L 21 R 67/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 30 R 8956/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 67/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine höhere Rente unter Berücksichtigung von persönlichen Entgeltpunkten - EP - anstelle von persönlichen EP (Ost) und eines aktuellen Rentenwertes anstelle des aktu-ellen Rentenwertes (Ost).

Der 1942 geborene Kläger war in der Zeit von September 1961 bis Januar 1992 im Beitrittsge-biet versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war er als Beamter bei der Oberfinanzdi-rektion B versicherungsfrei.

Mit Bescheid vom 20. August 2007 gewährte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente für die Zeit ab 1. September 2007 in Höhe von 1.057,27 EUR zzgl. eines Beitragszuschusses zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 40,99 EUR, insgesamt somit 1.098,26 EUR. Der Berechnung der Rente legte die Beklagte - unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 1,0 - 45,7891 persönliche EP (Ost), einen Rentenartfaktor von 1,0 und einen monatlichen aktuellen Renten-wert (Ost) von 23,09 EUR zu Grunde.

Der darin vorgenommenen "Bestimmung des Geldwertes des Rechts auf Rente bei Rentenbe-ginn und seine Anpassung an die Lohn- und Gehaltsentwicklung der aktiven Beschäftigten nach dem Rentenwert (Ost)" widersprach der Kläger am 3. September 2007. Mit Wider-spruchsbescheid vom 13. November 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führ-te - unter ausführlicher Darlegung der Berechnung des aktuellen Rentenwertes (Ost) - zur Be-gründung aus, die Bestimmung und die Anwendung des aktuellen Rentenwertes (Ost) sei nicht zu beanstanden.

Am 3. Dezember 2007 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben mit dem Begehren einer höheren Regelaltersrente mit Wirkung ab 1. September 2007 auf der Grundlage des aktuellen Rentenwertes ("West"). Zwar habe das Bundessozialgericht in einer Entschei-dung vom 14. März 2006 (Az: B 4 RA 41/04 R) für das Jahr 2000 abweichende Rentenberech-nungsregeln für das Beitrittsgebiet im Hinblick auf die besondere Ausnahmesituation für das Jahr 2000 noch als verfassungsgemäß gehalten, es habe jedoch offen gelassen, wann diese Ausnahmesituation ende. Diese für das Jahr 2000 beschriebene Ausnahmesituation bestehe im Jahre 2007 nicht mehr. Die Berechnung seiner Rente mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) sei daher verfassungswidrig.

Das Sozialgericht Berlin hat mit Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 2008 die Klage abgewie-sen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass die ihm zustehende Rentenhöhe unter Verwendung des aktuellen Rentenwertes statt des aktuellen Ren-tenwertes (Ost) berechnet werde. § 254b SGB VI bestimme zwar, dass bis zur Herstellung ein-heitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland persönliche EP (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente aus Zeiten außerhalb des Altbundesgebiets gebildet würden, die an die Stelle der persönlichen EP und des aktuellen Rentenwerts nach den §§ 63 ff SGB VI träten. Mit dieser Bestimmung sollte eine Übergangsregelung für den Zeitraum geschaffen werden, bis sich das Einkommensniveau des Beitrittsgebiets an das der alten Länder angeglichen habe. Dies verstoße weder gegen Art 14 GG noch gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG). Denn es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass im Bundesgebiet bereits einheitliche Lebensverhältnisse hergestellt worden seien. Diese gesetzlichen Regelungen, an die sich die Beklagte gehalten habe, seien auch nicht verfas-sungswidrig.

Gegen den ihm am 23. Dezember 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21. Januar 2009 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, zwar könne er die bean-spruchte Berechnung der Rente nicht auf einfachgesetzliche Vorschriften stützen, er leite sei-nen Anspruch jedoch aus dem Gebot der Rentenangleichung in Ost und West gemäß Art. 30 Abs. 5 S. 2 des Einigungsvertrages sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG her. Es werde zwar nicht bestritten, dass die Differenzierung zwischen Ost und West für eine Über-gangszeit in der Vergangenheit zulässig gewesen sei, was vom Bundesverfassungsgericht und Bundessozialgericht auch bestätigt worden sei; die entsprechenden Gerichtsurteile hätten je-doch die Zeit bis 2004 betroffen. Damit sei offen, ob die unterschiedlichen Regelungen auch bei einer Rentenfeststellung am 20. August 2007 und laufend noch gerechtfertigt seien.

