L 28 AS 453/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 15349/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 453/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 03. Februar 2010 sowie die Bescheide des Beklagten vom 21. Dezember 2005, teilweise in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01. Dezember 2006, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2008 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2006 monatlich weitere 81,26 EUR und für die Zeit vom 01. Juli bis zum 30. November 2006 monatlich weitere 80,97 EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger ein Viertel seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten für das gesamte Verfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) ohne Anrechnung eines Existenzgründungszuschusses für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. November 2006.

Der im Dezember 1948 geborene Kläger bewohnte in der B Straße in B-N eine mittels Fernwärme beheizte und mit Warmwasser versorgte Wohnung. Für diese war bis zum 30. Juni 2006 eine Gesamtmiete in Höhe von 271,74 EUR zu zahlen. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus 0,81 EUR Wertverbesserung 48,06 EUR Vorauszahlung Heizung 15,34 EUR Vorauszahlung Warmwasser 67,76 EUR Vorauszahlung Betriebskosten 132,87 EUR Netto-Kaltmiete 6,90 EUR Fernseh-/Rundfunkanschluss.

Ab dem 01. Juli 2006 erhöhte sich die Miete auf 285,03 EUR. Dieser Betrag umfasste

0,81 EUR Wertverbesserung 48,06 EUR Vorauszahlung Heizung 15,34 EUR Vorauszahlung Warmwasser 74,66 EUR Vorauszahlung Betriebskosten (einschl. 6,90 EUR für Fernseh-/Rundfunkanschluss) 146,16 EUR Netto-Kaltmiete.

Zum 01. Dezember 2004 meldete der Kläger ein Gewerbe an; die Tätigkeit umschrieb er wie folgt: "Expositionen, Autorenlesungen, Kunstseminare, Verkauf von Originalgemälden, Repros und Postern". Die Bundesagentur für Arbeit gewährte ihm daraufhin einen Existenzgründungszuschuss in Höhe von 600,00 EUR für die Zeit vom 01. Dezember 2004 bis zum 30. November 2005 (Bescheid vom 27. November 2004). Für das Folgejahr belief sich der bewilligte Existenzgründungszuschuss auf 360,00 EUR.

Auf seinen im September 2004 gestellten Antrag gewährte der Beklagte dem Kläger mit Bescheiden vom 16. März 2005 für das Jahr 2005 Leistungen in Höhe von monatlich 341,74 EUR. Dabei rechnete er Einkommen im Umfang von 266,00 EUR an. Zum damaligen Zeitpunkt ging der Beklagte davon aus, dass der Kläger sich als Selbständiger selbst in der Kranken- und Rentenversicherung versichern müsse.

Ende 2005 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II. In diesem Zusammenhang gab er an, für eine Glasbruchversicherung jährlich 119,85 EUR zahlen zu müssen. Weiter machte er geltend, dass neben seiner Miete von 271,74 EUR weitere 400,00 EUR für Miete und Heizung seiner Gewerberäume anfielen.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2005 bewilligte der Beklagte ihm für das erste Halbjahr 2006 Leistungen in Höhe von monatlich 277,74 EUR. Bei der Berechnung setzte er neben dem Regel¬bedarf in Höhe von 345,00 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung 262,74 EUR an. Dem Gesamtbedarf in Höhe von 607,74 EUR stellte er Einkommen in Höhe von 330,00 EUR (360,00 EUR abzgl. Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR) gegenüber. Mit weiterem Bescheid vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 01. Dezember 2006 gewährte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01. Juli bis zum 30. November 2006 – im Hinblick auf die erfolgte Mieterhöhung – nunmehr in Höhe von monatlich 291,03 EUR.

Der gegen die vorgenannten Bewilligungsbescheide eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. April 2008). Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass sich der Bedarf des Klägers aus der Regelleistung und den tatsächlich anfallenden Kosten für seine Unterkunft abzüglich einer Energiepauschale von 9,00 EUR zusammensetze. Dem sei der ihm gemäß § 421l des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) gewährte Existenzgründungszuschuss gegenüberzustellen, bei dem es sich um anrechenbares Einkommen handele; insbesondere sei der Existenzgründungszuschuss nicht als zweckbestimmte Einnahme von der Anrechnung ausgenommen. Höhere Leistungen könnten nicht gewährt werden. Weder könne der Grundsicherungsträger Mietkosten für Gewerberäume noch Beleuchtungskosten übernehmen, da letztere bereits von der Regelleistung umfasst seien. Auch könne er keine Kosten für eine Glasbruchversicherung berücksichtigen, da es sich nicht um eine gesetzlich vorgeschriebene und auch nicht um eine angemessene Versicherung handele.

