Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 R 6698/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 369/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Kläger berechtigt ist, rückwirkend freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen.
Der 1958 geborene Kläger war bis 31. Dezember 2003 versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1. Januar 2004 bis 24. Juni 2005 (Anspruchserschöpfung) bezog er Arbeitslosengeld (Alg) von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Auf den Leistungsnachweis der BA vom 27. Juni 2005 wird Bezug genommen.
Im März 2008 beantragte der Kläger die rückwirkende Zulassung zur freiwilligen Versicherung ab 1. Juli 2005. Die BA habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass er sich weiterhin arbeitslos melden müsse, um die Anwartschaft auf eine Rente wegen Erwerbsminderung (EM) zu erhalten. Nachdem die BA auf Anfrage der Beklagten mitgeteilt hatte, dass dem Kläger bei der Alg-Antragstellung im Dezember 2003 das Merkblatt 1 für Arbeitslose mit Hinweisen auf die Aufrechterhaltung des EM-Versicherungsschutzes ausgehändigt worden sei, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 14. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2008 ab.
Das Sozialgericht (SG) hat die auf die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gestützte Klage abgewiesen (Urteil vom 2. März 2011). Zur Begründung ist ausgeführt: die zulässige Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zulassung zur freiwilligen Versicherung für die Zeit ab 1. Juli 2005. Es fehle an einer rechtzeitigen Entrichtung der Beiträge iSv § 197 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Auch eine Zulassung zur freiwilligen Versicherung nach § 197 Abs. 3 SGB VI komme nicht in Betracht, da der Kläger nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Entrichtung freiwilliger Beiträge gehindert gewesen sei. Durch das Merkblatt 1 für Arbeitslose, das dem Kläger bei seiner Antragstellung auf Alg ausgehändigt worden sei, habe die BA ausreichend über die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes bei EM informiert. Bei Beendigung des Leistungsbezugs sei die BA nicht erneut verpflichtet gewesen, hierauf hinzuweisen. Soweit der Kläger sich darauf berufe, er habe wegen der Hinweise in dem Leistungsnachweis – nur – zum Krankenversicherungsschutz darauf vertraut, rentenversicherungsrechtlich abgesichert zu sein, sei dieses Vertrauen nicht schutzwürdig. Denn Hinweise zur gesetzlichen Rentenversicherung enthalte der Leistungsnachweis gerade nicht. Selbst im Falle einer Pflichtverletzung der BA sei das Fristversäumnis des Klägers nicht unverschuldet gewesen. Denn die Pflichtverletzung sei jedenfalls nicht wesentliche Ursache der nicht fristgerechten Beitragsentrichtung gewesen. Da der Kläger schon durch die bloße Arbeitslosmeldung die Anwartschaft auf EM-Rente hätte aufrechterhalten können, liege es nicht auf der Hand, dass der Kläger sich mit einer Zahlung von Beiträgen belastet hätte. Auch nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ergebe sich keine andere Beurteilung. Denn es fehle sowohl an der Pflichtverletzung als auch an der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und "Schadenseintritt".
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Er habe das Merkblatt der BA nicht erhalten. Nach dem Ende des Alg-Bezugs habe er Beratungstermine am 9. August 2005 und am 11. August 2005 bei der BA gehabt. Er sei dabei nicht darauf hingewiesen worden, dass er sich zur Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft auf EM-Rente weiter arbeitslos melden müsse. Dies hätte er ansonsten selbstverständlich getan. Ihm sei lediglich mitgeteilt worden, dass mangels Bedürftigkeit kein Anspruch auf Alg II bestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2008 zu verpflichten, ihn zur Entrichtung freiwilliger Beiträge ab 1. Juli 2005 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers, mit der er seine statthafte kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Zulassung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit ab 1. Juli 2005 weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Eine Zahlung freiwilliger Beträge für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2006 zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf EM-Rente (vgl § 241 Abs. 2 SGB VI) konnte im März 2008, als der Kläger die Zulassung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge beantragt hat, nicht mehr wirksam erfolgen. Denn nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Da die Frist durch ein Beitragsverfahren unterbrochen wird (vgl § 198 Abs. 1 SGB VI), kommt eine Zahlung freiwilliger Beiträge im Hinblick auf den im März 2008 gestellten Antrag auf freiwillige Versicherung für die Zeit ab 1. Januar 2007 noch in Betracht. Indes führte dies wegen der Lücke ab 1. Juli 2005 nicht zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf EM-Rente, so dass der Antrag des Klägers unter Berücksichtigung seines Vorbringens ("freiwillige Beiträge zu leisten, um so seine Rentenanwartschaft wieder herzustellen") bei verständiger Würdigung (vgl § 123 SGG) dahingehend auszulegen ist, dass er die Zulassung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge (nur) insoweit begehrt, als diese zur Füllung der Beitragslücke benötigt werden.
