L 23 SO 14/11 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 47 SO 2643/10 ER Berlin
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 SO 14/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antrags-gegner auferlegt.

Der Streitwert wird auf 29 151,30 EUR festgesetzt.

Die Beschwerde an das Bundessozialgericht nach § 17 a Abs. 4 GVG wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über den Rechtsweg für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der im Wesentlichen den Anspruch auf (Neu )Bescheidung eines Antrags auf Bewilligung von Zuwendungen betraf.

In dem Verfahren hat das Sozialgericht Berlin durch Beschluss vom 15. Dezember 2010 unter Hinweis auf § 98 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. 17 a Abs. 3 Satz 1 Gerichtsverfassungs-gesetz (GVG) die Zulässigkeit des Rechtswegs zum Sozialgericht Berlin festgestellt. Es handele sich um eine sozialhilferechtliche Streitigkeit, da in der Sache eine Förderung im Sinne des § 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) begehrt werde. Das Sozialgericht hat in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen, dass der Beschluss gemäß § 98 Satz 2 SGG unanfechtbar sei.

Am 11. Januar 2011 hat der Antragsgegner gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Die begehrten Zuwendungen fänden ihre rechtliche Grundlage allein in der Landeshaushalts-ordnung (LHO), weshalb es sich nicht um eine sozialrechtliche Streitigkeit handele und der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht gegeben sei.

Mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 hat das Sozialgericht Berlin den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, über die Anträge der Antragstellerin vorläufig erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Hiergegen hat der Antragsgegner am 27. Dezember 2010 Beschwerde erhoben. Während des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner einen neuen Ablehnungsbescheid erlassen. Die Beteiligten haben daraufhin das einstweilige Anordnungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Beschwerde gegen die Rechtswegentscheidung des Sozialgerichts Berlin unzulässig geworden ist, nachdem gemäß dem erstinstanzlich ergangenen Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren eine Neubescheidung vorgenommen worden ist. Der Antragsgegner ist demgegenüber der Auffassung, dass es ein Rechtsschutzinteresse nach wie vor gebe, weil es zwei entgegengesetzte Entscheidungen zweier Kammern des Sozialgerichts über den Rechtsweg gebe, noch dazu in Verfahren, die den gleichen zugrunde liegenden Sachverhalt der Zuwendungsgewährung an Projekte für wohnungslose Menschen beträfen. Für künftige Fälle werde deshalb eine Klarstellung benötigt, welcher Rechtsweg zutreffend ist.

II.

Die Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden.

Zunächst ist dem Antragsgegner zuzustimmen, dass gegen eine Rechtswegentscheidung des Sozialgerichts, mit der über die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit des Sozialrechtsweges entschieden wird, gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG die Beschwerde nach der jeweiligen Prozessordnung gegeben ist. Der vom Sozialgericht angenommene Ausschluss der Beschwerde nach § 98 SGG betrifft nur Entscheidungen über die sachliche und über die örtliche Zuständigkeit innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit.

Ist hingegen der Sozialrechtsweg umstritten und stellt das Gericht im Hauptsacheverfahren seine Zuständigkeit fest oder verweist das Verfahren an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs (§§ 202 SGG, 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG), ist die Beschwerde zulässig. Nichts anderes gilt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, weshalb der Antragsgegner zutreffend gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin die Beschwerde eingelegt hat (§ 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG) (vgl. Bundesverwaltungsgericht BVerwG , Beschluss vom 15. November 2000 3 B 10.00 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 286).

An einer Entscheidung über die grundsätzlich zulässige Beschwerde gegen die Rechtswegentscheidung des Sozialgerichts besteht - nachdem die Beteiligten das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Beschwerdeverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben - jedoch kein schutzwürdiges rechtliches Interesse mehr. Ein solcher Beschluss hinsichtlich der Rechtswegfrage für das erledigte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hätte für andere Verfahren, auch wenn sie dieselben Beteiligen betreffen und die gleichen Leistungen und die ihnen zugrunde liegenden Vorschriften betreffen, keine Bindungswirkung. Die von dem Antragsgegner begehrte Klarstellung hinsichtlich des Rechtswegs für solche Streitigkeiten kann deshalb nicht erreicht werden. Ob eine unverbindliche Entscheidung des Senats über den Rechtsweg in solchen Streitigkeiten von den unteren Instanzen "beachtet würde", kann letztlich dahingestellt bleiben. Gegen diese Annahme spricht allerdings, dass im Rahmen einer Rechtswegbeschwerde im Eilverfahren, wie sie hier vorliegt, jedenfalls eine weitere Beschwerde an das Bundessozialgericht ausgeschlossen ist (BSG, Beschluss vom 24. Januar 2008 B 3 SF 1/08 R , SozR 4 1720 § 17 a Nr. 4, vgl. BVerwG, DVBl. 2006, 1249). Eine höchstrichterliche Klärung der Rechtswegfrage kann demnach nur im Verfahren der Rechtswegbeschwerde im Hauptsacheverfahren erreicht werden. Die Hoffnung, dass sich das Sozialgericht an einen rechtlich unverbindlichen Beschluss des Landessozialgerichts halten wird, vermag ein fortdauerndes Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die Rechtswegfrage nicht zu begründen.

Die Klärung der Rechtswegfrage ist auch nicht im Hinblick auf die hier bereits getroffene Kostenentscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) geboten. Zwar besteht die Möglichkeit, dass die Kostenentscheidung von einem Gericht getroffen wurde, das für die Entscheidung in der Hauptsache (also bezüglich des Antrags auf Erlass der einstweiligen Anordnung) nicht zuständig war. Dies führt jedoch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil die verfahrensrechtlichen Bestimmungen nicht verlangen, dass die Entscheidung nach beidseitiger Erledigungserklärung zwingend von dem Gericht zu treffen ist, das auch für eine streitige Hauptsacheentscheidung zuständig wäre (vgl. Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 01. Oktober 1998, 2 VO 622/98, NVwZ RR 1999, 278 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG. In Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde hat grundsätzlich eine Kostenentscheidung zu ergehen (BSG, Beschluss vom 01. August 2002 B 3 SF 1/02 R , NZS 2003, 385 f.; vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 1993 1 DB 34/92 , BVerwGE 103, 26 = NVwZ 1995, 84 ff.). Nach § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO fallen die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Streitwert der Rechtswertbeschwerde (BGH vom 19. Februar 1996, NJW 1998, 909; BayVGH vom 24. Mai 2004, 24 C 04.474) mit einem Bruchteil des Hauptsachewertes, und zwar mit 1/5, zu bemessen (vgl BSG, 06.09.2007 - B 3 SF 1/07 R -; 22.04.2008 - B 1 SF 1/08 R -). Nachdem der Senat mit Beschluss vom 21. Februar 2011 den Wert des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes mit 145 756,50 EUR festgesetzt hat, ergibt sich daraus ein Streitwert für die Rechtswegbeschwerde in Höhe von 29 151,30 EUR. Der Senat weist darauf hin, dass für Beschwerden der vorliegenden Art nach Nr. 7504 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG) als Gerichtskosten eine Festgebühr von 50,00 EUR erhoben wird, da die Beschwerde zurückgewiesen worden ist.

Die weitere Beschwerde an das BSG nach § 17 a Abs. 4 GVG war nicht zuzulassen. Wie bereits ausgeführt, ist eine solche Beschwerde an das BSG in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen (BSG, Beschluss vom 24. Januar 2008 B 3 SF 1/08 R , SozR 4 1720 § 17 a Nr. 4).
Rechtskraft
Aus
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