Die Verfassungsmäßigkeit der Sondervorschriften für die Berechnung der Rente im Beitritts-gebiet könne nicht mehr mit den noch bestehenden unterschiedlichen Einkommensverhältnis-sen begründet werden. Die Unterschiede seien in vielen Branchen bereits nicht mehr vorhan-den, zum Beispiel im öffentlichen Dienst.

Andererseits könne von einer Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet jedenfalls für den vorliegend entscheidungserheblichen Zeitraum ab August 2007 nicht mehr gesprochen werden. Denn der Angleichungsprozess sei zum Erliegen gekommen und für alle oder große Teile der neuen Bundesländer habe sich ein im Vergleich zum übrigen Bundesge-biet niedrigeres Einkommensniveau auf Dauer etabliert. Dies habe auch das Bundessozialge-richt in seinen Urteilen zu der Grundrente für Kriegsopfer bereits festgestellt. Gleiches müsse auch für die Rentenversicherung gelten. Im August 2007 habe festgestanden, dass die niedrige-ren Einkommensverhältnisse in den neuen Bundesländern einen Dauerzustand erreicht hätten. Da die Lebensverhältnisse in Ost und West somit nicht nur vorübergehend unterschiedlich sei-en, sei die Rechtfertigung für eine übergangsweise unterschiedliche Behandlung entfallen.

Dem Vorbringen des Klägers ist der Antrag zu entnehmen,

den Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 2008 aufzuheben und die Be-klagte unter Abänderung des Bescheides vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2007 zu verur-teilen, ihm, dem Kläger, unter Zugrundelegung von persönlichen Ent-geltpunkten anstelle von persönlichen Entgeltpunkten (Ost) und des ak-tuellen Rentenwertes anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost) bei der Rentenberechnung, eine höhere Rente ab 1. September 2007 zu gewäh-ren.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und führt ergänzend aus, zu wel-chem Zeitpunkt in den neuen und alten Bundesländern einheitlich Einkommensverhältnisse hergestellt sein würden, lasse sich nach wie vor nicht abschätzen. Im Rentenversicherungsbe-richt 2007 gehe die Bundesregierung davon aus, im Jahre 2011 werde das Niveau der Löhne in den neuen Ländern 78,9% im Vergleich zu den alten Bundesländern erreicht haben. Die Ein-kommensangleichung werde erst für das Jahr 2030 angenommen. Auch wenn die Angleichung der Rente bereits weiter fortgeschritten sei als die Angleichung der Löhne, sei die endgültige Rentenangleichung nach den bestehenden Vorschriften zur Rentenanpassung ohne gesetzliche Änderung kurzfristig oder mittelfristig nicht zu erreichen. Wegen der noch immer bestehenden Unterschiede in der Wirtschaftskraft zwischen den neuen und alten Bundesländern sei das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz durch die unterschiedliche Ausgestaltung der Rentenanpassungen in den neuen und alten Bundesländern nicht verletzt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialge-richtsgesetz).

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe der im Rentenbescheid vom 20. August 2007 - unter Zugrundelegung von persönlichen EP (Ost) und eines monatlichen aktuellen Rentenwerts (Ost) - berechneten Rente.

Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid die Höhe der Regelaltersrente des Klä-gers ab 1. September 2007 - ohne KV-Zuschuss - zu Recht auf 1.057,27 EUR festgesetzt.

Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich nach §§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI, indem die unter Be-rücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Diese Rentenformel gilt seit der Überleitung des SGB VI zum 1. Januar 1992 auch im Bei-trittsgebiet, wobei übergangsrechtliche Sonderbewertungsvorschriften "Ost" (§§ 254b, 254d, 255a SGB VI) zu beachten sind.

