Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 66 AS 24068/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 AS 1384/10 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH bleibt auch in Ansehung der Änderung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG zum 11. August 2010 durch das "Dritte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze" vom 05. August 2010 (Art. 12 Satz 1 dieses Gesetzes - Bundesgesetzblatt I, 1127) zulässig, auch wenn für das Hauptsacheverfahren die Berufung ausgeschlossen ist; die Sonderregelung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist im sozialgerichtlichen Verfahren weiterhin nicht anwendbar (Fortführung von LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. März 2010 - L 19 AS 829/09 B PKH - juris.de).
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juli 2010 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin ab dem 02. Juli 2010 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S, O Straße, B, beige-ordnet; im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde, über die der Senat ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§§ 12 Abs. 1 Satz 2, 176 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), ist zulässig und in der Sache begründet.
Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass der Wert des Beschwerdegegenstan-des von nur 375,00 EUR (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. Februar 2009 in der Ges-talt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2009 über 375,00 EUR für den Zeitraum vom 01. Juni bis 31. August 2008) den Betrag von mehr als 750,00 EUR, bei dem eine Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich statthaft ist, nicht erreicht. Auch im diesem Fall bleibt die Beschwerde nach § 172 Abs. 1 SGG zulässig (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 172 Randnummer (Rn) 3, § 73a Rn 12b). Nach dieser Vorschrift findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) statt, soweit nicht in diesem Gesetz (dem SGG) anderes bestimmt ist. Eine abweichende Bestimmung ist insbesondere nicht nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG getroffen, auch wenn dort die entsprechende Geltung der Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Prozesskostenhilfe (PKH) vorgesehen ist. Zwar kennt die ZPO in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO für den Fall der Ablehnung von PKH, die - wie hier - nicht allein auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin gestützt wird, einen Ausschluss der Beschwerde, wenn der Streitwert in der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag von 600,00 EUR nicht übersteigt. Die genannte Sonderregelung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist im sozialgerichtlichen Verfahren allerdings nicht anwendbar (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Juni 2010 - L 5 AS 610/10 B PKH -; LSG Baden-Württemberg vom 06. Mai 2010 - L 7 AS 5876/09 B -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. März 2010 - L 25 B 1612/08 AS PKH -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 06. Januar 2010 - L 2 R 527/09 B -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juli 2009 - L 28 B 1379/08 AS PKH -; entgegen LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. September 2010 - L 20 AS 1602/10 B PKH -; Bayrisches LSG, Beschluss vom 30. März 2010 - L 9 B 77/06 AL PKH -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. März 2010 - L 34 AS 2015/09 B PKH - alle juris.de). Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus den Besonderheiten des so-zialgerichtlichen Verfahrens (vgl. etwa § 511 Abs. 4 ZPO im Vergleich zu § 145 Abs 4 SGG) und entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 31. März 2010 - L 19 AS 829/09 B PKH (zu § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG) - juris.de - und vom 17. August 2010 - L 19 AS 1172/10 B PKH -), auf deren Begründungen sich der Senat weiterhin bezieht. Der Senat hält an seiner Auffassung auch in Ansehung der Änderung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG zum 11. August 2010 durch das "Dritte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozial-gesetzbuch und anderer Gesetze" vom 05. August 2010 (Art 12 Satz 1 dieses Gesetzes - Bun-desgesetzblatt (BGBl) I, 1127) fest. In Kenntnis der streitigen obergerichtlichen Auslegung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG hat der Gesetzgeber mit dieser Änderung nur eine Beschränkung der PKH- Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz geregelt. Damit ist entgegen der Auffas-sung des 20. Senats des erkennenden Gerichts (Beschluss vom 27. September 2010 - am ange-geben Ort (aaO); ebenso Hessisches LSG, Beschluss vom 04. Oktober 2010 - L 7 AS 436/10 B - juris.de) gerade kein Wille des Gesetzgebers erkennbar, auch für eine PKH- Beschwerde in einem sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren einen Ausschluss zu normieren. Zwar stimmt der Senat dem Hessischen LSG (aaO) ausdrücklich dahingehend zu, dass gerade aus Sicht der Rechtsanwender eine eindeutige gesetzliche Regelung sinnvoll gewesen wäre, was aber sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der Gesetzesbegründung (Bundesrats-Drucksache (BR-Drucks) 15/10, Seite 23) ausdrücklich unterlassen ("offen gelassen") worden ist. Gemessen an den Erfordernissen des verfassungsmäßigen Gebots der Rechtsmittelklarheit (zuletzt teilweise stattgebender Kammerbeschluss des Bundesverfassungsrichts (BVerfG) vom 29. September 2010 - 1 BvR 2649/06 - juris.de, mit weiteren Nachweisen (mwN)) ist daher § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG weiterhin wortlautgetreu eng im Sinne der Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns sowie der Effektivität des gerichtlichen Rechtsschutzes auszulegen.
Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit (iVm) § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Prozessbetei-ligte auf Antrag PKH, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die be-absichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Entgegen der nicht näher begründeten Rechtsauffassung des SG sieht der Senat bereits die Be-teiligtenfähigkeit und Klagebefugnis der Klägerin nach §§ 69, 70 SGG nicht als ausgeschlos-sen an und misst der Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg bei. Das SG verkennt bereits den nicht eindeutigen Wortlaut des angefochtenen Bescheides vom 13. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2009. Nach § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetz-buch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein, was insbeson-dere den Adressaten und den Verfügungssatz betrifft. Daran fehlt es hier: Unabhängig davon, dass aus der vom Beklagten übersandten - eher rudimentär geführten - Verwaltungsakte über-haupt gegenüber dem vom SG angenommenen Verpflichteten Franjo Bauer (geboren am 21. Mai 2008) für den hier allein streitigen Zeitraum keine Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erkennbar ist (der mit dem vorbezeichneten Be-scheid teilweise zurückgenommenen Bescheid vom 04. Februar 2008 enthält - begriffsnotwen-dig - gerade keine Leistungsbewilligung für den erst später geborenen Sohn der Klägerin und der - nicht vollständig vorliegende - Bewilligungsbescheid vom 22. August 2008 betrifft zu-nächst wohl nur den Zeitraum ab dem 01. September 2008) und die vom SG unterstellte Teil-rücknahme gegenüber Franjo Bauer damit faktisch ins Leere läuft, hat der Beklagte zunächst noch im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. Februar 2009 aufgrund der nachträgli-chen Bewilligung eines Unterhaltsvorschusses (Bescheid Bezirksamt T-K von B vom 07. Au-gust 2008) die Erzielung von Einkommen der Klägerin ("Sie haben Einkommen oder Vermö-gen erzielt") unterstellt, während im Widerspruchsbescheid davon ausgegangen wird, der Sohn der Klägerin habe nachträglich Einkommen erzielt. Von wem genau 375,- EUR zurückgefordert werden, ist damit nicht eindeutig zu klären. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 14. August 1996 - 13 RJ 9/95 - Sozialrecht (SozR) 3-1200 § 42 Nr 6) gehen Unklarheiten zu Lasten der Behörde, so dass nicht ausgeschlossen erscheint, dass ent-sprechend dem Wortlaut des Ursprungsbescheides gerade die Klägerin zu Unrecht mit der Er-stattung von 375,00 EUR belastet wird. Zudem ergibt sich aus der Verwaltungsakte des Beklagten nicht, ob aufgrund des Erstattungsantrags des Beklagten vom 05. August 2008 der Klägerin überhaupt anrechenbares Vermögen nach § 11 SGB II zugeflossen ist.
Das SG wird zunächst den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären und vom Be-klagten die vollständigen Verwaltungsvorgänge beizuziehen haben. Soweit der Beklagte im laufenden Beschwerdeverfahren auf die entsprechenden Verfügungen des Berichterstatters (09. August, 21. September und 20. Oktober 2010) schlicht nicht reagiert hat, ist dies zwar (noch) nicht entscheidungserheblich, bestenfalls aber prozessual ungewöhnlich und rechtsstaatsstrapa-zierend. Soweit das SG schließlich tatsächlich im Rahmen dieser Ermittlungen eine rücknah-mefähige Bewilligungsentscheidung des Beklagten ermitteln sollte, wird es zudem nach § 123 SGG den genauen Adressaten des angefochtenen Verwaltungsaktes vom 13. Februar 2009 zu ermitteln und ggf. zu prüfen haben, ob von Amts wegen entsprechend der Anregung der Kläge-rin im Beschwerdeverfahren das Rubrum zu berichtigen sein wird.