Am 09. Mai 2008 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin gegen den Widerspruchsbescheid vom 10. April 2008 erhoben und beantragt, diesen sowie die sich auf die Zeiträume vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2006 und vom 01. Juli bis zum 30. November 2006 beziehenden Bescheide vom 21. Dezember 2005 aufzuheben und "ihm Leistungen zu gewähren". Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass die für den Existenzgründungszuschuss geltende Steuerbegünstigung zur Folge haben müsse, dass der Existenzgründungszuschuss von der Anrechnung als Einkommen ausgenommen sei. Dies folge auch aus der Sozialstaatsklausel. Im weiteren Verlauf hat der Kläger weitere Leistungszeiträume für streitgegenständlich erklärt und Zahlungsansprüche in Höhe von bis zu 50.000,00 EUR geltend gemacht. Ferner hat er gerügt, dass der Beklagte für ihn keine Rentenversicherungsbeiträge abgeführt habe, weshalb ihm schon die Zwangsvollstreckung angedroht worden sei.

Auf die gerichtlichen Ermittlungen hin hat der Beklagte erklärt, dass er für den Kläger für die Rentenversicherung im Zeitraum vom 01. Januar bis zum 30. November 2006 monatlich 78,00 EUR gezahlt habe. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat dies bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass für den Kläger für den Zeitraum vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2006 neben der Versicherungspflicht wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld II auch die Versiche¬rungspflicht für die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit mit Bezug eines Existenzgründungszuschusses gemäß § 2 Nr. 10 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) bestanden habe. Diese Pflichtbeiträge würden vom Kläger noch geschuldet.

Anlässlich eines vom Sozialgericht Berlin am 27. Januar 2010 durchgeführten Erörterungstermins hat der Kläger unter Klagerücknahme im Übrigen noch beantragt, die Bescheide vom 21. Dezember 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2008 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Vorschriften des SGB II ohne Anrechnung eines Existenzgründungszuschusses zu gewähren.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 03. Februar 2010 abgewiesen und zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Gegen diesen ihm am 06. Februar 2010 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 08. März 2010 (Montag) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 03. Februar 2010 sowie die Bescheide des Beklagten vom 21. Dezember 2005, teilweise in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01. Dezember 2006, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. November 2006 höhere Leistungen insbesondere unter Nichtanrechnung des Existenzgründungszuschusses zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, mit der der Kläger die Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Zeitraum vom 01. Januar bis zum 30. November 2006 begehrt, ist nach §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft sowie zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Auch ist sie in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Sozialgericht beurteilt die Sach- und Rechtslage teilweise nicht richtig. Die angefochtenen Bescheide vom 21. Dezember 2005 – teilweise in der Fassung des Bescheides vom 01. Dezember 2006 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2008 sind rechtswidrig. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. November 2006.

Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum Berechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 30. Juli 2004, BGBl. I S. 2014). Er hatte zwar das 15., nicht aber das 65. Lebensjahr vollendet (Nr. 1), war erwerbsfähig (Nr. 2), hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 4) und war unstreitig auch hilfebedürftig (Nr. 3). Zu Recht geht er schließlich davon aus, dass er in weitergehendem Maße hilfebedürftig war als vom Beklagten angenommen.

Hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt und seine Eingliederung in Arbeit nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhalten kann. Zur Überzeugung des Senats hat der Beklagte weder den für den Kläger anzusetzenden Bedarf (hierzu im Folgenden zu I.) noch dessen anrechenbares Einkommen (hierzu im Folgenden zu II.) richtig bestimmt.

I. Zutreffend hat der Beklagte auf der Bedarfsseite für den Kläger die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II i.d.F. des Vierten Gesetzes zur Modernisierung des Arbeitsmarktes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) bzw. i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 558) in Höhe von durchgehend 345,00 EUR im Monat angesetzt. Soweit das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 09. Februar 2010 u.a. diesen Regelsatz für verfassungswidrig erklärt hat, hat es zugleich angeordnet, dass die Regelsätze bis zu einer – auch nur für die Zukunft zu treffenden - Neuregelung durch den Gesetzgeber weiterhin anwendbar bleiben (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – zu D. I. 1. und 2.).

Nicht hingegen erfolgte die Ermittlung des Bedarfs des Klägers für die Kosten der Unterkunft und Heizung zutreffend. In welchem Umfang Hilfebedürftigen Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, bestimmt sich nach § 22 Abs. 1 SGB II. Nach Satz 1 der Vorschrift werden sie in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Dem Kläger sind im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich für die Unterkunft und Heizung Kosten in Höhe von 271,74 EUR (bis Juni 2006) und in Höhe von 285,03 EUR (ab Juli 2006) entstanden. Soweit er weitere 400,00 EUR für seine Gewerberäume geltend gemacht hat, hat der Beklagte diese zu Recht nicht in Ansatz gebracht. Geschäftsräume, die nicht der Verwirklichung privater Wohnbedürfnisse dienen, stellen keine Unterkunft dar, sodass die Kosten hierfür nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen sind (BSG, Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 3/05 R -, zitiert nach juris, Rn. 15).

