Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
34
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 483/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 34 AS 709/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
L 34 AS 713/11 B PKH
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 1. April 2011 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig ab 1. Juni 2011 bis zum 31. Juli 2011 (längstens jedoch bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von weiteren 229,44 EUR monatlich zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die Kosten des gesamten einstweiligen Anordnungsverfahrens zu erstatten. Kosten für das Beschwerdeverfahren bezüglich der Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die erste Instanz sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 1. April 2011 wendet, mit dem dieses es abgelehnt hat, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Berücksichtigung des Einkommens ihrer Partnerin zu gewähren sowie Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ist zulässig und in dem tenorierten Umfang begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Die Antragstellerin ist leistungsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II in der Fassung des am 1. Januar 2011 (mit Ausnahmen) in Kraft getretenen Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl. I Seite 453 (im Folgenden: SGB II n. F.). Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) und hatte während des hier streitbefangenen Zeitraums ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Sie ist erwerbsfähig im Sinne von § 8 Satz 1 SGB II n.F. (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II).
Die Klägerin ist auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II n.F. in Verbindung mit § 9 SGB II n.F. Hilfebedürftig ist hiernach, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Der insoweit maßgebliche Hilfebedarf ist anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff SGB II n.F.) zu bestimmen. Die Höhe der Regelleistung ist in § 20 SGB II n.F. geregelt. Diese Vorschrift lautet (soweit hier relevant):
(2) Als Regelbedarf werden bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 364 EUR anerkannt. ( )
(3) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen ein Betrag in Höhe von monatlich 328 EUR anzuerkennen.
Alleinstehend ist jede hilfebedürftige Person, die keiner Bedarfsgemeinschaft mit anderen Hilfebedürftigen angehört bzw. die allein für sich eine Bedarfsgemeinschaft konstituiert (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts -BSG - vom 7. November 2006, Az. B 7b AS 6/06 R, juris Rn. 18ff = SozR 4-4200 § 20 Nr. 2). Die Antragstellerin konstituiert nach der Überzeugung des Senats zumindest bis zum 31. Juli 2011 noch keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II n.F. mit ihrer Partnerin, d.h. sie leben nicht in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. § 7 Abs. 3 SGB II lautet:
(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
1. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3. als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten a) die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, b) die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, c) eine Person, die mit der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen,
( )
Gemäß § 7 Abs. 3 a Nr. 1 bis Nr. 4 SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen dann vermutet, wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
Seit der Neuregelung des § 7 Abs. 3a SGB II ab dem 1. August 2006 (BGBl. 2006 I, S. 1706, 1707) lehnt sich der Gesetzgeber ausdrücklich an die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur eheähnlichen Gemeinschaft an (Bundestags-Drucksache 16/1410, S. 19). Das Bundesverfassungsgericht definiert die "eheähnliche Gemeinschaft" als Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl. Urteil vom 17. November 1992, Az. 1 BvL 8/87, juris RdNr. 92 mwN. = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3). Das BVerfG hat ausgeführt: "Ob eine Gemeinschaft von Mann und Frau diese besonderen Merkmale der eheähnlichen Gemeinschaft aufweist, lässt sich in der Verwaltungspraxis nur anhand von Indizien feststellen. Als solche Hinweistatsachen, die sich nicht erschöpfend aufzählen lassen, kommen etwa in Betracht die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen".
Die Rechtsprechung der Landessozialgerichte hat die genannten Kriterien des Bundesverfassungsgerichts zur Feststellung, ob eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft besteht, ergänzt: Es ist auch auf die Ernsthaftigkeit einer Beziehung, deren Dauerhaftigkeit und Kontinuität, die Begünstigung des Partners in Lebensversicherungsverträgen und den Abschluss von Versicherungen für den Partner abzustellen. Diese Indizien sind weder abschließend noch müssen sie kumulativ vorliegen. Für die Beurteilung kommt es vielmehr auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände an (Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13.September 2007, Az. L 2 B 312/07 AS-ER, juris RdNr. 35 m.w.N. zur Rechtsprechung der Landessozialgerichte).
Mit der Neuregelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II zum 1. August 2006 hat sich der Gesetzgeber von dem Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft lediglich insoweit gelöst, als jetzt auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, die nicht als Lebenspartnerschaft eingetragen sind, als Bedarfsgemeinschaften angesehen werden. Da der Gesetzgeber auf einen Partner als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft abstellt, ist die Ausschließlichkeit der jeweiligen Beziehungen auch weiterhin als Tatbestandsmerkmal anzusehen. Die Beweislast liegt auch nach der Neuregelung in der Regel bei der Behörde, die nach § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) von Amts wegen den Sachverhalt ermitteln und dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände berücksichtigen muss.
