L 22 R 832/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 22 R 548/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 832/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. Juni 2011 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind weder für das Klage- noch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - die Verpflichtung der Beklagten, weitere Entgelte für Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1970 bis 1978 sowie 1980 bis 30. Juni 1990 für erhaltene Jahresendprämien festzustellen.

Der 1942 geborene Kläger, der berechtigt ist, den Grad eines Ingenieurs für Schiffsmaschinenanlagen zu führen (Urkunde der Ingenieurschule für Schiffstechnik "E" W vom 18. Juli 1969), war im streitigen Zeitraum ab dem 15. Mai 1970 im VEB C B als Technischer Direktor (ab 01. Januar 1975, im Jahr 1979 als Betriebsteildirektor) und Technischer Leiter (ab 01. Januar 1983) beschäftigt; ab dem 01. Juli 1991 war er tätig als Geschäftsführer der C GmbH B, dem Nachfolgebetrieb des VEB C (weitere, spätere Firmennamen: VEB S B, VEB S, ab 01. Juli 1990: S).

Mit Feststellungsbescheid vom 20. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2007 stellte die Beklagte die im Zeitraum vom 01. September 1969 bis 28. Februar 1970, 15. Mai 1970 bis 31. Dezember 1978 sowie vom 01. Januar 1980 bis zum 30. Juni 1990 erzielten Entgelte des Klägers als im Rahmen der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) erzielte Entgelte fest.

Im Februar 2008 beantragte der Kläger die Überprüfung des Feststellungsbescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), da nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) (B 4 RS 4/06 R) nunmehr auch Jahresendprämien zu berücksichtigen seien. In den Jahren 1970 bis 2007 habe er als technischer Leiter und Geschäftsführer Technik/Produktion jährlich eine Jahresendprämie, und zwar von 1970 bis 1986 in Höhe von 8 %, von 1977 bis 1983 in Höhe von 12 %, von 1984 bis 1990 in Höhe von 8 % und von 1991 bis 2007 in Höhe von 14 % des Bruttoeinkommens der letzten zwölf Monate erhalten. Eine Bescheinigung darüber liege nicht mehr vor.

Die Beklagte zog die Sozialversicherungsausweise des Klägers bei und erhielt von der C GmbH die Auskunft, dass keine Prämienzahlungen mehr nachgewiesen werden könnten, Unterlagen lägen nicht mehr vor. Die R teilte mit, dass sie als Dienstleister für die Archivgutverwaltung der Bundesanstalt für Vereinigungsbedingte Sonderaufgaben entsprechend ihren Recherchen mitteilen könne, dass sich bezüglich des ehemaligen VEB Schreibgeräte BT Heiko, PS Cleo, B, keine Unterlagen in ihrem Archiv befänden. Ein Rechtsnachfolger sei nicht bekannt.

Mit Bescheid vom 04. September 2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Ein Anspruch auf Jahresendprämie habe nahe nach § 117 Abs. 1 Arbeitsgesetzbuch der DDR (AGB DDR) bestanden, wenn die Zahlung einer Jahresendprämie für das Kollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war und das Arbeitskollektiv und der Werktätige die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hätten und der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes gewesen sei. Die Höhe der Jahresendprämie des Einzelnen sei von der Erfüllung der Leistungskriterien abhängig gewesen. Die Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen sei vom Betriebsleiter nach Beratung im Arbeitskollektiv festgelegt worden. Die Festlegung habe der Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung bedurft. Aus diesen Ausführungen werde deutlich, dass sowohl der Anspruch als auch die Höhe der Jahresendprämie von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen sei, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Aus diesen Gründen könne eine pauschale Berücksichtigung von Jahresendprämien nicht erfolgen. Die Ermittlung bei der Nachfolgeeinrichtung sei ohne Erfolg geblieben. Der Kläger selbst verfüge nicht mehr über entsprechende Nachweise. Der mangelnde Nachweis eines Umstandes gehe nach dem im Sozialgerichtsprozess geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der sich darauf berufe. Daher verbleibe es bei dem Bescheid vom 20. März 2007.

Den Widerspruch des Klägers, den dieser damit begründete, dass er die Auszahlung sowie die Gewährung und Höhe der Jahresendprämie eidesstattlich erklären und damit glaubhaft machen könne, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2009 zurück. Ergänzend wurde im Widerspruchsbescheid zur Begründung ausgeführt, dass ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, der es ermöglichen würde, die Zahlung und die Höhe der Verdienste glaubhaft erscheinen zu lassen, nach den eigenen Angaben des Klägers sogar Zeugenerklärungen nicht beigemessen werden könne, insbesondere, weil die zu beweisenden Tatsachen bereits länger als 20 Jahre zurücklägen. Die Vorschriften des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) enthielten keine Regelungen über die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung, weshalb die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht erfüllt seien. Die Abnahme einer solchen Erklärung sei deshalb nicht zulässig.

