betriebe in Serienproduktion her. Der VEB GRW entwickelte die ersten Prozessrechner, zum Beispiel den "ursamat K 4000", welchen der VEB GRW dann auch herstellte und für die verschiedenen Projekte als Steuerungseinheiten verwendete. Es wurde der so genannten UGS-Schrank und -Stehpult als universell einsetzbare Steuerungseinheit entwickelt. Der VEB GRW war nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige beziehungsweise nach dem statistischen Betriebsregister der Wirtschaftsgruppe 16639 (Reparatur- und Montagebetrieb der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik) zugeordnet. Der VEB GRW stellte unter anderem die zentrale Leitwarte für einem 500-MW-Kraftwerksblock im Kraftwerk Boxberg, die Automatisierungsanlagen des Kraftwerks Jänschwalde, die örtliche Steuerschranke in der Austauscherhalle zur Wasseraufbereitung im KKW Nord, die Heizungsanlage im Palast der Republik, die Gebäudeautomation der Charité und die zentrale Überwachungseinrichtung im Pionierpalast Berlin her und baute diese Anlagen ein. Es wurden auch Konsumgüter hergestellt (Kontaktgrill, Waffelplatten, Backrahmen, elektronische Bausteine zur Modelbahnsteuerung und Benzinrasenmäher). Es gab neben dem Stammwerk Teltow (mit den Aufgaben Applikation, Verfahrensentwicklung/ Systemlösungen, Projektierung/ Konstruktion, Fertigung, Lieferung, Montage, Inbetriebnahme, Service von BMSR-Anlagen und -Geräten), vier komplexe Betriebsteile in Leipzig, Cottbus (jeweils mit den Aufgaben Projektierung, Konstruktion, Fertigung, Lieferung, Montage, Inbetriebnahme und Service von Automatisierungsanlagen), Pirna (mit den Aufgaben Projektierung und Konstruktion von Automatisierungsanlagen) und Berlin (mit der Aufgabe Verfahrensentwicklung bezüglich Automatisierungsanlagen), ferner die Betriebsteile Babelsberg (mit den Aufgaben Entwicklung, Konstruktion, Fertigung, Lieferung und Service von Automatisierungsgeräten wie zum Beispiel "ursaflux") und Treuenbrietzen (mit den Aufgaben Fertigung, Lieferung und Service von Automatisierungsgeräten wie zum Beispiel "ursapond"). Der VEB GRW war dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik unterstellt. Bis zum Beginn der 1980er Jahre waren ungefähr 12.000 Arbeitskräfte beschäftigt und nach Ausgliederung der Betriebsteile Berlin, Leipzig, Cottbus und Pirna noch ungefähr 7.000.

Die Klägerin beantragte bei der Beklagten am 29. Juli 2002 die Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zur AVItech. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 17. Januar 2005 die Zugehörigkeit der Klägerin für die Zeit vom 01. Januar 1985 bis zum 30. Juni 1990 fest und lehnte eine solche für die Zeit vom 01. September 1975 bis zum 31. Dezember 1984 mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen ab. Die Klägerin erhob am 31. Januar 2005 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass sie im vorgenannten Zeitraum beim VEB GRW im Betriebsteil Berlin tätig gewesen sei. Es habe sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05. April 2005 zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass der VEB GRW weder einer volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) noch einem solchen nach § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 24. Mai 1951 (2. DB) gleichgestellt sei. Auch angesichts der Zuordnung des VEB GRW zur Wirtschaftsgruppe 16639 sei er kein Betrieb der Industrie oder der Bauwirtschaft. Sein Hauptzweck habe nicht in der industriellen Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation beziehungsweise Produktion von Sachgütern bestanden. Er sei – anders als Industriebetriebe – nicht einem der Industrieministerien der DDR als staatlichem Leitungsorgan unterstellt gewesen.