Unter Berücksichtigung des eben Gesagten liegt bei der Antragstellerin und der Zeugin Tbis zum 31. Juli 2011 (noch) keine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft vor. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Partnerschaft der beiden schon so verfestigt ist, dass auch vor Ablauf der Jahresfrist, die zur Erfüllung des Vermutungstatbestandes führt, von einem wechselseitigen Willen auszugehen ist, füreinander einzustehen. Eine feste zeitliche Grenze, unterhalb der das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgeschlossen und oberhalb der eine solche anzunehmen ist, besteht allerdings nicht. Die Dauer des Zusammenlebens ist nur eine Hinweistatsache unter mehreren. So kann eine Einstandsgemeinschaft auch bei einem Zusammenleben unter einem Jahr vorliegen (vgl. A. Loose in Hohm, Gemeinschaftskommentar zum SGB II, VI-§ 7 Rn. 58 m.w.N.; Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 5. Mai 2009, Az. 1 BvR 255/09, dokumentiert in juris).
Der Senat geht vorliegend nicht von einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft, weil viele der typischen Lebensumstände und damit Indizien, die sonst auf eine Verfestigung der Beziehung hindeuten (wie z.B. gemeinsamer Kauf einer Immobilie, gegenseitige Nutzungsbefugnis über Einkommens- und Vermögensgegenstände, gemeinsames Girokonto, Abschluss von Versicherungen für den Partner [vgl. A. Loose, a.a.O., Rn. 60]), hier nicht gegeben sind, was auch am Lebensalter der Antragstellerin und der Zeugin liegt. Hinzu kommt, dass die Partnerschaft zwischen der Antragstellerin und der Zeugin vor dem Einzug in eine gemeinsame Wohnung erst zwei Monate bestand, auch wenn sie sich bereits vorher, und zwar über einen längeren Zeitraum, kannten. In jüngerem Alter und nach einer erst kurzen Zeit des Zusammenlebens liegen typischerweise noch keine verfestigten Beziehungen vor. Aus der Vernehmung der Zeugin haben sich zwar auch Hinweise darauf ergeben, dass schon Verantwortung übernommen wird, insbesondere dadurch, dass die Zeugin der Antragstellerin in ihrer jetzigen Notlage, da sie nur geringfügige staatliche Leistungen erhält, hilft und in überwiegendem Maße für deren Lebensunterhalt aufkommt. Dies erfolgt jedoch nach Auffassung des Senats noch nicht aus einem gefestigten Einstandswillen heraus, was sich insbesondere daraus ergibt, dass die Zeugin auch für die Schwester der Antragstellerin, mit der keine Partnerschaft besteht, Verantwortung übernimmt und sie trotz der ausbleibenden Mietzahlung alleine die Miete für die gesamte "Wohngemeinschaft" zahlt. Auch hat die Antragstellerin auf Befragen angegeben, dass sie, wenn die Lebensumstände, z.B. der Erhalt eines Ausbildungsplatzes in einer Gegend, die nicht mehr durch Pendeln zur jetzigen Wohnung zu erreichen wäre, die jetzige Gemeinschaft auflösen und an den Ort des Ausbildungsplatzes ziehen würde. Die Zeugin hat dies zwar so eindeutig nicht bestätigt, sondern eher offen gelassen, aber es liegt damit kein eindeutiger wechselseitiger Wille vor, Verantwortung für den anderen zu übernehmen.
Da damit keine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, ist das Einkommen der Zeugin nicht bei der Berechnung des Leistungsanspruches der Antragstellerin anzurechnen. Allerdings hat der Senat, da es sich um eine vorläufige Regelung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, hier nur den für Bedarfsgemeinschaften vorgesehenen Regelbedarf von jetzt 328 EUR zu Grunde gelegt. Von diesem ist das um die Versicherungspauschale bereinigte Kindergeld, also 154 EUR, abzusetzen, so dass sich ein Betrag von 174 EUR ergibt. Hinzu kommen die Kosten für die Unterkunft i.H.v.122,31 EUR, so dass sich ein Anspruch von monatlich 296,31 EUR ergibt. Hiervon abzusetzen sind die bereits bewilligten 66,87 EUR, so dass sich insgesamt ein monatlicher Betrag von 229,44 EUR ergibt.
Die Leistungen waren bis zum 31. Juli 2011, also bis zum Ende des Bewilligungszeitraumes, zu begrenzen. Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil zum 1. August 2011 die Vermutungsregelung nach einjährigem Zusammenleben greift und der Sachverhalt daher neu beurteilt werden müsste.
Für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Beschlussfassung des Senats, waren keine Leistungen zu bewilligen.
