Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 2 (32) SO 32/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 19/08 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine Petö-Therapie.
Der Kläger ist 1998 geboren und leidet an einer schwerwiegenden Cerebralparese. Er wurde im Herbst 2004 eingeschult. Mit Antrag vom 16.04.2005 beantragte er eine Petö-Block-Therapie für den Monat August 2005 als Eingliederungshilfe im Rahmen seines Schulbesuchs in der behindertengerecht eingerichteten Gemeinschaftsschule Hölterstraße in Mülheim a. d. Ruhr. Der Antrag wurde mit Bescheid vom Mai 2005 abgelehnt. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos.
Mit der am 23. August 2005 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Übernahme der im Zeitraum vom 01. bis 26.08.2005 durchgeführten Petö-Therapie.
Hierbei handelt es sich um eine in Ungarn entwickelte Methode, welche insbesondere auf Entwicklungsstörungen im Kindesalter, wie sie bei dem Kläger vorliegen, zugeschnitten ist und die zwischenzeitlich nicht nur in Ungarn, sondern auch in anderen Ländern zur Anwendung gelangt. Dem Konzept liegt ein ganzheitlicher Behandlungsansatz zugrunde, der medizinisch-therapeutische, psychologische und pädagogische Elemente enthält. Ziel ist es, auf den motorischen Grundlagen des zu behandelnden Kindes aufbauend, eine Verbesserung der Mobilität, Motorik und kognitiven Fähigkeiten zu erreichen. Dabei finden in der Regel wöchentliche Behandlungen statt, die normalerweise etwa 2 x jährlich durch intensive Blocktherapiezeiten ergänzt werden.
Er ist der Ansicht, die Therapie sei im Rahmen der medizinischen Rehabilitation (Frühförderung einerseits und als Eingliederungshilfe zur Vorbereitung einer angemessenen Schulbildung andererseits dringend angezeigt. Für ihn als Integrationskind sei die Therapie zwingend erforderlich, um einen regelmäßigen Schulbesuch gewährleisten zu können. Insbesondere dient die Block-Therapie dazu, dass er seinen Stuhlgang selbst regulieren könne, was für den Schulbesuch wichtig sei.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.05.05 in Form des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2005 zu verpflichten, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die konduktive Förderung nach Petö in dem Zentrum für Konduktive Therapie Falkensteinstraße 20, 45057 Oberhausen, in Form der Durchführung einer Blocktherapie für den Zeitraum vom 01.08.2005 bis 26.08.2005 zu bewilligen.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Petö-Therapie stelle keine heilpädagogische Maßnahme dar, sie sei eine Leistung der medizinischen Rehabilitation. Die Petö-Therapie gehöre als Heilmittel im Sinne des § 32 SGB V in den Bereich der medizinischen Versorgung und somit zu den Leistungen, die von den Krankenkassen grundsätzlich zu übernehmen seien. Da die Therapie jedoch nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen enthalten sei, könne sie auch im Rahmen der Sozialhilfe nicht übernommen werden, denn der Leistungsträger sei an die Einordnung der Therapie durch die Krankenkassen gebunden. Sie sei eine nicht ärztliche Dienstleistung bzw. eine medizinische Leistung mit pädagogischen Mitteln. Eine Frühförderung komme für den Kläger zudem nicht in Betracht, weil er bereits eingeschult sei und die Frühförderung als System der Hilfe für behinderte oder von Behinderung bedrohter Kinder erstrecke sich lediglich auf den Zeitraum bis zum Eintrittswünsche.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie auf die Leistungsakte des Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Eine Kostenübernahme für die Petö-Therapie aus Mitteln der Sozialhilfe kommt mangels Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Leistungen der Eingliederungshilfe können nach § 54 des Zwölften Buches des Gesetzbuches (SGB XII) erbracht werden. Hierzu zählen insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu (Abs. 1 Nr. 1), Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuches einer Hochschule (Nr. 2) und Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit (Nr. 3). Die Norm meint spezielle Ausbildungsbeihilfen, die auf die jeweilige Ausbildung oder Berufstätigkeit ausgerichtet sind. Eine Petö-Therapie ist weder mit der schulischen Förderung noch mit der anschließenden Berufsausbildung eng genug verknüpft, um eine Hilfe im Sinne der Vorschrift darzustellen. § 54 Abs. 1 Satz 1 verweist weitergehend auf Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches des Gesetzbuches (SGB IX).
