L 4 R 1119/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 19 RJ 307/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 R 1119/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Verweisung eines Elektroinstallateurs mit Ausbildung zum Elektro-Monteur (DDR) auf den Beruf des Elektrogerätemonteurs, orthopädische Leiden
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1952 geborene Kläger erwarb im Jahr 1970 nach knapp zweijähriger Lehre das Facharbeiterzeugnis als Elektro-Monteur. Vom 1. September 1970 bis zur betriebsbedingten Kündigung zum 31. Dezember 1991 arbeitete er als Elektro-Monteur im Starkstromanlagenbau und vom 1. Januar 1992 bis 31. Juli 2002 als Elektro-Installateur ausweislich der vom 16. November 2005 datierenden Arbeitgeberauskunft. Bei der letzten Beschäftigung handelte es sich um eine Facharbeitertätigkeit, die grundsätzlich eine dreijährige Ausbildung voraussetzte. Seither ist der Kläger arbeitslos, mit Ausnahme einer Tätigkeit als Bauwerker im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in der Zeit vom 1. September 2003 bis zum 29. Februar 2004.

Nachdem das Amt für Soziales und Versorgung Frankfurt (Oder) mit Bescheid vom 5. September 2003 bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 40 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und eines Schlaf-Apnoe-Syndroms festgestellt hatte, stellte der Kläger am 12. März 2004 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, den er damit begründete, dass sein Bewegungsapparat seit März 2002 beeinträchtigt sei, wobei er auch angab, dass er nach seiner Auffassung noch täglich sechs Stunden leichte Tätigkeiten mit Ruhepausen verrichten könne.

Die Beklagte beauftragte daraufhin den Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. S mit der Begutachtung des Klägers. Dieser stellte mit seinem schriftlichen Gutachten vom 3. Mai 2004 als Hauptleiden Wirbelsäulenbeschwerden an der Hals- und Lendenwirbelsäule und als Nebenleiden rechtsseitige Kniegelenksbeschwerden und ein Schlaf-Apnoe-Syndrom fest. Die letzten beruflichen Tätigkeiten als Elektroinstallateur und Bauwerker könnten nicht mehr ausgeübt werden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch täglich mehr als sechs Stunden körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten überwiegend im Stehen und Gehen sowie zeitweise im Sitzen ausführen. Zu vermeiden seien häufiges Bücken, Knien, Hocken, Heben und Tragen von über zehn Kilogramm schweren Lasten sowie Arbeiten und Zeitdruck und Witterungseinfluss. Die getroffenen Feststellungen gälten seit der Antragstellung und auf Dauer.

Mit Bescheid vom 10. Mai 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers wegen fehlender Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen ab. Den Widerspruch, den der Kläger mit ständigen Schmerzen begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2004 zurück und gab zur Begründung an, eine volle oder teilweise Erwerbsminderung liege nicht vor, da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sei ausgeschlossen, da der Kläger, der seinen bisherigen Beruf als Elektromonteur beziehungsweise als Elektroinstallateur nicht mehr ausüben könne, auf Tätigkeiten als Schaltschrankmonteur, Hausmeister in größeren Hausmeistereien oder Magaziner im Baugewerbe zu verweisen sei.

Der Kläger unterzog sich vom 8. September 2004 bis zum 29. September 2004 einer stationären Rehabilitationsbehandlung in den Bereichen der Orthopädie und der Inneren Medizin. Nach dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 4. Oktober 2004 wurden bei dem Kläger ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei Fehlhaltung und Rumpfmuskelinsuffizienz, ein cervicobrachiales Syndrom beidseitig bei Fehlhaltung, ein cervicocephales Syndrom bei Fehlhaltung, eine Chondropathia patellae beidseitig sowie eine arterielle Hypertonie festgestellt. Der Kläger könne seine bisherige berufliche Tätigkeit als Elektroinstallateur täglich nur noch im Umfang von drei bis unter sechs Stunden ausüben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien aber noch leichte bis mittelschwere Arbeiten im Umfang von mehr als sechs Stunden täglich in wechselnder Arbeitshaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen zumutbar, wobei gehäuftes schweres Heben und Tragen, gehäuftes und länger dauerndes Arbeiten auf und über dem Schulterniveau, gehäuftes Bücken, Knien und Hocken sowie Rotationsbelastungen des Rumpfes vermieden werden sollten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.