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 29. April 2005 zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der VEB GRW ein Produktionsbetrieb gewesen sei und hierfür auf Seite 4 der Festschrift zum 40-jährigen Bestehen verwiesen, wonach "fast die Hälfte aller in der DDR realisierten Anlagen für die Automatisierung technologischer Prozesse von Werktätigen des VEB GRW Teltow projektiert, gefertigt und schließlich am Bestimmungsort montiert und in Betrieb genommen wurden" und "der vorrangig Produktionsmittel erzeugende Betrieb auch einen bedeutenden Beitrag für die Produktion von Konsumgütern leistet". Die Klägerin hat ferner die Internetseite www.markt-regional.com/service/2005-04-grw.htm in Bezug genommen, wonach im VEB GRW vor allem Automatisierungstechnik entwickelt und produziert worden sei; alle Kraftwerke, Chemieanlagen, Ampelanlagen seien durch vom VEB GRW gebaute Anlagen gesteuert worden. Die Klägerin hat auf die Errichtung einer zentralen Leitwarte für einem 500-MW-Kraftwerksblock im Kraftwerk Boxberg, der Automatisierungsanlagen des Kraftwerks Jänschwalde, der örtlichen Steuerschranke in der Austauscherhalle zur Wasseraufbereitung im KKW Nord, der Heizungsanlage im Palast der Republik, der Gebäudeautomation der Charité und der zentralen Überwachungseinrichtung im Pionierpalast Berlin verwiesen. Die Beklagte ist der Klage im Wesentlichen mit ihrem vorprozessualen Vorbringen entgegen getreten.

Das Sozialgericht Berlin (SG) hat der Klage mit Urteil vom 07. November 2005 stattgegeben. Es hat unter anderem zur Begründung ausgeführt, dass für die Einordnung eines industriellen Produktionsbetriebs spreche, dass der VEB GRW einem Industrieministerium unterstellt gewesen sei, auch wenn die Wirtschaftsgruppeneinteilung dagegen spreche. Ausschlaggebend sei, dass die Zahl von 12.000 Mitarbeitern erheblich die der Kammer für andere Projektierungsbetriebe, die sich auf die Wahrnehmung von Aufgaben als Generalauftragnehmer (GAN) beschränkten, bekannte Mitarbeiterzahlen übersteige. Ein Großteil der Mitarbeiter sei in der Fertigung und Montage tätig gewesen, wobei gerade in der Fertigung eine Serienproduktion zum Beispiel von Automatisierungsschränken und Messumformern zu erkennen sei. Dies werde durch die Festschrift bestätigt, wo zum Beispiel darauf hingewiesen werde, dass die ab 1968/ 1969 produzierten Messumformer eine hohe Erzeugnisbreite auf der Grundlage standardisierter Teile und Baugruppen erreicht hätten. Dieses Gepräge komme auch im Namen des VEB GRW zum Ausdruck, der nicht "Projektierung " oder ähnliche laute, sondern VEB "Geräte- und Reglerwerk".

