Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 178 SB 3545/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 122/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2010 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das Sozialgericht Berlin zurückverwiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Höhe des Grades der Behinderungen (GdB) und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei der Klägerin streitig.
Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 20. Mai 2008 einen GdB von 40 fest und verneinte das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G". An der Entscheidung hielt er auch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2008 fest.
Mit ihrer am 30. Oktober 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin weiterhin die Zuerkennung des Merkzeichens "G" und die Heraufsetzung des GdB begehrt. Mit Bescheid vom 28. September 2009 hat der Beklagte den GdB rückwirkend ab März 2007 auf 60 angehoben. Nach Einholung von Befundberichten der die Klägerin behandelnden Ärzte hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2010 abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie insbesondere rügt, das Sozialgericht habe den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt.
Die Klägerin beantragt ihrem schriftlichen Vorbringen zufolge sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2010 aufzuheben, sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2008 in der Fassung des Bescheides vom 28. September 2009 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, den GdB auf mindestens 70 anzuheben und bei ihr das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält seine Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung kann durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind (§ 124 Abs. 2 in Verbindung mit § 153; § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Die zulässige Berufung der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Das Verfahren vor dem Sozialgericht leidet an einem wesentlichen Mangel (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Das Sozialgericht hat verfahrensfehlerhaft gegen seine Aufklärungspflicht aus § 103 SGG verstoßen, da es sich zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Für die Entscheidung kam es auch aus eigener Sicht des Sozialgerichts wesentlich auf die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen an, wobei maßgeblicher Zeitpunkt für das Verpflichtungsbegehren die letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz ist. Mangels eigener medizinischer Kenntnis durfte das Sozialgericht sich nicht allein auf die eingeholten Befundberichte und die vom Beklagten veranlassten Untersuchungen stützen, denn diese sind bereits in maßgeblicher Hinsicht nicht hinreichend aussagekräftig und zum Teil widersprüchlich. Während der für den Beklagten tätig gewordene Unfallchirurg Dr. R Funktionseinschränkungen in Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule festgestellt hat, hat der die Klägerin behandelnde Orthopäde Dr. Z in seinem Befundbericht nur von Beschwerden der Lendenwirbelsäule berichtet. Insofern liegt also ein aufklärungsbedürftiger Widerspruch vor. Insbesondere nachdem das Sozialgericht im Befundbericht Angaben zu Bewegungseinschränkungen vermisst hat, hätte sich eine weitere Ermittlung aufgedrängt.
Es greift weiterhin zu kurz, wenn das Sozialgericht sich in Bezug auf den Vortrag der Klägerin, sie leide sehr oft an Schwindelgefühlen und Gleichgewichtsstörungen und sei deshalb bereits auf der Straße umgefallen, auf eine Untersuchung durch einen für den Beklagten tätigen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie stützt und hierzu ausführt, dieser habe den Vortrag nicht objektivieren können. Das Sozialgericht verkennt, dass es sich hierbei um Parteivortrag handelt, dessen Überprüfung richterliche Aufgabe ist. Auch hierzu hätte es mithin einer weiteren Sachaufklärung - etwa durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens - bedurft. Der Verfahrensmangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Sozialgericht nach gebotener Aufklärung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Das Sozialgericht wird in seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten der Berufung zu befinden haben.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Höhe des Grades der Behinderungen (GdB) und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei der Klägerin streitig.
Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 20. Mai 2008 einen GdB von 40 fest und verneinte das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G". An der Entscheidung hielt er auch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2008 fest.
Mit ihrer am 30. Oktober 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin weiterhin die Zuerkennung des Merkzeichens "G" und die Heraufsetzung des GdB begehrt. Mit Bescheid vom 28. September 2009 hat der Beklagte den GdB rückwirkend ab März 2007 auf 60 angehoben. Nach Einholung von Befundberichten der die Klägerin behandelnden Ärzte hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2010 abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie insbesondere rügt, das Sozialgericht habe den Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt.
Die Klägerin beantragt ihrem schriftlichen Vorbringen zufolge sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2010 aufzuheben, sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2008 in der Fassung des Bescheides vom 28. September 2009 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, den GdB auf mindestens 70 anzuheben und bei ihr das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält seine Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung kann durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind (§ 124 Abs. 2 in Verbindung mit § 153; § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Die zulässige Berufung der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Das Verfahren vor dem Sozialgericht leidet an einem wesentlichen Mangel (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Das Sozialgericht hat verfahrensfehlerhaft gegen seine Aufklärungspflicht aus § 103 SGG verstoßen, da es sich zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Für die Entscheidung kam es auch aus eigener Sicht des Sozialgerichts wesentlich auf die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen an, wobei maßgeblicher Zeitpunkt für das Verpflichtungsbegehren die letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz ist. Mangels eigener medizinischer Kenntnis durfte das Sozialgericht sich nicht allein auf die eingeholten Befundberichte und die vom Beklagten veranlassten Untersuchungen stützen, denn diese sind bereits in maßgeblicher Hinsicht nicht hinreichend aussagekräftig und zum Teil widersprüchlich. Während der für den Beklagten tätig gewordene Unfallchirurg Dr. R Funktionseinschränkungen in Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule festgestellt hat, hat der die Klägerin behandelnde Orthopäde Dr. Z in seinem Befundbericht nur von Beschwerden der Lendenwirbelsäule berichtet. Insofern liegt also ein aufklärungsbedürftiger Widerspruch vor. Insbesondere nachdem das Sozialgericht im Befundbericht Angaben zu Bewegungseinschränkungen vermisst hat, hätte sich eine weitere Ermittlung aufgedrängt.
Es greift weiterhin zu kurz, wenn das Sozialgericht sich in Bezug auf den Vortrag der Klägerin, sie leide sehr oft an Schwindelgefühlen und Gleichgewichtsstörungen und sei deshalb bereits auf der Straße umgefallen, auf eine Untersuchung durch einen für den Beklagten tätigen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie stützt und hierzu ausführt, dieser habe den Vortrag nicht objektivieren können. Das Sozialgericht verkennt, dass es sich hierbei um Parteivortrag handelt, dessen Überprüfung richterliche Aufgabe ist. Auch hierzu hätte es mithin einer weiteren Sachaufklärung - etwa durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens - bedurft. Der Verfahrensmangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Sozialgericht nach gebotener Aufklärung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Das Sozialgericht wird in seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten der Berufung zu befinden haben.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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