Hiergegen hat der Kläger am 15. Dezember 2009 beim Sozialgericht Neuruppin (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die angegebenen Zahlen in Höhe von 8 % respektive 12 % die Anteile an der Bruttolohnsumme für den gesamten Betrieb darstellten, in deren Höhe der Betrieb Ansprüche auf Zuführungen zum Prämienfonds gemäß den Geschäftsberichten gehabt habe. Dies sei nicht sein persönlicher Anteil gewesen, sondern der Anteil der Gesamtzuführung zum Prämienfonds. In dieser Höhe sei die Jahresendprämie durchschnittlich an die Mitarbeiter ausgezahlt worden, wobei zwischen den einzelnen Mitarbeitern aber auch differenziert worden sei. In welcher Höhe genau er die Jahresendprämie bekommen habe, wisse er nicht mehr. Er glaube aber, dass er zwischen 140 und 160 % eines Monatslohns bekommen habe, also anderthalb Monatsgehälter. Die Jahresendprämie habe er bar ausgezahlt bekommen, und zwar nicht zusammen jeweils mit dem Monatslohn, sondern zu einem gesonderten Termin, meist im Februar oder März des Folgejahres. Er sei sich sicher, dass er jedes Jahr eine solche Jahresendprämie bekommen habe. Er sei sich auch sicher, dass auch die anderen Mitarbeiter im Betrieb in diesen Jahren eine Jahresendprämie bekommen hätten. In den Personalakten seien Listen geführt worden, was jeder einzelne Mitarbeiter an Jahresendprämien erhalten habe. Darin wurde auch die Gesamtsumme der Jahresendprämien aufgeführt. Diese Liste habe als eine Art Leistungsnachweis gedient. Diese Listen seien später – im Jahr 1992 – aus den Personalakten entfernt worden. Diese Listen lägen daher nicht mehr vor.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 04. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2009 Rente unter Berücksichtigung der höheren Arbeitsentgelte durch Anerkennung der Jahresendprämie in Höhe von 8 % des Bruttojahresentgelts für die Jahre 1970 bis 1976, in Höhe von 12 % für die Jahre 1977 bis 1978 und 1980 bis 1983 sowie in Höhe von 8 % für die Jahre 1984 bis 1990 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

In der öffentlichen Sitzung des SG Neuruppin vom 24. Juni 2011 ist der Zeuge G S vernommen worden, der in der Zeit von 1956 bis 1988 im Betrieb des Klägers als Hauptbuchhalter tätig gewesen war. Wegen der Einzelheiten seiner Aussage wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 24. Juni 2011 (Bl. 15 ff. der Gerichtsakten) Bezug genommen.

