Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 71/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 31/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Abrechnungsgenehmigung (hier: zur Substituionsbehandlung) darf nach § 48 SGB X aufgehoben werden, wenn sich der Vertragsarzt, z.B. wegen Pflichtverletzungen, als ungeeignet erweist.
2. Eine vertragsärztliche Abrechnungsgenehmigung ist nicht Bestandteil der Insolvenzmasse. Daher wird ein Rechtsstreit, in dem nur um die Aufhebung einer Abrechnungsgenehmigung gestritten wird, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vertragsarztes nicht unterbrochen.
2. Eine vertragsärztliche Abrechnungsgenehmigung ist nicht Bestandteil der Insolvenzmasse. Daher wird ein Rechtsstreit, in dem nur um die Aufhebung einer Abrechnungsgenehmigung gestritten wird, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vertragsarztes nicht unterbrochen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Widerruf der dem Kläger erteilten Abrechnungsgenehmigung für Substitutionsbehandlungen.
Der Kläger nimmt seit Januar 1999 an der vertragsärztlichen Versorgung (hausärztlicher Bereich) in B-N teil. Mit Bescheid vom 24. Juni 2004 erteilte ihm die Beklagte eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Substitutionsbehandlungen nach den entsprechenden Richtlinien. Im August 2005 behandelte der Kläger 24 Substitutions-Patienten, darunter mindestens 12 Versicherte erst seit dem Jahre 2005. Für mindestens 11 Quartale im Zeitraum IV/00 bis II/05 wurden gegen den Kläger Maßnahmen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung festgesetzt.
Mit Schreiben vom 8. Juni 2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass seine Praxis vom 27.Juni bis 18. Juli 2005 wegen Urlaubs geschlossen sei. In diesem Zusammenhang fertigte ein Mitarbeiter der Beklagten (Herr B) unter dem 4. Juli 2005 einen Aktenvermerk mit im Wesentlichen folgendem Inhalt an:
"Herr N rief am 27.06.2005 bei QS/B an und erkundigte sich nach dem regulären Procedere bei Urlaubsvertretung i.R. der Substitutionsbehandlung. Er plante, während seiner Abwesenheit die Substitution durch eine Apotheke durchführen zu lassen. Herr N wurde darüber informiert, dass es sich hier um eine ärztliche Tätigkeit handelt und die ärztliche Vertretung im Besitz der entsprechenden Fachkunde "Suchtmedizinische Grundversorgung" sein muss. Am 29.06.2005 rief der substituierende Hausarzt Herr N an und berichtete, dass mehrere Patienten von dem vg. Arzt ohne Vorankündigung, Absprache und/oder Arztbrief in seiner Praxis erschienen und Methadon verlangten. Am 30.06.2005 riefen den gesamten Vormittag über div. substituierende Ärzte bei QS an und beschwerten sich über die Art und Weise wie der vg. Arzt seine Patienten während seiner Abwesenheit vermittelte. Die Patienten waren z.T. entzügig, renitent und verzweifelt und bestanden auf ihre übliche Methadondosis. Auch in diesen Fällen gab es im Vorfeld keine Absprachen, Begleitscheiben/Arztbrief oder sonstige personenbezogene Informationen. Die Patienten wurden lediglich mit einer Überweisung (s. Anlage) zu einer anderen Adresse geschickt."
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 25. Juli 2005 gelangte die zuständige Prüfungskommission der Beklagten bei einer "Qualitätsprüfung im Einzelfall durch Stichproben im Rahmen der Substitutionsbehandlung" für das Quartal III/04 zum Gesamtergebnis mit der Stufe 4 ("schwerwiegende Beanstandungen"). Begründet wurde dies damit, dass bei allen Patientendokumentationen die Therapiekonzepte sowie die Nachweise der vorgeschriebenen psychosozialen Betreuung fehlten, die anamnestische Klärung zu Therapiebeginn bei allen Patienten unzureichend und eine Reaktion des Klägers auf Beikonsum der Patienten nicht nachvollziehbar sei.
Mit Schreiben vom 6. Juli 2005 bat die Beklagte daraufhin den Kläger, zum Vorwurf Stellung zu nehmen, er habe eine ordnungsgemäße Urlaubsmeldung versäumt und die erforderliche Absprache über die Vertretung mit seinen Kollegen unterlassen. Hierauf teilte der Kläger mit, die Vertretung sei durch Dr. M (K-M-Straße , B) gesichert gewesen. Im Übrigen habe jeder Patient für die Substitutionsbehandlung die Dosis für eine Woche mitbekommen und für die anderen beiden Wochen eine Überweisung für 14 Tage Substitution.
Auf Vorschlag der Substitutionskommission der Beklagten widerrief diese gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 8. September 2005 die o.g. Abrechnungsgenehmigung für die Durchführung und Abrechnung von Substitutionsbehandlungen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung ab Datum der Bescheiderteilung und ordnete außerdem die sofortige Vollziehung an. Den hiergegen gerichteten, am 12. September 2005 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2006 zurück und führte zur Begründung unter anderem aus: Das Versäumnis des Widerspruchsführers, während seiner Urlaubsabwesenheit für eine qualifizierte ärztliche Vertretung zu sorgen, stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten (§ 17 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte-BMV-Ä) dar. Aufgrund der strengen Vorschriften für das Verschreiben eines Substitutionsmittels, die dem Arzt nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abweichen vom Grundsatz "der Arzt verschreibt und überlässt zum Gebrauch" ermögliche, könne nicht davon ausgegangen werden, dass alle 24 opiatabhängigen Patienten, denen er eine so genannte "Take-home"-Verordnung für die erste Woche seiner Praxisabwesenheit ausgehändigt habe, die entsprechenden Voraussetzungen für den eigenverantwortlichen Gebrauch erfüllten. Gegen eine solche Annahme sprächen auch die Anrufe mehrerer Patienten sowohl bei der Beklagten als auch bei verschiedenen Ärzten, dass sie bereits in den ersten Tagen der Abwesenheit des Widerspruchsführers (29./30. Juni 2005) weitere Substitutionsmittel begehrt hätten. Dieses Patientenverhalten lasse eindeutig auf eine missbräuchliche Verwendung der "Take-home"-Verordnung schließen und stelle eine erhebliche Gefährdung zum einen des Therapieerfolges und zum anderen der Gesundheit der vom Kläger substituierten Patienten dar. Darüber hinaus bestehe eine große Gefahr der Fremdgefährdung, da es immer wieder durch nicht-ärztlich verordneten Methadonmissbrauch zu (Drogen-)Todesfällen komme. Des weiteren habe der Kläger nicht die Möglichkeit genutzt, die erforderlichen Dokumentationen über die Gründe, die eine "Take-home"-Verordnung zuließen und notwendig machten, nachträglich vorzulegen. Schließlich habe der Kläger auch mit der Verwendung eines allgemeinen Überweisungsformulars zur Weiterleitung seiner Patienten für die Substitutionsbehandlung während seiner letzten beiden Urlaubswochen gegen die einschlägigen Bestimmungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) verstoßen. Der Kläger habe den Substitutionspatienten lediglich einen Überweisung-/Abrechnungsschein mitgegeben, der unter anderem die tägliche Methadondosis in Milliliter (ml) angebe. Darüber hinaus habe er weder seinen Substitutionspatienten einen weiterbehandelnden Arzt benannt noch Kontakt mit einem Arzt zur Weiterbehandlung seiner Patienten, der die Anforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation erfülle, aufgenommen. Der vom Kläger nachträglich benannte Vertretungsarzt sei nicht im Besitz der erforderlichen Fachkunde (Suchtmedizinische Grundversorgung). Diese schwerwiegenden Pflichtverletzungen machten den Kläger für die Betreuung und Behandlung von Opiatabhängigen ungeeignet. Darin liege zugleich eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, da der ursprüngliche Verwaltungsakt (Abrechnungsgenehmigung vom 24. Juni 2004) mit gleichem Inhalt nicht mehr ergehen dürfte. Einen Handlungsspielraum oder ein Ermessen habe die Beklagte bei ihrer Widerrufsentscheidung nicht.