Die Beklagte hat gegen das ihr am 16. November 2005 zugestellte Urteil am 21. November 2005 Berufung eingelegt. Sie führt unter anderem aus, dass unter Zugrundelegung einer marktwirtschaftlichen Betriebswirtschaftslehre betriebstypologisch zwischen Sachleistungs- und Dienstleistungsbetrieb unterschieden werden könne. Sachleistungsbetriebe könnten in drei Gruppen untergliedert werden, nämlich in Gewinnungs-, Veredelungs- und Produktionsbetriebe. Zur Gruppe der Dienstleistungsbetriebe zählten alle, die Dienste zur Verfügung stellten, wozu auch Reparatur- und Instandsetzungsbetriebe gehörten. Aus § 1 Abs. 2 2. DB folge, dass es sich um einen VEB handeln müsse, der organisatorisch im industriellen Produktionssektor der Planwirtschaft der DDR zugeordnet gewesen sei; ferner müsse der verfolgte Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion im Sinne eines fordistischen Produktionsmodells von Sachgütern ausgerichtet sein. Demgegenüber habe der Hauptzweck beim VEB GRW in der Reparatur und Montage von Mess- und Steuerungsinstrumenten gelegen. Dies ergebe sich auch aus der Einreihung im Statistischen Betriebsregister in die Wirtschaftsgruppe 16639. Die Üblichkeit solcher volkswirtschaftlicher Systematiken ergebe sich auch aus der Einschätzung des Statistischen Bundesamts, wofür auf dessen Schreiben vom 27. Juni 2005 zu verweisen sei. Hierfür sei ferner auf die ständige Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG) zu verweisen (etwa Urteil vom 20. Oktober 2005 – L 4 RA 389/04). Die beigezogene Betriebspräsentation erbringe keinen Nachweis darüber, dass der VEB GRW die Automatisierungsanlagen auch produziert habe, sondern nur, dass die Anlagen montiert worden seien, wobei Montage eine industrielle Dienstleistung und keine Produktion sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Berufung unter anderem mit dem Vorbringen entgegen getreten, dass die Beklagte allein auf die Betriebswirtschaftssystematik abstelle, wohingegen anhand der tatsächlichen Verhältnisse der Hauptzweck eines Betriebs festzustellen sei. Die Beklagte ziehe aus der Festschrift unzutreffende Schlüsse, indem sie davon ausgehe, dass der VEB GRW vor allem ein Montagebetrieb gewesen sei. Vielmehr ergebe sich aus der Festschrift auch, dass die Anlagen zunächst entwickelt und hergestellt worden seien. Sie verweist ferner auf einen vom ehemaligen Betriebsdirektor, dem Zeugen S, verfassten Titel "Vom hydraulischen Regler zum Prozessleitsystem", woraus sich die massenhafte, im Millionenbereich liegende Produktion ergebe. Sie zitiert hieraus wie folgt: "Zeitabschnitt 1971 – 1983 Übergang von einzelnen Problemlösungen zu universell einsetzbaren Systemlösungen auf Basis eines kompletten Erzeugnissystems Automatisierungsanlage zur Sicherung der zunehmenden Automatisierungsanforderungen in allen Bereichen der Volkswirtschaft und im Export.

Wichtigste Erzeugnisgruppen waren: % zur Gesamtproduktion - Einrichtungen und Anlagen der BMSR-Technik, ausgestattet mit hydraulischen Reglergeräten 45,1 % - Navigationsgeräte 19,8 % - hydrologische und meteorologische Geräte 1,2 % - schwingungserzeugende und –messende Geräte 6,9 % - einfache Konsumgüter aus Ausrüstungsgegenständen der Naziwehrmacht hergestellt 2,0 % - sonstige Geräte 25,0 %

xxxxxxx hydraulischen Regelungssysteme wurden ergänzt durch elektrische Zusatzbausteine zur Fernbedienung und Signalfernübertragung unter Benutzung von Magnetverstärkern Der VEB GRW Teltow wuchs so zu einem führenden Betrieb der Industrieautomation der DDR

Am Ende des 1. Zeitabschnitts des Betriebes (1961) umfasste der Anteil von Geräten, Einrichtungen und Anlagen der BMSR-Technik bereits 64 % der Gesamtproduktion.

Die Produktion stieg von ca. 51 Mio. M im Jahr 1962 auf ca. 150 Mio. M 1970. In zunehmendem Maße wurden Geräte und Anlagen exportiert, so dass im direkten und indirekten Export etwa die Hälfte der Produktion ins Ausland ging."

Der Senat hat das Protokoll des Erörterungstermins vor dem LSG Berlin-Brandenburg vom 25. September 2007 – L 3 R 1705/06 – beigezogen, wonach nach den Ausführungen des dortigen Klägers auch Kontaktgrille und Rasenmäher in großen Mengen hergestellt worden seien. Zudem ist das Protokoll des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Berlin zu S 26 R 5545/06 vom 28. März 2006 beigezogen worden, in welcher der Zeuge S vernommen wurde. Vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv sind der Entwurf eines Statuts für ein Kombinat VEB GRW Teltow von 1976 sowie ein Geschäftsbericht von 1973, diverse Leitungsvorlagen und Produktionspläne vorgelegt worden. Unter "Bedeutung und Stellung des Betriebes im volkswirtschaftlichen Reproduktionsprozeß und im Rahmen der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung" heißt es unter anderem: "Der VEB GRW Teltow entwickelt und produziert komplette BMSR-Anlagen". Aus dem Bundesarchiv ist unter anderem ein Auszug aus dem Statistischem Betriebsregister beigezogen worden. Es liegen ferner Auszüge aus dem Register der Volkseigenen Wirtschaft des Bezirks Potsdam einschließlich einer Übersicht zu Hauptaufgaben, Territorialstruktur und volkswirtschaftlicher Einordnung vor, wonach die Hauptaufgaben "- die Entwicklung von Systemlösungen für den Einsatz von BMSR-Anlagen, - Projektierung, Produktion und Montage von Betriebsmeß-Steuerungs- und Regelanlagen für die Automatisierung von Prozeßabläufen in allen Industriezweigen" sind.

