L 1 KR 158/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 111 KR 408/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 158/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis 31. Oktober 1994. Sie begehrt darüber hinaus eine Erstattung von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen für September 1994.

Die 1929 geborene Klägerin lebte ursprünglich in Polen. Dort erhielt sie seit den 1980iger Jah-ren eine Rente der dortigen Sozialversicherungsanstalt. Im Laufe des Kalenderjahres 1990 sie-delte sie nach Berlin über, wo sie seit Januar 1991 ihren Wohnsitz hat. Sie bezog nach ihren Angaben von 1991 bis 30. Juni 1996 weiterhin eine polnische Rente.

Die Klägerin war vom 1. Januar 1991 bis 31. Juli 1994 bei den Beigeladenen zu 4), bzw. bei Dr. sowie in der Zeit vom 1. August 1994 bis 31. Oktober 1994 bei der Beigeladenen zu 3) als Reinigungskraft beschäftigt. Folgende Bruttoarbeitsentgelte wurden der Beklagten als Einzug-stelle gemeldet:

Name Zeitraum Bruttoarbeitsentgelt Geringfügigkeitsgrenze Dr. med. P und Dr. J 01.01.1991- 31.12.1991 6.000,00 DM (500,00 DM mtl.) 5.760,00 DM (480,00 DM mtl.) 01.01.1992-31.12.1992 6.120,00 DM (510,00 DM mtl.) 6.000,00 DM (500,00 mtl.) 01.01.1993-31.12.1993 6.480,00 DM (540,00 DM mtl.) 6.360,00 DM (530,00 DM mtl.) 01.01.1994-31.07.1994 3.990,00 DM (570,00 DM mtl.) 3.920,00 DM (560,00 DM mtl.) A 01.08.1994-31.10.1994 1.860,00 DM (620,00 DM mtl.) 1.680,00 DM (560,00 DM mtl.)

Am 8. Februar 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Aufstellung der abgeführ-ten Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung. Sie habe ihrer Auffassung nach eine ge-ringfügige Beschäftigung ausgeübt. In Beantwortung der ihr von der Beklagten übersandten Fragebögen gab sie am 5. August 2007 an, bei den Beigeladenen zu 4) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 12 Stunden tätig gewesen zu sein, ebenso bei der Beigeladenen zu 3), dort für ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 523,00 DM.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 21. September 2007 fest, dass im Zeitraum 1. Januar 1991 bis 31. Juli 1994 Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung bestan-den habe. Nach den vorliegenden Jahresmeldungen hätten die Arbeitsentgelte im betreffenden Zeitraum jeweils die Geringfügigkeitsgrenzen überschritten.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Aus der Lohnabrechnung für den Monat Juli 1991 ergebe sich eindeutig, dass es sich um einen geringfügigen Verdienst gehandelt habe. Der Beigelade-nen zu 1) solle dies mitgeteilt werden, damit das Gehalt bei der Rentenberechnung nicht ange-rechnet werde.

Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 9. Oktober 2007 u. a. darauf hin, dass der Eintrag in der Lohnabrechnung "ger. Verd." für "Geringverdiener" stehe und nicht für "gering-fügig Beschäftigte". Sie erstatte der Klägerin "ausnahmsweise" den Arbeitnehmeranteil der Differenz zwischen dem allgemeinen und dem ermäßigten Krankenversicherungsbeitrag aus der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 3) i. H. v. 9,03 EUR, da im Krankheitsfall kein An-spruch auf Krankengeld bestanden hätte. Sie verzichtete dabei auf die Einrede der Verjährung. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2007 wies sie den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Aus den Lohn-bescheinigungen der Beigeladenen zu 4) ergebe sich, dass keine Rentenversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. In der Kopfspalte sei "ger. Verd." aufgeführt. Auch im August 1994 seien keine Rentenversicherungsbeiträge abgeführt worden, dafür fehlerhaft im September 1994. Sie sei nicht über ihren Anspruch auf eine deutsche Altersrente aufgeklärt worden. Ihr Einkommen aus der Putztätigkeit und ihrer polischen Zloty-Rente habe unter der Sozialhilfe gelegen. Schließlich sei auch der Arbeitslosenbeitrag zu erstatten, der für September 1994 feh-lerhaft entrichtet wurde. Ihr Lohn von 500,00 DM brutto monatlich bei ihrer Beschäftigung bei dem Beigeladenen zu 4) habe die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten. Die Beklagte müsse ihre polnische Rente einer deutschen gleichstellen.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. April 2009 abgewiesen. Dem Vorbringen der Klägerin sei der Antrag zu entnehmen, den Bescheid vom 21. September 2007 in der Fas-sung des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 aufzuheben und festzustellen, dass sie in der Zeit vom Januar 1991 bis 31. Oktober 1994 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung unterlegen habe sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für September 1994 zu erstatten. Diese Klage sei unbe-gründet. Die Klägerin habe in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis 31. Oktober 1994 der Versiche-rungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung unterlegen. Eine geringfügige Beschäfti-gung habe nicht vorgelegen. Auch der Bezug einer polnischen Rente habe an der Versiche-rungspflicht nichts geändert, wie bereits die 112. Kammer des Sozialgerichts Berlin in ihrem Urteil vom 21. Juni 2007 ausgeführt habe. Dass sich diese Entgelte negativ auf die deutsche Rente auswirkten, wie die Klägerin vortrage, könne hieran nichts ändern. Es könne daher da-hingestellt bleiben, ob tatsächlich im Monat August 2004 Rentenversicherungsbeiträgen nicht abgeführt worden seien, oder ob die später nachgeholt worden sei. Entscheidend sei, dass Ver-sicherungspflicht vorgelegen habe. Die Beklagte habe auch zu Recht die Erstattung der Beiträ-ge zur Arbeitslosenversicherung für September 1994 abgelehnt, da nach ihren Unterlagen die ursprüngliche Meldung zur Arbeitslosenversicherung im Oktober 1994 korrigiert worden ist. Die Klägerin habe ihrerseits nicht belegen können, dass dies falsch gewesen sei. Dies gehe zu ihren Lasten, da weitere Ermittlungsmöglichkeiten nicht erkennbar seien. Da keine Beiträge abgeführt worden seien, könne eine Erstattung auch nicht erfolgen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass laut anliegender Lohnbescheinigung vom Arbeitgeber Dr. P keine Beitragsabführung zur Renten-versicherung vorgenommen worden seien. Der Brutto- bzw. Nettobetrag sei identisch gewesen. Sie wiederholt im Übrigen ihr Vorbringen. Die Entgelte können auch nicht in die Rentenbe-rechnung einfließen. Die Klägerin trägt ergänzend vor: soweit die Rentenversicherungsbeiträge abgeführt worden seien, sei dies fehlerhaft gewesen. Ohne diese geringfügigen Entgelte wäre ihre Altersrente höher. Sie verzichte auf die Berücksichtigung der geringfügigen Entgelte bei der Rentenberechnung.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. April 2009 und den Be-scheid der Beklagten vom 21. September 2007 in der Fassung des Wider-spruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 aufzuheben und festzustellen, dass sie in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis 31. Oktober 1994 nicht der Versiche-rungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung unterlägen hat sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für Sep-tember 1994 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 3. April 2009 zurückzuweisen.

Auch Sie wiederholt ihr Vorbringen und verweist im Übrigen auf ihr Erläuterungsschreiben vom 9. Oktober 2007.

Entscheidungsgründe:

Es konnte im schriftlichen Verfahren entschieden werden. Alle Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, §§ 153 Abs. 1 i. V. m. 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Be-setzung des Senats folgt aus § 153 Abs. 5 SGG.

Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Senat verweist zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführun-gen im angegriffenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 2 SGG).

Zutreffend hat das SG insbesondere ausgeführt, dass der Klägerin kein Erstattungsanspruch zusteht.

Es hat auch zu Recht angenommen, dass in der streitgegenständlichen Zeit Renten- und Kran-kenversicherungspflicht bestanden hat. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin womöglich auf die Beschäftigungen verzichtet hätte, wenn sie schon damals eine Rente eines deutschen Rentenversicherungsträgers hätte beziehen können.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 2 Abs. 1 Nr. Angestellten-versicherungsgesetz (bis 31. Dezember 1991: AVG) bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (ab 1. Januar 1992, SGB VI) und § 168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung) bestand im streitgegenständlichen Zeitraum für alle Beschäftigungen Versicherungspflicht.