Gegen die Ablehnung seines Rentenantrages hat der Kläger am 26. August 2004 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben. Das Sozialgericht hat neben Befundberichten der behandelnden Ärzte auch ein chirurgisches und sozialmedizinisches Gutachten des Sachverständigen Dr. B vom 12. August 2005 eingeholt, der degenerative Veränderungen und eine Fehlhaltung der Wirbelsäule mit Neigung zu cervikalen und lumbalen Reizerscheinungen, ein medikamentös befriedigend eingestelltes Bluthochdruckleiden, eine Übergewichtigkeit, eine Harnsäure- und Fettstoffwechselstörung, ein Schlaf-Apnoe-Syndrom sowie eine geringfügige Einschränkung der Hörfähigkeit diagnostiziert hat. Der Kläger, dessen Wegefähigkeit erhalten sei, könne noch täglich acht Stunden leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten verrichten, allerdings möglichst in wechselnden Körperhaltungen, überwiegend in geschlossenen Räumen, im Freien nur unter Witterungsschutzbedingungen, ohne ständige Zwangshaltungen, mit nur gelegentlichem Hocken, Knien und Bücken, ohne Einsatz auf Leitern und Gerüsten, ohne ständige einseitige körperliche Belastung, ohne Rüttlungen und Stauchungen der Wirbelsäule, ohne Nachtschichten und ohne Zeitdruck wie bei Akkordarbeit. Die geschilderten Beeinträchtigungen bestünden seit September 2000.

Die Beklagte stellte dem Kläger mit Bescheid vom 11. Mai 2005 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in der Form eines Eingliederungszuschusses in Aussicht, sofern bis zum 31. Mai 2007 ein abschließender Vermittlungsvorschlag vorliege.

Das Sozialgericht hat die Erstattung eines arbeitsmarkt- und berufskundlichen Gutachtens des Sachverständigen L vom 19. November 2005 und eine ergänzende Stellungnahme vom 21. Januar 2006 veranlasst. Dieser hat ausgeführt, der Beruf des Elektro-Monteurs sei in der DDR ein Ausbildungsberuf mit zweijähriger Ausbildung gewesen. Vergleichbare noch existierende Berufe seien die des Elektroinstallateurs, Elektroanlageninstallateurs und Energieelektronikers. Elektroinstallateure seien im Handwerk und in der Industrie als Facharbeiter einzustufen. Der Kläger könne mit dem gutachterlich beschriebenen Leistungsvermögen den bisherigen Beruf des Elektroinstallateurs mit den damit üblicherweise verbundenen körperlichen Belastungen nicht mehr ausüben. Das gelte auch für die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten als Hausmeister, Magaziner und Schaltschrankmonteur. Eine Hausmeistertätigkeit erfordere die Benutzung von Leitern, eine Magazinertätigkeit mehr als gelegentliches Hocken, Knien oder Bücken. Eine Tätigkeit als Schaltschrankmonteur werde zumeist im Stehen und mit wirbelsäulen- und gelenkbelastenden Körperhaltungen verrichtet. Zumutbar seien aber noch Arbeiten bei der Herstellung von Schalt-, Verteilungs- und Steuergeräten (zum Beispiel Produktionsmaschinen, Signalanlagen, Bedientableaus, Regler, Ladegeräte sowie Mess- und Zählgeräte). Hierfür seien wegen der vorhandenen Berufserfahrung ausreichende Vorkenntnisse vorhanden, so dass eine Einarbeitungszeit von drei Monaten ausreiche, um die Arbeit auf der Facharbeiterebene, zumindest aber auf der oberen Anlernebene auszuüben. EDV-Kenntnisse seien nicht erforderlich. Es gebe bundesweit deutlich mehr 300 bis 400 Arbeitsplätze dieser Art. Auch das körperliche Leistungsvermögen des Klägers reiche für diese Tätigkeiten aus. Die Arbeiten könnten überwiegend im Sitzen verrichtet werden, wobei auch die Möglichkeit des Haltungswechsels bestehe. Ständige Zwangshaltungen oder einseitige körperliche Belastungen ergäben sich nicht. Mehr als gelegentliches Hocken, Knien und Bücken sei nicht erforderlich. Diese Arbeiten würden auch nicht am Fließband, im Akkord oder im Maschinentakt ausgeführt.