Durch Urteil des SG vom 24. Juni 2011 ist die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2009 verpflichtet worden, unter Abänderung des Bescheides vom 20. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2007 die in den Jahren 1972 bis 1978 sowie 1980 bis 1990 zugeflossene Jahresendprämie als zusätzlichen Verdienst wie folgt festzustellen: Das jeweils im Vorjahr im Bescheid vom 20. März 2007 festgestellte Jahresarbeitsentgelt wird durch 12 geteilt und zu 100 % als nachgewiesener Verdienst sowie zu weiteren 40 % als glaubhaft gemachter Verdienst (5/6 von 40 %) zusätzlich berücksichtigt. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 117 Abs. 1 AGB DDR in dem tenorierten Umfang erfüllt seien, was sich aus den glaubhaften Angaben des Klägers und des Zeugen S ergäbe. Es bleibe daher ohne Belang, dass keine Unterlagen mehr hinsichtlich der Prämienzahlungen hätten vorgelegt werden können. Nach den übereinstimmen Angaben des Klägers und des Zeugen habe es für jeden Mitarbeiter des VEB C B, der während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes gewesen sei, in den Jahren 1972 bis 1988 eine Jahresendprämie gegeben. Die Kammer sehe keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln. Der Kläger sei als technischer Leiter der "dritte Mann" innerhalb des VEB C B gewesen und sei in dieser Stellung maßgeblich für die herausragenden Ergebnisse mitverantwortlich gewesen. Er habe so einen wesentlichen Anteil am Erfolg gehabt. Die Kammer halte es angesichts der Angaben des Zeugen auch für erwiesen, dass an die Mitarbeiter des VEB C B in den Jahren 1972 bis 1988 eine jährliche Jahresendprämie in Höhe von mindestens 100 % eines durchschnittlichen Monatsgehalts gezahlt worden sei. Der Zeuge wie der Kläger hätten überzeugend dargelegt, dass aufgrund der herausragenden Ergebnisse des Betriebes die Zuteilung zum Prämienfonds jeweils in voller Höhe erfolgt sei. Deshalb habe an jeden Mitarbeiter des Betriebes in dieser Zeit eine Jahresendprämie in Höhe von mindestens 100 % eines Monatsgehalts gezahlt werden können. Selbst auf mehrfache Nachfrage sei sich der Zeuge ganz sicher gewesen, dass seit 1972 jährlich keinesfalls weniger als 100 % eines Monatsverdienstes als Jahresendprämie gezahlt worden sei. Die Kammer hat es darüber hinaus für glaubhaft gehalten, dass an den Kläger in den Jahren 1972 bis 1988 weitere 40 % eines Monatsgehalts als Jahresendprämie gezahlt worden seien. Diese seien daher in Höhe von 5/6 als glaubhaft gemachtes Arbeitsentgelt festzustellen. Hinsichtlich der Anforderung an die Glaubhaftmachung orientiere sich die Kammer an § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X. Der Zeuge habe überzeugend dargelegt, dass über die Mindestzahlung von 100 % eines Monatsgehalts hinaus weitere Prozentsätze geleistet worden seien. Die genaue Höhe der Jahresendprämie sei dabei von der Leistung im Vorjahr und der Stellung innerhalb des Betriebes abhängig gewesen. So habe er selbst wie der Betriebsdirektor eine Jahresendprämie in Höhe von insgesamt zwei Monatsgehältern erhalten. Auch der Kläger habe eine sehr hohe Jahresendprämie erhalten. Diese könne ebenfalls im Bereich von zwei Monatsgehältern gelegen haben. Da jedoch weder der Kläger noch der Zeuge die exakte Höhe der einzelnen Jahresendprämien hätten darlegen können, sehe die Kammer diesen Teil als nicht nachgewiesen an. Sie halte es jedoch für glaubhaft gemacht, dass an den Kläger in den Jahren 1972 bis 1988 zumindest weitere 40 % eines Monatsgehalts geleistet worden seien. Dies ergebe sich zum einen aus der Aussage des Klägers, nach seinem Wissen jeweils 140 bis 160 % eines Monatsgehalts als Jahresendprämie erhalten zu haben. Dies habe zum anderen der Zeuge bestätigt, wenn er angebe, dass die Jahresendprämien des Klägers als "dritter Mann" im Betrieb in einem sehr hohen Bereich gelegen hätten und seinen eigenen nahe gekommen seien. Die Kammer hat diese Zahlung von Jahresendprämien an den Kläger im oben dargelegten Umfang auch für die Jahre 1989 und 1990 für nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht gehalten. Soweit der Kläger die Feststellung der Jahresendprämie als zusätzliches Arbeitsentgelt auch für die Jahre 1970 und 1971 begehrt hat, hat die Kammer dies weder für nachgewiesen noch für glaubhaft gemacht gehalten, da der Kläger seine Tätigkeit bei dem VEB C B erst am 15. Mai 1970 aufgenommen habe. Er habe daher in den Jahren 1970 und 1971 noch keine Jahresendprämien erhalten können. Denn er sei erst im Jahr 1971 das erste Mal ein volles Kalenderjahr in seinem Beschäftigungsbetrieb tätig gewesen. Demgemäß habe auch erst im Frühjahr 1972 zum ersten Mal eine Jahresendprämie gewährt werden können.

