L 9 KR 234/11 B

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 210 KR 234/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 234/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Von der Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen als Zeugen zu einem Erörterungstermin geladenen Arzt kann abgesehen werden, wenn dieser den Kläger im entscheidungserheblichen Zeitraum nicht behandelt hat und der Kläger die Klage zurücknimmt.
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2010 insoweit aufgehoben, als dem Beschwerdeführer darin ein Ordnungsgeld in Höhe von 400,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, auferlegt worden ist.

Gründe:

Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 01. August 2011 gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 400,00 EUR und ersatzweise Ordnungshaft in dem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2010 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig; sie ist insbesondere nicht verspätet erhoben, weil eine ordnungsgemäße Zustellung des Beschlusses nicht feststellbar ist. Denn der angefochtene Beschluss ist dem Beschwerdeführer nach der bei den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde am 26. März 2011 durch Einlegung in den zu seinen "Geschäftsräumen" in der Bstraße in B gehörenden Briefkasten zugestellt worden, obwohl er seine "Geschäfträume" (Arztpraxis) nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin schon seit November 2010 unter der Adresse "M " in B hatte.

Die Beschwerde ist auch begründet. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 380 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt. Die Höhe des Ordnungsgeldes beträgt gemäß Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) 5 bis 1.000 Euro. Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben nach § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die genügende Entschuldigung nachträglich, werden die getroffenen Anordnungen nach § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO aufgehoben. Nach diesen Vorschriften ist das Ordnungsgeld rechtsfehlerfrei festgesetzt worden.

In entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 1 Strafprozessordnung und § 47 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten kann das Gericht bei geringem Verschulden des Zeugen von der nach § 380 Abs. 1 ZPO zwingend vorgeschriebenen Festsetzung eines Ordnungsgeldes absehen, wenn das Ausbleiben des Zeugen ohne nachteilige Auswirkungen auf das Verfahren geblieben ist (vgl. Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 26. Auflage, 2007, § 380 RdNr. 4 m.w.N.). Die Befugnis, von der Verhängung von Ordnungsmaßnahmen abzusehen, steht nicht nur dem Gericht erster Instanz, sondern auch dem diese Entscheidung überprüfenden Beschwerdegericht zu. Der Senat macht von der ihm danach eingeräumten Befugnis Gebrauch, weil die Voraussetzungen für ein Absehen von Ordnungsmaßnahmen vorliegen. Die Schuld des Beschwerdeführers ist gering. Denn er hat den Kläger des der Festsetzung des Ordnungsgeldes zu Grunde liegenden Erkenntnisverfahrens in dem für das darin streitige Krankengeld entscheidungserheblichen Zeitraum weder untersucht noch behandelt. Er ist deshalb davon ausgegangen, dass sein Erscheinen vor Gericht nicht erforderlich war. Das ist nachvollziehbar, wenn auch fehlerhaft, weil der Beschwerdeführer der ihm nach Aktenlage ordnungsgemäß zugestellten Ladung hätte Folge leisten müssen, nachdem er es versäumt hatte, das Gericht darauf hinzuweisen, dass er zur Aufklärung des Falles nichts hätte beitragen können. Das Ausbleiben des Beschwerdeführers im Erörterungstermin ist auch ohne nachteilige Auswirkungen auf das Verfahren geblieben, weil sich in einem weiteren Erörterungstermin durch einfache Nachfrage beim Kläger nicht nur die Unerheblichkeit einer Zeugenaussage des Beschwerdeführers für den Krankengeldprozess herausgestellt, sondern der Kläger anschließend auch die Klage zurückgenommen hat. Es bedarf deshalb keines weiteren Einwirkens auf den Beschwerdeführer mehr, an der Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts des Erkenntnisverfahrens mitzuwirken.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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