Soweit das Versicherungsverhältnis zwischen dem Versicherten und dem Rentenversiche-rungsträger auf einem Beschäftigungsverhältnis im Beitrittsgebiet beruht, modifiziert § 254b Abs. 1 SGB VI die vorgenannte Rentenformel hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzun-gen der in sie einfließenden Werte. Bis zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse in Deutschland werden danach "persönliche Entgeltpunkte (Ost)" und "ein aktueller Rentenwert (Ost)" gebildet, die an die Stelle der "persönlichen EP" und des "aktuellen Rentenwerts" treten (vgl. hierzu ausführlich: BSG vom 14. März 2006 – Az: B 4 RA 41/04 R – veröffentlicht in: Juris, m.w.Nw.). Diesen rechtlichen Vorgaben entsprechend hat die Beklagte im Bescheid vom 20. August 2007 - unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 1,0 - für die vom Kläger im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten insgesamt 45,7891 persönliche EP (Ost) ermittelt (vgl. Anlage 6 des Bescheides). Diese persönlichen EP (Ost) hat die Beklagte mit dem Rentenartfaktor für die Altersrente (1,0) sowie dem auf der Grundlage des § 255b Abs 1 SGB VI i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzli-chen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2007, Renten-wertbestimmungsverordnung 2007 (BGBl. I 1113) ab 1. Juli 2007 festgelegten aktuellen Ren-tenwert (Ost) in Höhe von 23,09 EUR vervielfältigt. Dies ergab eine Regelaltersrente bei Renten-beginn ab 1. September 2007 in Höhe von 1.057,27 EUR.

Der Kläger hat eine unzutreffende Anwendung dieser gesetzlichen Normen auch nicht geltend gemacht.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die genannten übergangsrechtlichen Sonderbe-wertungsvorschriften "Ost" (§§ 254b, 254d, 255a SGB VI), wonach besondere Entgeltpunkte (Ost) und ein besonderer aktueller Rentenwert (Ost) einzustellen ist, weder verfassungswidrig noch verstoßen sie gegen den Einigungsvertrag.

a) Das Bundessozialgericht (a.a.O.) hat hierzu für das Jahr 2000 ausgeführt: " Die Sonderregelungen für EP aus im Beitrittsgebiet erbrachten Vorleistungen und diejenigen für das Rentnerlohnprinzip im Beitrittsgebiet waren im Hinblick auf den Gleichheitssatz jedenfalls am 20. Juli 2000 durch die unterschiedlichen Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet gerechtfertigt. Die Ausga-ben der Rentenversicherung werden vor allem durch die Beiträge der Arbeitgeber fi-nanziert, die sie allein und in voller Höhe aus ihrem Privatvermögen bezahlen müssen und dafür allein mit ihrem Privatvermögen haften, auch wenn sie das abdingbare und auflösend bedingte Recht haben, sich bis zur Hälfte ihrer Beitragsschuld aus dem Ar-beitslohn der Versicherten zu refinanzieren. Grundsätzlich erfüllen sie ihre Beitrags-schuld, indem sie die Beiträge aus den Roherträgen ihres Unternehmens bezahlen. Ent-scheidend für die Finanzierung der Rentenversicherung sind daher (jedenfalls seit 1957) die Roherträge der Wirtschaftsunternehmen in Deutschland. Schwankungen nach Bran-chen oder Regionen sind dabei grundsätzlich unerheblich, nicht aber ein durch Kriegs-folgen bedingtes Zurückbleiben eines durch diese geprägten besonderen Wirtschafts-raums. Die gesetzlichen Unterschiede sind auf die besondere Ausnahmesituation nach der Wiedervereinigung (vor dem Hintergrund des Staatsbankrotts der DDR) und der damit - auch im Bereich der Rentenversicherung - zu bewältigenden Gesamtaufgaben des Staates zurückzuführen (vgl BVerfGE 107, 218, 243). Demnach rechtfertigt der all-gemeine Gleichbehandlungsgrundsatz als Gebot der sachgerechten Differenzierung die im Grunde systemwidrige Ungleichbehandlung zwischen der Bewertung der im Bei-trittsgebiet und der im "alten Bundesgebiet" erbrachten wirtschaftlichen Vorleistung und des Maßstabs des Rentnerlohns, jedenfalls bis zur Herstellung einheitlicher Le-bensverhältnisse im Bundesgebiet. Maßgebend für die übergangsrechtliche Sonderbewertung ist bis zur Herstellung ein-heitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet die Überlegung, dass der Geldwert von Renten im Beitrittsgebiet auch bei bundesgesetzlich durch Aufwertung und Hochrech-nung auf "West-Niveau" gleichgestellter Vorleistung dem im übrigen Bundesgebiet gel-tenden Geldwert erst dann entsprechen soll, wenn (auch) die Lohn- und Gehaltssituati-on im Beitrittsgebiet an die im übrigen Bundesgebiet angeglichen ist (vgl BT-Drucks 12/405 S 111). Dadurch wird zum einen eine Überlastung der Arbeitgeber und der akti-ven Versicherten verhindert und zum anderen gesichert, dass die Rentner "Ost" auch bis zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse an der Entwicklung der Löhne und Gehälter der aktiven Versicherten im Beitrittsgebiet nach dem Alterslohnprinzip teilha-ben (vgl BSGE 90, 11, 26 = SozR 3-2600 § 255c Nr 1 S 17; dazu auch: BSG SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 38; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 4 RA 27/05 R, Um-druck RdNr 71, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Das Angleichungsgebot des Art 30 Abs 5 Satz 3 EinigVtr war am 20. Juli 2000 nicht verletzt. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das Verhältnis der sog verfügbaren Standardrente Ost zur sog verfügbaren Standardrente West in Anlehnung an die wirtschaftliche Entwicklung von 46,37 vH (1991) auf rund 86,85 vH am 1. Juli 2000 (und am 1. April 2004 auf 87,91 vH) angestiegen war. "

