Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 5 SB 260/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 283/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Juni 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei dem Kläger festzustellenden Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Für den 1954 geborenen Kläger stellte der Beklagte mit Bescheid vom 21. April 1999 einen GdB von 20 unter Anerkennung von Funktionsbehinderungen aufgrund psychischer Störungen, Funktionsminderungen der Wirbelsäule und Funktionsminderungen der linken unteren Gliedmaße fest. Mit Änderungsantrag vom 18. September 2007 beantragte der Kläger unter Vorlage eines orthopädischen Attestes des Dr. H vom 13. April 2006 sowie eines MRT-Befundes der Halswirbelsäule vom 19. Juni 2007 die Neufeststellung des GdB. Als nicht zu berücksichtigende Beeinträchtigung gab er im Antragsformular dabei eine psychosomatische Störung an. Der Beklagte zog unter anderem den Entlassungsbericht der S Klinik bei und holte Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. F sowie des Internisten Dr. H ein. Hierzu gab die Versorgungsärztin Dr. W am 14. Dezember 2007 ihre gutachtliche Stellungnahme ab. Sie gelangte zu der Einschätzung, dass weiterhin ein GdB von 20 bestehe. Es bestehe zwar bei dem Kläger auch ein Leiden des psychosomatischen Beschwerdekomplexes, das mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Insofern sei ggf. eine Anhebung des GdB für die psychischen Störungen auf 30 denkbar. Der Kläger habe jedoch die Berücksichtigung dieses Leidens nicht beantragt, so dass es bei dem GdB von 20 bleiben müsse, da die weiteren Leiden (Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und des linken Kniegelenks) mit jeweils 10 zu bewerten seien. Dieser Einschätzung folgend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 3. März 2008 die Änderung des Bescheides vom 21. April 1999 ab.
Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, dass seine Schmerzerkrankung nicht berücksichtigt worden sei. Auf Nachfrage des Beklagten gab der Kläger an, dass er sich ab dem 17. Juni 2008 in neurologisch-psychiatrischer Behandlung befinde und auch seine psychosomatische Störung berücksichtigt werden sollen. Der Beklagte holte einen Befundbericht des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T vom 1. Juli 2008 sowie eine gutachtliche Stellungnahme des Arztes Dr. B vom 29. Juli 2008 ein, der einen GdB von 30 ab dem 17. Juni 2008 feststellte und dieser Feststellung folgende Funktionsbeeinträchtigungen zu Grunde legte (in Klammern jeweils die verwaltungsinternen zugeordneten Einzel-GdB): a) Psychosomatische Störungen, Persönlichkeitsstörung (30) b) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (10) c) Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks (10)
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2008 stellte der Beklagte dieser Einschätzung folgend unter Aufnahme der psychosomatischen Störungen, Persönlichkeitsstörung als weitere Funktionsbehinderung einen GdB von 30 ab dem 17. Juni 2008 fest und wies den Widerspruch im Übrigen zurück, da der GdB mit 30 zutreffend bewertet sei.
Mit der am 8. September 2008 zu dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Zuerkennung eines GdB von mehr als 30 bzw. mehr als 20 für den Zeitraum vor dem 17. Juni 2008 weiter verfolgt. Zur Klagebegründung hat er geltend gemacht, dass insbesondere seine seelischen Leiden mit einem höheren GdB zu berücksichtigen seien und seine Anerkennung als Schmerzpatient in die Bewertung mit einbezogen werden müsse.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. H und Dr. D (Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie) eingeholt und die Klage durch Urteil vom 9. Juni 2009 abgewiesen. Unter Berücksichtigung und Auswertung aller bereits erhobenen Befunde könne der Kläger einen höheren GdB von mehr als 30 nicht beanspruchen. Das psychische Leiden sei nach Teil B Nr. 3.7. der Anlage zu § 2 VersMedV zutreffend mit einem GdB von 30 und das Wirbelsäulenleiden nach Teil B 18.9 der Anlage zu § 2 VersMedV zutreffend mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt worden; die Voraussetzungen für einen höheren GdB als 30 lägen danach nicht vor.