Den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen den o.g. Bescheid vom 8. September 2005 hatte das Sozialgericht Berlin mit rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 9. Dezember 2005 abgelehnt.
Bereits am 11. Januar 2006 hatte der bei der Beklagten gebildete Disziplinarausschuss auf Antrag des Vorstandes der Beklagten vom 22. November/1. Dezember 2005 beschlossen, ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzuleiten. Im Anhörungsverfahren gab der Kläger u.a. an, alle substituierten Patienten hätten die Weiterbehandlung in der von ihm benannten Praxis während seines Urlaubs abgelehnt. Desweiteren behauptete er, sein von der Beklagten übersandtes Schreiben vom 8. Juni 2006 (gemeint wohl: 2005) sei nicht identisch mit dem auf seinem Computer gespeicherten Schreiben, in dem die Vertretung durch Dr. M enthalten sei. Er könne sich dies nur so erklären, dass ihm durch ein Praxisversehen ein Entwurf der Urlaubsmeldung vorgelegt worden sei, den er versehentlich unterschrieben habe, ohne zu bemerken, dass die Vertretung nicht darin enthalten gewesen und dass das berichtigte Schreiben zwar abgespeichert, aber nicht versandt worden sei. Er bitte höflichst um Entschuldigung für dieses Praxisversehen. Schließlich räumte der Kläger in der Sitzung des Disziplinarausschusses vom 8. November 2006 ein, dass die Mitgabe von Methadon an Patienten damals ein Fehler gewesen sei.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgebracht, die angefochtenen Bescheide enthielten keine Feststellungen zu einer Änderung seiner Eignung. Die Bewertung der Beklagten belege einen Eignungsmangel nicht. Ihre Behauptung über vermehrte Anrufe von seinen – des Klägers – Patienten bzw. anderen Ärzten träfen nicht zu. Für eine missbräuchliche Verwendung von Take-Home-Verordnungen bestünden keine Anhaltspunkte. Die Vorgehensweise der Beklagten verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 12 Grundgesetz (GG). Mit Urteil vom 4. Februar 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2006 verwiesen.
Gegen dieses ihm am 16. Februar 2009 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 16. März 2009, die er wie folgt begründet: Aufgrund seines Bestreitens hätte das Sozialgericht eigene Feststellungen zu den ihm vorgehaltenen Pflichtverletzungen treffen müssen. Sein Vorbringen zu seinen Bemühungen um eine Weiterbehandlung der Patienten sei nicht berücksichtigt worden. Unstreitig sei, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für Take-Home-Verordnungen die Mitgabe des Mittels für sieben Tage zulässig gewesen sei. Es sei auch unstrittig, dass in den meisten Fällen die Voraussetzungen für Take-Home-Verordnungen vorgelegen hätten. Soweit die Beklagte behaupte, bei neun Patienten hätten diese Voraussetzungen nicht vorgelegen, werde dies bestritten. Im Übrigen hätte die Beklagte vor Erlass der Bescheide bei ihm einschlägige Unterlagen anfordern oder entsprechende Prüfung durchführen können. Da die Beklagte hiervon keinen Gebrauch gemacht habe, existiere kein Rechtsgrund, warum er – der Kläger – heute entsprechende Unterlagen nachreichen müsse. Der Prüfungsmaßstab des Gerichts könne bei einer Anfechtungsklage nur der Sachstand bei Erlass des Bescheides durch die Beklagte sein. Es verbleibe somit der Vorwurf, er – der Kläger – habe ein falsches Formular verwendet. Dies allein lasse nicht den Schluss auf fehlende Eignung zu. Im Übrigen habe die Beklagte nicht beachtet, dass ein Großteil seiner Patienten die Substitutionsbehandlung nicht bei ihm begonnen habe, sodass der Rückschluss der Beklagten auf die 6-Monats-Frist unzulässig sei. Es sei darüber hinaus höchst zweifelhaft, ob die Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) wegen ihrer Rechtsnatur und ihrer Bindungswirkung überhaupt die Entziehung einer Abrechnungsgenehmigung rechtfertigen könnten. Eine solche Bindungswirkung bestehe allenfalls im Verhältnis des Arztes zur Ärztekammer, nicht aber im Verhältnis zur Beklagten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und bringt ergänzend vor, die für die Zulässigkeit der Take-Home-Verordnungen maßgeblichen Angaben zur 6-Monats-Frist beruhten auf Mitteilungen des Klägers.
Am 1. März 2012 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet.
In den mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Terminsvertreter der Beklagten den Bescheid vom 8. September 2005 dahingehend geändert, dass die dem Kläger erteilte Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Substitutionsbehandlungen erst mit Wirkung zum 13. September 2005 aufgehoben wird. Daraufhin haben die Beteiligten für den davon liegenden Zeitraum den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Widerruf der Abrechnungsgenehmigung bezüglich der Substitutionsbehandlung ist rechtmäßig.
I) Der Rechtsstreit ist nicht wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers unterbrochen.
Allerdings wird nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 240 Satz 1 Zivilprozessordnung im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft jedoch nicht die Insolvenzmasse. Diese erfasst nach der Legaldefinition in § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Mangels Bezugs zur Insolvenzmasse tritt somit keine Verfahrensunterbrechung ein bei Streitigkeiten nicht-vermögensrechtlicher Art oder bei Verfahren, die höchstpersönliche Ansprüche des Gemeinschuldners (z.B. persönliche Unterlassungspflichten) betreffen (Stadler, in: Musielak, ZPO, 8.A., § 240 Rd. 5 m.w.N.). Höchstpersönliche Rechte und Pflichten des Gemeinschuldners sind zumindest alle diejenigen, für deren Ausübung oder Erfüllung er nicht, insbesondere nicht durch den Insolvenzverwalter, vertreten werden kann. Dies gilt auch für Genehmigungen, die – anders als sog. Sachkonzessionen, z.B. nach § 4 Bundesimmissionsschutzgesetz – an die Person gebunden sind (VG Gießen, ZIP 05, 2074 m.w.N.) und von der ein Insolvenzverwalter schon deshalb nicht stellvertretend für den Inhaber (hier: den Vertragsarzt) Gebrauch machen darf, weil in seiner Person die für die Genehmigung erforderlichen personenbezogenen Voraussetzungen (z.B. bestimmte fachliche Qualifikationen als Arzt) nicht vorliegen.
II) Rechtsgrundlage für den Widerruf der Abrechnungsgenehmigung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Denn (spätestens) seit Juli 2005 ist der Kläger nicht mehr geeignet, Substitutionsbehandlungen nach den im Vertragsarztrecht geltenden Richtlinien durchzuführen und abzurechnen. Wegen dieser Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen hätte ihm eine entsprechende Genehmigung – ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung – zum Zeitpunkt des Widerrufs nicht (mehr) erteilt werden dürfen.
1) Zu den tatsächlichen Verhältnissen, die Voraussetzung für eine Genehmigung im Bereich der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung sind, gehört nicht nur die Erfüllung der fachlichen Anforderungen durch denjenigen, der diese Genehmigung erstrebt. Dazu zählt auch seine Eignung in persönlicher Hinsicht. Letzteres folgt aus der Sicherstellungs- und Gewährleistungspflicht der Kassenärztlichen Vereinigungen (§ 75 Abs 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGBV), die diese für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse (§ 72 Abs 2 SGB V) haben. Die Erfüllung dieser Gewährleistungspflicht durch die in § 75 Abs 1 SGB V genannten Körperschaften setzt die Befugnis voraus zu prüfen, ob die ärztlichen Leistungserbringer, die eine noch nicht von der Zulassung (§ 95 Abs. 3 SGB V) oder Ermächtigung (§ 95 Abs. 4 SGB V) umfasste Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung bestimmter Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung begehren, hierfür persönlich geeignet sind. Bei persönlicher Ungeeignetheit sind die Betreffenden nicht zuzulassen (vgl. z.B. die in § 21 Zulassungsverordnung-Ärzte genannten Mängel in der Person).
