L 22 R 1049/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 R 4234/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1049/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. März 2008 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung über den 28. Februar 2005 hinaus.

Nachdem dem 1967 geborenen Kläger wegen der Folgen seines am 14. Juli 2002 erlittenen Verkehrsunfalls vom 01. März 2003 bis 28. Februar 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden war (Bescheid vom 28. Januar 2005 in der Gestalt des Bescheides vom 11. Juli 2005), beantragte er im Februar 2005 deren Weiterzahlung, da sein Gesundheitszustand unverändert sei. Er legte verschiedene ärztliche Unterlagen vor. Die Beklagte holte das Gutachten des Arztes Dr. R vom 12. Mai 2006 ein.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente über den Wegfallzeitpunkt hinaus ab: Trotz einer Streckkontraktur des linken Kniegelenkes nach Splitterbruch der linken Kniescheibe und einer Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Sprunggelenkes nach Bruch des rechten Fersenbeines könne der Kläger noch mindestens 6 Stunden arbeitstäglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung geltend gemacht wurde, ständig Schmerzen zu haben und nicht richtig laufen zu können, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2007 zurück. Nach dem Gutachten vom 12. Mai 2006 reiche das Leistungsvermögen aus, körperlich leichte Arbeiten zeitweise im Stehen und Gehen und überwiegend im Sitzen ohne Arbeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Die eingereichten medizinischen Unterlagen führten zu keinem abweichenden Ergebnis.

Dagegen hat der Kläger am 08. März 2007 beim Bezirksgericht in C die als Widerspruch bezeichnete Klage, eingegangen beim Sozialgericht Berlin am 25. Mai 2007, erhoben.

Er hat vorgetragen, weder im erlernten Beruf als Technologe des Bauwesens, noch im ausgeübten Beruf als Turmkranführer oder in einer anderen Tätigkeit arbeiten zu können. Es sei das Gutachten eines Facharztes für orthopädische Chirurgie einzuholen. Der Kläger hat den Beschluss des begutachtenden Arztes der polnischen Versicherungsanstalt Dr. R vom 12. Mai 2006 über teilweise Arbeitsunfähigkeit und den Beschluss der Stadtbehörde der Stadt C vom 06. Dezember 2006 über den Behinderungsgrad vorgelegt.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2008 die Klage abgewiesen: Der Kläger verfüge wieder über ein wenigstens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen. Das Gericht stütze sich insoweit auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten vom 12. Mai 2006. Neue Leiden oder eine Verschlechterung bestehender Leiden seien den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht entnehmen. Die Beschlüsse polnischer Behörden seien nicht maßgebend, denn diese besagten nichts über das Vorliegen einer Erwerbsminderung nach deutschem Recht. Auf die Frage, ob der zuletzt verrichtete Beruf im Bauwesen ausgeübt werden könne, komme es nicht an, denn der Kläger sei nicht vor dem 02. Januar 1961 geboren, so dass ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit nicht bestehe.

Gegen den ihm am 18. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 09. Juni 2008 eingelegte Berufung des Klägers.

Er ist der Ansicht, keine Tätigkeit mehr ausführen zu können. Sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Es sei das Gutachten eines Facharztes für Orthopädie einzuholen. Der Kläger hat neben verschiedenen Bescheinigungen über berufliche Abschlüsse und dem Beschluss des Gutachterarztes der polnischen Sozialversicherungsanstalt Dr. R vom 14. April 2008 über teilweise Arbeitsunfähigkeit die Epikrise des öffentlichen städtischen vereinigten Krankenhaus in C vom 09. Januar 2008 vorgelegt.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. März 2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2007 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren und die höhere Rente zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die Befundberichte des Arztes K vom 29. März 2010 und des öffentlichen vereinigten Stadtkrankenhauses C vom 07. April 2010 eingeholt, Auszüge aus den Berufsinformationskarten (BIK) zum Pförtner (BO 793) und Versandfertigmacher (BO 522) und Kopien der berufskundlichen Stellungnahmen des M L vom 14. Februar 2000 und 13. Oktober 2008 zum Pförtner und vom 01./24. November 2002, 14. Januar 2005 und 13. Oktober 2008 zum Versandfertigmacher beigezogen sowie Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie, Rheumatologie und Chirurgie Dr. W vom 31. Januar 2011 nebst ergänzender Stellungnahme vom 24. Februar 2011.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird u. a. auf Bl. 155 bis 167 und 173 bis 174 der Gerichtsakten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 23. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2007 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, denn sein Leistungsvermögen ist nicht in rentenrechtlich erheblicher Weise herabgesunken.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und weitere - beitragsbezogene - Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind und weitere beitragsbezogene - Voraussetzungen erfüllen. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbtätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VI).

Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Kläger ist hiernach weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, denn er kann auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, insbesondere als Pförtner und Versandfertigmacher, mindestens 3 bzw. 6 Stunden täglich tätig sein.

Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. W.

Danach bestehen eine posttraumatische Gonarthrose mit begleitender Arthrofibrose des linken Kniegelenks mit deutlicher Bewegungseinschränkung im Sinne einer eingeschränkten Flexion, eine posttraumatische Retropatellararthrose links bei knöchern durchbautem Kniescheibenbruch links, ein knöchern durchbauter Bruch des Fersenbeins rechts mit nachfolgender posttraumatischer Arthrose des rechten unteren und oberen Sprunggelenkes, ein Zustand nach Thoraxkontusion und eine Adipositas.

Dies ist unzweifelhaft, denn die Befundberichte, sonstigen ärztlichen Berichte und das Gutachten vom 12. Mai 2006 stimmen hiermit im Wesentlichen überein. Es handelt sich um dieselben Gesundheitsstörungen, auch wenn diese dort teilweise anders bezeichnet werden.

Wenn der Sachverständige Dr. W infolge der vorhandenen Gesundheitsstörungen die Schlussfolgerung gezogen hat, der Kläger könne noch Arbeiten im Sitzen und in wechselnder Körperhaltung von Stehen, Gehen und Sitzen, jedoch nicht vorwiegend im Gehen und Stehen bei Ausschluss von körperlich mittelschweren bis schweren Arbeiten, Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten mehr als 10 kg, Arbeiten bei Kälte und starken Temperaturschwankungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit Zwangshaltungen wie Arbeiten mit Bücken, mit vornüber gebeugter Haltung, im Knien und in der Hocke, Akkord- und Fließbandarbeit sowie geistig schwierigen Arbeiten verrichten, ist dies schlüssig.

Wesentlich für diese Beurteilung sind der Zustand des linken Kniegelenkes und der Zustand des rechten Sprunggelenkes.

Bei seiner Untersuchung hat der Sachverständige ein links hinkendes Gangbild vorgefunden. Im Bereich des linken Kniegelenkes ist ein Druckschmerz am Kniegelenk innenseitigen Gelenkspalt sowie ein deutliches retropatellares Reiben im Bereich der außenseitlichen und innenseitlichen Kniescheibenseite festzustellen gewesen. Das linke Kniegelenk ist hinsichtlich Streckung/Beugung mit 0/0/95 (Norm: 5/0/120 bis 150) beweglich gewesen. Es hat sich eine Umfangsminderung des linken Beins gegenüber dem rechten Bein von höchstens 2,5 cm gezeigt. Die Röntgenuntersuchung des linken Beins hat eine geringgradig medialisierte Lastachse, die speziellen Röntgenuntersuchungen des linken Kniegelenkes haben eine deutliche Kalksalzminderung, im körperfernen Anteil des Femurs im Schaftbereich eine kalkdichte Verschattung rundlicher Konfiguration, einen deutlich verminderten Kniegelenkspalt mit beginnend knöchernen Ausziehungen, eine Entrundung des Rollhügels und Abflachung des außenseitigen Tibiaplateaus sowie deutliche Zeichen eines fortgeschrittenen Verschleißes des Gleitlagers der Kniescheibe mit subchondraler Sklerosierung aufgedeckt.