Aktenkundig sind ferner ein Schaubild und ein Produktionsprogramm des VEB GRW, wonach es sich um einen "sozialistischen Großbetrieb der Industrieautomation" handelt, ferner die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren des Sächsischen LSG zu L 5 R 176/07/ L 5 R 503/06 und L 5 R 619/06 vom 12. Januar 2010, wonach die dortigen Kläger, beide seinerzeit Ingenieure, angaben, dass die wesentlichen Bereiche des VEB GRW die Produktion von Bauteilen und Automatisierungsanlagen, die Errichtung kompletter Automatisierungsanlagen sowie die Errichtung von Lichtsignal-, Gewächshausautomatisierungs- und Milchviehanlagen gewesen seien. Der dortige Zeuge K, seinerzeit Betriebsdirektor im Betriebsteil Leipzig, gab unter anderem an, dass zu 60 % produziert, daneben projektiert, montiert und in Betrieb genommen worden sei. Von den Erzeugnissen in der Produktion sei der überwiegende Anteil in den Automatisierungsanlagenbau eingeflossen, worunter die Anlagen zu verstehen seien, die projektiert, realisiert, montiert und in Betrieb genommen worden seien.

Des Weiteren sind aus dem Landesarchiv Berlin unter anderem Revisionsprotokolle des Ministerrats der DDR – Ministerium der Finanzen, Staatliche Finanzrevision und aus der Staatsbibliothek Berlin die (komplette) Festschrift "VEB Geräte- und Reglerwerke ‚Wilhelm Pieck’ Teltow: 1948 bis 1988; 40 Jahre" beigezogen worden. Schließlich hat der Senat vier Bände Registerakten betreffend den VEB GRW sowie die Geräte- und Reglerwerke Teltow GmbH beigezogen und in der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2010 die Zeugen S und D uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. Dezember 2010 verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und Registerakten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. April 2005 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 5 AAÜG den Zeitraum vom 01. September 1975 bis zum 31. Dezember 1984 sowie die während dieser Zeit erzielten Entgelte als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech feststellt. Im Verfahren nach § 8 des AAÜG, welches einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18. Juli 1996 – B 4 RA 7/95 -, zitiert nach juris Rn. 18 f.), ist die Beklagte nicht zu den von der Klägerin begehrten Feststellungen verpflichtet.

Nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG gilt das Gesetz für Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. August 1991 bestanden haben. Hierbei sind nach § 1 Abs. 2 und 3 AAÜG Zusatzversorgungssysteme die in Anlage 1 genannten Systeme und Sonderversorgungssysteme die in Anlage 2 genannten Systeme. Die Anlage 1 erfasst unter Nr. 1 die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) als Zusatzversorgungssystem. Gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (VO-AVItech) war für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt worden. Nach § 1 der auf Grundlage von § 5 VO-AVItech erlassenen 2. DB gehörten zum Kreis der Versorgungsberechtigten insbesondere Ingenieure. Den volkseigenen Produktionsbetrieben wurden nach § 1 Abs. 2 2. DB gleichgestellt wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Versuchsstationen, Laboratorien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen, technische Schulen, Bauakademie und Bauschulen, Bergakademie und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie das Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie), Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltung und Ministerien. Zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehörte ferner, wer aufgrund eines Einzelvertrages Anspruch auf eine Altersversorgung hatte (§ 1 Abs. 3 der 2. DB).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Zwar unterfällt die Klägerin dem persönlichen Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG, denn die Beklagte hat dies mit insofern bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 29. Juli 2005 ausdrücklich festgestellt. Des Weiteren stellte sie für die Klägerin, welche weder über eine Versorgungszusage noch einen einzelvertraglich begründeten Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech verfügte, der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem den Zeitraum vom 01. Januar 1985 bis zum 30. Juni 1990 fest, also Zeiten, in welchen die Klägerin eine Beschäftigung ausübte, wegen welcher ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, welches in der Anlage 1 (hier Nr. 1) zum AAÜG aufgelistet ist (§ 5 Abs. 1 AAÜG).