Der Kläger war auch nicht gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI zur nachträglichen Beitragszahlung zuzulassen. Bei ihm liegt zwar eine besondere Härte iSv § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI vor, weil wegen der Lücke die Anwartschaft auf EM-Rente nicht gewahrt wird (vgl hierzu BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 – B 12 RA 4/01 R – juris). Der Kläger war aber an der rechtzeitigen Beitragszahlung nicht ohne Verschulden gehindert. Denn dies könnte vorliegend allenfalls dann der Fall gewesen sein, wenn der Kläger von der Beklagten oder der BA unzutreffend oder unvollständig beraten worden wäre. Eine Beratungspflicht der Beklagten bestand schon deshalb nicht, weil der Kläger mit einem entsprechenden Beratungsersuchen vor dem 5. März 2008 an die Beklagte nicht herangetreten war. Auch ein Verwaltungsverfahren, in dem die Beklagte auf die Notwendigkeit der Zahlung freiwilliger Beiträge hätte hinweisen müssen, war vor dem genannten Zeitpunkt nicht anhängig (vgl BSG aaO). Ein Beratungsfehler der BA, der der Beklagten zuzurechnen wäre (vgl BSG SozR 1200 § 14 Nr 9), ist zur vollen Überzeugung des Senats nicht feststellbar. Die BA hat auf Nachfrage der Beklagten bekräftigt, dass dem Kläger bei der Alg-Antragstellung am 9. Dezember 2003 das Merkblatt 1 für Arbeitslose ausgehändigt worden sei. Dieses Merkblatt enthielt (Stand April 2003) auf Seite 50 ausreichende und unmissverständliche Hinweise zur Aufrechterhaltung des EM-Rentenschutzes und zur weitergehenden Inanspruchnahme der Beratung durch den Rentenversicherungsträger. Der Kläger hat zwar vorgetragen, dieses Merkblatt nicht erhalten zu haben. Dies rechtfertigt ohne weitere Tatsachendarlegung zu den Umständen der Alg-Antragstellung seitens des Klägers angesichts der detaillierten Angaben der BA aber nicht die zweifelsfreie Feststellung, dass der Kläger seinerzeit nicht erschöpfend beraten worden wäre. Einer erneuten Beratung zur Aufrechterhaltung der EM-Rentenanwartschaft nach Ende des Alg-Bezugs bedurfte es nicht. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil (Entscheidungsgründe 2.a.bb. und cc.) wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen und insoweit von weiteren Ausführungen in der Sache abgesehen.