Gegen das am 29. Juni 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Juli 2009 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und sich auf sein Vorbringen in erster Instanz bezogen. Weiter hat der ausgeführt, dass er nicht länger als eine Stunde sitzen könne und sich nach jeweils 2-3 Stunden hinlegen müsse. Über die Entwicklung seines Gesundheitszustandes seit 1993 hat er medizinische Unterlagen, die auch im Verwaltungsverfahren teilweise schon eingereicht worden waren, vorgelegt. Zudem hat er sich auf das im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger eingeholte Gutachten des Orthopäden Dr. E vom 15. März 2010 bezogen.
Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. H und Dr. D eingeholt sowie die Gutachten aus dem Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger beigezogen: ein Gutachten des Orthopäden Dr. E vom 15. März 2010, ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C nebst testpsychologischem Gutachten des Dr. W vom 31. August 2010 und ergänzender Stellungnahme vom 2. Dezember 2010 sowie ein im Auftrag des Klägers durch Dr. D erstelltes Gutachten vom 20. Juni 2011. Weiter hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G vom 18. November 2011 eingeholt. Dieser stellte einen GdB von 30 fest und legte dem folgende Funktionsbeeinträchtigungen zu Grunde (in Klammern jeweils die zugeordneten Einzel-GdB): a) Seelisches Leiden (30) b) Wirbelsäulenfunktionsstörungen (10) c) Funktionsstörungen des linken Kniegelenks (10). Für die Zeit vor Juni 2008 sei ein GdB von 20 zutreffend, da für diese Zeit das psychische Leiden mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei.
Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt, dass der Sachverständige Dr. G das Gutachten patientenfeindlich erstellt habe. Auch finde keine Erwähnung, dass er sich morgens zunächst eine halbe Stunde einlaufen müsse. Zudem sei er nie ausgeschlafen und leide ständig unter Schmerzen, so dass er ausgelaugt sei. Der Kläger beantragt ausweislich seines schriftsätzlichen Vorbringens sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 3. März 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2008 zu verpflichten, für den Kläger für den Zeitraum vom 18. September 2007 bis zum 16. Juni 2008 einen Grad der Behinderung von mehr als 20 sowie ab dem 17. Juni 2008 einen Grad der Behinderung von mehr als 30 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Juni 2009 zurückzuweisen.
Er hält seine Entscheidung für zutreffend und verweist ergänzend darauf, dass die begehrte Anhebung des GdB auch nach den zusätzlichen Ermittlungen nicht gerechtfertigt sei.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung weder selbst erschienen noch vertreten gewesen ist. Denn der Kläger ist ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG – zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2008 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn eine weitergehende wesentliche Veränderung in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen gegenüber den mit Bescheid vom 21. April 1999 getroffenen Feststellungen, die über die durch den Beklagten mit dem Widerspruchsbescheid vom 6. August 2008 berücksichtigte Veränderung hinausgeht und ab Stellung des Änderungsantrages vom 18. September 2007 die Feststellung eines GdB von mehr als 20 bzw. ab dem 17. Juni 2008 die Feststellung eines GdB von mehr als 30 rechtfertigt, liegt nicht vor (§ 48 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuch Zehntes Buch –SGB X).
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 IX sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 des Bundesversorgungsgesetzes zu bewerten. Hierbei sind als antizipiertes Sachverständigengutachten die vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung herausgegebenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) heranzuziehen, und zwar entsprechend dem streitgegenständlichen Zeitraum in den Fassungen 2005 und 2008. Seit dem 01. Januar 2009 sind die in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" in Form einer Rechtsverordnung in Kraft, welche die AHP –ohne Eintritt einer grundsätzlichen Änderung hinsichtlich der medizinischen Bewertung - abgelöst haben.
Der Kläger hat danach keinen Anspruch auf die Feststellung eines GdB von mehr als 20 ab Stellung des Änderungsantrages vom 18. September 2007 bzw. ab dem 17. Juni 2008 auf die Feststellung eines GdB von mehr als 30, da die Voraussetzungen für die Feststellung eines höheren GdB als 20 vor dem 17. Juni 2008 bzw. eines höheren GdB als 30 seit diesem Zeitpunkt nicht nachgewiesen sind. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau der vorhandenen medizinischen Unterlagen. Insbesondere ist insoweit das vom Senat eingeholte Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. G vom 18. November 2011 von Bedeutung.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Dabei verbietet sich die Anwendung jeglicher Rechenmethoden, insbesondere die bloße Addition der Einzel-GdB (Teil A Nr. 3a der Anlage zu § 2 VersMedV bzw. Teil A Nr. 19.1 AHP 2005, 2008, jeweils Seite 24). Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV (bzw. Teil A Nr. 19.3 AHP 2005, 2008, jeweils Seite 25) ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3 d) aa) – ee) der Anlage zu § 2 VersMedV sowie Teil A Nr. 19 Abs. 1, 3, 4 und Teil A Nr. 19 AHP 2005, 2008, jeweils Seite 24 ff.).