Jedoch hat die Klägerin nach dem am 01. August 1991 gültigen Bundesrecht und auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen tatsächlichen Umstände bezogen auf den hier streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Erteilung einer fiktiven Versorgungszusage im Wege einer erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG. Zwar hat der Einigungsvertrag (EV) in Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 eine Neueinbeziehung in ein Versorgungssystem ausdrücklich untersagt; dies ist durch § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetzes DDR vom 28. Juni 1990 (GBl. I S. 495, Art. 9 Abs. 2 EV in Verbindung mit Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8) bekräftigt worden. Neueinbeziehungen konnten danach seit dem 01. Juli 1990 nicht mehr wirksam werden. Allerdings ist § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG aus Gründen der Gleichbehandlung erweiternd auszulegen. Demnach besteht eine (fiktive) Versorgungsanwartschaft nicht nur bei denjenigen, die am 30. Juni 1990 zwar nicht in ein Versorgungssystem einbezogen waren, jedoch nach § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG so behandelt werden, weil sie zu irgendeinem Zeitpunkt davor aus dem Versorgungssystem ausgeschieden waren, sondern auch bei denjenigen, die am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme zwar die Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt gehabt hätten, jedoch aus bundesrechtlich nicht anzuerkennenden Gründen nicht einbezogen worden waren. Unter den Anwendungsbereich des AAÜG fallen somit auch diejenigen, die auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach der am 01. August 1991 gegebenen bundesrechtlichen Rechtslage einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt hätten (etwa BSG, Urteil vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R -, zitiert nach juris, Rn. 16). Der Anspruch nach § 1 VO-AVItech in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 2. DB hängt von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell ist gemäß § 1 der VO-AVItech und der 2. DB die Berechtigung erforderlich, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), die Ausführung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und drittens in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R -, zitiert nach juris Rn. 23).

Es liegen die vorgenannten Voraussetzungen für den hier streitigen Zeitraum vom 01. September 1975 bis zum 31. Dezember 1984 nicht vor, so dass diesbezüglich Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG und damit gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten im Sinne von § 5 Abs. 1 AAÜG nicht festzustellen sind. Es kann daher offen gelassen werden, ob die Gleichbehandlung mit Inhabern einer Versorgungszusage verfassungsrechtlich überhaupt geboten ist (vgl. grundlegend Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05 und 1 BvR 1144/05, zitiert nach juris Rn. 43 ff.).

Vorliegend erfüllt die Klägerin mit der Beschäftigung im VEB GRW nicht die betriebliche Voraussetzung, weil es sich beim VEB GRW weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb noch um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne des Katalogs von § 1 Abs. 2 2. DB handelte. Erfasst von der Versorgungsordnung sind nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens. Hauptzweck muss die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern beziehungsweise die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gewesen sein. Hierbei muss die industrielle Fertigung von Sachgütern oder Bauwerken im Sinne einer durch Wiederholung von gleichartigen Bearbeitungsvorgängen unter Einsatz von Maschinen für den Vertrieb mit Massenausstoß von Endprodukten im Sinne eines so genannten fordistischen Produktionsmodells dem Betrieb das Gepräge gegeben haben (BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R -, zitiert nach juris Rn. 18). Dabei wird der Hauptzweck nicht dadurch geändert, dass von dem Betrieb auch (nachgeordnet oder begleitend) produktionstechnische Aufgaben zu erfüllen waren (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R -, zitiert nach juris Rn. 37 ff., 45 f.; vgl. auch BSG, Urteil vom 10. April 2004 - B 4 RA 10/02 R - zitiert nach juris Rn. 19).