b) Auch im Jahr 2007 bis zur Entscheidung des Senats ist ein Verstoß der genannten Sonder-bewertungsvorschriften "Ost" gegen höherrangiges Recht nicht zu erkennen:

aa) Das Thüringer Landessozialgericht hat hierzu in seiner Entscheidung vom 19. Februar 2009 (Az: L 1 R 1007/07 - veröffentlicht in: Juris) festgestellt:

" Bislang gibt es noch keine einheitlichen Lebens- und Einkommensverhältnisse. Im Jahr 2007 betrug das Bruttodurchschnittsentgelt (VGR = volkswirtschaftliche Gesamt-rechnung) in den Altbundesländern 27.994 EUR/Jahr; in den neuen Ländern betrug der durchschnittliche Bruttojahresverdienst 21.680 EUR (Differenz von 29 vom Hundert -v.H.-). Die Differenz zwischen den Durchschnittsentgelten der Rentenversicherung (Nach Anlage 1 zum SGB VI) sank bis 2007 auf rund 18 v.H. (vgl. www.arbeitnehmerkammer.de/sozialpolitik, Johannes Steffen "Angleichung der Ost-Renten"). "

bb) Hinsichtlich der ähnlich gelagerten Situation der niedrigeren Besoldung für Beamte, Rich-ter und Soldaten in den neuen Bundesländern gemäß § 73 BBesG und § 2 der 2. BesÜV hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen vom 12. Februar 2003 (Az: 2 BvR 709/99, BVerfGE 107, 257 und Az: 2 BvL 3/00, BVerfGE 107, 218) diese Vorschriften ebenfalls noch für verfassungsgemäß gehalten. Danach lasse sich die Ungleichbehandlung von Beamten, Richtern und Soldaten, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet werden und nur abgesenkte Dienstbezüge erhielten, auch angesichts der weiteren Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den neuen Ländern und obwohl die Ver-einigung der beiden deutschen Staaten im Zeitpunkt der Entscheidung bereits 13 Jahre zurück-gelegen habe, noch auf Gründe von hinreichendem Gewicht zurückführen, die eine besol-dungsrechtliche Differenzierung weiterhin rechtfertigten.

Zu dieser Entscheidung führte das Bundesverwaltungsgericht im September 2008 ergänzend aus, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wesentliche Veränderungen oder neue Tatsachen seit den beiden Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Februar 2003 in den Lebensverhältnissen nicht eingetreten seien (BVerwG vom 23. September 2008 - Az: 2 B 80/07 - veröffentlicht in: Juris).

cc) Soweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Verfassungswidrigkeit der genannten Sonderbewertungsvorschriften "Ost" (§§ 254b, 254d, 255a SGB VI) mit dem Wegfall der Rechtfertigung für eine übergangsweise unterschiedliche Behandlung begründen will, da die niedrigeren Einkommensverhältnisse in den neuen Bundesländern einen Dauerzustand erreicht hätten und eine Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet somit außer Reichweite sei, widerspricht sie damit bereits den eigenen Darlegungen des Klägers.

Dieser hatte noch im Klageverfahren und am Anfang des Berufungsverfahrens auf die bereits in großen Teilen erfolgte Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet ver-wiesen und als Beleg dafür die Entlohnung auf dem Sektor des öffentlichen Dienstes vorgetra-gen.

Darüber hinaus gibt es für diese Ansicht auch keine Grundlage. Bereits aus der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts und aktuellen Rentenwerts (Ost) kann man erkennen, dass die Stag-nation der Angleichung der Lohn- und Einkommensverhältnisse nur vorübergehend war und nicht auf Dauer die Angleichung ausgeschlossen werden kann.