Was für die Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung gilt, muss auch für deren Gegenstück – die Entziehung – gelten. Sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen gegeben, ist die Genehmigung aufzuheben, wenn der Betreffende nicht mehr die persönliche Eignung zur Durchführung und Abrechnung bestimmter Leistungen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung besitzt. Der Begriff der wesentlichen Tatsachenänderung i.S.d. § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X erfasst dabei auch den Sachverhalt, dass sich ein Begünstigter z.B. aufgrund einer Änderung seines Verhaltens nachträglich als unzuverlässig oder ungeeignet erweist (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12. Mai 1993, Az.: 6 RKa 8/92, veröffentlicht in Juris, m.w.N.).
2) Der Kläger hat sich – wie von der Beklagten zu Recht angenommen – insbesondere aufgrund der Geschehnisse im Zusammenhang mit seinem Urlaub im Sommer 2005 als ungeeignet für die Durchführung und Abrechnung von Substitutionsleistungen nach den entsprechenden Richtlinien erwiesen. Seine Ungeeignetheit ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Pflichtverletzungen:
a) Der Kläger hat die Pflichten, die ihm nach den allgemeinen Regeln im Vertretungsfall (hier: Urlaub) obliegen, in mehrfacher Hinsicht verletzt.
aa) Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä – diese Vorschrift betrifft nur die vertragsärztliche Versorgung von Versicherten der Primärkassen – hat der Vertragsarzt, wenn er länger als eine Woche an der Ausübung seiner Praxis verhindert ist, dies der Kassenärztlichen Vereinigung unter Benennung der vertretenden Ärzte unverzüglich mitzuteilen. Dieser Verpflichtung ist der Kläger nicht nachgekommen, weil er in seinem am 9. Juni 2005 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben keinen Vertretungsarzt benannt hat.
Der Kläger hat diese Pflicht auch schuldhaft verletzt. Hierbei ist es unerheblich, ob er versehentlich nur einen Entwurf, der keine Angaben zu seiner Vertretung enthielt, unterzeichnet hat. Denn dem Vertragsarzt obliegt auch die inhaltliche Kontrolle seiner Schreiben an die Beklagte.
bb) Für den Ersatzkassenbereich gilt nach § 20 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Arzt-Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä), dass sich der vertretene Arzt, wenn Vertreter Leistungen erbringen, für deren Erbringung eine Qualifikation gemäß § 39 EKV-Ä Voraussetzung ist, darüber zu vergewissern hat, dass die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt sind. Sind diese Qualifikationsvoraussetzungen nicht erfüllt, dürfen die Leistungen, die eine besondere Qualifikation erfordern, nicht erbracht werden. Danach muss sich der Kläger, selbst wenn ihm die fehlende Mitteilung des Vertretungsarztes nachgesehen würde, vorhalten lassen, einen ungeeigneten Arzt als Vertreter vorgesehen zu haben. Denn unstreitig verfügte Dr. M nicht über die erforderliche Fachkunde für die suchtmedizinische Grundversorgung bzw. über eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Substitutionsleistungen. Gründe, dass der Kläger hierbei nicht schuldhaft gehandelt hat, sind weder von ihm vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
b) Der Kläger hat aber auch in mehrfacher Hinsicht seine Pflichten im Zusammenhang mit Substitutionsbehandlungen verletzt.
Die Pflichten des Klägers aufgrund der entsprechenden Abrechnungsgenehmigung ergeben sich zum einen aus den Regelungen in Anlage A Ziffer 2 ("Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger") zur "Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Bewertung medizinischen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien)" - BUB-RL - in der ab dem 15. Mai 2005 geltenden Fassung, zum anderen aus der in Anlage A Ziffer 2 § 1 Satz 3 zur BUB-RL enthaltenen Verweisung auf die "einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV)" sowie schließlich aus den über Anlage A Ziffer 2 § 2 der BUB-RL und § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BtMVV in Bezug genommenen "Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation [ ], die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden", wie sie in den "Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" (BÄK-RL) niedergelegt sind.
aa) Für die sog. Take-Home-Verordnungen sah § 5 BtMVV in der im Jahre 2005 geltenden Fassung folgende Regelungen vor:
Abs. 5: Der Arzt, der ein Substitutionsmittel für einen Patienten verschreibt, darf die Verschreibung außer in den in Absatz 8 genannten Fällen nicht dem Patienten aushändigen. Die Verschreibung darf nur von ihm selbst, seinem ärztlichen Vertreter oder durch das in Absatz 6 Satz 1 bezeichnete Personal der Apotheke vorgelegt werden.
Abs. 8: Der Arzt oder sein ärztlicher Vertreter in der Praxis kann abweichend von den Absätzen 5 bis 7 dem Patienten eine Verschreibung über die für bis zu sieben Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels aushändigen und ihm dessen eigenverantwortliche Einnahme erlauben, sobald und solange der Verlauf der Behandlung dies zulässt und dadurch die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden. Bei der ärztlichen Entscheidung nach Satz 1 ist dafür Sorge zu tragen, dass aus der Mitgabe des Substitutionsmittels resultierende Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung so weit wie möglich ausgeschlossen werden. Die Aushändigung der Verschreibung ist insbesondere dann nicht zulässig, wenn die Untersuchungen und Erhebungen des Arztes Erkenntnisse ergeben haben, dass der Patient 1. Stoffe konsumiert, die ihn zusammen mit der Einnahme des Substitutionsmittels gefährden, 2. unter Berücksichtigung der Toleranzentwicklung noch nicht auf eine stabile Dosis eingestellt worden ist oder 3. Stoffe missbräuchlich konsumiert. Für die Bewertung des Verlaufes der Behandlung ist im Übrigen der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Wissenschaft maßgebend. In begründeten Ausnahmefällen kann der Arzt unter den in Satz 1 bis 3 genannten Voraussetzungen zur Sicherstellung der Versorgung bei Auslandsaufenthalten des Patienten diesem Verschreibungen des Substitutionsmittels über eine Menge für einen längeren als in Satz 1 genannten Zeitraum aushändigen und ihm dessen eigenverantwortliche Einnahme erlauben. Diese Verschreibungen dürfen in einem Jahr insgesamt die für bis zu 30 Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels nicht überschreiten. Sie sind der zuständigen Landesbehörde unverzüglich anzuzeigen. Jede Verschreibung nach Satz 1 oder Satz 5 ist dem Patienten im Rahmen einer persönlichen ärztlichen Konsultation auszuhändigen.
Ergänzend hierzu sah Ziffer 9 BÄK-RL in der im Jahre 2005 geltenden Fassung vor: Sofern dem Patienten seit mindestens 6 Monaten ein Substitutionsmittel verschrieben und zum unmittelbaren Verbrauch überlassen wurde und seit mindestens 3 Monaten nach sorgfältiger Prüfung kein Anhalt dafür besteht, dass der Patient Stoffe gebraucht, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt und der klinische Eindruck des Patienten stabil ist, ist eine "Take-home-Verordnung" zulässig. In Ausnahmefällen darf mit besonderer Begründung von den genannten Zeiten abgewichen werden. Dies bedarf der besonderen Dokumentation.
Wegen des hohen Missbrauchrisikos von "Take-home-Verordnungen" obliegt dem behandelnden Arzt eine besondere Verantwortung. Die "Take-home-Verordnung" muss auf Substituierte beschränkt bleiben, bei denen die psychosoziale Reintegration entsprechend fortgeschritten ist und bei denen für eine Selbst- oder Fremdgefährdung durch Beigebrauch oder nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substitutionsmittels keine Hinweise bestehen.
In der Regel sollte eine "Take-home-Verordnung" zunächst nur für kurze Zeiträume erfolgen, sie kann ggf. schrittweise erhöht werden. Die Ausschöpfung des vollen durch die BtMVV gesetzten Rahmens der "Take-home-Verordnung" ist nur zu vertreten, wenn eine eindeutige berufliche, familiäre, soziale oder medizinische Notwendigkeit besteht.