Nach diesen Maßstäben gehörte der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin nicht zu den Produktionsbetrieben der Industrie oder des Bauwesens. Sein betrieblicher Hauptzweck war nicht auf die industrielle Massenproduktion von Bauwerken oder Gütern gerichtet, sondern in erster Linie projektierte, fertigte und montierte er Automatisierungsanlagen (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Februar 2010 – L 30 R 938/07 -, zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de und Sächsisches LSG, Urteil vom 12. Januar 2010 – L 5 R 503/06 -, aktenkundig). Dies ergibt sich neben seinem im Register der Volkseigenen Wirtschaft eingetragenen Firmenzusatz ("Zentraler Anlagenbau der BMSR-Technik") bereits aus dem Statutentwurf aus dem Jahre 1976, in welchem der Betriebszweck des als Kombinat vorgesehenen VEB GRW im Schwerpunkt mit Projektierung, Lieferung, Montage, Inbetriebsetzung und Übergabe von Automatisierungsanlagen, Entwicklung und Produktion von Geräten für Automatisierungsanlagen und Direktverkauf, Entwicklung und Produktion von Überwachungseinrichtungen für Automatisierungsanlagen, Realisierung der bilanzierten Importe für Projektierungsleistungen und Montageleistungen und Vorbereitung und Abschluss sowie Koordinierung und Realisierung von Verträgen für den Import von BMSR-Anlagen beschrieben wurde, wobei die Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Konsumgütern nur von untergeordneter Rolle war. So bestanden auch nach der vom Bundesarchiv neben dem Auszug aus dem Statistischem Betriebsregister übersandten Aufstellung "VEB GRW Teltow – seine Hauptaufgeben, seine territoriale Struktur und seine volkswirtschaftliche Einordnung" die Hauptaufgaben des Betriebs in der Entwicklung von Systemlösungen für den Einsatz von BMSR-Anlagen sowie der Projektierung, Produktion und Montage von BMSR-Anlagen für die Automatisierung von Prozessabläufen in allen Industriezweigen. Auch aus den weiteren beigezogenen Betriebsunterlagen, nach denen der betriebliche Schwerpunkt bei der Entwicklung und Herstellung von BMSR-Anlagen lag beziehungsweise in denen der VEB GRW als sozialistischer Großbetrieb der Industrieautomation bezeichnet wurde, ergibt sich nichts für ein im Schwerpunkt fordistisches Produktionsmodell. Dies wird durch die von der Klägerin zitierte Darstellung des ehemaligen Betriebsdirektors, des Zeugen S, "Vom hydraulischen Regler zum Prozessleitsystem" bestätigt. Hieraus ergibt sich der fortbestehende Schwerpunkt im gerade nicht für den Endabnehmer bestimmten BMSR-Anlagenbau, vor dessen Hintergrund der Anteil der wohl in Serienproduktion hergestellten Navigationsgeräte von 19,1 % und Konsumgüter von nur 2 % nicht ins Gewicht fällt. Aus den im Berufungsverfahren vor dem Sächsischen LSG gewonnenen Erkenntnissen ergibt sich nichts anderes. Dort gaben die Kläger, welche beide beim VEB GRW als Ingenieure tätig waren, an, dass die wesentlichen Bereiche des VEB GRW die Produktion von Bauteilen und Automatisierungsanlagen, die Errichtung kompletter Automatisierungsanlagen sowie die Errichtung von Lichtsignal-, Gewächshausautomatisierungs- und Milchviehanlagen waren. Der dort vernommene Zeuge K gab hierzu – aufgrund seiner damaligen Stellung als Betriebsdirektor - nachvollziehbar an, dass zu 60 % produziert, daneben projektiert, montiert und in Betrieb genommen wurde, wobei von den Erzeugnissen in der Produktion der überwiegende Anteil in den Automatisierungsanlagenbau einfloss, worunter die Anlagen zu verstehen sind, die projektiert, realisiert, montiert und in Betrieb genommen wurden.