Selbst bei Annahme einer Pflichtverletzung der BA ist aber nicht davon auszugehen, dass diese für die unterbliebene – rechtzeitige - Beitragszahlung ursächlich hätte werden können. Denn es ist nicht feststellbar, dass der Kläger seinerzeit bei zutreffender Beratung in Kenntnis der drohenden Lücke freiwillige Beiträge zur Sicherung seiner EM-Rentenanwartschaft rechtzeitig gezahlt hätte, und zwar schon deshalb nicht, weil er seine EM-Rentenanwartschaft auch durch die bloße und durchgängige Arbeitslosmeldung hätte sichern können (vgl hierzu LSG Berlin, Urteil vom 14. Januar 2004 – L 6 RA 38/01 – juris). Es liegt daher nicht auf der Hand, dass er die Möglichkeit der Anwartschaftserhaltung durch – die ihn wirtschaftlich belastende - Zahlung freiwilliger Beiträge genutzt hätte. Vielmehr hat der Kläger bereits anlässlich seiner Antragstellung bei der Beklagten darauf abgehoben, dass er wegen des Beratungsfehlers der BA sich nicht weiter arbeitslos gemeldet habe, um die Berücksichtigung einer Anrechnungszeit zur Aufrechterhaltung der EM-Rentenanwartschaft zu sichern. Dass die BA den Kläger anlässlich seiner Vorsprachen im August 2005 möglicherweise nicht (erneut) darauf hingewiesen hat, dass er sich zur Aufrechterhaltung seines EM-Rentenschutzes weiter arbeitslos melden kann, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Denn eine Arbeitslosmeldung kann im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht fingiert werden (vgl BSG SozR 4100 § 105 Nr 2; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 2), ohne dass vorliegend zu entscheiden wäre, ob der Herstellungsanspruch neben § 197 Abs. 3 SGB VI anwendbar ist (offen gelassen von BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 – B 12 RA 4/01 R -). Denn jedenfalls sind auch die Voraussetzungen für einen derartigen Herstellungsanspruch nicht erfüllt, weil weder eine Pflichtverletzung der Beklagten oder der BA – bezogen auf die Möglichkeit der freiwilligen Beitragszahlung – noch die Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung für die nicht rechtzeitig erfolgte Beitragszahlung feststellbar sind. Eine Arbeitslosmeldung im August 2005 anlässlich der Vorsprache bei der BA wäre im Übrigen ohnehin nicht geeignet gewesen, die dann weiterhin verbleibende Lücke im Versicherungsverlauf für Juli 2005 zu schließen. Denn die Arbeitslosmeldung wirkt nur unter den Voraussetzungen des § 122 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) auf einen Zeitpunkt vor der persönlichen Meldung zurück. Eine Rückwirkung bis in den Monat Juli 2005 kann sich insoweit bei einer frühesten denkbaren Meldung am 9. August 2005 jedoch nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Kläger berechtigt ist, rückwirkend freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen.
Der 1958 geborene Kläger war bis 31. Dezember 2003 versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1. Januar 2004 bis 24. Juni 2005 (Anspruchserschöpfung) bezog er Arbeitslosengeld (Alg) von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Auf den Leistungsnachweis der BA vom 27. Juni 2005 wird Bezug genommen.
Im März 2008 beantragte der Kläger die rückwirkende Zulassung zur freiwilligen Versicherung ab 1. Juli 2005. Die BA habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass er sich weiterhin arbeitslos melden müsse, um die Anwartschaft auf eine Rente wegen Erwerbsminderung (EM) zu erhalten. Nachdem die BA auf Anfrage der Beklagten mitgeteilt hatte, dass dem Kläger bei der Alg-Antragstellung im Dezember 2003 das Merkblatt 1 für Arbeitslose mit Hinweisen auf die Aufrechterhaltung des EM-Versicherungsschutzes ausgehändigt worden sei, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 14. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2008 ab.
Das Sozialgericht (SG) hat die auf die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gestützte Klage abgewiesen (Urteil vom 2. März 2011). Zur Begründung ist ausgeführt: die zulässige Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zulassung zur freiwilligen Versicherung für die Zeit ab 1. Juli 2005. Es fehle an einer rechtzeitigen Entrichtung der Beiträge iSv § 197 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Auch eine Zulassung zur freiwilligen Versicherung nach § 197 Abs. 3 SGB VI komme nicht in Betracht, da der Kläger nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Entrichtung freiwilliger Beiträge gehindert gewesen sei. Durch das Merkblatt 1 für Arbeitslose, das dem Kläger bei seiner Antragstellung auf Alg ausgehändigt worden sei, habe die BA ausreichend über die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes bei EM informiert. Bei Beendigung des Leistungsbezugs sei die BA nicht erneut verpflichtet gewesen, hierauf hinzuweisen. Soweit der Kläger sich darauf berufe, er habe wegen der Hinweise in dem Leistungsnachweis – nur – zum Krankenversicherungsschutz darauf vertraut, rentenversicherungsrechtlich abgesichert zu sein, sei dieses Vertrauen nicht schutzwürdig. Denn Hinweise zur gesetzlichen Rentenversicherung enthalte der Leistungsnachweis gerade nicht. Selbst im Falle einer Pflichtverletzung der BA sei das Fristversäumnis des Klägers nicht unverschuldet gewesen. Denn die Pflichtverletzung sei jedenfalls nicht wesentliche Ursache der nicht fristgerechten Beitragsentrichtung gewesen. Da der Kläger schon durch die bloße Arbeitslosmeldung die Anwartschaft auf EM-Rente hätte aufrechterhalten können, liege es nicht auf der Hand, dass der Kläger sich mit einer Zahlung von Beiträgen belastet hätte. Auch nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ergebe sich keine andere Beurteilung. Denn es fehle sowohl an der Pflichtverletzung als auch an der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und "Schadenseintritt".