Die Beklagte hat den Verweisungsberuf des Elektrogeräte-/Elektroteilemonteurs benannt und hierzu eine weitere schriftliche Aussage des Sachverständigen L vom 25. September 2002 aus einem anderen Verfahren übersandt, worin es heißt, diese Tätigkeit, die je nach den konkreten Anforderungen des Arbeitsplatzes von Ungelernten, Angelernten oder Facharbeitern ausgeführt werde, bestehe darin, Einzelteile oder vormontierte Teile aus Behältnissen zu nehmen und von Hand unter Verwendung von Werkzeug nach Anweisung oder Arbeitsplan zu funktionsfähigen Teilen, kompletten Systemen oder Geräten zusammenzufügen. Die Arbeiten würden an Arbeitstischen und Werkbänken im Sitzen oder im Stehen ausgeübt, so dass in Abständen ein kurzes Aufstehen und Umhergehen möglich sei. Wirbelsäulen- oder gelenkbelastende Körperhaltungen müssten nicht eingenommen werden. Das Heben oder Tragen von über fünf Kilogramm schweren Lasten sowie Vibrationsbelastungen ergäben sich nicht.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. Mai 2006 abgewiesen und zur Begründung angegeben, eine volle oder teilweise Erwerbsminderung liege nicht vor, da der Kläger mehr als sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Einer Berufsunfähigkeit stehe entgegen, dass der Kläger auf die Tätigkeit eines Elektrogeräte-/Elektroteilemonteurs verwiesen werden könne.

Gegen das ihm am 29. Juni 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25. Juli 2006 Berufung eingelegt, und zwar mit der Begründung, dass ihm die genannte Verweisungstätigkeit aus medizinischen und sozialen Gründen nicht zugemutet werden könne, weil es sich um eine industrielle Fertigung und somit um Akkordarbeit handle und weil die Verweisungstätigkeit lediglich der Stufe der Anlernberufe zuzuordnen sei.

Der Senat hat Befundberichte der Fachärztin für Innere Medizin Dr. L vom 20. Dezember 2008 und des Facharztes für Orthopädie Dr. H vom 12. Januar 2009 eingeholt. Beide haben angegeben, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, täglich mindestens sechs Stunden leichte körperliche Arbeiten zu verrichten. Während Dr. H seine Einschätzung nicht begründet hat, hat Dr. L angegeben, dass der Kläger schon bei kleineren Belastungen – wie längerem Stehen, längerem Sitzen, Aufstehen aus dem Sitzen – Schmerzen habe, die ihn erheblich beeinträchtigten.