Diese für die Unterkunft und Heizung in Höhe von 271,74 EUR bis Juni 2006 und ab Juli 2006 in Höhe von 285,03 EUR anfallenden Kosten hat der Beklagte im Ansatz zu Recht um eine Warmwasserpauschale bereinigt. Allerdings ist die von ihm hierfür angesetzte Summe in Höhe von monatlich 9,00 EUR unrichtig. Denn der Betrag, der für die Warmwasseraufbereitung in Abzug gebracht werden darf, ist durch die dafür in der Regelleistung enthaltenen Beträge begrenzt (vgl. BSG Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R - zitiert nach juris, Rn. 24 ff.). Danach hätten monatlich je 6,22 EUR in Abzug gebracht werden dürfen, sodass für die Kosten der Unterkunft und Heizung ein Bedarf in Höhe von 265,52 EUR (bis Juni 2006) und in Höhe von 278,81 EUR (ab Juli 2006) bestand.

Dass bei dem Kläger Besonderheiten vorgelegen hätten, die die Grundlage für einen Anspruch auf sonstige Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II), für unabweisbare Bedarfe oder Sonderbedarfe (§ 23 SGB II) oder für einen Zuschuss nach dem Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 SGB II) oder zu Beiträgen bei Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 26 SGB II) bilden könnten, ist nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht geltend gemacht.

Der Kläger hatte mithin im Zeitraum vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2006 einen Gesamtbedarf in Höhe von 610,52 EUR und in den Monaten Juli bis November 2006 einen solchen in Höhe von je 623,81 EUR.

II. Diesem Bedarf stand – entgegen der Ansicht des Beklagten – Einkommen nicht in anrechenbarem Umfang von je 330,00 EUR, sondern nur von 252,00 EUR gegenüber.

Was bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen ist, regeln die §§ 11, 12 SGB II sowie die auf der Grundlage des § 13 SGB II ergangene Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) in der hier maßgebenden, seit dem 01. Oktober 2005 geltenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 22. August 2005.

Soweit der Beklagte davon ausgegangen ist, dass der Kläger kein zu berücksichtigendes Vermögen und keine Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit hatte, ist dies nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger aus seiner Selbständigkeit anrechnungsfähiges Einkommen erzielt hätte.

Soweit der Beklagte den dem Kläger im streitigen Zeitraum von der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von monatlich 360,00 EUR gewährten Existenzgründungszuschuss als Einkommen angerechnet hat, ist dies dem Grunde nach zutreffend. Das Bundessozialgericht hat bereits in seinem Urteil vom 06. Dezember 2007 (BSG, B 14/7b AS 16/06 R – juris, Rn. 9, 12-28) ausführlich dargelegt, dass es sich bei dem Existenzgründungszuschuss nach § 421l SGB III um nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II (alte Fassung – a.F.) bedarfsmindernd zu berücksichtigendes Ein¬kommen handele. Insbesondere bleibe der Existenzgründungszuschuss nicht als zweckbestimmte Einnahme gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II a.F. von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen, da er demselben Zweck wie das Arbeitslosengeld II, nämlich der Sicherstellung des Lebensunterhalts, diene. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Wie der Existenzgründungszuschuss steuerrechtlich behandelt wird, ist – entgegen der Auffassung des Klägers – ebenso bedeutungslos wie der Umstand, dass die Entscheidung des Bundessozialgerichts zu einem Zeitpunkt ergangen ist, der nach dem hier streitgegenständlichen Zeitraum liegt.

Allerdings hat der Beklagte das Einkommen in Form des Existenzgründungszuschusses nicht in ausreichendem Maße nach § 11 Abs. 2 SGB II a.F. bzw. der Alg II-V bereinigt, indem er allein die gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a.F. i.V.m. § 3 Nr. 1 Alg II-V in Abzug zu bringende Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR berücksichtigt hat. Zu Recht beklagt der Kläger, dass kein Abzug für die von ihm zu leistenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommen worden sind.