So gab es zwar in den Jahren 2004 bis 2006 weder für den aktuellen Rentenwert noch für den aktuellen Rentenwert (Ost) eine Erhöhung. Auch in den Jahren 2007 und 2008 fiel die Anpas-sung für beide Werte gleich hoch aus; dies nur deshalb, weil die Einkommensentwicklung in den neuen Bundesländern hinter der in den alten Bundesländern zurückgeblieben war und die besondere Schutzklausel des § 255a Absatz 2 SGB VI zur Anwendung kam, wonach die An-passung des aktuellen Rentenwerts (Ost) mindestens so hoch sein muss wie die des aktuellen Rentenwerts.

Jedoch erfolgte im Jahr 2009 wieder eine höhere Anpassung des aktuellen Rentenwerts (Ost) als der des aktuellen Rentenwerts: So wurde der aktuellen Rentenwert (Ost) um 3,38 % (auf 24,13 EUR), der aktuellen Rentenwert für die alten Bundesländer jedoch nur um 2,41 % (auf 27,20 EUR) erhöht. Das Niveau des aktuellen Rentenwerts (Ost) beträgt daher derzeit 88,7 % des Wertes für die alten Länder (vgl. Ziff. 38 des Gutachtens des Sozialbeirats zum Rentenversicherungs-bericht 2009 - Anlage zum Rentenversicherungsbericht 2009, Bundestag-Drucksache 17/52 vom 20. November 2009, veröffentlicht unter www.bmas.de). Diese Anpassung erfolgte auf-grund der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im vergangenen Kalen-derjahr zu denen des vorvergangenen Kalenderjahres (vgl. § 68 Abs. 2 SGB VI), vorliegend somit aufgrund des Vergleiches des Jahre 2008 zu 2007. Aber auch im nächsten Jahr erfolgte eine weitere Angleichung. So sind die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im Jahre 2009 gegenüber dem Jahre 2008 in den neue Bundesländern um 1,19 % gestiegen, dagegen in den alten Bundesländern um 0,63 % gesunken (vgl. Arbeit-nehmerkammer Bremen - Johannes Steffen - Hintergrund Sozialpolitik: Rentenanpassung 2010 – vom 17. Mai 2010, www.ak-sozialpolitik.de).

Die Bundesregierung geht daher auch im Rentenversicherungsbericht 2009 davon aus, dass in den neuen Ländern erst im Jahr 2030 100 % des jeweiligen Lohnniveaus der alten Länder er-reicht werden (Rentenversicherungsbericht 2009, Bundestag-Drucksache 17/52 vom 20. No-vember 2009, veröffentlicht unter www.bmas.de).

dd) Schließlich ergeben sich auch aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. März 2000 (Az: 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96 - veröffentlicht in: Juris) keine Anhalts-punkte, die eine andere Entscheidung im vorliegenden Fall rechtfertigen würden. Der Kläger beruft sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, weil dort das Gericht die unterschied-liche Berechnung der Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG im Beitrittsgebiet einerseits und im übrigen Bundesgebiet andererseits wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für die Zeit ab 1998 für verfassungswidrig gehalten hat.

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass die Feststellung der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG durch die angegriffene Regelung des § 84a BVG ausschließlich auf die Grundrente des § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG wegen deren Ge-nugtuungsfunktion beschränkt ist. Sie kann nicht auf andere Leistungen nach dem Bundesver-sorgungsgesetz – und damit erst recht nicht auf Leistungen nach dem SGB VI - übertragen werden. Bereits für die rein materiell ausgerichtete Kleiderverschlei߬pauschale nach § 15 BVG hat das BVerfG in dieser Entscheidung eine unterschiedliche Berechnung für die alten und neuen Bundesländer nicht für verfassungswidrig gehalten.

Nach alledem liegt noch keine Verletzung des Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz aus Arti-kel 3 Abs. 1 GG vor, denn die Ungleichbehandlung ist noch gerechtfertigt und beruht auf ei-nem vernünftigen Grund von hinreichendem Gewicht. Einheitliche Lebens- und Einkommens-verhältnisse liegen im Beitrittsgebiet einerseits und in den alten Bundesländern andererseits noch nicht vor, deren Herstellung ist jedoch zu erwarten.

Die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts ist daher nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem vorgeschlagenen Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen (so auch Thüringer Landessozialgericht a.a.O.).
Rechtskraft
Aus
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