Die Beschwerde hinsichtlich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz war zurückzuweisen, da diesbezüglich im Hinblick auf die erfolgte Kostenentscheidung, die für beide Instanzen gilt, kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht. Aus dem gleichen Grund war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog und aus § 73 a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 1. April 2011 wendet, mit dem dieses es abgelehnt hat, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Berücksichtigung des Einkommens ihrer Partnerin zu gewähren sowie Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ist zulässig und in dem tenorierten Umfang begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Die Antragstellerin ist leistungsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II in der Fassung des am 1. Januar 2011 (mit Ausnahmen) in Kraft getretenen Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl. I Seite 453 (im Folgenden: SGB II n. F.). Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) und hatte während des hier streitbefangenen Zeitraums ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Sie ist erwerbsfähig im Sinne von § 8 Satz 1 SGB II n.F. (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II).
Die Klägerin ist auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II n.F. in Verbindung mit § 9 SGB II n.F. Hilfebedürftig ist hiernach, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Der insoweit maßgebliche Hilfebedarf ist anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff SGB II n.F.) zu bestimmen. Die Höhe der Regelleistung ist in § 20 SGB II n.F. geregelt. Diese Vorschrift lautet (soweit hier relevant):
(2) Als Regelbedarf werden bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 364 EUR anerkannt. ( )
(3) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen ein Betrag in Höhe von monatlich 328 EUR anzuerkennen.
Alleinstehend ist jede hilfebedürftige Person, die keiner Bedarfsgemeinschaft mit anderen Hilfebedürftigen angehört bzw. die allein für sich eine Bedarfsgemeinschaft konstituiert (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts -BSG - vom 7. November 2006, Az. B 7b AS 6/06 R, juris Rn. 18ff = SozR 4-4200 § 20 Nr. 2). Die Antragstellerin konstituiert nach der Überzeugung des Senats zumindest bis zum 31. Juli 2011 noch keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II n.F. mit ihrer Partnerin, d.h. sie leben nicht in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. § 7 Abs. 3 SGB II lautet:
(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören
1. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3. als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten a) die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, b) die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, c) eine Person, die mit der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen,
( )
Gemäß § 7 Abs. 3 a Nr. 1 bis Nr. 4 SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen dann vermutet, wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
Seit der Neuregelung des § 7 Abs. 3a SGB II ab dem 1. August 2006 (BGBl. 2006 I, S. 1706, 1707) lehnt sich der Gesetzgeber ausdrücklich an die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur eheähnlichen Gemeinschaft an (Bundestags-Drucksache 16/1410, S. 19). Das Bundesverfassungsgericht definiert die "eheähnliche Gemeinschaft" als Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl. Urteil vom 17. November 1992, Az. 1 BvL 8/87, juris RdNr. 92 mwN. = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3). Das BVerfG hat ausgeführt: "Ob eine Gemeinschaft von Mann und Frau diese besonderen Merkmale der eheähnlichen Gemeinschaft aufweist, lässt sich in der Verwaltungspraxis nur anhand von Indizien feststellen. Als solche Hinweistatsachen, die sich nicht erschöpfend aufzählen lassen, kommen etwa in Betracht die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen".
Die Rechtsprechung der Landessozialgerichte hat die genannten Kriterien des Bundesverfassungsgerichts zur Feststellung, ob eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft besteht, ergänzt: Es ist auch auf die Ernsthaftigkeit einer Beziehung, deren Dauerhaftigkeit und Kontinuität, die Begünstigung des Partners in Lebensversicherungsverträgen und den Abschluss von Versicherungen für den Partner abzustellen. Diese Indizien sind weder abschließend noch müssen sie kumulativ vorliegen. Für die Beurteilung kommt es vielmehr auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände an (Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13.September 2007, Az. L 2 B 312/07 AS-ER, juris RdNr. 35 m.w.N. zur Rechtsprechung der Landessozialgerichte).
Mit der Neuregelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II zum 1. August 2006 hat sich der Gesetzgeber von dem Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft lediglich insoweit gelöst, als jetzt auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, die nicht als Lebenspartnerschaft eingetragen sind, als Bedarfsgemeinschaften angesehen werden. Da der Gesetzgeber auf einen Partner als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft abstellt, ist die Ausschließlichkeit der jeweiligen Beziehungen auch weiterhin als Tatbestandsmerkmal anzusehen. Die Beweislast liegt auch nach der Neuregelung in der Regel bei der Behörde, die nach § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) von Amts wegen den Sachverhalt ermitteln und dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände berücksichtigen muss.