Die Entscheidung zur "Take-home-Verordnung" soll in Absprache mit der psychosozialen Betreuungsstelle erfolgen. Die Gründe für die "Take-home-Verordnung" und der Verlauf der Behandlung, der eine "Take-home-Verordnung" zulässt und notwendig macht, sind zu dokumentieren.
Die Behandlung einer chronischen Erkrankung setzt regelmäßige Kontakte zwischen dem Arzt und dem Patienten voraus. Im Rahmen der "Take-home-Verordnung" soll der Arzt mindestens einmal pro Woche ein persönliches Gespräch mit dem Patienten führen und bei Bedarf eine klinische Untersuchung sowie eine Urinkontrolle durchführen, um ggf. auf Veränderungen der Situation bzw. des Verhaltens des Patienten reagieren zu können, z. B. durch Beschränkung der "Take-home-Verordnung". In diesem Zusammenhang soll dann auch die kontrollierte Einnahme des Substitutionsmittels für diesen Tag stattfinden.
Insbesondere im Hinblick auf eine "Take-home-Verordnung" muss der behandelnde Arzt den Patienten umfassend aufklären über:
- die Gefahren für andere Personen, besonders die Gefahr für Kinder
- die (kinder-)sichere Lagerung des Substitutionsmittels.
Die ihm daraus erwachsenden Pflichten hat der Kläger ebenfalls in verschiedener Hinsicht verletzt.
Zunächst hat – nach eigenem Bekunden – "jeder Patient" für die erste Urlaubswoche des Klägers die Substitutionsmittel erhalten, um sie zuhause eigenständig anzuwenden. Dass die nach Ziffer 9 BÄK-RL erforderliche Mindestsubstitutionszeit von 6 Monaten bei allen Substitutionspatienten des Klägers Ende Juni 2005 verstrichen war, ist nicht nachgewiesen. Bezüglich der 12 Patienten, deren Substitutionsbehandlung durch den Kläger erst im Laufe des Jahres 2005 begann, ist nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen die 6-Monats-Frist nicht erfüllt. Soweit der Kläger behauptet, ein Großteil seiner Patienten habe die Substitutionsbehandlung bei einem anderen Arzt begonnen, obliegt es ihm, die Namen der Patienten und die Dauer der Vorbehandlung mitzuteilen. Ohne diese Angaben ist weder der Beklagten noch dem Senat eine Überprüfung seiner Behauptung möglich.
Darüber hinaus ist nicht nachgewiesen, dass – wie von Ziffer 9 BÄK-RL verlangt – innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten vor der Take-Home-Verordnung keine Anhaltspunkte für schädlichen Beikonsum und für eine klinische Instabilität des Patienten bestanden haben dürfen. Auch dieses Tatbestandsmerkmal kann nur anhand entsprechender Angaben des Klägers überprüft werden. Auch hierzu fehlt es an jeglichem Vorbringen der Klägerseite.
Gleiches gilt für die schrittweise Erhöhung der Zeiträume, für die eine Take-Home-Verordnung erfolgt, für die Absprache mit der psychosozialen Betreuungsstelle, für das einmal wöchentlich mit dem Patienten zu führende Gespräch, für die vorgeschriebenen Dokumentationen sowie die weiteren nur bei Bedarf vorzunehmenden Kontrollen.
Die Beklagte durfte daher mit Recht davon ausgehen, dass in keinem einzigen Fall die Voraussetzungen für eine Take-Home-Verordnung vorgelegen haben.
bb) Die Regelungen u.a. über die zeitweilige Substitutionsbehandlung durch einen vertretenden Arzt finden sich in § 5 Abs. 9 BtMVV in der im Jahre 2005 geltenden Fassung:
Patienten, die die Praxis des behandelnden Arztes zeitweilig oder auf Dauer wechseln, hat der behandelnde Arzt vor der Fortsetzung der Substitution auf einem Betäubungsmittelrezept eine Substitutionsbescheinigung auszustellen. Auf der Substitutionsbescheinigung sind anzugeben: 1. Name, Vorname und Anschrift des Patienten, für den die Substitutionsbescheinigung bestimmt ist, 2. Ausstellungsdatum, 3. das verschriebene Substitutionsmittel und die Tagesdosis, 4. Beginn des Verschreibens und der Abgabe nach den Absätzen 1 bis 7 und gegebenenfalls Beginn des Verschreibens nach Absatz 8, 5. Gültigkeit: von/bis, 6. Name des ausstellenden Arztes, seine Berufsbezeichnung und Anschrift einschließlich Telefonnummer, 7. Unterschrift des ausstellenden Arztes. Die Substitutionsbescheinigung ist mit dem Vermerk "Nur zur Vorlage beim Arzt" zu kennzeichnen. Teil I der Substitutionsbescheinigung erhält der Patient, Teil II und III verbleibt bei dem ausstellenden Arzt. Nach Vorlage des Teils I der Substitutionsbescheinigung durch den Patienten und Überprüfung der Angaben zur Person durch Vergleich mit dem Personalausweis oder Reisepass des Patienten kann ein anderer Arzt das Verschreiben des Substitutionsmittels fortsetzen; erfolgt dies nur zeitweilig, hat der andere Arzt den behandelnden Arzt unverzüglich nach Abschluss seines Verschreibens schriftlich über die durchgeführten Maßnahmen zu unterrichten.
Auch diese Vorgaben hat der Kläger in grober Form missachtet. So hat er seinem Patienten P-C L am 24. Juni 2005 einen "Überweisungs-/Abrechnungsschein" nach Muster 6 der Anlage 2 zum BMV-Ä/EKV-Ä (Vordruckvereinbarung) zur "Überweisung an Substitutions-Arzt" mit dem Auftrag "ab 29.06. - 18.07.2005 braucht d. o.g. Pat. 20ml Methadon (10ml - 0 - 10ml)" ausgehändigt. Dies erweist sich in mehrfacher Hinsicht als fehlerhaft. Hierbei lässt der Senat mangels weiterer Ermittlungen zum Sachverhalt zunächst unberücksichtigt, dass der o.g. Versicherte auf der von der Beklagten erstellten und auf den Angaben des Klägers beruhenden Liste mit dessen 24 im August 2005 behandelten Patienten nicht aufgeführt ist, was eine ungenehmigte Substitutionsbehandlung nahe legt. Neben der offenkundigen Verwendung des falschen Vordrucks muss sich der Kläger vorhalten lassen, dass sämtliche nach § 5 Abs. 9 Satz 2 Nr. 4 BtMVV erforderlichen Angaben fehlen und die Tagesdosis entgegen Ziffer 10 BÄK-RL nicht in der Einheit "mg", sondern in "ml" bezeichnet wurde.
cc) Gründe, dass der Kläger bei den Pflichtverletzungen, die speziell anlässlich der Substitutionsbehandlung auftraten, nicht schuldhaft gehandelt hat, sind weder von ihm vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
c) Die vom Kläger hiergegen erhobenen weiteren Einwände greifen nicht durch.
aa) Auf die Frage, ob bei der Beklagten ab dem 29. Juni 2005 tatsächlich zahlreiche Anrufe von Patienten und Kollegen des Klägers eingegangen sind, kommt es nach dem oben Gesagten nicht an.
bb) Fehl geht der Kläger in der Annahme, er müsse im derzeitigen Verfahrensstand keine Unterlagen mehr einreichen bzw. Angaben tätigen. Zwar trifft seine Annahme zu, dass für die rechtliche Beurteilung einer (reinen) Anfechtungsklage – wie im vorliegenden Fall – die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 10. A., § 54 Rd. 33 m.w.N.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Tatsachenmaterial bzw. Beweismittel, die zu diesem Zeitpunkt von keinem der Verfahrenbeteiligten herangezogen worden waren, danach nicht mehr ins Verfahren eingeführt werden dürften. Dem steht bereits der das sozialgerichtliche Verfahren prägende Amtserforschungsgrundsatz (§ 103 SGG) entgegen, der eine Präklusion von Erklärungen und Beweismitteln nur im Rahmen von § 106a SGG erlaubt. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung sind im Falle des Klägers schon deshalb nicht gegeben, weil er eine gesetzlich nicht vorgesehene Präklusion zu Lasten der beklagten Behörde anstrebt.
III) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2, 161 Abs. 2 S. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Soweit die Beklagte in dem übereinstimmend für erledigt erklärten Teil nachgegeben hat, betrifft ihr Unterliegen nur einen geringen Teil, der im Rahmen der Kostenentscheidung nicht zum Tragen kommt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Widerruf der dem Kläger erteilten Abrechnungsgenehmigung für Substitutionsbehandlungen.
Der Kläger nimmt seit Januar 1999 an der vertragsärztlichen Versorgung (hausärztlicher Bereich) in B-N teil. Mit Bescheid vom 24. Juni 2004 erteilte ihm die Beklagte eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Substitutionsbehandlungen nach den entsprechenden Richtlinien. Im August 2005 behandelte der Kläger 24 Substitutions-Patienten, darunter mindestens 12 Versicherte erst seit dem Jahre 2005. Für mindestens 11 Quartale im Zeitraum IV/00 bis II/05 wurden gegen den Kläger Maßnahmen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung festgesetzt.
Mit Schreiben vom 8. Juni 2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass seine Praxis vom 27.Juni bis 18. Juli 2005 wegen Urlaubs geschlossen sei. In diesem Zusammenhang fertigte ein Mitarbeiter der Beklagten (Herr B) unter dem 4. Juli 2005 einen Aktenvermerk mit im Wesentlichen folgendem Inhalt an:
"Herr N rief am 27.06.2005 bei QS/B an und erkundigte sich nach dem regulären Procedere bei Urlaubsvertretung i.R. der Substitutionsbehandlung. Er plante, während seiner Abwesenheit die Substitution durch eine Apotheke durchführen zu lassen. Herr N wurde darüber informiert, dass es sich hier um eine ärztliche Tätigkeit handelt und die ärztliche Vertretung im Besitz der entsprechenden Fachkunde "Suchtmedizinische Grundversorgung" sein muss. Am 29.06.2005 rief der substituierende Hausarzt Herr N an und berichtete, dass mehrere Patienten von dem vg. Arzt ohne Vorankündigung, Absprache und/oder Arztbrief in seiner Praxis erschienen und Methadon verlangten. Am 30.06.2005 riefen den gesamten Vormittag über div. substituierende Ärzte bei QS an und beschwerten sich über die Art und Weise wie der vg. Arzt seine Patienten während seiner Abwesenheit vermittelte. Die Patienten waren z.T. entzügig, renitent und verzweifelt und bestanden auf ihre übliche Methadondosis. Auch in diesen Fällen gab es im Vorfeld keine Absprachen, Begleitscheiben/Arztbrief oder sonstige personenbezogene Informationen. Die Patienten wurden lediglich mit einer Überweisung (s. Anlage) zu einer anderen Adresse geschickt."
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 25. Juli 2005 gelangte die zuständige Prüfungskommission der Beklagten bei einer "Qualitätsprüfung im Einzelfall durch Stichproben im Rahmen der Substitutionsbehandlung" für das Quartal III/04 zum Gesamtergebnis mit der Stufe 4 ("schwerwiegende Beanstandungen"). Begründet wurde dies damit, dass bei allen Patientendokumentationen die Therapiekonzepte sowie die Nachweise der vorgeschriebenen psychosozialen Betreuung fehlten, die anamnestische Klärung zu Therapiebeginn bei allen Patienten unzureichend und eine Reaktion des Klägers auf Beikonsum der Patienten nicht nachvollziehbar sei.
Mit Schreiben vom 6. Juli 2005 bat die Beklagte daraufhin den Kläger, zum Vorwurf Stellung zu nehmen, er habe eine ordnungsgemäße Urlaubsmeldung versäumt und die erforderliche Absprache über die Vertretung mit seinen Kollegen unterlassen. Hierauf teilte der Kläger mit, die Vertretung sei durch Dr. M (K-M-Straße , B) gesichert gewesen. Im Übrigen habe jeder Patient für die Substitutionsbehandlung die Dosis für eine Woche mitbekommen und für die anderen beiden Wochen eine Überweisung für 14 Tage Substitution.
Auf Vorschlag der Substitutionskommission der Beklagten widerrief diese gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 8. September 2005 die o.g. Abrechnungsgenehmigung für die Durchführung und Abrechnung von Substitutionsbehandlungen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Wirkung ab Datum der Bescheiderteilung und ordnete außerdem die sofortige Vollziehung an. Den hiergegen gerichteten, am 12. September 2005 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2006 zurück und führte zur Begründung unter anderem aus: Das Versäumnis des Widerspruchsführers, während seiner Urlaubsabwesenheit für eine qualifizierte ärztliche Vertretung zu sorgen, stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten (§ 17 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte-BMV-Ä) dar. Aufgrund der strengen Vorschriften für das Verschreiben eines Substitutionsmittels, die dem Arzt nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abweichen vom Grundsatz "der Arzt verschreibt und überlässt zum Gebrauch" ermögliche, könne nicht davon ausgegangen werden, dass alle 24 opiatabhängigen Patienten, denen er eine so genannte "Take-home"-Verordnung für die erste Woche seiner Praxisabwesenheit ausgehändigt habe, die entsprechenden Voraussetzungen für den eigenverantwortlichen Gebrauch erfüllten. Gegen eine solche Annahme sprächen auch die Anrufe mehrerer Patienten sowohl bei der Beklagten als auch bei verschiedenen Ärzten, dass sie bereits in den ersten Tagen der Abwesenheit des Widerspruchsführers (29./30. Juni 2005) weitere Substitutionsmittel begehrt hätten. Dieses Patientenverhalten lasse eindeutig auf eine missbräuchliche Verwendung der "Take-home"-Verordnung schließen und stelle eine erhebliche Gefährdung zum einen des Therapieerfolges und zum anderen der Gesundheit der vom Kläger substituierten Patienten dar. Darüber hinaus bestehe eine große Gefahr der Fremdgefährdung, da es immer wieder durch nicht-ärztlich verordneten Methadonmissbrauch zu (Drogen-)Todesfällen komme. Des weiteren habe der Kläger nicht die Möglichkeit genutzt, die erforderlichen Dokumentationen über die Gründe, die eine "Take-home"-Verordnung zuließen und notwendig machten, nachträglich vorzulegen. Schließlich habe der Kläger auch mit der Verwendung eines allgemeinen Überweisungsformulars zur Weiterleitung seiner Patienten für die Substitutionsbehandlung während seiner letzten beiden Urlaubswochen gegen die einschlägigen Bestimmungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) verstoßen. Der Kläger habe den Substitutionspatienten lediglich einen Überweisung-/Abrechnungsschein mitgegeben, der unter anderem die tägliche Methadondosis in Milliliter (ml) angebe. Darüber hinaus habe er weder seinen Substitutionspatienten einen weiterbehandelnden Arzt benannt noch Kontakt mit einem Arzt zur Weiterbehandlung seiner Patienten, der die Anforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation erfülle, aufgenommen. Der vom Kläger nachträglich benannte Vertretungsarzt sei nicht im Besitz der erforderlichen Fachkunde (Suchtmedizinische Grundversorgung). Diese schwerwiegenden Pflichtverletzungen machten den Kläger für die Betreuung und Behandlung von Opiatabhängigen ungeeignet. Darin liege zugleich eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, da der ursprüngliche Verwaltungsakt (Abrechnungsgenehmigung vom 24. Juni 2004) mit gleichem Inhalt nicht mehr ergehen dürfte. Einen Handlungsspielraum oder ein Ermessen habe die Beklagte bei ihrer Widerrufsentscheidung nicht.
Den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen den o.g. Bescheid vom 8. September 2005 hatte das Sozialgericht Berlin mit rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 9. Dezember 2005 abgelehnt.