Hauptleiden des Klägers ist ein seelisches Leiden, das mit einem Einzel-GdB von 20 bis zum 16. Juni 2008 und von 30 ab dem 17. Juni 2008 zu bewerten ist. Bei dem Kläger besteht eine leichte Depressivität sowie vordergründig eine depressive Stimmung, Leistungsbeeinträchtigung, Schlafstörungen, Depersonalisation und paranoide Symptome. Das Kurzzeitgedächtnis und Spontanverhalten sind durch die psychischen Leiden beeinträchtigt. Bei der leichtgradigen Depressivität ergibt sich eine deutliche Beeinflussung des Verhaltens aufgrund einer Belastungsgrenze, die sich auch aus einer Schmerzsymptomatik und einer somatoform geprägten Schmerzsymptomatik nachweisen lässt. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. G. Diese psychischen Leiden des Klägers sind in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. G zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) seit dem 17. Juni 2008 mit einem GdB von 30 und für den Zeitraum davor seit Antragstellung am 18. September 2007 mit einem GdB von 20 zu bewerten. Nach den Vorgaben der Anlage zu § 2 VersMedV, Teil B Nr. 3.7 sowie Nr. 26.3 AHP 2005 und 2008 (jeweils Seite 48) sind leichtere psychovegetative und psychische Störungen mit einem GdB von 0-20 und stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägte depressive, hypochrondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30-40 zu bewerten. Erst schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50-70 zu bewerten. Der Sachverständige Dr. G stuft unter Auswertung der medizinischen Unterlagen, der Untersuchungsergebnisse sowie der testpsychologischen Ergebnisse des Klägers dessen psychische Leiden überzeugend als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ein und bewertet diese entsprechend dem für solche Störungen vorgesehenen Bewertungsrahmen ab dem 17. Juni 2008 mit einem GdB von 30. Für den Zeitraum vor dem 17. Juni 2008 bewertet er die psychischen Störungen unter Würdigung der bei der Akte befindlichen Unterlagen mit einem GdB von 20. Der Senat folgt angesichts der überzeugenden Begründung sowie der Untersuchungsergebnisse und der ausführlichen Würdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen diesen Einschätzungen. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem von dem Kläger vorgelegten Gutachten der Dr. D oder dem weiteren im Rentenverfahren eingeholten Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme des Dr. C, welche durch den Sachverständigen berücksichtigt und ausgewertet worden sind und darüber hinaus abweichende Einschätzungen zur Frage der Höhe des GdB nicht enthalten. Dies gilt gleichermaßen für die im Laufe des Verfahrens eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte. Schließlich kann auch der weitere Vortrag des Klägers zu dem Gutachten des Dr. G nicht dazu führen, dass der GdB für die psychischen Leiden mit mehr als 30 zu bewerten wäre. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass das Gutachten patientenfeindlich erstellt sei und keine Erwähnung finde, dass er sich morgens zunächst eine halbe Stunde einlaufen müsse. Zudem sei er nie ausgeschlafen und leide ständig unter Schmerzen, so dass er ausgelaugt sei. Diese Kritik vermag der Senat nicht zu teilen. Der Sachverständige hat vielmehr die von dem Kläger vorgetragenen Angaben zu seinen Beschwerden ausführlich dargestellt und in seinem Gutachten gewürdigt. Für die Annahme einer patientenfeindlichen Erstellung des Gutachtens besteht kein Anhaltspunkt. Auch für den Zeitraum vor dem 17. Juni 2008 überzeugt die Einschätzung des Dr. G, dass die psychischen Leiden mit einem GdB von 20 zu bewerten sind, da für diesen Zeitraum stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht nachgewiesen sind. Ein solcher Nachweis ergibt sich insbesondere nicht aus der gutachtlichen Stellungnahme der Dr. W im Verwaltungsverfahren, die sich zur Höhe des GdB für die psychischen Leiden letztlich nicht festgelegt und hierzu auch keine Begründung abgegeben hat. Insofern verbleibt es bei der Einschätzung durch den Fachgutachter Dr. G. Dessen Auffassung wird darüber hinaus gestützt durch die zum 17. Juni 2008 erfolgte Aufnahme der psychiatrischen Behandlung bei Dr. D, deren Angaben dann im weiteren zu der gutachtlichen Einschätzung des Dr. B vom 29. Juli 2008 geführt haben, dass für die psychischen Störungen ab dem 17. Juni 2008 ein GdB von 30 vorliege.