Da erst mit dem Eingang der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnis-se der Klägerin (zur Verpflichtung zur Vorlage dieser Erklärung, vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs. 2 und 4 ZPO; dazu BVerfG, Nichtannahmenbeschluss vom 14. April 2010 - 1 BvR 362/10 - juris.de) am 02. Juli 2010 auch die weiteren Voraussetzungen des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO vorgelegen haben, war der Beschluss des SG vom 14. Juli 2010 aufzuheben und der Klägerin für das Klageverfahren PKH ab dem 02. Juli 2010 unter Beiord-nung von Rechtsanwalt S zu bewilligen; im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht (BSG) anfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
Die Beschwerde, über die der Senat ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter entscheiden konnte (§§ 12 Abs. 1 Satz 2, 176 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), ist zulässig und in der Sache begründet.
Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass der Wert des Beschwerdegegenstan-des von nur 375,00 EUR (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. Februar 2009 in der Ges-talt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2009 über 375,00 EUR für den Zeitraum vom 01. Juni bis 31. August 2008) den Betrag von mehr als 750,00 EUR, bei dem eine Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich statthaft ist, nicht erreicht. Auch im diesem Fall bleibt die Beschwerde nach § 172 Abs. 1 SGG zulässig (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 172 Randnummer (Rn) 3, § 73a Rn 12b). Nach dieser Vorschrift findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) statt, soweit nicht in diesem Gesetz (dem SGG) anderes bestimmt ist. Eine abweichende Bestimmung ist insbesondere nicht nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG getroffen, auch wenn dort die entsprechende Geltung der Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Prozesskostenhilfe (PKH) vorgesehen ist. Zwar kennt die ZPO in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO für den Fall der Ablehnung von PKH, die - wie hier - nicht allein auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin gestützt wird, einen Ausschluss der Beschwerde, wenn der Streitwert in der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag von 600,00 EUR nicht übersteigt. Die genannte Sonderregelung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist im sozialgerichtlichen Verfahren allerdings nicht anwendbar (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Juni 2010 - L 5 AS 610/10 B PKH -; LSG Baden-Württemberg vom 06. Mai 2010 - L 7 AS 5876/09 B -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. März 2010 - L 25 B 1612/08 AS PKH -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 06. Januar 2010 - L 2 R 527/09 B -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juli 2009 - L 28 B 1379/08 AS PKH -; entgegen LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. September 2010 - L 20 AS 1602/10 B PKH -; Bayrisches LSG, Beschluss vom 30. März 2010 - L 9 B 77/06 AL PKH -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. März 2010 - L 34 AS 2015/09 B PKH - alle juris.de). Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus den Besonderheiten des so-zialgerichtlichen Verfahrens (vgl. etwa § 511 Abs. 4 ZPO im Vergleich zu § 145 Abs 4 SGG) und entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 31. März 2010 - L 19 AS 829/09 B PKH (zu § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG) - juris.de - und vom 17. August 2010 - L 19 AS 1172/10 B PKH -), auf deren Begründungen sich der Senat weiterhin bezieht. Der Senat hält an seiner Auffassung auch in Ansehung der Änderung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG zum 11. August 2010 durch das "Dritte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozial-gesetzbuch und anderer Gesetze" vom 05. August 2010 (Art 12 Satz 1 dieses Gesetzes - Bun-desgesetzblatt (BGBl) I, 1127) fest. In Kenntnis der streitigen obergerichtlichen Auslegung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG hat der Gesetzgeber mit dieser Änderung nur eine Beschränkung der PKH- Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz geregelt. Damit ist entgegen der Auffas-sung des 20. Senats des erkennenden Gerichts (Beschluss vom 27. September 2010 - am ange-geben Ort (aaO); ebenso Hessisches LSG, Beschluss vom 04. Oktober 2010 - L 7 AS 436/10 B - juris.de) gerade kein Wille des Gesetzgebers erkennbar, auch für eine PKH- Beschwerde in einem sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren einen Ausschluss zu normieren. Zwar stimmt der Senat dem Hessischen LSG (aaO) ausdrücklich dahingehend zu, dass gerade aus Sicht der Rechtsanwender eine eindeutige gesetzliche Regelung sinnvoll gewesen wäre, was aber sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der Gesetzesbegründung (Bundesrats-Drucksache (BR-Drucks) 15/10, Seite 23) ausdrücklich unterlassen ("offen gelassen") worden ist. Gemessen an den Erfordernissen des verfassungsmäßigen Gebots der Rechtsmittelklarheit (zuletzt teilweise stattgebender Kammerbeschluss des Bundesverfassungsrichts (BVerfG) vom 29. September 2010 - 1 BvR 2649/06 - juris.de, mit weiteren Nachweisen (mwN)) ist daher § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG weiterhin wortlautgetreu eng im Sinne der Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns sowie der Effektivität des gerichtlichen Rechtsschutzes auszulegen.
Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit (iVm) § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Prozessbetei-ligte auf Antrag PKH, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die be-absichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Entgegen der nicht näher begründeten Rechtsauffassung des SG sieht der Senat bereits die Be-teiligtenfähigkeit und Klagebefugnis der Klägerin nach §§ 69, 70 SGG nicht als ausgeschlos-sen an und misst der Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg bei. Das SG verkennt bereits den nicht eindeutigen Wortlaut des angefochtenen Bescheides vom 13. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2009. Nach § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetz-buch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein, was insbeson-dere den Adressaten und den Verfügungssatz betrifft. Daran fehlt es hier: Unabhängig davon, dass aus der vom Beklagten übersandten - eher rudimentär geführten - Verwaltungsakte über-haupt gegenüber dem vom SG angenommenen Verpflichteten Franjo Bauer (geboren am 21. Mai 2008) für den hier allein streitigen Zeitraum keine Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erkennbar ist (der mit dem vorbezeichneten Be-scheid teilweise zurückgenommenen Bescheid vom 04. Februar 2008 enthält - begriffsnotwen-dig - gerade keine Leistungsbewilligung für den erst später geborenen Sohn der Klägerin und der - nicht vollständig vorliegende - Bewilligungsbescheid vom 22. August 2008 betrifft zu-nächst wohl nur den Zeitraum ab dem 01. September 2008) und die vom SG unterstellte Teil-rücknahme gegenüber Franjo Bauer damit faktisch ins Leere läuft, hat der Beklagte zunächst noch im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. Februar 2009 aufgrund der nachträgli-chen Bewilligung eines Unterhaltsvorschusses (Bescheid Bezirksamt T-K von B vom 07. Au-gust 2008) die Erzielung von Einkommen der Klägerin ("Sie haben Einkommen oder Vermö-gen erzielt") unterstellt, während im Widerspruchsbescheid davon ausgegangen wird, der Sohn der Klägerin habe nachträglich Einkommen erzielt. Von wem genau 375,- EUR zurückgefordert werden, ist damit nicht eindeutig zu klären. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 14. August 1996 - 13 RJ 9/95 - Sozialrecht (SozR) 3-1200 § 42 Nr 6) gehen Unklarheiten zu Lasten der Behörde, so dass nicht ausgeschlossen erscheint, dass ent-sprechend dem Wortlaut des Ursprungsbescheides gerade die Klägerin zu Unrecht mit der Er-stattung von 375,00 EUR belastet wird. Zudem ergibt sich aus der Verwaltungsakte des Beklagten nicht, ob aufgrund des Erstattungsantrags des Beklagten vom 05. August 2008 der Klägerin überhaupt anrechenbares Vermögen nach § 11 SGB II zugeflossen ist.
Das SG wird zunächst den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären und vom Be-klagten die vollständigen Verwaltungsvorgänge beizuziehen haben. Soweit der Beklagte im laufenden Beschwerdeverfahren auf die entsprechenden Verfügungen des Berichterstatters (09. August, 21. September und 20. Oktober 2010) schlicht nicht reagiert hat, ist dies zwar (noch) nicht entscheidungserheblich, bestenfalls aber prozessual ungewöhnlich und rechtsstaatsstrapa-zierend. Soweit das SG schließlich tatsächlich im Rahmen dieser Ermittlungen eine rücknah-mefähige Bewilligungsentscheidung des Beklagten ermitteln sollte, wird es zudem nach § 123 SGG den genauen Adressaten des angefochtenen Verwaltungsaktes vom 13. Februar 2009 zu ermitteln und ggf. zu prüfen haben, ob von Amts wegen entsprechend der Anregung der Kläge-rin im Beschwerdeverfahren das Rubrum zu berichtigen sein wird.
Da erst mit dem Eingang der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnis-se der Klägerin (zur Verpflichtung zur Vorlage dieser Erklärung, vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs. 2 und 4 ZPO; dazu BVerfG, Nichtannahmenbeschluss vom 14. April 2010 - 1 BvR 362/10 - juris.de) am 02. Juli 2010 auch die weiteren Voraussetzungen des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO vorgelegen haben, war der Beschluss des SG vom 14. Juli 2010 aufzuheben und der Klägerin für das Klageverfahren PKH ab dem 02. Juli 2010 unter Beiord-nung von Rechtsanwalt S zu bewilligen; im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht (BSG) anfechtbar, § 177 SGG.
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