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Er habe das Merkblatt der BA nicht erhalten. Nach dem Ende des Alg-Bezugs habe er Beratungstermine am 9. August 2005 und am 11. August 2005 bei der BA gehabt. Er sei dabei nicht darauf hingewiesen worden, dass er sich zur Aufrechterhaltung seiner Anwartschaft auf EM-Rente weiter arbeitslos melden müsse. Dies hätte er ansonsten selbstverständlich getan. Ihm sei lediglich mitgeteilt worden, dass mangels Bedürftigkeit kein Anspruch auf Alg II bestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Oktober 2008 zu verpflichten, ihn zur Entrichtung freiwilliger Beiträge ab 1. Juli 2005 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers, mit der er seine statthafte kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Zulassung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeit ab 1. Juli 2005 weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Eine Zahlung freiwilliger Beträge für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2006 zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf EM-Rente (vgl § 241 Abs. 2 SGB VI) konnte im März 2008, als der Kläger die Zulassung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge beantragt hat, nicht mehr wirksam erfolgen. Denn nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Da die Frist durch ein Beitragsverfahren unterbrochen wird (vgl § 198 Abs. 1 SGB VI), kommt eine Zahlung freiwilliger Beiträge im Hinblick auf den im März 2008 gestellten Antrag auf freiwillige Versicherung für die Zeit ab 1. Januar 2007 noch in Betracht. Indes führte dies wegen der Lücke ab 1. Juli 2005 nicht zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft auf EM-Rente, so dass der Antrag des Klägers unter Berücksichtigung seines Vorbringens ("freiwillige Beiträge zu leisten, um so seine Rentenanwartschaft wieder herzustellen") bei verständiger Würdigung (vgl § 123 SGG) dahingehend auszulegen ist, dass er die Zulassung zur Entrichtung freiwilliger Beiträge (nur) insoweit begehrt, als diese zur Füllung der Beitragslücke benötigt werden.
Der Kläger war auch nicht gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI zur nachträglichen Beitragszahlung zuzulassen. Bei ihm liegt zwar eine besondere Härte iSv § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI vor, weil wegen der Lücke die Anwartschaft auf EM-Rente nicht gewahrt wird (vgl hierzu BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 – B 12 RA 4/01 R – juris). Der Kläger war aber an der rechtzeitigen Beitragszahlung nicht ohne Verschulden gehindert. Denn dies könnte vorliegend allenfalls dann der Fall gewesen sein, wenn der Kläger von der Beklagten oder der BA unzutreffend oder unvollständig beraten worden wäre. Eine Beratungspflicht der Beklagten bestand schon deshalb nicht, weil der Kläger mit einem entsprechenden Beratungsersuchen vor dem 5. März 2008 an die Beklagte nicht herangetreten war. Auch ein Verwaltungsverfahren, in dem die Beklagte auf die Notwendigkeit der Zahlung freiwilliger Beiträge hätte hinweisen müssen, war vor dem genannten Zeitpunkt nicht anhängig (vgl BSG aaO). Ein Beratungsfehler der BA, der der Beklagten zuzurechnen wäre (vgl BSG SozR 1200 § 14 Nr 9), ist zur vollen Überzeugung des Senats nicht feststellbar. Die BA hat auf Nachfrage der Beklagten bekräftigt, dass dem Kläger bei der Alg-Antragstellung am 9. Dezember 2003 das Merkblatt 1 für Arbeitslose ausgehändigt worden sei. Dieses Merkblatt enthielt (Stand April 2003) auf Seite 50 ausreichende und unmissverständliche Hinweise zur Aufrechterhaltung des EM-Rentenschutzes und zur weitergehenden Inanspruchnahme der Beratung durch den Rentenversicherungsträger. Der Kläger hat zwar vorgetragen, dieses Merkblatt nicht erhalten zu haben. Dies rechtfertigt ohne weitere Tatsachendarlegung zu den Umständen der Alg-Antragstellung seitens des Klägers angesichts der detaillierten Angaben der BA aber nicht die zweifelsfreie Feststellung, dass der Kläger seinerzeit nicht erschöpfend beraten worden wäre. Einer erneuten Beratung zur Aufrechterhaltung der EM-Rentenanwartschaft nach Ende des Alg-Bezugs bedurfte es nicht. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil (Entscheidungsgründe 2.a.bb. und cc.) wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen und insoweit von weiteren Ausführungen in der Sache abgesehen.
