Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 29 R 4468/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 707/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1932 geborene Kläger wendet sich gegen die Nacherhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und deren Einbehalt von der laufenden Rentenzahlung.
Die Beklagte gewährte dem Kläger, welcher beruflich als Rechtsanwalt tätig war und seit Juli 1999 verheiratet ist, aufgrund seines Rentenantrags vom 03. Juni 1997 Regelaltersrente mit einem Zuschuss zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Vom 01. April 2002 bis zum 30. Juni 2003 und ab dem 01. November 2003 war der Kläger in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Hiervon erhielt die Beklagte durch einen Hinweis der Krankenkasse des Klägers am 27. September 2005 Kenntnis. Mit Rentenbescheid vom 23. November 2005 berechnete die Beklagte die Rente unter Wegfall des Zuschusses zur Kranken- und Pflegepflichtversicherung für die Zeit vom 01. April 2002 bis zum 30. Juni 2003 und vom 01. November 2003 bis zum 31. Dezember 2005 neu (vgl. Anlage 1 des Bescheids mit der Angabe des jeweiligen Zahlbetrags und der jeweiligen Überzahlung) und hörte den Kläger zur beabsichtigten Einbehaltung der hiernach rückständigen Beiträge bzw. Beitragsanteile unter Verrechnung mit der laufenden Rentengewährung an. Der Kläger bestätigte mit Telefax-Schreiben vom 08. Dezember 2005 den Eingang des Rentenbescheides vom 23. November 2005. Er führte aus, dass die Überzahlungen durch die Beklagte mit seinem bei seiner Krankenkasse bestehenden Guthaben zu verrechnen seien. Demgemäß widerspreche er der angekündigten Verrechnung der Überzahlung mit der laufenden Rentenzahlung. Die Beklagte sei gehalten, mit der Krankenkasse abzurechnen. Der Kläger nahm in seinem Schreiben vom 13. Dezember 2005 zum Bescheid vom 23. November 2005 weitergehend Stellung.
Aus dem Beitragsguthaben des Klägers erstattete die Krankenkasse der Beklagten mit Wertstellung am 13. Januar 2006 3.069,19 EUR an überzahlten Beitragszuschüssen und zahlte auf Weisung des Klägers 5.273,25 EUR an seine Ehefrau aus.
Die Beklagte verfügte mit Bescheid vom 06. März 2006, dass ein Betrag von 3.529,82 EUR in monatlichen Teilbeträgen von 441,23 EUR ab Mai 2006 und einem Teilbetrag von 441,21 EUR für Dezember 2006 einbehalten wird. Sie führte zur Begründung aus, die Aufrechnung mit rückständigen Beiträgen sei gesetzlich angeordnet, ohne dass ein behördliches Ermessen eröffnet sei. Sie sei hierbei berechtigt, die Aufrechnung bis zur Hälfte der monatlichen Rente vorzunehmen, zumal der Kläger nicht nachgewiesen habe, hierdurch hilfebedürftig im Sinne des Sozialhilferechts zu werden.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 29. März 2006 Widerspruch und führte zur Begründung aus, der von der Beklagten geforderte Betrag sei bereits von seiner Krankenkasse aus dem bei ihr bestandenen Beitragsguthaben überwiesen worden. Ferner sei der Rentenkürzung zu widersprechen, weil er die ihm zustehende Rente in voller Höhe zum Lebensunterhalt benötige. Anderenfalls sei er zur Aufnahme eines Kredites gezwungen. Mit Schreiben vom 04. Mai 2006 verwies der Kläger darauf, von seinen beiden Renten in Höhe von insgesamt 1.320,00 EUR den Lebensunterhalt von ihm und seiner Ehefrau bestreiten zu müssen. Er habe für sein eigengenutztes Eigenheim die näher bezeichneten, festen laufenden Unkosten ohne Instandhaltungsrücklagen von monatlich insgesamt 369,63 EUR.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2006 mit der Maßgabe zurück, dass nunmehr elfmal 300,00 und einmal 229,82 EUR von der laufenden Rentenzahlung einbehalten werden sollten. Sie hielt an ihrer im Ausgangsbescheid enthaltenen Auffassung fest und führte ferner aus, dass nun unter Berücksichtigung des monatlich zu erwartenden Einkommens von 1.320,00 EUR sowie des von der Krankenkasse erstatteten Betrags vom 5.273,25 EUR und laufender monatlicher Ausgaben von 400,00 EUR eine Verrechnung mit der monatlichen Rente in Höhe von bis zu 300,00 EUR zumutbar sei.