§ 41 SGB IX bezieht sich ausschließlich auf Werkstätten für behinderte Menschen und ist daher im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Ebenso ist § 33 SGB IX, der Hilfen zum Beruf regelt, nicht anwendbar, denn er bezieht sich auf Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hierunter fallen spezielle, auf die jeweilige Tätigkeit zugeschnittene Hilfestellungen, die dem Behinderten ein besseres Zurechtfinden am Arbeitsplatz ermöglichen, sowie Hilfestellungen bei der Erlangung eines Arbeitsplatzes. Der Anwendungsbereich der Norm beginnt erst mit dem Abschluss einer schulischen Ausbildung. Sie ist somit nicht auf die Situation des Klägers anwendbar, der sich zur Zeit noch in schulischer Ausbildung befindet und dem Arbeitsmarkt noch nicht unmittelbar zur Verfügung steht.
Nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX werden zur Rehabilitation Behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen die erforderlichen Leistungen erbracht, um Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Dabei umfassen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 26 Abs. 2 SGB IX unter anderem die Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (Nr. 2), sowie Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach- und Ernährungstherapie (Nr. 4). Bestandteil der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind nach § 26 Abs. 3 SGB IX auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Abs. 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und um Krankheitsfall zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere auch Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten (Nr. 6). Hinsichtlich der medizinischen Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder im Sinne des § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX stellt § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IX klar, dass zu diesen Leistungen unter anderem auch heilpädagogische Leistungen zählen.
Bei der Petö-Therapie handelt es sich um eine medizinische Qualifikationsleistung im dargestellten Sinn, denn im Fall des Klägers sollen durch die Petö-Therapie die Folgen der Behinderung gemindert werden. Dabei setzt die Petö-Therapie unmittelbar an der Behinderung an, indem sie durch ein positives Einwirken auf die gesamte Persönlichkeit des Klägers dessen behinderungsbedingte Einschränkungen unmittelbar zu therapieren versucht. Die Petö-Therapie ist nach alldem darauf ausgerichtet, das Krankheitsbild der Behinderung selbst zu bessern. Es geht bei der Petö-Therapie ihrer Zielsetzung nach nicht in erster Linie darum, lediglich Auswirkungen der Behinderung auf die allgemeine Lebensgestaltung aufzufangen oder eine behindertengerechte Gesundheitsförderung zu leisten. Deswegen verliert auch der Umstand an Bedeutung, dass für die Therapie vorwiegend pädagogische Mittel eingesetzt werden. Bei der Petö-Therapie handelt es sich demnach ihrer Zielrichtung nach im Schwerpunkt um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII als ärztlich verordnete Dienstleistung, die einem Heilzwecke dient oder einen Teilerfolg sichert und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden darf namentlich um ein Heilmittel nach § 26 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX (zum medizinischen Charakter der Petö-Therapie siehe das Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.09.2003 Az.: B 1 KR 34/01 R).
Eine Übernahme der Kosten für medizinische Leistungen nach § 26 SGB XII scheitert jedoch an § 54 Satz 2 SGB XII. Demnach können Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nur übernommen werden, wenn sie jeweils den Katalogleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesanstalt für Arbeit entsprechen. § 54 SGB XII verweist auf § 26 SGB IX und die hierunter fallenden Leistungen, so dass sich die Anwendbarkeit des § 26 SGB IX im Rahmen der Eingliederungshilfe nur im Zusammenhang mit § 54 SGB XII ergibt.
Die Petö-Therapie ist kein anerkanntes und verordnungsfähiges Heilmittel im Sinne des § 32 des Fünften Buches des Gesetzbuches (SGB V). Da sie nicht von ärztlichen Fachkräften erbracht wird, zählt sie zu den neuen Heilmitteln, die gemäß § 138 SGB V nur verordnungsfähig sind, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt hat. Nach der aktuell gültigen Entscheidung des gemeinsamen Bundesausschusses zu den Verschreibungsrichtlinien vom 20. Juni 2006 ist die Petö-Therapie nicht als neues Heilmittel anerkannt. Solange sie nicht ausdrücklich als neues Heilmittel anerkannt ist, gilt sie nicht als solches im Sinne des § 138 SGB V (BSG B 1 KR 34/01 R). Insofern besteht an dieser Stelle kein Auslegungsspielraum, zumal nach Sinn und Zweck des § 54 Abs. 2 SGB XII nicht gewollt ist, dass im Rahmen der Eingliederungshilfe für medizinische Rehabilitationsmaßnahmen höhere Leistungen bewilligt werden als von den gesetzlichen Krankenkassen.
