Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 35 AL 924/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 102/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anspruchsdauer von Arbeitslosengeld. Der Kläger ist im Mai 1955 geboren worden. Am 21. Januar 1998 hatte er sich erstmals bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt, das ihm antragsgemäß für längstens 12 Monate (360 Kalendertage) bewilligt wurde. Ab 2. März 1998 meldete sich der Kläger aus dem Leistungsbezug ab, der Restanspruch auf Arbeitslosengeld betrug zu diesem Zeitpunkt 320 Kalendertage. Vom 1. Januar bis zum 6. Juni 1999 bezog der Kläger nochmals Arbeitslosengeld aufgrund des am 21. Januar 1998 entstandenen Anspruchs. Der Restanspruch betrug diesmal noch 150 Ka-lendertage. Ab 6. Dezember 2000 gewährte die Beklagte dem Kläger dann Arbeitslosengeld als Neuan-spruch aufgrund der nach dem 20. Januar 1998 liegenden Zeiten mit Versicherungspflichtver-hältnissen. Den Restanspruch aus dem wegen Entstehung des Neuanspruchs erloschenen Altanspruch und das Lebensalter des Klägers berücksichtigend, bewilligte die Beklagte die Leis-tung für längstens 18 Kalendermonate (540 Kalendertage). Bei Ende dieses Leistungsbezugs am 15. Mai 2001 bestand noch ein Restanspruch von 379 Kalendertagen. Nach einem weiteren Leistungsbezug vom 23. Juni bis 17. Juli 2001 verblieb ein Restanspruch von 354 Kalenderta-gen. Danach bezog der Kläger Arbeitslosengeld wieder ab 1. August bis zum 7. Dezember 2003 als Neuanspruch aufgrund der nach dem 5. Dezember 2000 liegenden Zeiten mit Versicherungs-pflichtverhältnissen. Den Restanspruch aus dem erloschenen Altanspruch und das Lebensalter des Klägers berücksichtigend, bewilligte die Beklagte die Leistung diesmal für längstens 22 Kalendermonate (660 Kalendertage). Aufgrund dieses Anspruchs bezog der Kläger auch vom 9. Dezember 2003 bis zum 15. Juni 2004 und vom 20. Oktober 2004 bis zum 19. Juni 2005 Arbeitslosengeld. Die Beklagte ging zu diesem Zeitpunkt von einem Restanspruch von 99 Ka-lendertagen aus, aufgrund dessen ihm die Beklagte auch ab 23. Januar 2006 Arbeitslosengeld bewilligte. Den Widerspruch gegen die Anspruchsdauer wies die Beklagte durch Wider-spruchsbescheid vom 11. April 2006 zurück und wies darauf hin, dass keine neue Anwart-schaftszeit erfüllt worden sei. Im daran anschließenden Klageverfahren (SG Berlin S 80 AL 1517/06) erkannte die Beklagte einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 123 Kalenderta-gen ab dem 23. Januar 2006 an, da Zeiten der Gewährung von Insolvenzgeld während des Be-zugs von Arbeitslosengeld zunächst nicht berücksichtigt worden waren. Mit Wirkung zum 3. April 2006 hatte sich der Kläger unterdessen aus dem Leistungsbezug abgemeldet, sodass in diesem Zeitpunkt noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 52 Kalendertagen bestand. Schließlich meldete sich der Kläger ab 1. Dezember 2007 arbeitslos. Durch Bescheid vom 28. Dezember 2007 bewilligte ihm die Beklagte das beantragte Arbeitslosengeld für die Dauer von 12 Monaten (360 Kalendertage). Die Anspruchsdauer berechnete sie anhand von insgesamt 824 Kalendertagen mit Versicherungspflichtverhältnissen innerhalb eines Zeitrahmens vom 1. Dezember 2004 bis zum 30. November 2007. Den Widerspruch des Klägers, mit der unter an-derem die Berücksichtigung eines "Guthabens" bei der Anspruchsdauer geltend machte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2008 zurück. Die Anspruchsdauer entspreche dem, was für das Lebensalter des Klägers höchstens in Betracht komme. Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass ihm Arbeitslosengeld für zusätzliche 52 Tage zu gewähren sei. Der Restanspruch sei bereits vor dem 31. Januar 2006 entstanden. Es sei nicht gerechtfertigt, die Anspruchsdauer ab dem 1. Februar 2006 ohne Übergangsregelungen zum Bestandsschutz abzubauen. Durch Bescheid vom 25. Februar 2008 änderte die Beklagte die Leistungsbewilligung und ge-währte das Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von längstens 450 Kalendertagen. Der Kläger führte hierzu aus, dass der Restanspruch aus den von ihm genannten Gründen auch die nun verlängerte Anspruchsdauer nochmals verlängern müsse. Durch Gerichtsbescheid vom 19. März 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung vorrangig auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen. Die Anspruchsdauer sei aufgrund einer Übergangsvorschrift sogar rückwirkend auf 15 Monate er-höht worden. Im Hinblick auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die in dem Erörterungstermin vom 10. März 2010 erörtert worden sei, sei das Gericht auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der streitigen Regelung überzeugt. Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch mit der bisherigen Begründung weiter. Er beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2010 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 21. Januar 2008 und des Bescheides vom 25. Februar 2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von längs-tens 502 Kalendertagen zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie Band II der Verwaltungsakten der Beklagten lagen dem Senat bei sei-ner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Akten-stücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Entscheidung des Sozialgerichts den formalen Mindestan-forderungen des § 136 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genügt, vor allem eine - wenn auch "ge-drängte" - Darstellung des Sachverhalts (§ 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG) und die Entscheidungsgrün-de (§ 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG) enthält (der Lebenssachverhalt, der zu den streitigen Bescheiden geführt hat, fehlt vollständig und der Bescheid vom 25. Februar 2008, der gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, wird nicht erwähnt; vor diesem Hintergrund kann fraglich erscheinen, ob das Sozialgericht auch noch die Begründung seiner Entscheidung durch Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid ersetzen durfte; s. zum ganzen BSG, SozR 1500 § 136 Nr. 10 - vor Inkrafttreten des § 136 Abs. 3 SGG ergangen - und daran anschließend BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 9a SB 4/06 R). Der Senat sieht jedenfalls deshalb im kon-kreten Fall keinen Anlass, die Sache wegen eines etwaigen wesentlichen Verfahrensmangels an das Sozialgericht zurückzuverweisen (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG), weil der entscheidungserheb-liche Sachverhalt aus den Akten hervorgeht und zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, so-dass allein über dessen rechtliche Bewertung zu entscheiden ist. Ebenfalls kann dahingestellt bleiben, ob die angefochtenen Leistungsbewilligungen überhaupt dazu geführt haben, dass dem Kläger Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung der bewilligten Anspruchsdauer bewilligt worden ist. Wäre dies nicht der Fall, wäre die Berufung bereits des-halb unbegründet, weil die Anspruchsdauer dann nicht (mehr) entscheidungserheblich wäre: Mit der Bewilligung der Leistung wird kein Stammrecht "dem Grunde nach" zuerkannt, das für spätere Leistungsbewilligungen Tatbestandswirkung hätte (s. BSG SozR 3-4100 § 100 Nr. 5). Vielmehr ist bei jeder neuen Leistungsbewilligung erneut zu prüfen, ob die bewilligte (Rest-) Anspruchsdauer sachlich und rechnerisch zutrifft. Hätte der Kläger Arbeitslosengeld dagegen durchgehend bis zur Erschöpfung der bewilligten Anspruchsdauer bezogen und hätte er auch in der Zeit unmittelbar nach Erschöpfung des An-spruchs noch für die geltend gemachten weiteren 52 Kalendertage die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (abgesehen von der Anspruchsdauer) erfüllt, so wäre die Beru-fung deshalb unbegründet, weil es für den geltend gemachten Klageanspruch keine Rechts-grundlage gibt. Es ist zwischen den Beteiligten nicht streitig - und auch für den Senat ist nichts Abweichendes ersichtlich -, dass der Kläger ab 1. Dezember 2007 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen Arbeitslosigkeit (§§ 117 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit §§ 118 bis 124 So-zialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]) dem Grunde nach erfüllte. Ebenso wenig steht infrage, dass es sich um einen Neuanspruch handelte, da der Kläger innerhalb der zweijährigen Rah-menfrist (§ 124 SGB III) mehr als zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis ge-standen und damit die Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Als Folge davon war der Anspruch auf Arbeitslosengeld, der am 1. August 2003 entstanden