Weiterhin besteht bei dem Kläger eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, die mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten ist. Nach Teil A Nr. 26.18 AHP 2005, 2008 (jeweils Seite 116) und Teil B Nr. 18.9 der Anlage zu § 2 der VersMedV sind Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 10 zu bewerten. Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) sind mit einem GdB von 20 und Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem GdB von 30-40 zu bewerten. Das motorische Verhalten des Klägers ist situationsadäquat, die Bewegungsabläufe dabei jedoch langsam. Es besteht eine Brustkyphose und eine schmerzhafte Einschränkung der Halswirbelsäule bei passiver Drehung nach rechts und links. Dies ergibt sich aus den Gutachten des Sachverständigen Dr. G, der die eingeschränkte Beweglichkeit der Wirbelsäule in Übereinstimmung mit den vorangegangenen gutachtlichen und versorgungsärztlichen Stellungnahmen mit einem GdB von 10 bewertet. Er führt hierzu aus, dass ein Wirbelsäulenschaden mit geringen funktionellen Auswirkungen anzunehmen sei und sich gegenüber den Voruntersuchungen aufgrund der Untersuchung kein über die bisherigen Feststellungen hinausgehender Befund ergeben habe. Diese von dem Sachverständigen vorgenommenen Einschätzungen entsprechen den oben dargestellten Kriterien der AHP 2005, 2008 bzw. der VersMedV für Wirbelsäulenerkrankungen und sind überzeugend. Abweichende Einschätzungen oder Anhaltspunkte für Zweifel an der sachverständigen Einschätzung ergeben sich weder aus den eingeholten Befundberichten, noch aus den beigezogenen Gutachten des Rentenverfahrens; vielmehr haben diese ebenso wie alle weiteren vorliegenden medizinischen Unterlagen bei der Einschätzung durch den Sachverständigen Berücksichtigung gefunden. Dem orthopädischen Gutachten des Dr. E ist dabei insbesondere zu entnehmen, dass lediglich in einem Wirbelsäulenabschnitt (Halswirbelsäule) funktionelle Auswirkungen vorliegen.
Letztlich besteht bei dem Kläger ein Kniegelenksleiden, welches nach den Vorgaben der Anlage zu § 2 VersMed V, Teil B Nr. 18.14, sowie Nr. 26.18 AHP 2005, 2008 (jeweils Seite 126) in Übereinstimmung mit den Einschätzungen des Sachverständigen Dr. G sowie den gutachtlichen und versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten und unter der durch den Sachverständigen auch insoweit erfolgten Berücksichtigung der weiteren vorliegenden medizinischen Erkenntnisse, insbesondere den im Rentenverfahren eingeholten Sachverständigengutachten, mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten ist.