Selbst bei Annahme einer Pflichtverletzung der BA ist aber nicht davon auszugehen, dass diese für die unterbliebene – rechtzeitige - Beitragszahlung ursächlich hätte werden können. Denn es ist nicht feststellbar, dass der Kläger seinerzeit bei zutreffender Beratung in Kenntnis der drohenden Lücke freiwillige Beiträge zur Sicherung seiner EM-Rentenanwartschaft rechtzeitig gezahlt hätte, und zwar schon deshalb nicht, weil er seine EM-Rentenanwartschaft auch durch die bloße und durchgängige Arbeitslosmeldung hätte sichern können (vgl hierzu LSG Berlin, Urteil vom 14. Januar 2004 – L 6 RA 38/01 – juris). Es liegt daher nicht auf der Hand, dass er die Möglichkeit der Anwartschaftserhaltung durch – die ihn wirtschaftlich belastende - Zahlung freiwilliger Beiträge genutzt hätte. Vielmehr hat der Kläger bereits anlässlich seiner Antragstellung bei der Beklagten darauf abgehoben, dass er wegen des Beratungsfehlers der BA sich nicht weiter arbeitslos gemeldet habe, um die Berücksichtigung einer Anrechnungszeit zur Aufrechterhaltung der EM-Rentenanwartschaft zu sichern. Dass die BA den Kläger anlässlich seiner Vorsprachen im August 2005 möglicherweise nicht (erneut) darauf hingewiesen hat, dass er sich zur Aufrechterhaltung seines EM-Rentenschutzes weiter arbeitslos melden kann, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Denn eine Arbeitslosmeldung kann im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht fingiert werden (vgl BSG SozR 4100 § 105 Nr 2; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 2), ohne dass vorliegend zu entscheiden wäre, ob der Herstellungsanspruch neben § 197 Abs. 3 SGB VI anwendbar ist (offen gelassen von BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 – B 12 RA 4/01 R -). Denn jedenfalls sind auch die Voraussetzungen für einen derartigen Herstellungsanspruch nicht erfüllt, weil weder eine Pflichtverletzung der Beklagten oder der BA – bezogen auf die Möglichkeit der freiwilligen Beitragszahlung – noch die Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung für die nicht rechtzeitig erfolgte Beitragszahlung feststellbar sind. Eine Arbeitslosmeldung im August 2005 anlässlich der Vorsprache bei der BA wäre im Übrigen ohnehin nicht geeignet gewesen, die dann weiterhin verbleibende Lücke im Versicherungsverlauf für Juli 2005 zu schließen. Denn die Arbeitslosmeldung wirkt nur unter den Voraussetzungen des § 122 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) auf einen Zeitpunkt vor der persönlichen Meldung zurück. Eine Rückwirkung bis in den Monat Juli 2005 kann sich insoweit bei einer frühesten denkbaren Meldung am 9. August 2005 jedoch nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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