Daraufhin hat der Senat ein schriftliches Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R vom 16. Juli 2010 eingeholt, der nach erfolgter Untersuchung des Klägers am 30. Juni 2010 auf orthopädischem Fachgebiet die folgenden Diagnosen gestellt hat: Eine verminderte Trag- und Bewegungsfunktion der Wirbelsäule bei statisch muskulärer Dysbalance, bei Überlastungssyndrom der Lendenwirbelsäule sowie bei Verschleißerscheinungen der Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule mit haltungs- und belastungsabhängigen pseudoradikulären Schmerzausstrahlungen; eine Minderbelastbarkeit der Beine bei anlagebedingter Steilstellung der Hüftgelenke mit beginnender Arthrose, bei Knorpelschädigung und Degeneration im Kniescheibengleitlager beziehungsweise in der Kniescheibengleitrinne und im inneren Kniegelenk sowie bei einer Fußdeformität mit Senk-Spreiz-Fußfehlbildung, Großzehengrundgelenksarthrose und Fersensporn links; eine Minderbelastbarkeit beider Arme bei muskulär bedingten funktionellem Oberarmkopfhochstand mit Ausdünnung der Rotatorenmanschette der Schultergelenke bei degenerativen Veränderungen und bei beidseitiger beginnender Handgelenksarthrose. Als Diagnosen auf weiteren Fachgebieten sind eine medikamentös eingestellte Bluthochdruckerkrankung, Übergewicht mit sekundärem Stoffwechselsyndrom, eine Hörminderung sowie Oberbauchbeschwerden und Verdauungsstörungen bei Zwerchfellgleithernie und Reizmagen festgestellt worden. Der Kläger sei weiterhin wegefähig und könne noch acht Stunden täglich körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten mit Heben und Tragen von über fünf Kilogramm schweren Lasten, mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule und starker Rumpfbeugung, mit Armvorhaltetätigkeiten von mehr als zweieinhalb Kilogramm, mit kraftbetontem Zufassen der Hände und monotonen Haltearbeiten der Arme, mit Rüttelungen, Stauchungen und Vibrationen der Wirbelsäule, Arbeiten im Knien, Kriechen und Hocken sowie auf Leitern und Gerüsten, mit häufigem Treppensteigen, mit extremer Kälte, Nässe und Zugluftexposition, mit starkem Stress wie bei Akkord- und Fließbandtätigkeiten. Ein Wechsel der Körperhaltung sei zu ermöglichen. Nach etwa dreißig Minuten Sitzen sollte ein kurzzeitiger Wechsel zum Stehen oder Gehen stattfinden können. Nach etwa dreißig Minuten Gegen oder Stehen solle ein selbstbestimmter Wechsel zum Sitzen möglich sein. Der Anteil des Gehens und Stehens solle bei einem achtstündigen Arbeitstag nicht mehr als eineinhalb Stunden betragen.

Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, das Gutachten erfasse zwar in medizinischer Hinsicht zutreffend seine Beeinträchtigungen, mit der Einschätzung seines Leistungsvermögens sei er jedoch nicht einverstanden, da er nur noch höchstens zwei Stunden täglich arbeiten könne und dann Ruhe benötige.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2004 zu verpflichten, ihm ab dem 1. März 2004 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2004 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die Voraussetzungen der dafür als Anspruchsgrundlagen ausschließlich in Betracht kommenden §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, 240 Abs. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sind nicht erfüllt.

Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch behinderte Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist dagegen nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.