Im Bereich des rechten Sprunggelenkes hat der Sachverständige einen Druckschmerz im Bereich des körperfernen Anteils, knapp oberhalb der Narbe mit Ausstrahlung in die Fußsohle sowie eine Missempfindung unterhalb der Narbe befundet. Das rechte obere Sprunggelenk ist hinsichtlich des Hebens/Senkens des Fußes mit 10/0/5 (Norm: 20 bis 30/0/40 bis 50) beweglich gewesen. Die rechten Zehengelenke sind auf die Hälfte ihrer normalen Beweglichkeit eingeschränkt gewesen. Die radiologische Untersuchung des rechten Unterschenkels, des Fersenbeins rechts und des Sprunggelenks rechts haben eine Varusposition des rechten Rückfußes, eine zystische Struktur an der Fersenbeinspitze und deutliche Zeichen einer Arthrose bei diskreter Verschmälerung des Gelenkspaltes des unteren Sprunggelenkes mit subchondralen Sklerosierungszonen offenbart.

Die von dem Sachverständigen Dr. W erhobenen Befunde veranschaulichen, dass wegen der deutlichen Bewegungseinschränkung von linkem Kniegelenk und rechtem Sprunggelenk Arbeiten ausscheiden müssen, die eine entsprechende Beweglichkeit dieser Gelenke voraussetzen. Außerdem sind wegen deren Belastungsminderung stärkere und dauerhaft einseitige Einwirkungen zu vermeiden. Die von dem Sachverständigen genannten Leistungseinschränkungen tragen dem Rechnung. Der Ausschluss eines Arbeitens auf Leitern und Gerüsten berücksichtigt die mit diesen Leiden verbundene Absturzgefahr. Die genannten Witterungseinflüsse sind als schmerzprovozierende bzw. schmerzverstärkende Einflüsse auszuscheiden. Arbeiten mit Bücken und in vornüber gebeugter Haltung beeinträchtigen die Standsicherheit.

Wenn eine Tätigkeit den dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen gerecht wird, ist, ohne dass zusätzliche Befunde oder Gesichtspunkte hinzutreten, zugleich ein Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden täglich folgerichtig, wie dies der Sachverständige Dr. W in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Dr. R vom 12. Mai 2006 angenommen hat. Nach letztgenanntem Gutachten kann zwar nicht mehr vollschichtig als Magaziner und Operateur gearbeitet werden. Es kann jedoch angepasste Arbeit, nämlich leichte Arbeiten im Sitzen, die kein längeres Stehen und Gehen erfordern, verrichtet werden.

Bei einem Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden täglich kommt der Kläger für alle Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Betracht.

Es ist, worauf das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, ohne Bedeutung, ob der Kläger seinen erlernten Beruf als Technologe des Bauwesens oder den zuletzt ausgeübten Beruf als Turmkranführer in diesem zeitlichen Umfang noch ausüben kann, insbesondere ob er insoweit berufsunfähig ist.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die 1. vor dem 02. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI). Berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI).

Der Kläger ist im Februar 1967 und damit nicht vor dem 02. Januar 1961 geboren, so dass dahinstehen kann, ob er im Sinne dieser Vorschrift berufsunfähig ist.

Bei Versicherten, die für alle Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Betracht kommen, bedarf es der Benennung einer konkreten Tätigkeit nicht. Soweit hier gleichwohl die Tätigkeiten eines Pförtners und eines Versandfertigmachers als zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes angeführt werden, erfolgt dies lediglich zur weiteren Verdeutlichung der für den Kläger noch bestehenden Möglichkeiten, sein Leistungsvermögen in Erwerbsarbeit umzusetzen. Den genannten Tätigkeiten ist der Kläger gesundheitlich gewachsen.

