L 27 R 635/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 15 R 4482/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 635/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Mai 2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstat-ten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Vormerkung der Zeit vom 01. April 1987 bis zum 30. April 1988 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit.

Der im Jahre geborene Kläger war nach seinem Studium für das Lehramt in der Zeit von No-vember 1983 bis zum 31. März 1987 als Referendar im Vorbereitungsdienst als Beamter auf Widerruf des Landes Berlin beschäftigt. Im Mai 1985 erlitt er einen Dienstunfall. Nachdem er als dienstunfähig entlassen worden war, nahm das Land Berlin eine Nachversicherung seiner Zeit im Vorbereitungsdienst bis zum 31. März 1987 vor.

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens erteilte die Beklagte dem Kläger am 08. Februar 1999 einen Bescheid, in dem sie u. a. die Vormerkung der Zeit vom 01. April 1987 bis zum 30. April 1988 als Anrechnungszeit ablehnte. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2003 mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen für die Vormerkung dieser Anrechnungszeit seien nicht erfüllt. Die hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage zum Az.: S 14 RA 1455/03 nahm der Kläger am 19. November 2007 zurück; gleichzeitig beantragte er die Überprüfung des Bescheides vom 08. Februar 1999.

Mit Bescheid vom 04. Februar 2008 lehnte die Beklagte diesen Überprüfungsantrag mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (SGB VI) seien nicht erfüllt. Der Kläger habe in der Zeit von April 1987 bis April 1988 aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Juli 2008 mit der Begründung zurück, eine Anerkennung der Zeit als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosig-keit scheitere jedenfalls an der fehlenden subjektiven Verfügbarkeit des Klägers.

Die hiergegen zum Sozialgericht Berlin erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 11. Mai 2009 abgewiesen: Jedenfalls vor dem 07. März 1988 sei eine Arbeitslosmeldung des Klägers nicht feststellbar. Für die Zeit ab dem 07. März 1988 scheitere die Vormerkung daran, dass hierdurch eine versicherungspflichtige Beschäftigung nicht unterbrochen worden sei. Vor diesem Hintergrund könne offen bleiben, ob der Kläger im streitigen Zeitraum objek-tiv und subjektiv der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe.

Gegen dieses ihm am 14. Mai 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Juni 2009 Beru-fung zum Landessozialgericht eingelegt. Er macht u. a. geltend, er sei im fraglichen Zeitraum objektiv und subjektiv verfügbar gewesen, und legt hierzu eine Bescheinigung des L B – Zent-rale Berufsberatung für Abiturienten und Hochschüler – über ein Beratungsgespräch vom 07. März 1988 vor.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Mai 2009 aufzuhe-ben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 04. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juli 2008 zu verpflichten, den Bescheid vom 08. Februar 1999 zu ändern und die Zeit vom 01. April 1987 bis zum 30. April 1988 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI vorzumerken.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwal-tungsakten der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts Berlin zum Az.: S 14 RA 1455/03, welche im Termin vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf für ihn günstige Überprüfung des Bescheides der Beklagten vom 08. Februar 1999 und Vormerkung der Zeit vom 1. April 1987 bis zum 30. April 1988 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit zu, weil sich die erforderlichen Voraussetzungen nicht nachweisen lassen.

Nach § 58 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (SGB VI) setzt die Vormerkung einer Zeit als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit unter anderem zwingend voraus, dass der Versicherte im fraglichen Zeitraum wegen Arbeitslosigkeit bei einem deutschen Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet war. Die Einzelheiten einer solchen Meldung bei dem zuständigen Arbeitsamt sind heute in § 122 Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (SGB III) geregelt; im hier streitbefangenen Zeitraum der Jahre 1987 und 1988 bestand eine im Wesentlichen inhaltsglei-che Regelung in § 105 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Die §§ 122 SGB III, 105 AFG verlan-gen bzw. verlangten eine persönliche Arbeitslos- bzw. Arbeitssuchendmeldung bei dem zu-ständigen Arbeitsamt, die in aller Regel spätestens nach drei Monaten erneut vorzunehmen war. Sie konnte nur persönlich vor Ort bei dem zuständigen Arbeitsamt vorgenommen werden. Die bedeutet, dass der Kläger – um die Voraussetzungen des § 105 AFG und des § 58 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI zu erfüllen - im Zeitraum vom 1. April 1987 bis zum 30. April 1988 mehrfach in Abständen von höchstens jeweils drei Monaten persönlich bei dem für ihn zustän-digen Arbeitsamt IV Berlin (West) hätte vorsprechen und eine persönliche Arbeitslosmeldung vornehmen müssen.