Bereits am 11. Januar 2006 hatte der bei der Beklagten gebildete Disziplinarausschuss auf Antrag des Vorstandes der Beklagten vom 22. November/1. Dezember 2005 beschlossen, ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzuleiten. Im Anhörungsverfahren gab der Kläger u.a. an, alle substituierten Patienten hätten die Weiterbehandlung in der von ihm benannten Praxis während seines Urlaubs abgelehnt. Desweiteren behauptete er, sein von der Beklagten übersandtes Schreiben vom 8. Juni 2006 (gemeint wohl: 2005) sei nicht identisch mit dem auf seinem Computer gespeicherten Schreiben, in dem die Vertretung durch Dr. M enthalten sei. Er könne sich dies nur so erklären, dass ihm durch ein Praxisversehen ein Entwurf der Urlaubsmeldung vorgelegt worden sei, den er versehentlich unterschrieben habe, ohne zu bemerken, dass die Vertretung nicht darin enthalten gewesen und dass das berichtigte Schreiben zwar abgespeichert, aber nicht versandt worden sei. Er bitte höflichst um Entschuldigung für dieses Praxisversehen. Schließlich räumte der Kläger in der Sitzung des Disziplinarausschusses vom 8. November 2006 ein, dass die Mitgabe von Methadon an Patienten damals ein Fehler gewesen sei.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgebracht, die angefochtenen Bescheide enthielten keine Feststellungen zu einer Änderung seiner Eignung. Die Bewertung der Beklagten belege einen Eignungsmangel nicht. Ihre Behauptung über vermehrte Anrufe von seinen – des Klägers – Patienten bzw. anderen Ärzten träfen nicht zu. Für eine missbräuchliche Verwendung von Take-Home-Verordnungen bestünden keine Anhaltspunkte. Die Vorgehensweise der Beklagten verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 12 Grundgesetz (GG). Mit Urteil vom 4. Februar 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2006 verwiesen.
Gegen dieses ihm am 16. Februar 2009 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 16. März 2009, die er wie folgt begründet: Aufgrund seines Bestreitens hätte das Sozialgericht eigene Feststellungen zu den ihm vorgehaltenen Pflichtverletzungen treffen müssen. Sein Vorbringen zu seinen Bemühungen um eine Weiterbehandlung der Patienten sei nicht berücksichtigt worden. Unstreitig sei, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für Take-Home-Verordnungen die Mitgabe des Mittels für sieben Tage zulässig gewesen sei. Es sei auch unstrittig, dass in den meisten Fällen die Voraussetzungen für Take-Home-Verordnungen vorgelegen hätten. Soweit die Beklagte behaupte, bei neun Patienten hätten diese Voraussetzungen nicht vorgelegen, werde dies bestritten. Im Übrigen hätte die Beklagte vor Erlass der Bescheide bei ihm einschlägige Unterlagen anfordern oder entsprechende Prüfung durchführen können. Da die Beklagte hiervon keinen Gebrauch gemacht habe, existiere kein Rechtsgrund, warum er – der Kläger – heute entsprechende Unterlagen nachreichen müsse. Der Prüfungsmaßstab des Gerichts könne bei einer Anfechtungsklage nur der Sachstand bei Erlass des Bescheides durch die Beklagte sein. Es verbleibe somit der Vorwurf, er – der Kläger – habe ein falsches Formular verwendet. Dies allein lasse nicht den Schluss auf fehlende Eignung zu. Im Übrigen habe die Beklagte nicht beachtet, dass ein Großteil seiner Patienten die Substitutionsbehandlung nicht bei ihm begonnen habe, sodass der Rückschluss der Beklagten auf die 6-Monats-Frist unzulässig sei. Es sei darüber hinaus höchst zweifelhaft, ob die Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) wegen ihrer Rechtsnatur und ihrer Bindungswirkung überhaupt die Entziehung einer Abrechnungsgenehmigung rechtfertigen könnten. Eine solche Bindungswirkung bestehe allenfalls im Verhältnis des Arztes zur Ärztekammer, nicht aber im Verhältnis zur Beklagten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Februar 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und bringt ergänzend vor, die für die Zulässigkeit der Take-Home-Verordnungen maßgeblichen Angaben zur 6-Monats-Frist beruhten auf Mitteilungen des Klägers.
Am 1. März 2012 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet.
In den mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Terminsvertreter der Beklagten den Bescheid vom 8. September 2005 dahingehend geändert, dass die dem Kläger erteilte Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Substitutionsbehandlungen erst mit Wirkung zum 13. September 2005 aufgehoben wird. Daraufhin haben die Beteiligten für den davon liegenden Zeitraum den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Widerruf der Abrechnungsgenehmigung bezüglich der Substitutionsbehandlung ist rechtmäßig.
I) Der Rechtsstreit ist nicht wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers unterbrochen.
Allerdings wird nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 240 Satz 1 Zivilprozessordnung im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft jedoch nicht die Insolvenzmasse. Diese erfasst nach der Legaldefinition in § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Mangels Bezugs zur Insolvenzmasse tritt somit keine Verfahrensunterbrechung ein bei Streitigkeiten nicht-vermögensrechtlicher Art oder bei Verfahren, die höchstpersönliche Ansprüche des Gemeinschuldners (z.B. persönliche Unterlassungspflichten) betreffen (Stadler, in: Musielak, ZPO, 8.A., § 240 Rd. 5 m.w.N.). Höchstpersönliche Rechte und Pflichten des Gemeinschuldners sind zumindest alle diejenigen, für deren Ausübung oder Erfüllung er nicht, insbesondere nicht durch den Insolvenzverwalter, vertreten werden kann. Dies gilt auch für Genehmigungen, die – anders als sog. Sachkonzessionen, z.B. nach § 4 Bundesimmissionsschutzgesetz – an die Person gebunden sind (VG Gießen, ZIP 05, 2074 m.w.N.) und von der ein Insolvenzverwalter schon deshalb nicht stellvertretend für den Inhaber (hier: den Vertragsarzt) Gebrauch machen darf, weil in seiner Person die für die Genehmigung erforderlichen personenbezogenen Voraussetzungen (z.B. bestimmte fachliche Qualifikationen als Arzt) nicht vorliegen.
II) Rechtsgrundlage für den Widerruf der Abrechnungsgenehmigung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Denn (spätestens) seit Juli 2005 ist der Kläger nicht mehr geeignet, Substitutionsbehandlungen nach den im Vertragsarztrecht geltenden Richtlinien durchzuführen und abzurechnen. Wegen dieser Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen hätte ihm eine entsprechende Genehmigung – ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung – zum Zeitpunkt des Widerrufs nicht (mehr) erteilt werden dürfen.
1) Zu den tatsächlichen Verhältnissen, die Voraussetzung für eine Genehmigung im Bereich der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung sind, gehört nicht nur die Erfüllung der fachlichen Anforderungen durch denjenigen, der diese Genehmigung erstrebt. Dazu zählt auch seine Eignung in persönlicher Hinsicht. Letzteres folgt aus der Sicherstellungs- und Gewährleistungspflicht der Kassenärztlichen Vereinigungen (§ 75 Abs 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGBV), die diese für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse (§ 72 Abs 2 SGB V) haben. Die Erfüllung dieser Gewährleistungspflicht durch die in § 75 Abs 1 SGB V genannten Körperschaften setzt die Befugnis voraus zu prüfen, ob die ärztlichen Leistungserbringer, die eine noch nicht von der Zulassung (§ 95 Abs. 3 SGB V) oder Ermächtigung (§ 95 Abs. 4 SGB V) umfasste Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung bestimmter Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung begehren, hierfür persönlich geeignet sind. Bei persönlicher Ungeeignetheit sind die Betreffenden nicht zuzulassen (vgl. z.B. die in § 21 Zulassungsverordnung-Ärzte genannten Mängel in der Person).
Was für die Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung gilt, muss auch für deren Gegenstück – die Entziehung – gelten. Sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen gegeben, ist die Genehmigung aufzuheben, wenn der Betreffende nicht mehr die persönliche Eignung zur Durchführung und Abrechnung bestimmter Leistungen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung besitzt. Der Begriff der wesentlichen Tatsachenänderung i.S.d. § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X erfasst dabei auch den Sachverhalt, dass sich ein Begünstigter z.B. aufgrund einer Änderung seines Verhaltens nachträglich als unzuverlässig oder ungeeignet erweist (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12. Mai 1993, Az.: 6 RKa 8/92, veröffentlicht in Juris, m.w.N.).