Die Festschrift zum 40-jährigen Bestehen des VEB GRW vermittelt keine anderen Anhaltspunkte. Gerade die von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren zitierten Passagen, wonach "fast die Hälfte aller in der DDR realisierten Anlagen für die Automatisierung technologischer Prozesse von Werktätigen des VEB GRW Teltow projektiert, gefertigt und schließlich am Bestimmungsort montiert und in Betrieb genommen wurden" und "der vorrangig Produktionsmittel erzeugende Betrieb auch einen bedeutenden Beitrag für die Produktion von Konsumgütern leistet", bestätigen die vorliegende Einschätzung. Die von der Klägerin im Übrigen in Bezug genommenen, vom VEB GRW betreuten Großprojekte, welche in der Festschrift erwähnt werden, lassen ebenfalls nicht den Schluss auf eine massenhafte Serienproduktion, sondern vielmehr nur darauf zu, dass der VEB GRW je nach Investitionsauftrag individuell angepasste Leistungen in Form der Projektierung bis hin zu Fertigstellung und Einbau von Automatisierungsanlagen erbrachte. Dies war mithin im Schwerpunkt eine auftragsbezogene Arbeit, das heißt, dass der Betrieb eine bestimmte Aufgabenstellung bekam, die dann zunächst dort projektiert wurde. Aus dieser Projektierung folgte, welche und wie viele Komponenten benötigt wurden, die dann in der Fertigung hergestellt wurden. Insoweit war der VEB entgegen der Einschätzung der Beklagten sicherlich auch ein Werk zur Herstellung und zum Vertrieb von Automatisierungsanlagen.

Soweit der VEB GRW daneben Betriebsmessgeräte seriell herstellte und teilweise, möglicherweise für den gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum überwiegend nicht für die eigene Anlagenfertigung verwandte, sondern direkt veräußerte und auch exportierte, vermag dieses Produktionsmoment dem Gesamtbetrieb des VEB GRW nicht das Gepräge zu geben. Hierzu hat insbesondere der in mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge S – aufgrund seiner damaligen Stellung als Betriebsdirektor – nachvollziehbar und glaubhaft, insbesondere im Einklang mit den bereits in Bezug genommenen Beweismitteln bekundet, dass im hier maßgeblichen Zeitraum bis 1985 - durchgehend und ohne nennenswerte Schwankungen - fast die Hälfte der Beschäftigten allein im Automatisierungsanlagenbau eingesetzt war. Hiernach verteilte sich der Rest der Beschäftigten - und damit die in der übrigen Produktion Tätigen - auf die Bereiche Gerätebau, Zentrale Dienste und Verwaltung. Dies stimmt insbesondere mit der Darstellung in der Festschrift (dort S. 6) überein, wonach in der Zeit von 1948 bis 1950 durchschnittlich 45,1 % der Gesamtproduktion von Einrichtungen und Anlagen der BMSR-Technik ausgemacht wurden. So erscheint ein Teil des Betriebs des VEB GRW zwar als eine industrielle Produktion von Endprodukten, ohne dem VEB GRW jedoch das Gepräge zu geben.