Unter Berücksichtigung des eben Gesagten liegt bei der Antragstellerin und der Zeugin Tbis zum 31. Juli 2011 (noch) keine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft vor. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Partnerschaft der beiden schon so verfestigt ist, dass auch vor Ablauf der Jahresfrist, die zur Erfüllung des Vermutungstatbestandes führt, von einem wechselseitigen Willen auszugehen ist, füreinander einzustehen. Eine feste zeitliche Grenze, unterhalb der das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgeschlossen und oberhalb der eine solche anzunehmen ist, besteht allerdings nicht. Die Dauer des Zusammenlebens ist nur eine Hinweistatsache unter mehreren. So kann eine Einstandsgemeinschaft auch bei einem Zusammenleben unter einem Jahr vorliegen (vgl. A. Loose in Hohm, Gemeinschaftskommentar zum SGB II, VI-§ 7 Rn. 58 m.w.N.; Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 5. Mai 2009, Az. 1 BvR 255/09, dokumentiert in juris).
Der Senat geht vorliegend nicht von einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft, weil viele der typischen Lebensumstände und damit Indizien, die sonst auf eine Verfestigung der Beziehung hindeuten (wie z.B. gemeinsamer Kauf einer Immobilie, gegenseitige Nutzungsbefugnis über Einkommens- und Vermögensgegenstände, gemeinsames Girokonto, Abschluss von Versicherungen für den Partner [vgl. A. Loose, a.a.O., Rn. 60]), hier nicht gegeben sind, was auch am Lebensalter der Antragstellerin und der Zeugin liegt. Hinzu kommt, dass die Partnerschaft zwischen der Antragstellerin und der Zeugin vor dem Einzug in eine gemeinsame Wohnung erst zwei Monate bestand, auch wenn sie sich bereits vorher, und zwar über einen längeren Zeitraum, kannten. In jüngerem Alter und nach einer erst kurzen Zeit des Zusammenlebens liegen typischerweise noch keine verfestigten Beziehungen vor. Aus der Vernehmung der Zeugin haben sich zwar auch Hinweise darauf ergeben, dass schon Verantwortung übernommen wird, insbesondere dadurch, dass die Zeugin der Antragstellerin in ihrer jetzigen Notlage, da sie nur geringfügige staatliche Leistungen erhält, hilft und in überwiegendem Maße für deren Lebensunterhalt aufkommt. Dies erfolgt jedoch nach Auffassung des Senats noch nicht aus einem gefestigten Einstandswillen heraus, was sich insbesondere daraus ergibt, dass die Zeugin auch für die Schwester der Antragstellerin, mit der keine Partnerschaft besteht, Verantwortung übernimmt und sie trotz der ausbleibenden Mietzahlung alleine die Miete für die gesamte "Wohngemeinschaft" zahlt. Auch hat die Antragstellerin auf Befragen angegeben, dass sie, wenn die Lebensumstände, z.B. der Erhalt eines Ausbildungsplatzes in einer Gegend, die nicht mehr durch Pendeln zur jetzigen Wohnung zu erreichen wäre, die jetzige Gemeinschaft auflösen und an den Ort des Ausbildungsplatzes ziehen würde. Die Zeugin hat dies zwar so eindeutig nicht bestätigt, sondern eher offen gelassen, aber es liegt damit kein eindeutiger wechselseitiger Wille vor, Verantwortung für den anderen zu übernehmen.
Da damit keine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, ist das Einkommen der Zeugin nicht bei der Berechnung des Leistungsanspruches der Antragstellerin anzurechnen. Allerdings hat der Senat, da es sich um eine vorläufige Regelung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, hier nur den für Bedarfsgemeinschaften vorgesehenen Regelbedarf von jetzt 328 EUR zu Grunde gelegt. Von diesem ist das um die Versicherungspauschale bereinigte Kindergeld, also 154 EUR, abzusetzen, so dass sich ein Betrag von 174 EUR ergibt. Hinzu kommen die Kosten für die Unterkunft i.H.v.122,31 EUR, so dass sich ein Anspruch von monatlich 296,31 EUR ergibt. Hiervon abzusetzen sind die bereits bewilligten 66,87 EUR, so dass sich insgesamt ein monatlicher Betrag von 229,44 EUR ergibt.
Die Leistungen waren bis zum 31. Juli 2011, also bis zum Ende des Bewilligungszeitraumes, zu begrenzen. Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil zum 1. August 2011 die Vermutungsregelung nach einjährigem Zusammenleben greift und der Sachverhalt daher neu beurteilt werden müsste.
Für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Beschlussfassung des Senats, waren keine Leistungen zu bewilligen.
Die Beschwerde hinsichtlich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz war zurückzuweisen, da diesbezüglich im Hinblick auf die erfolgte Kostenentscheidung, die für beide Instanzen gilt, kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht. Aus dem gleichen Grund war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog und aus § 73 a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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