Ausnahmsweise waren in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung Personen versi-cherungsfrei, die eine geringfügige Beschäftigung ausübten (§ 7 SGB V, § 4 AVG bzw. § 5 Abs. 2 SGB VI und § 169 a Abs. 2 AFG). Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in der damals geltenden Fassung lag eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigungen regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wurden und das Arbeitsentgelt 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nicht überstieg bzw. bei höheren Einkommen 1/6 des Gesamteinkommens nicht überstieg. Die jährlichen Geringfügigkeitsgrenzen betrugen 1991 5.760,00 DM (monatlich 480,00 DM), 1992 6.000,00 DM (monatlich 500,00 DM), 1993 6.360,00 DM (monatlich 530,00 DM) und 1994 6.720,00 DM (monatlich 560,00 DM). Nach den der Beklagten vorliegenden Unterlagen verdiente die Klägerin bei den Beigeladenen zu 4) 1991 monatlich 500,00 DM, 1992 monatlich 510,00 DM, 1993 monatlich 540,00 DM und 1994 monatlich 570,00 DM. Bei der Beigeladenen zu 3) betrug der monatliche Verdienst 620,00 DM.

Diese Zahlen sind nicht deshalb falsch, weil der Klägerin ausweislich der Lohnabrechnung keine Arbeitnehmerbeiträge vom Bruttolohn abgezogen erhalten hat:

Bei einem monatlichen Arbeitsentgelt i. H. v. 500,00 DM hatte im Jahre 1991 der Arbeitgeber sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge zu übernehmen (vgl. § 249 Abs. 2 SGB V in der Fassung vom 1. Januar 1990 bis 31. August 1993; § 112 Abs. 4 lit. a AVG in der Fassung vom 1. Januar 1990 bis 31. Dezember 1991).

Die Klägerin war in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht gemäß § 1229 Reichsversiche-rungsordnung bzw. § 5 Abs. 4 SGB VI wegen Bezugs eines Altersruhegeldes bzw. einer Voll-rente wegen Alters versicherungsfrei. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat hierzu im urteilsersetzenden Beschluss vom 21. Juni 2010 (AZ: L 9 KR 423/07) für den nachfolgen-den Zeitraum folgendes ausgeführt:

"Die Klägerin war entgegen ihrer Auffassung in dem streitgegenständlichen Zeitraum aber auch nicht gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI wegen Bezugs einer Vollrente wegen Alters versicherungsfrei. Denn sie bezog die Altersrente aus der gesetzlichen Renten-versicherung erst ab dem 1. Juli 1996. Da § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI nur den tatsächli-chen Bezug einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erfasst (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB VI, § 5 Rn. 38), führte weder der Bezug der polnischen Altersrente noch der Umstand, dass sie einen (nicht realisierten) Anspruch auf die deutsche Altersrente hatte, zur Versicherungsfrei-heit.

aa.) Der Versicherungsfreiheit der in § 5 Abs. 4 SGB VI geregelten Fälle liegt die Er-wägung zu Grunde, dass ein Sicherungsbedürfnis in der gesetzlichen Rentenversiche-rung nicht mehr besteht, weil das Sicherungsziel bereits erreicht ist oder aber nicht mehr erreicht werden kann. § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI konkretisiert dies dahingehend, dass eine Versicherungspflicht nicht mehr besteht, wenn eine Vollrente wegen Alters bezogen wird. Denn dann sind entrichtete Beiträge zur Rentenversicherung nutzlos, da sie für den Versicherten bei einer Rentenleistung nicht mehr berücksichtigungsfähig sind. Gemäß § 75 Abs. 1 SGB VI werden Entgeltpunkte für Beiträge nach Beginn einer Altersrente nicht berechnet. Gleichzeitig ist gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI der Wechsel von einer Altersrente in eine andere ausgeschlossen, so dass eine Berücksich-tigung von Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters - abgesehen von dem Ausnahmefall der §§ 66 Abs. 1 Nr. 8, 76d, 75 Abs. 1 SGB VI, der die Berücksichtigung von Beiträgen während des Bezugs einer Teilrente betrifft - nicht möglich ist.