Der VEB GRW war wesensmäßig gerade nicht vergleichbar mit einem Betrieb zur Herstellung reiner Sachgüter. Dies steht unter anderem mit dem zutreffenden Verweis der Klägerin auf etliche vom VEB GRW betreute Großprojekte im Einklang, so etwa auf die Errichtung einer zentralen Leitwarte für einem 500-MW-Kraftwerksblock im Kraftwerk Boxberg, der Automatisierungsanlagen des Kraftwerks Jänschwalde, der örtlichen Steuerschranke in der Austauscherhalle zur Wasseraufbereitung im KKW Nord, der Heizungsanlage im Palast der Republik, der Gebäudeautomation der Charité und der zentralen Überwachungseinrichtung im Pionierpalast Berlin. Auch der von die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren vorgenommene Verweis auf die Internetseite www.markt-regional.com/service/2005-04-grw.htm ergibt nichts anderes, wonach im VEB GRW vor allem Automatisierungstechnik entwickelt und produziert wurde und alle Kraftwerke, Chemieanlagen, Ampelanlagen durch vom VEB GRW gebaute Anlagen gesteuert wurden. Auch die Erlös- beziehungsweise Umsatzverhältnisse sprechen dafür, dass Hauptzweck des VEB GRW der Anlagenbau war. So lag nach den Angaben des Zeugen S der Gesamtumsatz in der 1980er Jahren zwischen 600 und 750 Millionen Mark, wohingegen nach seiner von der Klägerin zitierten Darstellung "Vom hydraulischen Regler zum Prozessleitsystem" die Produktion im Gerätebau 1970 lediglich 150 Millionen Mark erbrachte, ohne dass es nach dessen Bekundungen Anhaltspunkte für eine nennenswerte Änderung dieser Umsatzverhältnisse während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums gibt.

Auch die Bekundungen des Zeugen D führen zu keinem anderen Befund, welcher im Einklang mit den übrigen Erkenntnisquellen das Profil des VEB GRW zunächst einmal dahingehend beschrieben hat, dass der VEB GRW für die Automatisierung von technologischen Anlagen zuständig war, das heißt Automatisierungstechnik und –anlagen herstellte. Erst an zweiter Stelle hat er neben dem Anlagenbau den Gerätebau als Gegenstand des VEB GRW beschrieben und ihm einen maßgeblichen Anteil beigemessen.

Soweit in dem Betrieb außerhalb dieses Hauptaufgabenfeldes noch Wirtschaftsgüter für die Bevölkerung, etwa Erzeugnisse für Haus und Garten entwickelt und hergestellt wurden, stellten diese Aktivitäten des Betriebes nach dem zuvor Gesagten ebenfalls nicht den Hauptzweck des Gesamtbetriebes dar. Dies wird daran deutlich, dass die Konsumgüterproduktion nach der Festschrift (dort S. 26) nur 6,8 % beziehungsweise nach den Bekundungen des Zeugen S im Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin zu S 26 R 5545/06 nur 10 % der Gesamtproduktion ausmachte.

Auch die vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv sowie dem Landesarchiv zur Verfügung gestellten Unterlagen bezüglich Betriebsergebnisse, Bedarfsanforderungen, Warenproduktion etc. bestätigen das Profil des VEB GRW als eines überwiegend komplette und komplexe Anlagen nach den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden auf der Grundlage von standardisierten Systemteilen entwickelnden, produzierenden und schließlich montierenden und in Betrieb nehmenden Betriebs. Insofern wird ergänzend auf die Ausführungen im Urteil des Senats vom 16. Dezember 2010 im Parallelverfahren L 3 R 1705/06 Bezug genommen, welchem die gleichen Beweismittel zugrunde lagen.

All dies steht im Einklang mit der Einordnung des VEB GRW in die Wirtschaftsgruppe 16639 (Reparatur- und Montagebetriebe der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik) im Betriebsregister der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR, auch wenn es nach dem zuvor Gesagten hierauf nicht mehr entscheidend ankommt.

Eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme getroffenen Entscheidungen der DDR ist bundesrechtlich nicht erlaubt, auch soweit diese in sich willkürlich sein sollten, da der Einigungsvertrag grundsätzlich nur die Übernahme zum 03. Oktober 1990 bestehender Versorgungsansprüche und -anwartschaften von "Einbezogenen" in das Bundesrecht versprochen und Neueinbeziehungen ausdrücklich verboten hat (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/04 R -, zitiert nach juris Rn. 22 ff.). Das Verbot der Neueinbeziehung ist auch verfassungsgemäß. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR ohne Willkür anknüpfen. Art. 3 Abs. 1 und 3 des Grundgesetzes (GG) gebieten nicht, vorhandene Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05 und 1 BvR 1144/05, zitiert nach juris Rn. 43 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Sache selbst.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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