Eine Kostenübernahme nach § 55 Abs. 2 SGB IX auf den § 54 SGB XII verweist, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden nach § 55 SGB IX die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapitel 4 bis 6 SGB IX nicht erbracht werden.
Zwar enthält § 55 Abs. 2 SGB IX einen offenen Katalog an Leistungen, die dort genannten Leistungen dienen ausschließlich der Integration des Behinderten in die Gesellschaft. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen die nicht der Beseitigung der Behinderung dienen, sondern um Maßnahmen, die dem Behinderten unter Berücksichtigung seiner behinderungsspezifischen Bedürfnisse eine bestmögliche Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen sollen. Die Petö-Therapie setzt direkt an der Beseitigung der Behinderung an. Sie zählt zu den medizinischen Leistungen, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden, d. h. sie fällt in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkassen, auch wenn sie nicht zu deren Leistungskatalog gehört. Damit fällt sie gerade nicht unter den Anwendungsbereich des § 55 SGB IX.
Im übrigen ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu beachten, nach der bei der Bewertung neuer Heilmittel neben dem therapeutischen Nutzen auch die Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. März 2002, Az: B 1 KR 36/00 R). Eine Kostenübernahme könnte neben den bereits genannten gründen auch am Wirtschaftlichkeitsgebot scheitern, wenn eine neue Therapie in ihren Behandlungszielen und ihrer Wirkungsweise einer herkömmlichen Behandlung entspricht, aber wesentlich teurer ist. Diese Frage war jedoch vorliegend nicht zu untersuchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine Petö-Therapie.
Der Kläger ist 1998 geboren und leidet an einer schwerwiegenden Cerebralparese. Er wurde im Herbst 2004 eingeschult. Mit Antrag vom 16.04.2005 beantragte er eine Petö-Block-Therapie für den Monat August 2005 als Eingliederungshilfe im Rahmen seines Schulbesuchs in der behindertengerecht eingerichteten Gemeinschaftsschule Hölterstraße in Mülheim a. d. Ruhr. Der Antrag wurde mit Bescheid vom Mai 2005 abgelehnt. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos.
Mit der am 23. August 2005 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Übernahme der im Zeitraum vom 01. bis 26.08.2005 durchgeführten Petö-Therapie.
Hierbei handelt es sich um eine in Ungarn entwickelte Methode, welche insbesondere auf Entwicklungsstörungen im Kindesalter, wie sie bei dem Kläger vorliegen, zugeschnitten ist und die zwischenzeitlich nicht nur in Ungarn, sondern auch in anderen Ländern zur Anwendung gelangt. Dem Konzept liegt ein ganzheitlicher Behandlungsansatz zugrunde, der medizinisch-therapeutische, psychologische und pädagogische Elemente enthält. Ziel ist es, auf den motorischen Grundlagen des zu behandelnden Kindes aufbauend, eine Verbesserung der Mobilität, Motorik und kognitiven Fähigkeiten zu erreichen. Dabei finden in der Regel wöchentliche Behandlungen statt, die normalerweise etwa 2 x jährlich durch intensive Blocktherapiezeiten ergänzt werden.