Die Arbeitsbedingungen eines Pförtners sind in BIK BO 793 beschrieben unter anderem als leichte körperliche Arbeit, überwiegend in geschlossenen Räumen (Pförtnerloge), überwiegend sitzend, für körperlich Behinderte geeignet, zum Teil Zugluft, in der Regel Schicht- und Nachtdienst, zum Teil Flexibilität, zum Teil Kontaktfähigkeit, gute Umgangsformen. Aus der beigezogenen berufskundlichen Aussage des M L vom 14. Februar 2000 geht darüber hinaus hervor, dass an einen Pförtner sehr unterschiedliche Anforderungen gestellt werden und sehr unterschiedliche Belastungen bestehen. Nur so erklärt sich, dass die Tätigkeit als Pförtner in BIK BO 793 auch für viele Behinderte als geeignete Beschäftigung angegeben ist.

Vergleicht man das Leistungsvermögen jenes Klägers, das der berufskundlichen Aussage des M L zugrunde gelegen hatte, mit demjenigen des hiesigen Klägers, so bestehen keine Bedenken, dass als Pförtner, wie auch in jener berufskundlichen Aussage bejaht, gearbeitet werden kann. Das ermittelte Leistungsvermögen jenes Klägers wird wie folgt beschrieben: Zumutbar sind leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit überwiegendem Sitzen (Es sollte die Möglichkeit nach 10 bis 15 Minuten Sitzen gegeben sein, die Körperposition zum Gehen oder Stehen zu ändern; nach Gehen oder Stehen von maximal 20 Minuten sollte die Möglichkeit zum Sitzen gegeben sein, der Zeitanteil im Gehen und Stehen sollte nicht mehr als 50 v. H. der Arbeitszeit betragen.), ohne Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 kg, ohne Arbeiten mit Rumpfvorbeuge oder Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Einwirkung von Vibrationen, Stauchungen und Rüttelungen, ohne Überkopfarbeiten, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten in Kälte ohne Witterungsschutz sowie in feuchten Räumen, ohne Lärmeinfluss, ohne Gefährdung durch Hautreizstoffe, ohne Wechsel- oder Nachtschicht, ohne Arbeiten mit besonderem Zeitdruck, nur geistig einfache Arbeit mit geringen Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit. Dieser Katalog der Leistungseinschränkungen zeigt, dass jener Kläger im weit stärkeren Umfang als der hiesige Kläger in seinen Möglichkeiten eingeschränkt war. Wie dieser berufskundlichen Aussage außerdem zu entnehmen ist, kann ein Pförtner den Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen weitestgehend selbst bestimmen. Es gibt zudem eine nennenswerte Anzahl von Arbeitsplätzen, bei denen nicht im Schichtdienst gearbeitet werden muss und bei denen der Arbeitnehmer Zugluft nicht ausgesetzt ist.

Die Arbeitsbedingungen eines Versandfertigmachers sind in der BIK BO 522 beschrieben unter anderem als körperlich leichte bis mittelschwere Arbeit (zeitweise schweres Heben und Tragen) überwiegend in geschlossenen Räumen und Hallen, zum Teil im Freien, Arbeit in wechselnder Körperhaltung von Gehen, Stehen und Sitzen, zum Teil Zwangshaltungen wie Bücken, Hocken, Knien und vornüber geneigte Haltung, zum Teil Arbeit auf Leitern und Gerüsten. Allerdings bedeutet diese Beschreibung nicht notwendigerweise, dass dieses Anforderungsprofil für alle Arbeitsplätze eines Versandfertigmachers einschlägig ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass diese Tätigkeit in verschiedenen Branchen und mit unterschiedlichen Produkten ausgeführt wird. Wenn demzufolge in den berufskundlichen Stellungnahmen des M L vom 01. November 2002 und 24. November 2002 dargestellt ist, dass es insoweit auch eine nennenswerte Zahl von, also nicht weniger als 300, Arbeitsplätzen gibt, die körperlich leicht sind und in geschlossenen Räumen im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden, bei denen wirbelsäulen- oder gelenkbelastende Körperhaltungen nicht eingenommen werden müssen, monotone oder repetitive Arbeitshaltungen sich nicht ergeben, die Aufgaben nicht durch fremdbestimmtes Arbeitstempo geprägt sind, nicht unter akkordähnlichen Bedingungen verrichtet werden, keine besonderen Anforderungen an die Kraft oder die Ausdauer der Hände gestellt werden, insbesondere keine Fein- oder Präzisionsarbeiten erfordern, Reiben, Schieben, Drehen, Ziehen oder Drücken nicht verlangt werden, weder Anforderungen an das Hörvermögen noch an die Stimme gestellt werden, eine durchschnittliche Sehfähigkeit genügt und bei denen geistig einfache Routinearbeiten weder besondere Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit, das Reaktionsvermögen, die Aufmerksamkeit, die Übersicht, die Verantwortung oder die Zuverlässigkeit stellen, ist dies nachvollziehbar.