Aus den genannten Funktionsbeeinträchtigungen ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten Kriterien ab dem 17. Juni 2008 ein GdB von insgesamt 30 und für den davor liegenden streitigen Zeitraum seit Antragstellung am 18. September 2007 ein GdB von 20 zu bilden. Ausgehend von der psychischen Erkrankung des Klägers, die seit dem 17. Juni 2008 mit einem Einzel-GdB von 30 und für den davor liegenden Zeitraum mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen ist, findet keine weitere Erhöhung des GdB statt. Dies ist durch die jeweils mit 10 bewerteten weiteren Einzel-GdB nach Teil A Nr. 3 d) ee) der Anlage zu § 2 VersMedV und Teil A Nr. 19 Abs. 1, 3, 4 und AHP 2005, 2008 (jeweils Seite 26) in aller Regel und so auch im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt. Der Sachverständige Dr. G hat hierzu ausgeführt, dass eine gegenseitige Verstärkung der Leiden nicht bestehe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei dem Kläger festzustellenden Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Für den 1954 geborenen Kläger stellte der Beklagte mit Bescheid vom 21. April 1999 einen GdB von 20 unter Anerkennung von Funktionsbehinderungen aufgrund psychischer Störungen, Funktionsminderungen der Wirbelsäule und Funktionsminderungen der linken unteren Gliedmaße fest. Mit Änderungsantrag vom 18. September 2007 beantragte der Kläger unter Vorlage eines orthopädischen Attestes des Dr. H vom 13. April 2006 sowie eines MRT-Befundes der Halswirbelsäule vom 19. Juni 2007 die Neufeststellung des GdB. Als nicht zu berücksichtigende Beeinträchtigung gab er im Antragsformular dabei eine psychosomatische Störung an. Der Beklagte zog unter anderem den Entlassungsbericht der S Klinik bei und holte Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. F sowie des Internisten Dr. H ein. Hierzu gab die Versorgungsärztin Dr. W am 14. Dezember 2007 ihre gutachtliche Stellungnahme ab. Sie gelangte zu der Einschätzung, dass weiterhin ein GdB von 20 bestehe. Es bestehe zwar bei dem Kläger auch ein Leiden des psychosomatischen Beschwerdekomplexes, das mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Insofern sei ggf. eine Anhebung des GdB für die psychischen Störungen auf 30 denkbar. Der Kläger habe jedoch die Berücksichtigung dieses Leidens nicht beantragt, so dass es bei dem GdB von 20 bleiben müsse, da die weiteren Leiden (Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und des linken Kniegelenks) mit jeweils 10 zu bewerten seien. Dieser Einschätzung folgend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 3. März 2008 die Änderung des Bescheides vom 21. April 1999 ab.
Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, dass seine Schmerzerkrankung nicht berücksichtigt worden sei. Auf Nachfrage des Beklagten gab der Kläger an, dass er sich ab dem 17. Juni 2008 in neurologisch-psychiatrischer Behandlung befinde und auch seine psychosomatische Störung berücksichtigt werden sollen. Der Beklagte holte einen Befundbericht des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T vom 1. Juli 2008 sowie eine gutachtliche Stellungnahme des Arztes Dr. B vom 29. Juli 2008 ein, der einen GdB von 30 ab dem 17. Juni 2008 feststellte und dieser Feststellung folgende Funktionsbeeinträchtigungen zu Grunde legte (in Klammern jeweils die verwaltungsinternen zugeordneten Einzel-GdB): a) Psychosomatische Störungen, Persönlichkeitsstörung (30) b) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (10) c) Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks (10)
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2008 stellte der Beklagte dieser Einschätzung folgend unter Aufnahme der psychosomatischen Störungen, Persönlichkeitsstörung als weitere Funktionsbehinderung einen GdB von 30 ab dem 17. Juni 2008 fest und wies den Widerspruch im Übrigen zurück, da der GdB mit 30 zutreffend bewertet sei.
Mit der am 8. September 2008 zu dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Zuerkennung eines GdB von mehr als 30 bzw. mehr als 20 für den Zeitraum vor dem 17. Juni 2008 weiter verfolgt. Zur Klagebegründung hat er geltend gemacht, dass insbesondere seine seelischen Leiden mit einem höheren GdB zu berücksichtigen seien und seine Anerkennung als Schmerzpatient in die Bewertung mit einbezogen werden müsse.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. H und Dr. D (Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie) eingeholt und die Klage durch Urteil vom 9. Juni 2009 abgewiesen. Unter Berücksichtigung und Auswertung aller bereits erhobenen Befunde könne der Kläger einen höheren GdB von mehr als 30 nicht beanspruchen. Das psychische Leiden sei nach Teil B Nr. 3.7. der Anlage zu § 2 VersMedV zutreffend mit einem GdB von 30 und das Wirbelsäulenleiden nach Teil B 18.9 der Anlage zu § 2 VersMedV zutreffend mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt worden; die Voraussetzungen für einen höheren GdB als 30 lägen danach nicht vor.
Gegen das am 29. Juni 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Juli 2009 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und sich auf sein Vorbringen in erster Instanz bezogen. Weiter hat der ausgeführt, dass er nicht länger als eine Stunde sitzen könne und sich nach jeweils 2-3 Stunden hinlegen müsse. Über die Entwicklung seines Gesundheitszustandes seit 1993 hat er medizinische Unterlagen, die auch im Verwaltungsverfahren teilweise schon eingereicht worden waren, vorgelegt. Zudem hat er sich auf das im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger eingeholte Gutachten des Orthopäden Dr. E vom 15. März 2010 bezogen.
Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. H und Dr. D eingeholt sowie die Gutachten aus dem Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger beigezogen: ein Gutachten des Orthopäden Dr. E vom 15. März 2010, ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C nebst testpsychologischem Gutachten des Dr. W vom 31. August 2010 und ergänzender Stellungnahme vom 2. Dezember 2010 sowie ein im Auftrag des Klägers durch Dr. D erstelltes Gutachten vom 20. Juni 2011. Weiter hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G vom 18. November 2011 eingeholt. Dieser stellte einen GdB von 30 fest und legte dem folgende Funktionsbeeinträchtigungen zu Grunde (in Klammern jeweils die zugeordneten Einzel-GdB): a) Seelisches Leiden (30) b) Wirbelsäulenfunktionsstörungen (10) c) Funktionsstörungen des linken Kniegelenks (10). Für die Zeit vor Juni 2008 sei ein GdB von 20 zutreffend, da für diese Zeit das psychische Leiden mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei.
Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt, dass der Sachverständige Dr. G das Gutachten patientenfeindlich erstellt habe. Auch finde keine Erwähnung, dass er sich morgens zunächst eine halbe Stunde einlaufen müsse. Zudem sei er nie ausgeschlafen und leide ständig unter Schmerzen, so dass er ausgelaugt sei. Der Kläger beantragt ausweislich seines schriftsätzlichen Vorbringens sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 3. März 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2008 zu verpflichten, für den Kläger für den Zeitraum vom 18. September 2007 bis zum 16. Juni 2008 einen Grad der Behinderung von mehr als 20 sowie ab dem 17. Juni 2008 einen Grad der Behinderung von mehr als 30 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 9. Juni 2009 zurückzuweisen.
Er hält seine Entscheidung für zutreffend und verweist ergänzend darauf, dass die begehrte Anhebung des GdB auch nach den zusätzlichen Ermittlungen nicht gerechtfertigt sei.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung weder selbst erschienen noch vertreten gewesen ist. Denn der Kläger ist ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG – zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben, jedoch unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2008 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn eine weitergehende wesentliche Veränderung in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen gegenüber den mit Bescheid vom 21. April 1999 getroffenen Feststellungen, die über die durch den Beklagten mit dem Widerspruchsbescheid vom 6. August 2008 berücksichtigte Veränderung hinausgeht und ab Stellung des Änderungsantrages vom 18. September 2007 die Feststellung eines GdB von mehr als 20 bzw. ab dem 17. Juni 2008 die Feststellung eines GdB von mehr als 30 rechtfertigt, liegt nicht vor (§ 48 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuch Zehntes Buch –SGB X).
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 IX sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 des Bundesversorgungsgesetzes zu bewerten. Hierbei sind als antizipiertes Sachverständigengutachten die vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung herausgegebenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) heranzuziehen, und zwar entsprechend dem streitgegenständlichen Zeitraum in den Fassungen 2005 und 2008. Seit dem 01. Januar 2009 sind die in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" in Form einer Rechtsverordnung in Kraft, welche die AHP –ohne Eintritt einer grundsätzlichen Änderung hinsichtlich der medizinischen Bewertung - abgelöst haben.
Der Kläger hat danach keinen Anspruch auf die Feststellung eines GdB von mehr als 20 ab Stellung des Änderungsantrages vom 18. September 2007 bzw. ab dem 17. Juni 2008 auf die Feststellung eines GdB von mehr als 30, da die Voraussetzungen für die Feststellung eines höheren GdB als 20 vor dem 17. Juni 2008 bzw. eines höheren GdB als 30 seit diesem Zeitpunkt nicht nachgewiesen sind. Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau der vorhandenen medizinischen Unterlagen. Insbesondere ist insoweit das vom Senat eingeholte Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. G vom 18. November 2011 von Bedeutung.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Dabei verbietet sich die Anwendung jeglicher Rechenmethoden, insbesondere die bloße Addition der Einzel-GdB (Teil A Nr. 3a der Anlage zu § 2 VersMedV bzw. Teil A Nr. 19.1 AHP 2005, 2008, jeweils Seite 24). Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV (bzw. Teil A Nr. 19.3 AHP 2005, 2008, jeweils Seite 25) ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3 d) aa) – ee) der Anlage zu § 2 VersMedV sowie Teil A Nr. 19 Abs. 1, 3, 4 und Teil A Nr. 19 AHP 2005, 2008, jeweils Seite 24 ff.).