Er ist der Ansicht, die Therapie sei im Rahmen der medizinischen Rehabilitation (Frühförderung einerseits und als Eingliederungshilfe zur Vorbereitung einer angemessenen Schulbildung andererseits dringend angezeigt. Für ihn als Integrationskind sei die Therapie zwingend erforderlich, um einen regelmäßigen Schulbesuch gewährleisten zu können. Insbesondere dient die Block-Therapie dazu, dass er seinen Stuhlgang selbst regulieren könne, was für den Schulbesuch wichtig sei.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.05.05 in Form des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2005 zu verpflichten, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die konduktive Förderung nach Petö in dem Zentrum für Konduktive Therapie Falkensteinstraße 20, 45057 Oberhausen, in Form der Durchführung einer Blocktherapie für den Zeitraum vom 01.08.2005 bis 26.08.2005 zu bewilligen.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Petö-Therapie stelle keine heilpädagogische Maßnahme dar, sie sei eine Leistung der medizinischen Rehabilitation. Die Petö-Therapie gehöre als Heilmittel im Sinne des § 32 SGB V in den Bereich der medizinischen Versorgung und somit zu den Leistungen, die von den Krankenkassen grundsätzlich zu übernehmen seien. Da die Therapie jedoch nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen enthalten sei, könne sie auch im Rahmen der Sozialhilfe nicht übernommen werden, denn der Leistungsträger sei an die Einordnung der Therapie durch die Krankenkassen gebunden. Sie sei eine nicht ärztliche Dienstleistung bzw. eine medizinische Leistung mit pädagogischen Mitteln. Eine Frühförderung komme für den Kläger zudem nicht in Betracht, weil er bereits eingeschult sei und die Frühförderung als System der Hilfe für behinderte oder von Behinderung bedrohter Kinder erstrecke sich lediglich auf den Zeitraum bis zum Eintrittswünsche.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie auf die Leistungsakte des Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Eine Kostenübernahme für die Petö-Therapie aus Mitteln der Sozialhilfe kommt mangels Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Leistungen der Eingliederungshilfe können nach § 54 des Zwölften Buches des Gesetzbuches (SGB XII) erbracht werden. Hierzu zählen insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu (Abs. 1 Nr. 1), Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuches einer Hochschule (Nr. 2) und Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit (Nr. 3). Die Norm meint spezielle Ausbildungsbeihilfen, die auf die jeweilige Ausbildung oder Berufstätigkeit ausgerichtet sind. Eine Petö-Therapie ist weder mit der schulischen Förderung noch mit der anschließenden Berufsausbildung eng genug verknüpft, um eine Hilfe im Sinne der Vorschrift darzustellen. § 54 Abs. 1 Satz 1 verweist weitergehend auf Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches des Gesetzbuches (SGB IX).
§ 41 SGB IX bezieht sich ausschließlich auf Werkstätten für behinderte Menschen und ist daher im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Ebenso ist § 33 SGB IX, der Hilfen zum Beruf regelt, nicht anwendbar, denn er bezieht sich auf Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hierunter fallen spezielle, auf die jeweilige Tätigkeit zugeschnittene Hilfestellungen, die dem Behinderten ein besseres Zurechtfinden am Arbeitsplatz ermöglichen, sowie Hilfestellungen bei der Erlangung eines Arbeitsplatzes. Der Anwendungsbereich der Norm beginnt erst mit dem Abschluss einer schulischen Ausbildung. Sie ist somit nicht auf die Situation des Klägers anwendbar, der sich zur Zeit noch in schulischer Ausbildung befindet und dem Arbeitsmarkt noch nicht unmittelbar zur Verfügung steht.
Nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX werden zur Rehabilitation Behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen die erforderlichen Leistungen erbracht, um Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Dabei umfassen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 26 Abs. 2 SGB IX unter anderem die Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (Nr. 2), sowie Heilmittel einschließlich physikalischer, Sprach- und Ernährungstherapie (Nr. 4). Bestandteil der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind nach § 26 Abs. 3 SGB IX auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in Abs. 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und um Krankheitsfall zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere auch Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, unter anderem durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten (Nr. 6). Hinsichtlich der medizinischen Leistungen zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder im Sinne des § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX stellt § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IX klar, dass zu diesen Leistungen unter anderem auch heilpädagogische Leistungen zählen.