Betrachtet man das Leistungsvermögen jener Klägerin, das der berufskundlichen Aussage des M L vom 01. November 2002 und 24. November 2002 zugrunde gelegen hatte, mit demjenigen des hiesigen Klägers, wird deutlich, dass als Versandfertigmacher, wie auch in jener berufskundlichen Aussage angenommen wurde, gearbeitet werden kann. Das ermittelte Leistungsvermögen jener Klägerin war wie folgt beschränkt auf körperlich leichte Arbeiten, geistig einfache Arbeiten, im Wechsel der Haltungsarten, kein ausschließliches Stehen oder Sitzen, unter Witterungsschutz, ohne monotone oder repetitive Arbeitshaltungen, ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne anhaltende Rumpfbeugehaltung, ohne anhaltendes Knien, Hocken und Bücken, ohne dauerhafte Überkopfarbeiten, ohne Leiter- und Gerüstarbeit und ohne besonderen Zeitdruck wie etwa Akkord- oder Fließbandarbeit. Dies zeigt, dass der Kläger in seinem Leistungsvermögen nicht stärker eingeschränkt ist als jene Klägerin, die in den berufskundlichen Aussagen vom 01. November 2002 und 24. November 2002 zu beurteilen war.

In der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 14. Januar 2005 wird an der Darstellung vom 01./24. November 2002, die im Einzelnen wiederholt wird, festgehalten und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich seither bezüglich des Berufes eines Versandfertigmachers keine nachhaltigen Veränderungen ergeben hätten. Wird das Leistungsvermögen jenes Klägers, das Grundlage der berufskundlichen Stellungnahme vom 14. Januar 2005 war, mit dem vorliegenden Leistungsvermögen verglichen, ist zwar festzustellen, dass jener Kläger teilweise in seinem Leistungsvermögen nicht so deutlich eingeschränkt war. Jener Kläger konnte körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten und geistig einfache Arbeiten (ohne hohe Anforderungen an das Intelligenzniveau) mit nur geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit und Verantwortungsbewusstsein in freien und in geschlossenen Räumen, jedoch ohne Arbeit unter besonderem Zeitdruck, wie z. B. Akkordarbeit, ohne Kontakt mit hautreizenden Stoffen und mit grober Verschmutzung und ohne Feuchtarbeit verrichten. Dieses Leistungsvermögen steht ebenfalls einer Tätigkeit eines Versandfertigmachers nach der berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 14. Januar 2005 nicht entgegen. Im Übrigen folgt daraus jedoch nichts Neues, denn dass sich das Belastungsprofil eines Versandfertigmachers in körperlicher oder geistiger Hinsicht zwischenzeitlich verändert haben könnte, insbesondere stärkere oder höhere Anforderungen gestellt werden, wird in dieser neuen berufskundlichen Stellungnahme gerade verneint.

Der weiteren berufskundlichen Stellungnahme des M L vom 13. Oktober 2008 ist ebenfalls nichts Abweichendes gegenüber seinen früheren berufskundlichen Stellungnahmen zu entnehmen, so dass diese weiterhin Bestand haben.