Vorliegend besteht die Besonderheit, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum doppelt versicherungspflichtig war. Zum einen sah § 2 Nr. 10 SGB VI eine Versicherungspflicht für selbständig tätige Personen für die Dauer des Bezugs eines Zuschusses nach § 421l des SGB III vor. Zum anderen war in § 3 Nr. 3a. SGB VI normiert, dass Personen in der Zeit, für die sie von den jeweils zuständigen Trägern nach dem SGB II Arbeitslosengeld II beziehen, versicherungspflichtig sind. Erst zum 01. Januar 2007 ist § 3 Nr. 3a. SGB VI in seinem zweiten Halbsatz um den Unterpunkt e) ergänzt worden, nach dem die Versicherungspflicht u.a. nicht für Empfänger von Leistungen nach dem SGB II gilt, die versicherungspflichtig selbständig tätig sind. Diese Regelung sollte ausdrücklich der Vermeidung von Doppelversicherungen von Personen dienen, die bereits aus einem anderen Grund in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind (vgl. BT-Drucksache 16/688, S. 15). Es besteht allerdings kein Raum dafür, dieser Vorschrift rückwirkende Bedeutung beizumessen.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesagentur für Arbeit (vgl. §§ 170 Abs. 1 Nr. 1, 173 S. 2 SGB VI) zutreffend monatlich 78,00 EUR an die Rentenversicherung abgeführt. Denn nach § 166 Abs. 1 Nr. 2a. SGB VI sind bei Personen, die Arbeitslosengeld II beziehen, beitragspflichtige Einnahmen 400,00 EUR; der Beitragssatz betrug im fraglichen Zeitraum 19,5 % (§ 1 des Gesetzes zur Bestimmung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beitrags¬zahlung des Bundes für Kindererziehungszeiten für das Jahr 2004 – BSG 2004 –).

Diese Beitragsentrichtung ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger zugleich verpflichtet war, als Selbständiger Pflichtversicherungsbeiträge zu entrichten. Für Existenzgründer ist mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. I 2002, 4621) eine besondere Regelung für die Beitragsbemessung in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung geschaffen worden. Nach § 165 Abs. 1 Satz 2 SGB VI bemisst sich der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bei selbständig Tätigen bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Tag der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit grundsätzlich nach 50 % der Be¬zugsgröße. § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eröffnet jedoch die Möglichkeit, die Bemessung nach einem tatsächlich geringeren Arbeitseinkommen vorzunehmen, mindestens sind monatlich 400,00 EUR zu Grunde zu legen. Auf dieser Mindestbeitragsbemessungsgrundlage wären monatliche Beiträge in Höhe von 78,00 EUR zu entrichten gewesen. Eine Bereinigung des Existenzgründungszuschusses um diese – nach §§ 169 Nr. 1, 173 S. 1 SGB VI von dem Kläger zu tragenden und an den Rentenversicherungsträger zu zahlenden – Beiträge ist nicht erfolgt. Der Existenzgründungszuschuss war mithin nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 SGB II a.F. um die vorgenannten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung zu bereinigen.

Dass der Kläger weitere Versicherungsbeiträge erbracht oder zu erbringen gehabt hätte, um die nach der genannten Vorschrift eine Bereinigung zu erfolgen hätte, ist nicht ersichtlich. Auch scheidet eine weitergehende Bereinigung nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a.F. im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten Kosten für eine Glasversicherung aus. Zu Recht geht der Beklagte davon aus, dass es sich insoweit nicht um eine dem Grunde nach angemessene Versicherung handelt.

Einkommen war daher nicht im Umfang von monatlich 330,00 EUR, sondern nur von 252,00 EUR anrechenbar. Ausgehend von dem im Zeitraum vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2006 in Höhe von 610,52 EUR und in den Monaten Juli bis November 2006 in Höhe von je 623,81 EUR bestehendem Gesamtbedarf hatte der Kläger mithin unter Berücksichtigung der Regelung des § 19 Satz 3 SGB II einen Anspruch auf Gewährung folgender Leistungen:

Zeitraum Lebensunterhalt Kosten der Unterkunft und Heizung insgesamt gerundet, § 41 Abs. 2 SGB II 01.01. bis 30.06.2006 345,00 EUR - 252,00 EUR 93,00 EUR 265,52 EUR 358,52 EUR 359,00 EUR 01.07. bis 30.11.2006 345,00 EUR - 252,00 EUR 93,00 EUR 278,81 EUR 371,81 372,00 EUR

Der Beklagte hat dem Kläger hingegen für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2006 monatlich nur 277,74 EUR und für die Zeit vom 01. Juli bis zum 30. November 2006 monatlich nur 291,03 EUR gewährt, sodass der Differenzbetrag in Höhe von monatlich 81,26 EUR (Januar bis Juni 2006) und von 80,97 EUR (Juli bis November 2006) zuzusprechen ist. Den hiervon auf die Rentenversicherungsbeiträge entfallenden Anteil wird der Kläger an die Deutsche Rentenversicherung zur Erfüllung seiner Versicherungspflicht als Selbständiger weiterzuleiten haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Sie berücksichtigt, dass der Kläger im Wesentlichen die Gewährung von Leistungen ohne Anrechnung des Existenzgründungszuschusses begehrte, mithin um monatlich 330,00 EUR höhere Leistungen, jedoch nur in der vorgenannten Höhe obsiegt.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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