war, erloschen (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Anspruchsdauer des am 1. Dezember 2007 neu entstandenen Anspruchs richtete sich nach § 127 SGB III in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für mo-derne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in Verbindung mit § 434r Abs. 1 SGB III, der ab 1. Januar 2008 durch das 6. SGB III-Änderungsgesetz eingefügt worden war (im folgenden je-weils ohne Zusatz zitiert). Die Anspruchsdauer ist, wie bereits erwähnt, vom Senat selbst zu prüfen, auch soweit es eventuell zu berücksichtigende "Restansprüche" betrifft (s. BSG SozR 3-4100 § 100 Nr. 5). Gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III richtete sich die Anspruchsdauer nach der Dauer der Ver-sicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um ein Jahr erweiterten Rahmenfrist und dem Le-bensalter, das der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat. Nach § 127 Abs. 2 SGB III konnte der Kläger deshalb nur einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für 12 Ka-lendermonate erwerben, da er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Weil der Anspruch am 31. Dezember 2007 noch nicht erschöpft war, erhöhte sich gemäß § 434r Abs. 1 SGB III die Anspruchsdauer bei Arbeitslosen, die - wie der Kläger - vor dem 1. Januar 2008 das 50. Lebensjahr vollendet hatten, auf 15 Monate. Eine Anspruchsdauer in die-ser Höhe ist dem Kläger durch den ebenfalls angefochtenen Bescheid vom 25. Februar 2008 zuerkannt worden. Ist dem Kläger somit bereits die höchste nach seinem Lebensalter mögliche Anspruchsdauer bewilligt worden ist, kann sie sich nicht weiter um die Restdauer von 52 Kalendertagen des am 1. August 2003 entstandenen und wegen der Entstehung des neuen Anspruchs ab 1. Dezember 2007 erloschenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld verlängern. Denn eine Verlängerung der Anspruchsdauer über das Maß hinaus, das sich allein aus den Anwartschaftszeiten errechnet, ist längstens bis zu der dem Lebensalter des Arbeitslosen zugeordneten Höchstdauer möglich (§ 127 Abs. 4 SGB III). Die Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz [GG]) schließt es aus, eine Entscheidung zu treffen, die sich nicht auf eine Auslegung der Vorschriften des einfa-chen Rechts gründen lässt (s. dazu stellvertretend BVerfGE 113, 88). An das Bundesverfas-sungsgericht ist eine Vorlage nur dann zu richten, wenn das Gericht eine entscheidungserhebli-che Rechtsnorm für verfassungswidrig hält, also davon überzeugt ist (Art. 100 Abs. 1 GG). Das ist hier nicht der Fall. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht ist vielmehr nicht im Ansatz zu se-hen, umso weniger noch, als der im gerichtlichen Verfahren rechtskundig vertretene Kläger jedenfalls in seinen aktenkundigen schriftlichen Äußerungen nicht konkret angibt, in welchen Grundrechten er verletzt sein könnte. Die Restdauer aufgrund des am 1. August 2003 erworbenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld war bereits dadurch "bestandsgeschützt", dass sie von vornherein nicht von den späteren Ände-rungen des § 127 Abs. 2 SGB III betroffen war. Die offenbar angegriffenen "Kürzungen" der Anspruchsdauer in § 127 Abs. 2 SGB III und der "Mitnahmemöglichkeiten" für Restansprüche in § 127 Abs. 4 SGB III durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt sind, anders als es beim Kläger anklingt, nicht erst zum 1. Februar 2006, sondern schon zum 1. Januar 2004 in das Gesetz eingefügt geworden. Indem der Gesetz-geber die Anwendung der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Regelungen übergangsweise noch für Ansprüche auf Arbeitslosengeld zuließ, die bis zum 31. Januar 2006 neu entstanden waren (§ 434l Abs. 1 SGB III; s. auch BSG, Urteil vom 14. September 2010 - B 7 AL 23/09 R), hat er bereits eine Bestandsschutzregelung getroffen. Es wird nicht erkennbar, warum er noch darüber hinausgehend zu einem "Bestandsschutz" verpflichtet gewesen sein sollte (s. zur verfassungsrechtlichen Rechtslage ausführlich BSG wie eben; die erstinstanzlich offenbar erör-terten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juli 2009 - 1 BvL 9/07 und 10/07, letzterer in NZS 2010, 152, hatten sich im Wesentlichen nur zu Zulässigkeitsanforderungen an Richtervorlagen geäußert). Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anspruchsdauer von Arbeitslosengeld. Der Kläger ist im Mai 1955 geboren worden. Am 21. Januar 1998 hatte er sich erstmals bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt, das ihm antragsgemäß für längstens 12 Monate (360 Kalendertage) bewilligt wurde. Ab 2. März 1998 meldete sich der Kläger aus dem Leistungsbezug ab, der Restanspruch auf Arbeitslosengeld betrug zu diesem Zeitpunkt 320 Kalendertage. Vom 1. Januar bis zum 6. Juni 1999 bezog der Kläger nochmals Arbeitslosengeld aufgrund des am 21. Januar 1998 entstandenen Anspruchs. Der Restanspruch betrug diesmal noch 150 Ka-lendertage. Ab 6. Dezember 2000 gewährte die Beklagte dem Kläger dann Arbeitslosengeld als Neuan-spruch aufgrund der nach dem 20. Januar 1998 liegenden Zeiten mit Versicherungspflichtver-hältnissen. Den Restanspruch aus dem wegen Entstehung des Neuanspruchs erloschenen Altanspruch und das Lebensalter des Klägers berücksichtigend, bewilligte die Beklagte die Leis-tung für längstens 18 Kalendermonate (540 Kalendertage). Bei Ende dieses Leistungsbezugs am 15. Mai 2001 bestand noch ein Restanspruch von 379 Kalendertagen. Nach einem weiteren Leistungsbezug vom 23. Juni bis 17. Juli 2001 verblieb ein Restanspruch von 354 Kalenderta-gen. Danach bezog der Kläger Arbeitslosengeld wieder ab 1. August bis zum 7. Dezember 2003 als Neuanspruch aufgrund der nach dem 5. Dezember 2000 liegenden Zeiten mit Versicherungs-pflichtverhältnissen. Den Restanspruch aus dem erloschenen Altanspruch und das Lebensalter des Klägers berücksichtigend, bewilligte die Beklagte die Leistung diesmal für längstens 22 Kalendermonate (660 Kalendertage). Aufgrund dieses Anspruchs bezog der Kläger auch vom 9. Dezember 2003 bis zum 15. Juni 2004 und vom 20. Oktober 2004 bis zum 19. Juni 2005 Arbeitslosengeld. Die Beklagte ging zu diesem Zeitpunkt von einem Restanspruch von 99 Ka-lendertagen aus, aufgrund dessen ihm die Beklagte auch ab 23. Januar 2006 Arbeitslosengeld bewilligte. Den Widerspruch gegen die Anspruchsdauer wies die Beklagte durch Wider-spruchsbescheid vom 11. April 2006 zurück und wies darauf hin, dass keine neue Anwart-schaftszeit erfüllt worden sei. Im daran anschließenden Klageverfahren (SG Berlin S 80 AL 1517/06) erkannte die Beklagte einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 123 Kalenderta-gen ab dem 23. Januar 2006 an, da Zeiten der Gewährung von Insolvenzgeld während des Be-zugs von Arbeitslosengeld zunächst nicht berücksichtigt worden waren. Mit Wirkung zum 3. April 2006 hatte sich der Kläger unterdessen aus dem Leistungsbezug abgemeldet, sodass in diesem Zeitpunkt noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 52 Kalendertagen bestand. Schließlich meldete sich der Kläger ab 1. Dezember 2007 arbeitslos. Durch Bescheid vom 28. Dezember 2007 bewilligte ihm die Beklagte das beantragte Arbeitslosengeld für die Dauer von 12 Monaten (360 Kalendertage). Die Anspruchsdauer berechnete sie anhand von insgesamt 824 Kalendertagen mit Versicherungspflichtverhältnissen innerhalb eines Zeitrahmens vom 1. Dezember 2004 bis zum 30. November 2007. Den Widerspruch des Klägers, mit der unter an-derem die Berücksichtigung eines "Guthabens" bei der Anspruchsdauer geltend machte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2008 zurück. Die Anspruchsdauer entspreche dem, was für das Lebensalter des Klägers höchstens in Betracht komme. Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass ihm Arbeitslosengeld für zusätzliche 52 Tage zu gewähren sei. Der Restanspruch sei bereits vor dem 31. Januar 2006 entstanden. Es sei nicht gerechtfertigt, die Anspruchsdauer ab dem 1. Februar 2006 ohne Übergangsregelungen zum Bestandsschutz abzubauen. Durch Bescheid vom 25. Februar 2008 änderte die Beklagte die Leistungsbewilligung und ge-währte das Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von längstens 450 Kalendertagen. Der Kläger führte hierzu aus, dass der Restanspruch aus den von ihm genannten Gründen auch die nun verlängerte Anspruchsdauer nochmals verlängern müsse. Durch Gerichtsbescheid vom 19. März 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung vorrangig auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen. Die Anspruchsdauer sei aufgrund einer Übergangsvorschrift sogar rückwirkend auf 15 Monate er-höht worden. Im Hinblick auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die in dem Erörterungstermin vom 10. März 2010 erörtert worden sei, sei das Gericht auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der streitigen Regelung überzeugt. Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch mit der bisherigen Begründung weiter. Er beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2010 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 28. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 21. Januar 2008 und des Bescheides vom 25. Februar 2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von längs-tens 502 Kalendertagen zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend. Die Gerichtsakte sowie Band II der Verwaltungsakten der Beklagten lagen dem Senat bei sei-ner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Akten-stücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Entscheidung des Sozialgerichts den formalen Mindestan-forderungen des § 136 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genügt, vor allem eine - wenn auch "ge-drängte" - Darstellung des Sachverhalts (§ 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG) und die Entscheidungsgrün-de (§ 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG) enthält (der Lebenssachverhalt, der zu den streitigen Bescheiden geführt hat, fehlt vollständig und der Bescheid vom 25. Februar 2008, der gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, wird nicht erwähnt; vor diesem Hintergrund kann fraglich erscheinen, ob das Sozialgericht auch noch die Begründung seiner Entscheidung durch Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid ersetzen durfte; s. zum ganzen BSG, SozR 1500 § 136 Nr. 10 - vor Inkrafttreten des § 136 Abs. 3 SGG ergangen - und daran anschließend BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 9a SB 4/06 R). Der Senat sieht jedenfalls deshalb im kon-kreten Fall keinen Anlass, die Sache wegen eines etwaigen wesentlichen Verfahrensmangels an das Sozialgericht zurückzuverweisen (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG), weil der entscheidungserheb-liche Sachverhalt aus den Akten hervorgeht und zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, so-dass allein über dessen rechtliche Bewertung zu entscheiden ist. Ebenfalls kann dahingestellt bleiben, ob die angefochtenen Leistungsbewilligungen überhaupt dazu geführt haben, dass dem Kläger Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung der bewilligten Anspruchsdauer bewilligt worden ist. Wäre dies nicht der Fall, wäre die Berufung bereits des-halb unbegründet, weil die Anspruchsdauer dann nicht (mehr) entscheidungserheblich wäre: Mit der Bewilligung der Leistung wird kein Stammrecht "dem Grunde nach" zuerkannt, das für spätere Leistungsbewilligungen Tatbestandswirkung hätte (s. BSG SozR 3-4100 § 100 Nr. 5). Vielmehr ist bei jeder neuen Leistungsbewilligung erneut zu prüfen, ob die bewilligte (Rest-) Anspruchsdauer sachlich und rechnerisch zutrifft. Hätte der Kläger Arbeitslosengeld dagegen durchgehend bis zur Erschöpfung der bewilligten Anspruchsdauer bezogen und hätte er auch in der Zeit unmittelbar nach Erschöpfung des An-spruchs noch für die geltend gemachten weiteren 52 Kalendertage die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (abgesehen von der Anspruchsdauer) erfüllt, so wäre die Beru-fung deshalb unbegründet, weil es für den geltend gemachten Klageanspruch keine Rechts-grundlage gibt. Es ist zwischen den Beteiligten nicht streitig - und auch für den Senat ist nichts Abweichendes ersichtlich -, dass der Kläger ab 1. Dezember 2007 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen Arbeitslosigkeit (§§ 117 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit §§ 118 bis 124 So-zialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]) dem Grunde nach erfüllte. Ebenso wenig steht infrage, dass es sich um einen Neuanspruch handelte, da der Kläger innerhalb der zweijährigen Rah-menfrist (§ 124 SGB III) mehr als zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis ge-standen und damit die Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Als Folge davon war der Anspruch auf Arbeitslosengeld, der am 1. August 2003 entstanden war, erloschen (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Anspruchsdauer