Hauptleiden des Klägers ist ein seelisches Leiden, das mit einem Einzel-GdB von 20 bis zum 16. Juni 2008 und von 30 ab dem 17. Juni 2008 zu bewerten ist. Bei dem Kläger besteht eine leichte Depressivität sowie vordergründig eine depressive Stimmung, Leistungsbeeinträchtigung, Schlafstörungen, Depersonalisation und paranoide Symptome. Das Kurzzeitgedächtnis und Spontanverhalten sind durch die psychischen Leiden beeinträchtigt. Bei der leichtgradigen Depressivität ergibt sich eine deutliche Beeinflussung des Verhaltens aufgrund einer Belastungsgrenze, die sich auch aus einer Schmerzsymptomatik und einer somatoform geprägten Schmerzsymptomatik nachweisen lässt. Dies entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. G. Diese psychischen Leiden des Klägers sind in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. G zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) seit dem 17. Juni 2008 mit einem GdB von 30 und für den Zeitraum davor seit Antragstellung am 18. September 2007 mit einem GdB von 20 zu bewerten. Nach den Vorgaben der Anlage zu § 2 VersMedV, Teil B Nr. 3.7 sowie Nr. 26.3 AHP 2005 und 2008 (jeweils Seite 48) sind leichtere psychovegetative und psychische Störungen mit einem GdB von 0-20 und stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägte depressive, hypochrondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30-40 zu bewerten. Erst schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50-70 zu bewerten. Der Sachverständige Dr. G stuft unter Auswertung der medizinischen Unterlagen, der Untersuchungsergebnisse sowie der testpsychologischen Ergebnisse des Klägers dessen psychische Leiden überzeugend als stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ein und bewertet diese entsprechend dem für solche Störungen vorgesehenen Bewertungsrahmen ab dem 17. Juni 2008 mit einem GdB von 30. Für den Zeitraum vor dem 17. Juni 2008 bewertet er die psychischen Störungen unter Würdigung der bei der Akte befindlichen Unterlagen mit einem GdB von 20. Der Senat folgt angesichts der überzeugenden Begründung sowie der Untersuchungsergebnisse und der ausführlichen Würdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen diesen Einschätzungen. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem von dem Kläger vorgelegten Gutachten der Dr. D oder dem weiteren im Rentenverfahren eingeholten Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme des Dr. C, welche durch den Sachverständigen berücksichtigt und ausgewertet worden sind und darüber hinaus abweichende Einschätzungen zur Frage der Höhe des GdB nicht enthalten. Dies gilt gleichermaßen für die im Laufe des Verfahrens eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte. Schließlich kann auch der weitere Vortrag des Klägers zu dem Gutachten des Dr. G nicht dazu führen, dass der GdB für die psychischen Leiden mit mehr als 30 zu bewerten wäre. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass das Gutachten patientenfeindlich erstellt sei und keine Erwähnung finde, dass er sich morgens zunächst eine halbe Stunde einlaufen müsse. Zudem sei er nie ausgeschlafen und leide ständig unter Schmerzen, so dass er ausgelaugt sei. Diese Kritik vermag der Senat nicht zu teilen. Der Sachverständige hat vielmehr die von dem Kläger vorgetragenen Angaben zu seinen Beschwerden ausführlich dargestellt und in seinem Gutachten gewürdigt. Für die Annahme einer patientenfeindlichen Erstellung des Gutachtens besteht kein Anhaltspunkt. Auch für den Zeitraum vor dem 17. Juni 2008 überzeugt die Einschätzung des Dr. G, dass die psychischen Leiden mit einem GdB von 20 zu bewerten sind, da für diesen Zeitraum stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht nachgewiesen sind. Ein solcher Nachweis ergibt sich insbesondere nicht aus der gutachtlichen Stellungnahme der Dr. W im Verwaltungsverfahren, die sich zur Höhe des GdB für die psychischen Leiden letztlich nicht festgelegt und hierzu auch keine Begründung abgegeben hat. Insofern verbleibt es bei der Einschätzung durch den Fachgutachter Dr. G. Dessen Auffassung wird darüber hinaus gestützt durch die zum 17. Juni 2008 erfolgte Aufnahme der psychiatrischen Behandlung bei Dr. D, deren Angaben dann im weiteren zu der gutachtlichen Einschätzung des Dr. B vom 29. Juli 2008 geführt haben, dass für die psychischen Störungen ab dem 17. Juni 2008 ein GdB von 30 vorliege.