Bei der Petö-Therapie handelt es sich um eine medizinische Qualifikationsleistung im dargestellten Sinn, denn im Fall des Klägers sollen durch die Petö-Therapie die Folgen der Behinderung gemindert werden. Dabei setzt die Petö-Therapie unmittelbar an der Behinderung an, indem sie durch ein positives Einwirken auf die gesamte Persönlichkeit des Klägers dessen behinderungsbedingte Einschränkungen unmittelbar zu therapieren versucht. Die Petö-Therapie ist nach alldem darauf ausgerichtet, das Krankheitsbild der Behinderung selbst zu bessern. Es geht bei der Petö-Therapie ihrer Zielsetzung nach nicht in erster Linie darum, lediglich Auswirkungen der Behinderung auf die allgemeine Lebensgestaltung aufzufangen oder eine behindertengerechte Gesundheitsförderung zu leisten. Deswegen verliert auch der Umstand an Bedeutung, dass für die Therapie vorwiegend pädagogische Mittel eingesetzt werden. Bei der Petö-Therapie handelt es sich demnach ihrer Zielrichtung nach im Schwerpunkt um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII als ärztlich verordnete Dienstleistung, die einem Heilzwecke dient oder einen Teilerfolg sichert und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden darf namentlich um ein Heilmittel nach § 26 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX (zum medizinischen Charakter der Petö-Therapie siehe das Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.09.2003 Az.: B 1 KR 34/01 R).
Eine Übernahme der Kosten für medizinische Leistungen nach § 26 SGB XII scheitert jedoch an § 54 Satz 2 SGB XII. Demnach können Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nur übernommen werden, wenn sie jeweils den Katalogleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesanstalt für Arbeit entsprechen. § 54 SGB XII verweist auf § 26 SGB IX und die hierunter fallenden Leistungen, so dass sich die Anwendbarkeit des § 26 SGB IX im Rahmen der Eingliederungshilfe nur im Zusammenhang mit § 54 SGB XII ergibt.
Die Petö-Therapie ist kein anerkanntes und verordnungsfähiges Heilmittel im Sinne des § 32 des Fünften Buches des Gesetzbuches (SGB V). Da sie nicht von ärztlichen Fachkräften erbracht wird, zählt sie zu den neuen Heilmitteln, die gemäß § 138 SGB V nur verordnungsfähig sind, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt hat. Nach der aktuell gültigen Entscheidung des gemeinsamen Bundesausschusses zu den Verschreibungsrichtlinien vom 20. Juni 2006 ist die Petö-Therapie nicht als neues Heilmittel anerkannt. Solange sie nicht ausdrücklich als neues Heilmittel anerkannt ist, gilt sie nicht als solches im Sinne des § 138 SGB V (BSG B 1 KR 34/01 R). Insofern besteht an dieser Stelle kein Auslegungsspielraum, zumal nach Sinn und Zweck des § 54 Abs. 2 SGB XII nicht gewollt ist, dass im Rahmen der Eingliederungshilfe für medizinische Rehabilitationsmaßnahmen höhere Leistungen bewilligt werden als von den gesetzlichen Krankenkassen.
Eine Kostenübernahme nach § 55 Abs. 2 SGB IX auf den § 54 SGB XII verweist, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden nach § 55 SGB IX die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapitel 4 bis 6 SGB IX nicht erbracht werden.
Zwar enthält § 55 Abs. 2 SGB IX einen offenen Katalog an Leistungen, die dort genannten Leistungen dienen ausschließlich der Integration des Behinderten in die Gesellschaft. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen die nicht der Beseitigung der Behinderung dienen, sondern um Maßnahmen, die dem Behinderten unter Berücksichtigung seiner behinderungsspezifischen Bedürfnisse eine bestmögliche Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen sollen. Die Petö-Therapie setzt direkt an der Beseitigung der Behinderung an. Sie zählt zu den medizinischen Leistungen, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden, d. h. sie fällt in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkassen, auch wenn sie nicht zu deren Leistungskatalog gehört. Damit fällt sie gerade nicht unter den Anwendungsbereich des § 55 SGB IX.
Im übrigen ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu beachten, nach der bei der Bewertung neuer Heilmittel neben dem therapeutischen Nutzen auch die Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. März 2002, Az: B 1 KR 36/00 R). Eine Kostenübernahme könnte neben den bereits genannten gründen auch am Wirtschaftlichkeitsgebot scheitern, wenn eine neue Therapie in ihren Behandlungszielen und ihrer Wirkungsweise einer herkömmlichen Behandlung entspricht, aber wesentlich teurer ist. Diese Frage war jedoch vorliegend nicht zu untersuchen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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