Bei einer ausländischen Altersrente liegt dies jedoch anders. Soweit nach deren Beginn Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt werden, so können diese für eine Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung anspruchssteigernd berücksichtigt wer-den. Insoweit besteht auch kein Anlass, Bezieher einer ausländischen Altersrente von der Versicherungspflicht auszunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Be-rücksichtigung dieser Beiträge im Einzelfall günstig auswirkt. Für den Fall, dass der Betroffene bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze überhaupt nicht versichert war oder eine Beitragserstattung aus seiner Versicherung erhalten hat (z.B. wegen Nichterfüllung der Wartezeit nach § 210 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI), ordnet § 5 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI ge-sondert die Versicherungsfreiheit des betreffenden Personenkreises an, da auch hier ein Sicherungsbedürfnis nicht mehr besteht. Die Klägerin erfüllte jedoch diesen Tatbestand der Versicherungsfreiheit nicht, da sie vor Vollendung des 65. Lebensjahres rentenver-sichert war und eine Beitragserstattung, insbesondere nach § 210 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, nicht erfolgte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus über- oder zwischenstaatlichem Recht. Zwar bestimmte z.B. Art. 14d Abs. 3 der bis 30. April 2010 geltenden Verordnung (EWG) 1408/71, dass Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates, nach denen ein Rentenberech-tigter, der eine Erwerbstätigkeit ausübt, der Pflichtversicherung aufgrund dieser Tätig-keit nicht unterliegt, auch für den nach Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaa-tes zum Bezug einer Rente Berechtigten gelten. Damit wird ausdrücklich angeordnet, dass eine aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bezogene Rente einer deut-schen gleichgestellt ist. Die Verordnung (EWG) 1408/71 ist jedoch in Bezug auf Polen erst seit dem 1. Mai 2004 anwendbar und erfasst daher nicht den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. November 1994 bis 30. Juni 1996. Das zuvor geltende deutsch-polnische Abkommensrecht sah dagegen eine derartige Gleichstellung nicht vor.

bb.) Dass die Klägerin in dem streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf die deutsche Vollrente wegen Alters hatte, führt zu keinem anderen Ergebnis, da bereits nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI nur der tatsächliche Bezug, nicht aber der dem Grunde nach bestehende, aber nicht realisierte Anspruch auf die Rente zur Versicherungsfreiheit führt. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 4 SGB VI (vgl. unter aa.). Denn wenn die Vollrente wegen Alters während der Ausübung der Beschäftigung nicht bezogen wurde, können die erworbenen Bei-tragszeiten bei dem späteren Beginn noch berücksichtigt werden, so dass sie nicht nutz-los aufgewendet sind. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherte nicht in der erforderli-chen Weise über die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Rente informiert worden ist, wie die Klägerin es hier geltend macht. Dies kann bei Erfüllung weiterer Voraussetzun-gen zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch und dazu führen, dass die Rente entgegen der Vorschrift des § 99 SGB VI für Zeiten vor Antragstellung gezahlt werden muss. Ohne tatsächlichen Bezug – ggf. auf Grund des genannten Herstellungsanspruchs – tritt die Versicherungsfreiheit dagegen nicht ein.

3.) Soweit sich die Klägerin im Berufungsverfahren auf die rückwirkende Neuberech-nung der ihr gewährten Altersrente ohne Berücksichtigung der seit 1991 gezahlten Ren-tenversicherungsbeiträge, die Minderung des Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI, eine fehlende Verzinsung des Rentennachzahlungsbetrages sowie die Unrichtigkeit der Ver-rechnung der Nachzahlung mit der polnischen Rente beruft, muss sie sich in einem ge-sonderten Verfahren an den Rentenversicherungsträger wenden. Im hiesigen Beru-fungsverfahren kann sie damit nicht gehört werden. Dies gilt auch hinsichtlich der er-wähnten Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, soweit solche im Zeit-raum von November 1994 bis Juni 1996 gezahlt worden sein sollten. Diesbezüglich muss sie sich an die Agentur für Arbeit wenden."

Diesen Ausführungen schließt sich der hier erkennende Senat an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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