Weiterhin besteht bei dem Kläger eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, die mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten ist. Nach Teil A Nr. 26.18 AHP 2005, 2008 (jeweils Seite 116) und Teil B Nr. 18.9 der Anlage zu § 2 der VersMedV sind Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) mit einem GdB von 10 zu bewerten. Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) sind mit einem GdB von 20 und Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem GdB von 30-40 zu bewerten. Das motorische Verhalten des Klägers ist situationsadäquat, die Bewegungsabläufe dabei jedoch langsam. Es besteht eine Brustkyphose und eine schmerzhafte Einschränkung der Halswirbelsäule bei passiver Drehung nach rechts und links. Dies ergibt sich aus den Gutachten des Sachverständigen Dr. G, der die eingeschränkte Beweglichkeit der Wirbelsäule in Übereinstimmung mit den vorangegangenen gutachtlichen und versorgungsärztlichen Stellungnahmen mit einem GdB von 10 bewertet. Er führt hierzu aus, dass ein Wirbelsäulenschaden mit geringen funktionellen Auswirkungen anzunehmen sei und sich gegenüber den Voruntersuchungen aufgrund der Untersuchung kein über die bisherigen Feststellungen hinausgehender Befund ergeben habe. Diese von dem Sachverständigen vorgenommenen Einschätzungen entsprechen den oben dargestellten Kriterien der AHP 2005, 2008 bzw. der VersMedV für Wirbelsäulenerkrankungen und sind überzeugend. Abweichende Einschätzungen oder Anhaltspunkte für Zweifel an der sachverständigen Einschätzung ergeben sich weder aus den eingeholten Befundberichten, noch aus den beigezogenen Gutachten des Rentenverfahrens; vielmehr haben diese ebenso wie alle weiteren vorliegenden medizinischen Unterlagen bei der Einschätzung durch den Sachverständigen Berücksichtigung gefunden. Dem orthopädischen Gutachten des Dr. E ist dabei insbesondere zu entnehmen, dass lediglich in einem Wirbelsäulenabschnitt (Halswirbelsäule) funktionelle Auswirkungen vorliegen.
Letztlich besteht bei dem Kläger ein Kniegelenksleiden, welches nach den Vorgaben der Anlage zu § 2 VersMed V, Teil B Nr. 18.14, sowie Nr. 26.18 AHP 2005, 2008 (jeweils Seite 126) in Übereinstimmung mit den Einschätzungen des Sachverständigen Dr. G sowie den gutachtlichen und versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten und unter der durch den Sachverständigen auch insoweit erfolgten Berücksichtigung der weiteren vorliegenden medizinischen Erkenntnisse, insbesondere den im Rentenverfahren eingeholten Sachverständigengutachten, mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten ist.
Aus den genannten Funktionsbeeinträchtigungen ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten Kriterien ab dem 17. Juni 2008 ein GdB von insgesamt 30 und für den davor liegenden streitigen Zeitraum seit Antragstellung am 18. September 2007 ein GdB von 20 zu bilden. Ausgehend von der psychischen Erkrankung des Klägers, die seit dem 17. Juni 2008 mit einem Einzel-GdB von 30 und für den davor liegenden Zeitraum mit einem Einzel-GdB von 20 zu berücksichtigen ist, findet keine weitere Erhöhung des GdB statt. Dies ist durch die jeweils mit 10 bewerteten weiteren Einzel-GdB nach Teil A Nr. 3 d) ee) der Anlage zu § 2 VersMedV und Teil A Nr. 19 Abs. 1, 3, 4 und AHP 2005, 2008 (jeweils Seite 26) in aller Regel und so auch im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt. Der Sachverständige Dr. G hat hierzu ausgeführt, dass eine gegenseitige Verstärkung der Leiden nicht bestehe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision war mangels Vorliegen der Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
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