2) Der Kläger hat sich – wie von der Beklagten zu Recht angenommen – insbesondere aufgrund der Geschehnisse im Zusammenhang mit seinem Urlaub im Sommer 2005 als ungeeignet für die Durchführung und Abrechnung von Substitutionsleistungen nach den entsprechenden Richtlinien erwiesen. Seine Ungeeignetheit ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Pflichtverletzungen:
a) Der Kläger hat die Pflichten, die ihm nach den allgemeinen Regeln im Vertretungsfall (hier: Urlaub) obliegen, in mehrfacher Hinsicht verletzt.
aa) Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 BMV-Ä – diese Vorschrift betrifft nur die vertragsärztliche Versorgung von Versicherten der Primärkassen – hat der Vertragsarzt, wenn er länger als eine Woche an der Ausübung seiner Praxis verhindert ist, dies der Kassenärztlichen Vereinigung unter Benennung der vertretenden Ärzte unverzüglich mitzuteilen. Dieser Verpflichtung ist der Kläger nicht nachgekommen, weil er in seinem am 9. Juni 2005 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben keinen Vertretungsarzt benannt hat.
Der Kläger hat diese Pflicht auch schuldhaft verletzt. Hierbei ist es unerheblich, ob er versehentlich nur einen Entwurf, der keine Angaben zu seiner Vertretung enthielt, unterzeichnet hat. Denn dem Vertragsarzt obliegt auch die inhaltliche Kontrolle seiner Schreiben an die Beklagte.
bb) Für den Ersatzkassenbereich gilt nach § 20 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Arzt-Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä), dass sich der vertretene Arzt, wenn Vertreter Leistungen erbringen, für deren Erbringung eine Qualifikation gemäß § 39 EKV-Ä Voraussetzung ist, darüber zu vergewissern hat, dass die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt sind. Sind diese Qualifikationsvoraussetzungen nicht erfüllt, dürfen die Leistungen, die eine besondere Qualifikation erfordern, nicht erbracht werden. Danach muss sich der Kläger, selbst wenn ihm die fehlende Mitteilung des Vertretungsarztes nachgesehen würde, vorhalten lassen, einen ungeeigneten Arzt als Vertreter vorgesehen zu haben. Denn unstreitig verfügte Dr. M nicht über die erforderliche Fachkunde für die suchtmedizinische Grundversorgung bzw. über eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Substitutionsleistungen. Gründe, dass der Kläger hierbei nicht schuldhaft gehandelt hat, sind weder von ihm vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
b) Der Kläger hat aber auch in mehrfacher Hinsicht seine Pflichten im Zusammenhang mit Substitutionsbehandlungen verletzt.
Die Pflichten des Klägers aufgrund der entsprechenden Abrechnungsgenehmigung ergeben sich zum einen aus den Regelungen in Anlage A Ziffer 2 ("Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger") zur "Richtlinie des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Bewertung medizinischen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien)" - BUB-RL - in der ab dem 15. Mai 2005 geltenden Fassung, zum anderen aus der in Anlage A Ziffer 2 § 1 Satz 3 zur BUB-RL enthaltenen Verweisung auf die "einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV)" sowie schließlich aus den über Anlage A Ziffer 2 § 2 der BUB-RL und § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BtMVV in Bezug genommenen "Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation [ ], die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden", wie sie in den "Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" (BÄK-RL) niedergelegt sind.
aa) Für die sog. Take-Home-Verordnungen sah § 5 BtMVV in der im Jahre 2005 geltenden Fassung folgende Regelungen vor:
Abs. 5: Der Arzt, der ein Substitutionsmittel für einen Patienten verschreibt, darf die Verschreibung außer in den in Absatz 8 genannten Fällen nicht dem Patienten aushändigen. Die Verschreibung darf nur von ihm selbst, seinem ärztlichen Vertreter oder durch das in Absatz 6 Satz 1 bezeichnete Personal der Apotheke vorgelegt werden.
Abs. 8: Der Arzt oder sein ärztlicher Vertreter in der Praxis kann abweichend von den Absätzen 5 bis 7 dem Patienten eine Verschreibung über die für bis zu sieben Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels aushändigen und ihm dessen eigenverantwortliche Einnahme erlauben, sobald und solange der Verlauf der Behandlung dies zulässt und dadurch die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden. Bei der ärztlichen Entscheidung nach Satz 1 ist dafür Sorge zu tragen, dass aus der Mitgabe des Substitutionsmittels resultierende Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung so weit wie möglich ausgeschlossen werden. Die Aushändigung der Verschreibung ist insbesondere dann nicht zulässig, wenn die Untersuchungen und Erhebungen des Arztes Erkenntnisse ergeben haben, dass der Patient 1. Stoffe konsumiert, die ihn zusammen mit der Einnahme des Substitutionsmittels gefährden, 2. unter Berücksichtigung der Toleranzentwicklung noch nicht auf eine stabile Dosis eingestellt worden ist oder 3. Stoffe missbräuchlich konsumiert. Für die Bewertung des Verlaufes der Behandlung ist im Übrigen der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Wissenschaft maßgebend. In begründeten Ausnahmefällen kann der Arzt unter den in Satz 1 bis 3 genannten Voraussetzungen zur Sicherstellung der Versorgung bei Auslandsaufenthalten des Patienten diesem Verschreibungen des Substitutionsmittels über eine Menge für einen längeren als in Satz 1 genannten Zeitraum aushändigen und ihm dessen eigenverantwortliche Einnahme erlauben. Diese Verschreibungen dürfen in einem Jahr insgesamt die für bis zu 30 Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels nicht überschreiten. Sie sind der zuständigen Landesbehörde unverzüglich anzuzeigen. Jede Verschreibung nach Satz 1 oder Satz 5 ist dem Patienten im Rahmen einer persönlichen ärztlichen Konsultation auszuhändigen.
Ergänzend hierzu sah Ziffer 9 BÄK-RL in der im Jahre 2005 geltenden Fassung vor: Sofern dem Patienten seit mindestens 6 Monaten ein Substitutionsmittel verschrieben und zum unmittelbaren Verbrauch überlassen wurde und seit mindestens 3 Monaten nach sorgfältiger Prüfung kein Anhalt dafür besteht, dass der Patient Stoffe gebraucht, deren Konsum nach Art oder Menge die eigenverantwortliche Einnahme des Substitutionsmittels nicht erlaubt und der klinische Eindruck des Patienten stabil ist, ist eine "Take-home-Verordnung" zulässig. In Ausnahmefällen darf mit besonderer Begründung von den genannten Zeiten abgewichen werden. Dies bedarf der besonderen Dokumentation.
Wegen des hohen Missbrauchrisikos von "Take-home-Verordnungen" obliegt dem behandelnden Arzt eine besondere Verantwortung. Die "Take-home-Verordnung" muss auf Substituierte beschränkt bleiben, bei denen die psychosoziale Reintegration entsprechend fortgeschritten ist und bei denen für eine Selbst- oder Fremdgefährdung durch Beigebrauch oder nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substitutionsmittels keine Hinweise bestehen.
In der Regel sollte eine "Take-home-Verordnung" zunächst nur für kurze Zeiträume erfolgen, sie kann ggf. schrittweise erhöht werden. Die Ausschöpfung des vollen durch die BtMVV gesetzten Rahmens der "Take-home-Verordnung" ist nur zu vertreten, wenn eine eindeutige berufliche, familiäre, soziale oder medizinische Notwendigkeit besteht.
Die Entscheidung zur "Take-home-Verordnung" soll in Absprache mit der psychosozialen Betreuungsstelle erfolgen. Die Gründe für die "Take-home-Verordnung" und der Verlauf der Behandlung, der eine "Take-home-Verordnung" zulässt und notwendig macht, sind zu dokumentieren.