Nachweise für diese vorgenannten Erfordernisse fehlen, sie lassen sich auch von Amts wegen nicht ermitteln. Hieran ändert auch nichts die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung des Lan-desarbeitsamts Berlin – Zentrale Berufsberatung für Abiturienten und Hochschüler – vom 7. März 1988. Diese enthält lediglich den Nachweis, dass der Kläger am 7. März 1988 zu einem Beratungsgespräch bei der vorgenannten Zentralen Berufsberatung vorgesprochen hat. Sie ent-hält ferner eine ausdrücklich an das für den Kläger zuständige Arbeitsamt IV Berlin (West) gerichtete Nachricht, der zufolge der Kläger als Ausbildungsstellenbewerber "vermutlich für Ausbildungsbeginn 89" geführt werde und "bis zum Ausbildungsbeginn zur Überbrückung eine Arbeitsstelle" suche. Hingegen lässt sich aus dieser Bescheinigung weder ersehen, dass der Kläger vor dem Beratungsgespräch am 7. März 1988 sich beim Arbeitsamt IV Berlin (West) persönlich arbeitslos gemeldet hat noch dass er nach dem Beratungsgespräch eine sol-che persönliche Arbeitslosmeldung bei dem für ihn zuständigen Arbeitsamt IV Berlin vorge-nommen hat. Auch wenn solche persönlichen Arbeitslosmeldungen für den Kläger denkbar sind, sind sie jedenfalls nicht nach den Regeln des Vollbeweises, d. h. mit an Sicherheit gren-zender Wahrscheinlichkeit, zu erweisen. Auch unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 128 SGG) lässt sich der hier zugunsten des Klägers erforderliche Vollbeweis nicht erbringen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Absatz 2 SGG nicht ersichtlich sind.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

I. Rechtsmittelbelehrung

Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmäch-tigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundessozialgericht Postfach 41 02 20 34114 Kassel

Graf-Bernadotte-Platz 5 34119 Kassel,

einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozi-algericht eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch eine qualifizierte signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundessozialgericht (ERVVOBSG) vom 18. Dezember 2006 (BGBl I 3219) in den elektronischen Gerichtsbriefkas-ten zu übermitteln ist. Die hierfür erforderliche Software kann über das Internetportal des E-lektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (www.egvp.de/) unter "Downloads" lizenz-frei heruntergeladen werden.

Als Prozessbevollmächtigte sind zugelassen: 1. Rechtsanwälte, 2. Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaa-tes der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Euro-päischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, 3. selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zweck-setzung für ihre Mitglieder, 4. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, 5. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit ver-gleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, 6. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertre-tung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädi-gungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksich-tigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für ei-ne sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder, 7. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mit-glieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die Organisationen zu Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegever-sicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richter-amt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristi-scher Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffent-lichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

In der Begründung muss • die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder • die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Ge-richtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts von der das Urteil abweicht, o-der • ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 I Satz 1 Sozialge-richtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

II. E r l ä u t e r u n g e n z u r P r o z e s s k o s t e n h i l f e

Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter Prozesskos-tenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozi-algericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor des-sen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklä-rung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden. Er kann auch über das Internetportal des Bun-dessozialgerichts (www.bsg.bund.de) unter "Das Gericht" - "Zugang zur Revisionsinstanz" - "Prozesskostenhilfe" heruntergeladen und ausgedruckt werden.

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der An-trag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenen-falls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwer-de beim Bundessozialgericht eingegangen sein. Soll der Vordruck beim Bundessozialgericht in elektronischer Form eingereicht werden, ist ein Vordruck in Papierform auszufüllen, zu unter-zeichnen und mittels Einscannen in eine Datei umzuwandeln, die qualifiziert signiert ist und nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundessozialge-richt (s.o.) in den elektronischen Gerichtsbriefkasten zu übermitteln ist.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Dr. Lemke Wittjohann Dr. Kärcher Richter am Richter am Vorsitzender Richter am Landessozialgericht Landessozialgericht Landessozialgericht

ausgefertigt Potsdam, 15. Jun. 2012

Kuhle, Justizbeschäftigte
Rechtskraft
Aus
Saved