Gegen die ihr am 03. August 2011 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 09. August 2011 Berufung beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor, dass Aussagen allgemeiner Art, wie diejenige, dass Prämien im Betrieb gezahlt worden seien, dass diese etwa einem Monatslohn entsprochen hätten und dass der Kläger die Prämie erhalten habe, weil auch der Zeuge eine Prämie erhalten habe, nicht geeignet seien, die Zahlung einer Prämie nachzuweisen oder glaubhaft zu machen; denn damit sei eine Prämienzahlung an den Kläger allenfalls dem Grunde nach glaubhaft, jedoch nicht der Höhe nach. In Anbetracht der Umstände des Einzelfalls möge es zwar glaubhaft sein, dass dem Kläger eine Jahresendprämie tatsächlich zugeflossen sei. Da Prämien jedoch ein nicht sozialversicherungspflichtiger Einkommensbestandteil gewesen seien, stelle das BSG in seinem Urteil vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R) zutreffend nur auf den Nachweis des Zuflusses ab. Für eine Glaubhaftmachung gebe es dagegen keine gesetzliche Grundlage. Die Ausnahmetatbestände der §§ 286, 286 b, 203 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) griffen hier nicht ein, ebenso wenig wie die Vorschrift des § 256 a Abs. 3 Satz 3 SGB VI. § 23 SGB X und auch § 6 Abs. 5 AAÜG begründeten keine eigenständigen Möglichkeiten der Glaubhaftmachung. Sie würden auf die allgemeinen Vorschriften des SGB VI verweisen, was auch für § 6 Abs. 6 AAÜG gelte. Die Vorschriften der Glaubhaftmachung seien abschließend und nicht analogiefähig, da es sich um gesetzliche Ausnahmetatbestände von der Erbringung des Vollbeweises handele, welche nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen angewandt werden könnten. Die Darlegungen des Klägers seien nicht geeignet, über die Glaubhaftmachung hinaus den Vollbeweis zu erbringen. Da somit keine geeigneten Beweismittel für die Prämienzahlung vorlägen, könnten diese auch nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) berücksichtigt werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. Juni 2011 aufzuheben und die Klage vollends abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Auf Nachfrage durch den Berichterstatter haben sich schriftlich die vom 01. Januar 1965 bis zum 30. November 1995 im VEB C B als kaufmännische Angestellte bzw. Sekretärin beschäftigt gewesene Frau G F (06. Juni 2012 und 20. September 2012) sowie ebenfalls schriftlich der Zeuge G S (unter dem 12. September 2012 und 19. September 2012) geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der bei gezogenen Verwaltungsakte der Beklagten () Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht die Beklagte – in dem tenorierten Umfang – verurteilt, Jahresendprämien für die Jahre 1972 bis 1978 sowie 1980 bis 1990 als zusätzlichen Verdienst festzustellen. Der Bescheid der Beklagten vom 04. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 44 SGB X, die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide den Bescheid vom 20. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2007 teilweise zurück zu nehmen und bei dem Kläger für die Zeit seiner Zugehörigkeit zur AVtI in den Jahren 1972 bis 1978 sowie 1980 bis 1990 höhere Entgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien festzustellen. Denn die Beklagte hat in diesen Bescheiden weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Die von der Beklagten im Bescheid vom 20. März 2007 festgestellten Arbeitsentgelte sind richtig festgestellt worden.

Anspruchsgrundlage für die Feststellung zusätzlicher Arbeitsentgelte ist § 8 AAÜG, wonach der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt derjenigen Mitteilung bekannt zu geben hat, die dem an diese Mitteilung gebundenen, für die Erfüllung der Aufgaben der Rentenversicherung zuständigen Rentenversicherungsträger zu übermitteln ist, das heißt die Zeiten der Zugehörigkeit des Berechtigten zu einem Zusatzversorgungssystem, das daraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt, die Arbeitsausfalltage sowie nach Anwendung der §§ 6 und 7 AAÜG die sich daraus ergebenden tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer besonderen Beitragsbemessungsgrenze. Vorliegend hatte die Beklagte bereits mit Bescheid vom 20. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2007 Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zum Zusatzversorgungssystem der AVtI für die Zeit vom 01. September 1969 bis zum 28. Februar 1970 sowie vom 15. März 1970 bis zum 31. Dezember 1978 und vom 01. Januar 1980 bis zum 30. Juni 1990 sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat die Beklagte dabei zu Recht nicht berücksichtigt.

Grundsätzlich sind nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R, veröffentlicht in juris), der sich das Gericht anschließt, Jahresendprämien als einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV und damit als Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG berücksichtigungsfähig, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebes für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung gehandelt hat. Das BSG führt in der o. g. Entscheidung unter anderem aus (Rz. 19, 30 und 42, jeweils zitiert nach juris):

" ...Der Gesetzestext besagt nur, dass den Pflichtbeitragszeiten iS des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) ua das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem"aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist.

In der DDR konnten die Werktätigen (= Arbeitnehmer iS des bundesdeutschen Rechts) unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw -entgeltserhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung". Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag (nachfolgend: BKV; vergleichbar mit dem Firmentarifvertrag des bundesdeutschen Rechts) vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen und damit auch für die Jahresendprämie

Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war deshalb auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie (Arbeitsrecht - Lehrbuch, aaO, S 194). Nach § 117 Abs 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im BKV vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war.

Ferner hängt - wie gesagt - die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, davon ab, dass der Empfänger damals die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast "

Der Kläger hat weder bewiesen, dass er als Empfänger von Jahresendprämien die nach den Rechtsvorschriften der DDR notwendigen Voraussetzungen für die Zahlung einer Jahresendprämie in jedem einzelnen Jahr, für das er eine solche Prämie geltend macht, erfüllt hat; noch hat der Kläger bewiesen, in welcher Höhe ihm ein jeweils konkret bestimmter Betrag als Jahresendprämie in den Jahren 1972 bis 1978 sowie 1980 bis 1990 tatsächlich zugeflossen ist.

Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, das heißt an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, ist unter Umständen auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben, was sich aus § 6 Abs. 6 AAÜG ergibt. Darin heißt es:

Wird ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht, wird der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, dies auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie er behauptet wird; gewisse noch verbleibende Zweifel sind unbeachtlich (vgl. von Wulffen/Wiesner, SGB X, § 23 Rz. 2 m.w.N.).

Allerdings verhilft auch die Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG dem Kläger nicht zum Erfolg.

Schon die nach den Rechtsvorschriften der DDR notwendigen Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf eine Jahresendprämie lassen sich hier nicht zweifelsfrei feststellen.

§ 117 AGB-DDR (GBl. I 1977 S. 185, gemäß § 1 des Einführungsgesetzes zum AGB-DDR – GBl. I 1977 S. 228 – in Kraft ab dem 01. Januar 1978) lautete: "(1) Anspruch auf Jahresendprämie besteht, wenn die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehört, im Betriebskollektivvertrag vereinbart ist, der Werktätige und das Arbeitskollektiv, dem er angehört, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt haben und der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes war. (2) Der Betriebsleiter entscheidet mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung über die Gewährung der anteiligen Jahresendprämie in weiteren gesellschaftlich gerechtfertigten Fällen. (3) War der Werktätige während des Planjahres wegen Krankheit vorübergehend arbeitsunfähig, erhält er Jahresendprämie entsprechend seiner in diesem Jahr erbrachten Gesamtleistung. (4) Bei schwerwiegender Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin oder der staatsbürgerlichen Pflichten kann die Jahresendprämie entsprechend den Rechtsvorschriften gemindert werden oder entfallen.

§ 118 AGB-DDR lautete: "(1) Die Voraussetzungen für die Gewährung und die Höhe der Jahresendprämie sind entsprechend den Rechtsvorschriften im Betriebskollektivvertrag zu vereinbaren. (2) Die Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen wird vom Betriebsleiter nach Beratung im Arbeitskollektiv festgelegt. Die Festlegung bedarf der Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung. (3) " Für die Zeit zuvor – ab dem 01. Dezember 1966 – sah § 53 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzbuches der Arbeit der DDR (GBl. I 1966 S. 111) zur "Prämiierung" vor: "(1) Die Ausarbeitung der Pläne mit hoher, den gesellschaftlichen Erfordernissen entsprechender Zielstellung und ihre Erfüllung ist die Grundlage für die Bildung des Prämienfonds. (2) Die Prämienmittel sind so zu verwenden, daß die Werktätigen an hohen individuellen Arbeitsleistungen und durch kollektive Zusammenarbeit an hohen Ergebnissen des Betriebes, insbesondere im sozialistischen Wettbewerb, vor allem über die Jahresendprämie, interessiert werden. (3) Ausgehend von den staatlichen Planaufgaben und ihrer Aufschlüsselung auf die Arbeitskollektive sind für die Gewährung von Prämien Kriterien festzulegen, die von den Werktätigen direkt zu beeinflussen und abrechenbar sind. (4) Die Prämiierungsbedingungen sind unter Einbeziehung der Werktätigen auszuarbeiten und im Betriebskollektivvertrag zu vereinbaren. (5) Die Prämiierung erfolgt durch den Betriebsleiter. Sie bedarf der Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung. Die Prämiierung ist in würdiger Form vorzunehmen. (6) "

Betriebskollektivverträge des Beschäftigungsbetriebes des Klägers, mit dem diese gesetzlichen Vorgaben konkret umgesetzt worden sind, konnten für die hier entscheidungserheblichen Jahre 1972 bis 1978 sowie 1980 bis 1990 nicht mehr ermittelt werden. Es konnten lediglich noch eine "Betriebsprämienordnung 1971" des VEB C B W, deren Gültigkeit ausschließlich auf das "Planjahr 1971" begrenzt war (S. 9 dieser Betriebsprämienordnung), sowie eine "Ordnung über die Bildung und Verwendung des Betriebsprämienfonds im VEB Schreibgeräte" vom 7. Februar 1972, deren Gültigkeit "vorerst" auf das "Planjahr 1979" begrenzt war, beigezogen werden. Da die Gültigkeit jeweils auf das Planjahr beschränkt war, bieten sie keine Grundlage für die streitgegenständlichem Zeiträume.

Insoweit fehlt es an einem Maßstab, an dem überhaupt der behauptete Bezug einer Jahresendprämie beurteilt werden könnte. Ohne Kenntnis der betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen zu den Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie und den Berechnungsmethoden und Kennziffern zur Erreichung einer Jahresendprämie lässt sich nicht feststellen, ob der Kläger überhaupt Anspruch auf eine Jahresendprämie und in welcher Höhe gehabt hat.

Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des AGB-DDR. So legte die Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe (vom 09. September 1982 – GBl. DDR I Nr. 34 S. 555 – PrämienfondsVO) in § 9 fest, wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte. Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben, die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren und die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 9 Abs. 3 der Prämienfonds-VO). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigte war in der Regel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen Prämienmittel erarbeitet hatte. Für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 PrämienfondsVO). Hervorzuheben ist dabei, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren war (vgl. § 9 Abs. 3 S. 1 PrämienfondsVO), wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe (vom 09. September 1982, GBl. I Nr. 34 S. 598, in der Fassung der 2. DB vom 03. Februar 1986, GBl. I Nr. 6 S. 50 - 1. DB zur PrämienfondsVO) zu treffen waren. Danach spielten z. B. der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader in den Betrieben und dessen "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§ 6 Abs. 2 der 1. DB zur PrämienfondsVO). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§ 6 Abs. 3 der 1. DB zur PrämienfondsVO). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen abhängig war (§ 6 Abs. 5 der 1. DB zur PrämienfondsVO).

Ob die rechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Jahresendprämie durch den Kläger in den geltend gemachten Jahren vorgelegen hatten oder nicht, lässt sich auch nicht nach den Erklärungen des Klägers selbst oder denen des Zeugen Sch feststellen. Der Kläger selbst hat dazu nichts Konkretes vorgetragen. Der Zeuge Schönefeld konnte nur sagen, dass es Betriebskollektivverträge gab und ging davon aus, dass die Kriterien einer Jahresendprämie dort geregelt waren, ohne diese im Einzelnen benennen zu können. Er äußerte, dass sich die Höhe der an die Mitarbeiter gezahlten Jahresendprämie grundsätzlich an der Planerfüllung orientiert habe und an weiteren Kriterien wie "ganzjähriger Beschäftigung, Krankheitszeiten, Erfüllung der Wettbewerbsprogramme usw.". In welchem Jahr welche konkrete Erfüllungsquoten durch den Betrieb und dann konkret durch den Kläger erreicht worden waren, konnte er nicht sagen. Er konnte lediglich – unter Bezugnahme auf die Stellung des Klägers als technischer Betriebsleiter – mitteilen, dass der Kläger im Besonderen für die Erfüllung der Betriebsergebnisse verantwortlich gewesen sei und also einen wesentlichen Anteil am Erfolg des Betriebes, der wegen der guten ökonomischen Ergebnisse, insbesondere auch im Export, ein Vorzeigebetrieb in der DDR gewesen sei, gehabt habe.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere der Aussagen der Zeugen, ist auch - weder im Sinne eines Vollbeweises noch im Sinne einer Glaubhaftmachung - festzustellen, in welcher Höhe dem Kläger in den Jahren 1972 bis 1978 sowie 1980 bis 1990 Jahresendprämien gezahlt worden sind.

Nach den Aussagen der Zeugin F und des Zeugen S steht lediglich fest, dass ihm Jahresendprämien ausgezahlt wurden und zwar in Bargeld.

Die Zeugin G konnte zur konkreten Höhe einer Prämie an den Kläger in den geltend gemachten Zeiträumen nichts aussagen, weil sie sich nicht mehr daran erinnern konnte, weder für sich selbst noch für andere Kollegen (Schreiben der Zeugin vom 06. Juni 2012 und 20. September 2012). Sie hat mitgeteilt, dass die Jahresendprämie, die es immer am Anfang des Jahres für das vergangene Jahr gegeben habe, alle Mitarbeiter erhalten hätten, auch die Betriebsleitung - so auch der Kollege W. Die Prämie sei durch zwei Kolleginnen - einige Male auch durch eine Kollegin und sie selbst - in bar ausgezahlt worden. Auch an den Kollegen W sei jährlich die Prämie ausgezahlt worden. Über die Höhe der Prämie, die in der Buchhaltung festgelegt worden sei, könne sie nach all den Jahren nichts erinnern, was sowohl für ihre eigene Prämie gelte als auch für die anderer Kollegen. Erst Ende des Jahres 2011 sei Herr W an sie herangetreten mit der Bitte, ob sie persönlich bestätigen könne, dass er - so wie alle anderen Kollegen - jährlich die Jahresendprämie erhalten habe. Dies bestätige sie hiermit.