Die Behandlung einer chronischen Erkrankung setzt regelmäßige Kontakte zwischen dem Arzt und dem Patienten voraus. Im Rahmen der "Take-home-Verordnung" soll der Arzt mindestens einmal pro Woche ein persönliches Gespräch mit dem Patienten führen und bei Bedarf eine klinische Untersuchung sowie eine Urinkontrolle durchführen, um ggf. auf Veränderungen der Situation bzw. des Verhaltens des Patienten reagieren zu können, z. B. durch Beschränkung der "Take-home-Verordnung". In diesem Zusammenhang soll dann auch die kontrollierte Einnahme des Substitutionsmittels für diesen Tag stattfinden.
Insbesondere im Hinblick auf eine "Take-home-Verordnung" muss der behandelnde Arzt den Patienten umfassend aufklären über:
- die Gefahren für andere Personen, besonders die Gefahr für Kinder
- die (kinder-)sichere Lagerung des Substitutionsmittels.
Die ihm daraus erwachsenden Pflichten hat der Kläger ebenfalls in verschiedener Hinsicht verletzt.
Zunächst hat – nach eigenem Bekunden – "jeder Patient" für die erste Urlaubswoche des Klägers die Substitutionsmittel erhalten, um sie zuhause eigenständig anzuwenden. Dass die nach Ziffer 9 BÄK-RL erforderliche Mindestsubstitutionszeit von 6 Monaten bei allen Substitutionspatienten des Klägers Ende Juni 2005 verstrichen war, ist nicht nachgewiesen. Bezüglich der 12 Patienten, deren Substitutionsbehandlung durch den Kläger erst im Laufe des Jahres 2005 begann, ist nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen die 6-Monats-Frist nicht erfüllt. Soweit der Kläger behauptet, ein Großteil seiner Patienten habe die Substitutionsbehandlung bei einem anderen Arzt begonnen, obliegt es ihm, die Namen der Patienten und die Dauer der Vorbehandlung mitzuteilen. Ohne diese Angaben ist weder der Beklagten noch dem Senat eine Überprüfung seiner Behauptung möglich.
Darüber hinaus ist nicht nachgewiesen, dass – wie von Ziffer 9 BÄK-RL verlangt – innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten vor der Take-Home-Verordnung keine Anhaltspunkte für schädlichen Beikonsum und für eine klinische Instabilität des Patienten bestanden haben dürfen. Auch dieses Tatbestandsmerkmal kann nur anhand entsprechender Angaben des Klägers überprüft werden. Auch hierzu fehlt es an jeglichem Vorbringen der Klägerseite.
Gleiches gilt für die schrittweise Erhöhung der Zeiträume, für die eine Take-Home-Verordnung erfolgt, für die Absprache mit der psychosozialen Betreuungsstelle, für das einmal wöchentlich mit dem Patienten zu führende Gespräch, für die vorgeschriebenen Dokumentationen sowie die weiteren nur bei Bedarf vorzunehmenden Kontrollen.
Die Beklagte durfte daher mit Recht davon ausgehen, dass in keinem einzigen Fall die Voraussetzungen für eine Take-Home-Verordnung vorgelegen haben.
bb) Die Regelungen u.a. über die zeitweilige Substitutionsbehandlung durch einen vertretenden Arzt finden sich in § 5 Abs. 9 BtMVV in der im Jahre 2005 geltenden Fassung:
Patienten, die die Praxis des behandelnden Arztes zeitweilig oder auf Dauer wechseln, hat der behandelnde Arzt vor der Fortsetzung der Substitution auf einem Betäubungsmittelrezept eine Substitutionsbescheinigung auszustellen. Auf der Substitutionsbescheinigung sind anzugeben: 1. Name, Vorname und Anschrift des Patienten, für den die Substitutionsbescheinigung bestimmt ist, 2. Ausstellungsdatum, 3. das verschriebene Substitutionsmittel und die Tagesdosis, 4. Beginn des Verschreibens und der Abgabe nach den Absätzen 1 bis 7 und gegebenenfalls Beginn des Verschreibens nach Absatz 8, 5. Gültigkeit: von/bis, 6. Name des ausstellenden Arztes, seine Berufsbezeichnung und Anschrift einschließlich Telefonnummer, 7. Unterschrift des ausstellenden Arztes. Die Substitutionsbescheinigung ist mit dem Vermerk "Nur zur Vorlage beim Arzt" zu kennzeichnen. Teil I der Substitutionsbescheinigung erhält der Patient, Teil II und III verbleibt bei dem ausstellenden Arzt. Nach Vorlage des Teils I der Substitutionsbescheinigung durch den Patienten und Überprüfung der Angaben zur Person durch Vergleich mit dem Personalausweis oder Reisepass des Patienten kann ein anderer Arzt das Verschreiben des Substitutionsmittels fortsetzen; erfolgt dies nur zeitweilig, hat der andere Arzt den behandelnden Arzt unverzüglich nach Abschluss seines Verschreibens schriftlich über die durchgeführten Maßnahmen zu unterrichten.
Auch diese Vorgaben hat der Kläger in grober Form missachtet. So hat er seinem Patienten P-C L am 24. Juni 2005 einen "Überweisungs-/Abrechnungsschein" nach Muster 6 der Anlage 2 zum BMV-Ä/EKV-Ä (Vordruckvereinbarung) zur "Überweisung an Substitutions-Arzt" mit dem Auftrag "ab 29.06. - 18.07.2005 braucht d. o.g. Pat. 20ml Methadon (10ml - 0 - 10ml)" ausgehändigt. Dies erweist sich in mehrfacher Hinsicht als fehlerhaft. Hierbei lässt der Senat mangels weiterer Ermittlungen zum Sachverhalt zunächst unberücksichtigt, dass der o.g. Versicherte auf der von der Beklagten erstellten und auf den Angaben des Klägers beruhenden Liste mit dessen 24 im August 2005 behandelten Patienten nicht aufgeführt ist, was eine ungenehmigte Substitutionsbehandlung nahe legt. Neben der offenkundigen Verwendung des falschen Vordrucks muss sich der Kläger vorhalten lassen, dass sämtliche nach § 5 Abs. 9 Satz 2 Nr. 4 BtMVV erforderlichen Angaben fehlen und die Tagesdosis entgegen Ziffer 10 BÄK-RL nicht in der Einheit "mg", sondern in "ml" bezeichnet wurde.
cc) Gründe, dass der Kläger bei den Pflichtverletzungen, die speziell anlässlich der Substitutionsbehandlung auftraten, nicht schuldhaft gehandelt hat, sind weder von ihm vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
c) Die vom Kläger hiergegen erhobenen weiteren Einwände greifen nicht durch.
aa) Auf die Frage, ob bei der Beklagten ab dem 29. Juni 2005 tatsächlich zahlreiche Anrufe von Patienten und Kollegen des Klägers eingegangen sind, kommt es nach dem oben Gesagten nicht an.
bb) Fehl geht der Kläger in der Annahme, er müsse im derzeitigen Verfahrensstand keine Unterlagen mehr einreichen bzw. Angaben tätigen. Zwar trifft seine Annahme zu, dass für die rechtliche Beurteilung einer (reinen) Anfechtungsklage – wie im vorliegenden Fall – die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 10. A., § 54 Rd. 33 m.w.N.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Tatsachenmaterial bzw. Beweismittel, die zu diesem Zeitpunkt von keinem der Verfahrenbeteiligten herangezogen worden waren, danach nicht mehr ins Verfahren eingeführt werden dürften. Dem steht bereits der das sozialgerichtliche Verfahren prägende Amtserforschungsgrundsatz (§ 103 SGG) entgegen, der eine Präklusion von Erklärungen und Beweismitteln nur im Rahmen von § 106a SGG erlaubt. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung sind im Falle des Klägers schon deshalb nicht gegeben, weil er eine gesetzlich nicht vorgesehene Präklusion zu Lasten der beklagten Behörde anstrebt.
III) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2, 161 Abs. 2 S. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Soweit die Beklagte in dem übereinstimmend für erledigt erklärten Teil nachgegeben hat, betrifft ihr Unterliegen nur einen geringen Teil, der im Rahmen der Kostenentscheidung nicht zum Tragen kommt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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