Der Kläger ist in diesem Sinne weder teilweise noch voll erwerbsgemindert, da er unter Beachtung der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dieses Ergebnis beruht auf den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der gerichtlich beauftragten Sachverständigen Dr. B und Dr. R, denen sich der Senat nach eigener gründlicher Prüfung anschließt. Die Sachverständigen haben ihre Erkenntnisse jeweils auf der Grundlage einer eigenen Untersuchung und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen medizinischen Befunde gewonnen und ihre Ergebnisse daraus widerspruchsfrei und überzeugend hergeleitet. Die Einschätzung der genannten Sachverständigen deckt sich auch mit dem schon im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dipl.-Med. S vom 3. Mai 2004 und dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 4. Oktober 2004. Letztlich stimmt dieses Ergebnis auch mit den eigenen Angaben des Klägers aus seinem Rentenantrag überein, wonach er selbst von einem sechsstündigen Leistungsvermögen ausging. Soweit die behandelnden Ärzte Dr. L und Dr. H dagegen mit ihren Befundberichten mitgeteilt haben, dass der Kläger nicht mehr sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, ist dieser Einschätzung wegen der fehlenden nachvollziehbaren Begründung nicht zu folgen. Für eine volle Erwerbsminderung unter dem Gesichtspunkt der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus § 240 Abs. 1 SGB VI. Danach haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch solche Versicherte einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI solche Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger ist nicht berufsunfähig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf des Versicherten auszugehen. Es ist dann zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (Urteil vom 25. Januar 1994, 4 RA 35/93; Urteil vom 16. November 2000, B 13 RJ 79/99 R). Bisheriger Beruf ist in der Regel eine der Versicherungspflicht unterliegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer verrichtet hat, das heißt mit dem Ziel, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höher qualifizierte Tätigkeit im wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch freiwillig aufgegeben oder sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat (Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R). Der danach für den Berufsschutz des Klägers maßgebliche bisherige Beruf ist der Beruf des Elektroinstallateurs, den er nach der übereinstimmenden Einschätzung der medizinischen Sachverständigen und des arbeitsmarkt- und berufskundlichen Sachverständigen L, der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, nicht mehr ausüben kann.

Der Kläger kann jedoch auf eine Tätigkeit als Elektrogerätemonteur verwiesen werden. Zur Erleichterung der Beurteilung, ob ein Verweisungsberuf benannt werden muss und welcher Verweisungsberuf gegebenenfalls sozial zumutbar ist, hat das Bundessozialgericht ein aus mehreren Stufen bestehendes Schema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung geordnet. Danach sind zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren (Stufe 2); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); Berufe, die zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe 4), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb (Bundessozialgericht, Urteil vom 3. November 1994, 13 RJ 77/93). Eine Verweisung, die grundsätzlich durch eine konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächstniedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sogenannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber mit einer Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R). Nach dieser Maßgabe muss hier ein Verweisungsberuf benannt werden, da der Kläger als Facharbeiter einzustufen und somit der Stufe 3 des Stufenschemas zuzuordnen ist. Zwar absolvierte er lediglich eine knapp zweijährige Ausbildung zum Elektro-Monteur, er übte jedoch zuletzt den Beruf des Elektroinstallateurs als Facharbeiter aus, für den eine dreijährige Ausbildung vorausgesetzt wird.

Der Verweisungsberuf des Elektrogerätemonteurs ist dem Kläger sozial zumutbar. Es handelt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen L um einen Beruf mit Tätigkeiten, die je nach den konkreten Anforderungen des Arbeitsplatzes von Ungelernten (Stufe 1), Angelernten (Stufe 2) oder Facharbeitern (Stufe 3) ausgeführt werden. Der Kläger kann mit seinen Vorkenntnissen innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten zumindest die obere Anlernebene erreichen, also den oberen Bereich der Stufe 2 des Stufenschemas. Es handelt sich auch um einen Beruf, der an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird.

Die Verweisungstätigkeit ist auch medizinisch zumutbar. Die zuletzt vom Sachverständigen Dr. R genannten qualitativen Leistungseinschränkungen werden dabei berücksichtigt. Der Sachverständige L hat die Arbeitsbedingungen des Verweisungsberufes nachvollziehbar dargelegt. Danach können die Arbeiten an Arbeitstischen und Werkbänken überwiegend im Sitzen verrichtet werden, wobei die Möglichkeit des Haltungswechsels besteht. In Abständen ist ein Aufstehen und Umhergehen möglich. Ständige Zwangshaltungen oder einseitige körperliche Belastungen sind ausgeschlossen. Wirbelsäulen- oder gelenkbelastende Körperhaltungen müssen nicht eingenommen werden. Mehr als gelegentliches Hocken, Knien und Bücken sind nicht erforderlich. Das Heben oder Tragen von über fünf Kilogramm schweren Lasten sowie Vibrationsbelastungen ergeben sich nicht. Die Arbeiten werden nicht am Fließband, im Akkord oder im Maschinentakt ausgeführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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