Der Zeuge S hat mitgeteilt, dass er davon ausgehe, dass es einen Betriebskollektivvertrag gegeben habe und dass die Kriterien einer Jahresendprämie dort geregelt gewesen seien. Neben seinen Hinweisen zur Zuführung von Geldmitteln an den Prämienfonds hat er darüber hinaus mitgeteilt, dass die Prämie des Klägers stets weit über dem Durchschnitt gelegen habe. Über die Höhe der Prämie in den einzelnen Jahren könne er keine Angaben mehr machen. Die Auszahlung sei durch Barzahlung erfolgt. Die Frage, ob er bestätigen könne, dass jedem einzelnen Mitarbeiter des Betriebes eine Jahresendprämie in Höhe von immer mindestens 100 % seines Monatsgehalts für die Zeit von 1970 bis 1990 ausgezahlt worden sei, hat der Zeuge dahingehend beantwortet, dass er dies nicht könne; die Differenzierung sei von der Betriebsleitung und Betriebsgewerkschaftsleitung festgelegt worden. Seine Aussage vor dem SG, dass jeder Mitarbeiter immer mindestens 100 % seines Monatsgehalts bekommen habe, beziehe sich auf die Zuführung zum Jahresfonds. Die einzelne Jahresendprämie sei von der Betriebsleitung und Betriebsgewerkschaftsleitung festgelegt worden. Unter dem von ihm verwendeten Begriff des "Monatsverdienstes" sei der Monatsverdienst in Brutto ohne Abzüge als Berechnungsgrundlage zu verstehen. Für die Jahresendprämie habe es natürlich bestimmte Kriterien gegeben, z. B., ob der Mitarbeiter ganzjährig beschäftigt, dauerhaft oder länger krank gewesen sei, die Arbeitsleistungen die Norm erfüllt hätten, Wettbewerbsprogramme erfüllt worden seien usw. Die einzelnen, für die Zuführung von Mitteln zum Prämienfond verantwortlichen Leistungskriterien, wie Warenproduktion, Export, Neuererwesen usw. wisse er nicht mehr. Der Ermessenspielraum bei der Feststellung der Prämie habe sich aus der Erfüllung von Leistungskriterien ergeben, die am Jahresanfang im Wettbewerbsprogramm formuliert worden seien.

Unterlagen, die unmittelbar den Zufluss der Jahresendprämien in einer bestimmten Höhe an den Kläger beweisen würden, liegen nicht vor. Weder konnten Quittungen noch sonstige Lohnunterlagen oder andere Urkunden vorgelegt oder ermittelt werden, aus denen sich hieraus etwas für den hier streitigen Anspruch des Klägers ergibt. Weitere geeignete Beweismittel liegen nicht vor. Der Kläger selbst hat mitgeteilt, dass in den Personalakten Listen darüber geführt worden seien, was jeder einzelne Mitarbeiter an Jahresendprämien erhalten habe; darin sei auch die Gesamtsumme der Jahresendprämien aufgeführt gewesen. Diese Liste habe als eine Art Leistungsnachweis gedient. Diese Listen seien später – im Jahr 1992 – aus den Personalakten entfernt worden. Diese Listen lägen daher nicht mehr vor. Soweit er zur Höhe seiner Prämien "zwischen 140 bis 160 Prozent seines Monatslohnes, also etwa 1 ½ Monatsgehälter" angegeben hat, handelt es sich lediglich um eine Vermutung ("ich glaube "). Er selbst weiß es nicht mehr, was angesichts des lange zurückliegenden Zeitraumes der geltend gemachten Zahlungen auch durchaus glaubhaft ist.

Soweit der Kläger und der Zeuge S mitgeteilt haben, dass die Zuführung von Mitteln zum Prämienfonds "oft höher als 100 Prozent" (Schreiben des G S vom 19. September 2012) oder "8 bzw. 12 Prozent der Bruttolohnsumme für den gesamten Betrieb" (Angabe des Klägers in der öffentlichen Sitzung des SG vom 24. Juni 2011) betragen habe, ergibt sich hieraus nicht die konkrete Höhe einer Jahresendprämie des Klägers. Die individuelle Festlegung der Jahresendprämie für jeden einzelnen Beschäftigten erfolgte nach Angaben des Zeugen und des Klägers letztendlich durch den Betriebsleiter und die Betriebsgewerkschaftsleitung.

Diese Angaben des Zeugen S und des Klägers entsprechen den gesetzlichen Vorschriften der DDR hierzu: Nach § 118 Abs. 2 AGB-DDR und § 53 Abs. 5 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzbuches der Arbeit der DDR war die konkrete Höhe der Jahresendprämie ("die Prämiierung") des einzelnen Werktätigen durch den Betriebsleiter und nach Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung festzulegen. Für die Gewährung der Jahresendprämien an Betriebsdirektoren, Hauptbuchhalter, Fachdirektoren und andere leitende Mitarbeiter, zu denen auch der Kläger als technischer Betriebsleiter gehörte (Aussage des Zeugen G S in der Sitzung des SG vom 24. Juni 2011), gab es spezifische Festlegungen, die die Kriterien sowie die Verantwortung der jeweiligen übergeordneten Leiter zum Gegenstand hatten. So heißt es in § 10 der PrämienfondsVO:

"(1) Über die Prämiierung einschließlich der Gewährung der Jahresendprämie des Direktors und des Hauptbuchhalters des Betriebes entscheidet der Generaldirektor des Kombinats mit Zustimmung der Betriebsgewerkschaftsleitung. Über die Prämierung der Fachdirektoren und anderen leitenden Mitarbeiter der Betriebe entscheidet der übergeordnete Leiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung.