des am 1. Dezember 2007 neu entstandenen Anspruchs richtete sich nach § 127 SGB III in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für mo-derne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in Verbindung mit § 434r Abs. 1 SGB III, der ab 1. Januar 2008 durch das 6. SGB III-Änderungsgesetz eingefügt worden war (im folgenden je-weils ohne Zusatz zitiert). Die Anspruchsdauer ist, wie bereits erwähnt, vom Senat selbst zu prüfen, auch soweit es eventuell zu berücksichtigende "Restansprüche" betrifft (s. BSG SozR 3-4100 § 100 Nr. 5). Gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III richtete sich die Anspruchsdauer nach der Dauer der Ver-sicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um ein Jahr erweiterten Rahmenfrist und dem Le-bensalter, das der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat. Nach § 127 Abs. 2 SGB III konnte der Kläger deshalb nur einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für 12 Ka-lendermonate erwerben, da er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Weil der Anspruch am 31. Dezember 2007 noch nicht erschöpft war, erhöhte sich gemäß § 434r Abs. 1 SGB III die Anspruchsdauer bei Arbeitslosen, die - wie der Kläger - vor dem 1. Januar 2008 das 50. Lebensjahr vollendet hatten, auf 15 Monate. Eine Anspruchsdauer in die-ser Höhe ist dem Kläger durch den ebenfalls angefochtenen Bescheid vom 25. Februar 2008 zuerkannt worden. Ist dem Kläger somit bereits die höchste nach seinem Lebensalter mögliche Anspruchsdauer bewilligt worden ist, kann sie sich nicht weiter um die Restdauer von 52 Kalendertagen des am 1. August 2003 entstandenen und wegen der Entstehung des neuen Anspruchs ab 1. Dezember 2007 erloschenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld verlängern. Denn eine Verlängerung der Anspruchsdauer über das Maß hinaus, das sich allein aus den Anwartschaftszeiten errechnet, ist längstens bis zu der dem Lebensalter des Arbeitslosen zugeordneten Höchstdauer möglich (§ 127 Abs. 4 SGB III). Die Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz [GG]) schließt es aus, eine Entscheidung zu treffen, die sich nicht auf eine Auslegung der Vorschriften des einfa-chen Rechts gründen lässt (s. dazu stellvertretend BVerfGE 113, 88). An das Bundesverfas-sungsgericht ist eine Vorlage nur dann zu richten, wenn das Gericht eine entscheidungserhebli-che Rechtsnorm für verfassungswidrig hält, also davon überzeugt ist (Art. 100 Abs. 1 GG). Das ist hier nicht der Fall. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht ist vielmehr nicht im Ansatz zu se-hen, umso weniger noch, als der im gerichtlichen Verfahren rechtskundig vertretene Kläger jedenfalls in seinen aktenkundigen schriftlichen Äußerungen nicht konkret angibt, in welchen Grundrechten er verletzt sein könnte. Die Restdauer aufgrund des am 1. August 2003 erworbenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld war bereits dadurch "bestandsgeschützt", dass sie von vornherein nicht von den späteren Ände-rungen des § 127 Abs. 2 SGB III betroffen war. Die offenbar angegriffenen "Kürzungen" der Anspruchsdauer in § 127 Abs. 2 SGB III und der "Mitnahmemöglichkeiten" für Restansprüche in § 127 Abs. 4 SGB III durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt sind, anders als es beim Kläger anklingt, nicht erst zum 1. Februar 2006, sondern schon zum 1. Januar 2004 in das Gesetz eingefügt geworden. Indem der Gesetz-geber die Anwendung der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Regelungen übergangsweise noch für Ansprüche auf Arbeitslosengeld zuließ, die bis zum 31. Januar 2006 neu entstanden waren (§ 434l Abs. 1 SGB III; s. auch BSG, Urteil vom 14. September 2010 - B 7 AL 23/09 R), hat er bereits eine Bestandsschutzregelung getroffen. Es wird nicht erkennbar, warum er noch darüber hinausgehend zu einem "Bestandsschutz" verpflichtet gewesen sein sollte (s. zur verfassungsrechtlichen Rechtslage ausführlich BSG wie eben; die erstinstanzlich offenbar erör-terten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juli 2009 - 1 BvL 9/07 und 10/07, letzterer in NZS 2010, 152, hatten sich im Wesentlichen nur zu Zulässigkeitsanforderungen an Richtervorlagen geäußert). Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
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