Die beim Kläger bestehenden Leistungseinschränkungen lassen sich mit dem Belastungsprofil eines Pförtners und eines Versandfertigmachers in Einklang bringen. Wenn der Sachverständige Dr. W somit zu der Einschätzung gelangt ist, der Kläger könne diese Berufe noch mindestens 6 Stunden täglich ausüben, ist dies, weil er das berufskundliche Anforderungsprofil nicht verkannt hat, schlüssig und bewegt sich im Rahmen des einem Arzt einzuräumenden Beurteilungsspielraumes, so dass sich der Senat seine Bewertung zu eigen machen kann.

Der Kläger ist auch nicht gehindert, entsprechende Arbeitsplätze aufzusuchen.

Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 56; BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10) gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, denn eine Tätigkeit zum Zwecke des Gelderwerbs ist regelmäßig nur außerhalb der Wohnung möglich. Hinsichtlich der Bestimmung der erforderlichen Fußwegstrecke wird hierbei ein generalisierender Maßstab angesetzt und danach generell die Fähigkeit des Versicherten für erforderlich gehalten, Entfernungen, gegebenenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln (zum Beispiel Gehstützen, orthopädischen Schuhen, Einlagen, Abrollhilfen), von über 500 m zu Fuß viermal arbeitstäglich zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit zu benutzen. Zudem wird gefordert, dass die Strecke von mehr als 500 m in wenigstens 20 Minuten zurückgelegt werden kann.

Der Sachverständige Dr. W hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. Februar 2011 ausgeführt, dass der Kläger in der Lage ist, mehr (wenn auch nur geringfügig) als 500 m zusammenhängend in einer Zeit von wenigstens 20 Minuten zurückzulegen. Er hat allerdings gemeint, da der Kläger die maximale Gehstrecke mit 1 km angegeben habe, dass das viermalige Zurücklegen von mehr als 500 m täglich nicht ratsam ist. Wenn dies vom Kläger jedoch abverlangt wird, so hat der Sachverständige zwischenzeitliche Pausen von 30 Minuten für erforderlich erachtet.

Die Notwendigkeit solcher Pausen nach jeweils mehr als 500 m Fußweg begründet keine Wegeunfähigkeit im rechtlichen Sinne. Wesentlich ist diese Pause ohnehin nur jeweils für den Fußweg von zu Hause bzw. vom Arbeitsplatz zu den öffentlichen Verkehrsmitteln, die der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten nutzen kann bzw. nach Möglichkeit sogar nutzen soll. Bei dem nach der Rechtsprechung anzulegenden generalisierenden Maßstab ist jedoch davon auszugehen, dass die zwischenzeitliche Pause von 30 Minuten schon dadurch eingehalten wird, dass der Kläger jeweils nach Erreichen der öffentlichen Verkehrsmittel in diesem zeitlichen Umfang mit ihnen unterwegs ist.

Volle und teilweise Erwerbsminderung liegen damit nicht vor.

Die Beschlüsse des begutachtenden Arztes bzw. des Gutachterarztes der polnischen Versicherungsanstalt bzw. Sozialversicherungsanstalt des Dr. R vom 12. Mai 2006 und 14. April 2008 stehen dieser Entscheidung nicht entgegen. Wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, wird damit nicht über Erwerbsminderung nach deutschem Recht entschieden. Diesen Beschlüssen ist zudem zu entnehmen, dass selbst nach polnischem Recht lediglich teilweise, nicht jedoch völlige Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde. Dies mag daraus herrühren, dass nach polnischem Recht, wie I Ziffer 3 des Beschlusses vom 12. Mai 2006 vermuten lässt, die "Arbeitsunfähigkeit in dem bislang ausgeübten Beruf" eine wesentliche Rolle spielen dürfte, während sich nach deutschem Recht teilweise und volle Erwerbsminderung unabhängig vom bisherigen Beruf bestimmt.

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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