(2) Bei der Prämiierung der Generaldirektoren der Kombinate und der Direktoren der Betriebe sowie der leitenden Mitarbeiter der Kombinate und Betriebe ist von der allseitigen Planerfüllung in ihrem Verantwortungsbereich auszugehen. Als Hauptkriterium sind die Erfüllung der Exportaufgaben und die Verbesserung der Exportrentabilität zugrunde zu legen. Weitere Leistungskriterien sind insbesondere

- die Erfüllung der ökonomischen und wissenschaftlich-technischen Leistungsziele und Aufgaben des Planes Wissenschaft und Technik, - die vertragsgerechte Erfüllung der abgesetzten Warenproduktion nach Sortiment und Qualität, - die Einhaltung bzw. Unterschreitung der beauflagten materiellen und finanziellen Fonds, - die Erfüllung der Aufgaben zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen.

(3) Die Jahresendprämien der Generaldirektoren der Kombinate und der Direktoren der Betriebe sowie der leitenden Mitarbeiter der Kombinate und Betriebe sind konsequent nach der Leistung bei der Erfüllung der Kennziffern gemäß Abs. 2 zu differenzieren.".

In § 7 der 1. DB zur Prämienfonds-VO wird dann näher konkretisiert:

"(1) Als leitende Mitarbeiter im Sinne des § 10 der Verordnung gelten alle Leiter von Arbeitskollektiven. Die diesen Mitarbeitern vorzugebenden Leistungskriterien sind aus den Planaufgaben ihres Verantwortungsbereichs abzuleiten und unter Berücksichtigung der Zielstellungen im sozialistischen Wettbewerb festzulegen. Sie müssen die hohen Anforderungen an die Leitung sozialistischer Kollektive zum Ausdruck bringen. Die Höhe der Jahresendprämie richtet sich nach der Erfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien.

..."

Welche genauen Kennziffern für den Kläger galten, in welcher genauen Höhe er sie jeweils in welchem der geltend gemachten Jahre erfüllt hatte, lässt sich hier nicht feststellen. Soweit das SG im tenorierten Umfang zugunsten des Klägers Jahresendprämien festgestellt hat, beruhte dies zum einen auf der Aussage des Zeugen S über die Zuführung von Mitteln an den Prämienfonds. Dies lässt aber unter Berücksichtigung der genannten gesetzlichen Voraussetzungen für die Feststellung einer Jahresendprämie im Einzelfall keinen Schluss zu auf die konkrete Jahresendprämie, die dem Kläger in den geltend gemachten Zeiträumen möglicherweise ausgezahlt worden ist.

Soweit der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausgeführt hatte, dass jeder Mitarbeiter – also auch der Kläger – immer mindestens 100 % eines Monatsgehaltes bekommen habe, bezog sich diese Aussage, wie er im Berufungsverfahren klar gestellt hat, darauf, dass dem Prämienfonds des Betriebes jedenfalls immer 100 % eines Monatsgehaltes eines Mitarbeiters zugeführt worden ist. Dies bedeutet aber nicht, dass damit immer auch 100 % eines Monatsgehaltes jedem einzelnen Mitarbeiter als auszuzahlende und ausgezahlte Jahresendprämie festgelegt war. Denn wie der Zeuge S ebenfalls – in Übereinstimmung mit den o. g. Vorschriften – ausgeführt hat, gab es bestimmte weitere Kriterien, die in der Person des jeweiligen Werktätigen erfüllt sein mussten, um eine Jahresendprämie zu erhalten (ganzjährige Beschäftigung des Mitarbeiters, Berücksichtigung dauerhafter oder längerer Krankheit, individuelle Arbeitsleistung über der Norm, Erfüllung des Wettbewerbsprogramms) und die sich hier gerade nicht feststellen lassen. Der Zeuge S hat im Berufungsverfahren ausdrücklich erklärt, dass er über die Höhe der Jahresendprämien des Klägers keine Angaben mehr machen könne (schriftliche Stellungnahmen vom 12. und 19. September 2012).

Die Kostenentscheidung, die dem Ausgang des Rechtsstreits entspricht, beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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