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 16. September 2006 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Er hat behauptet, die Wohnkosten beliefen sich zur Zeit auf 641,30 EUR monatlich. Er habe aus einem Darlehensvertrag monatliche Raten von 352,79 EUR zu leisten. Seine Ehefrau habe ihm ein Darlehen von über 70.000 DM/ 35.790,40 EUR bei einer Verzinsung mit 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01. Januar 2002 gewährt; zur Zinstilgung habe er seine Rentenansprüche an seine Ehefrau abgetreten. Mit dem jeweiligen Tilgungsbetrag beteilige sich seine Ehefrau an den gemeinsamen ehelichen Lebenshaltungskosten. Der Kläger hat mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 seine laufenden monatlichen Belastungen aufgelistet und mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 geltend gemacht, dass die Beklagte ihre Forderung nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe, dass er entreichert sei und dass ihm unter Zugrundelegung der an die Krankenkasse insgesamt entrichteten Beiträge zur freiwilligen Versicherung nach Abzug der an die Beklagten erstatteten 3.069,19 EUR, der an ihn ausgezahlten 5.273,25 EUR und der von der Beklagten geltend gemachten 3.529,82 EUR noch 1.327,68 EUR zustünden, ohne dass die Krankenkasse auf seine entsprechende Forderung reagiert habe. Er hat mit Schriftsatz vom 12. November 2009 eine Sozialhilfeberechnung des Sozialamts vom 06. November 2009 vorgelegt, wonach ein Grundsicherungsbedarf von 487,36 EUR einem Einkommen von 1.380,43 EUR gegenüberstand, wobei der Kläger die Richtigkeit der Berechnung bestritten hat. Er hat Verjährungseinrede erhoben und Verwirkung eingewandt.
Die Beklagte ist der Klage u.a. unter Hinweis darauf entgegen getreten, dass ein Nachweis von monatlichen Wohnkosten von 641,30 EUR bislang nicht vorgelegt worden sei. Die Beklagte hat die Forderung von insgesamt 3.529,82 EUR mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 aufgeschlüsselt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Zustimmung der Beteiligten im Wege schriftlicher Entscheidung mit Urteil vom 26. Mai 2011 abgewiesen. Die Beklagte habe die rückständigen Beiträge nacherheben müssen, ohne dass ihr hierfür ein Ermessen eröffnet gewesen sei. Auch der Höhe nach sei der von der Regelaltersrente einzubehaltende Betrag nicht zu beanstanden. Der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis sozialhilferechtlicher Bedürftigkeit insbesondere nicht durch die Sozialhilfeberechnung vom 06. November 2009 erbracht. Die nachzuerhebenden Beiträge unterlägen auch nicht der Verjährung, weil die Beklagte mit ihrer letzten Verwaltungsentscheidung aus dem Jahre 2006 hier nur Beiträge ab 2002 fordere. Eine Verwirkung liege nicht vor, weil weder ein Vertrauenstatbestand noch ein schutzwürdiges Vertrauen vorlägen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 01. Juli 2011 zugestellte Urteil am 06. Juli 2011 Berufung eingelegt und verweist zur Untermauerung seines bisherigen Vorbringens auf die von ihm an die Krankenkasse geleisteten Beitragszahlungen. Die Verjährungseinrede hält er nicht mehr aufrecht. Im Übrigen hält er an seinem bisherigen Vorbringen fest und führt ergänzend aus, es werde weiterhin Verwirkung eingewandt, weil er habe darauf vertrauen dürfen, dass ihm die an der Grenze der Unpfändbarkeit liegenden Altersrenten als Dauerbestand zum Lebensunterhalt für sich und seine zu unterhaltende Ehefrau weiterhin zur Verfügung stünden.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie behauptet, dass der Kläger den Bescheid vom 23. November 2005 und die darin enthaltene Anhörung erhalten habe.
Die Beteiligten haben mit am 24. und 30. Mai 2012 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter anstelle des Senats zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 ist rechtmäßig und beschwert ihn nicht.
Der angefochtene Bescheid unterliegt in formellrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken.
Zunächst wurde die nach § 24 Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erforderliche Anhörung vor Erlass des Bescheids vom 06. März 2006 durchgeführt, indem die Beklagte dem Kläger gegenüber im Rentenbescheid vom 23. November 2005 die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 01. April 2002 bis zum 30. Juni 2003 und vom 01. November 2003 bis zum 31. Dezember 2005 entstandenen Überzahlungen rechnerisch gut nachvollziehbar – vgl. Anlage 1 des Bescheids –darlegte. Dort stellte sie die tatsächlichen Auszahlungen den zu leistenden Zahlbeträgen gegenüber und wies auf die beabsichtigte Verrechnung mit der laufenden Rentenzahlung hin. Soweit der Kläger bestreitet, diesen Bescheid erhalten zu haben, dringt er nicht durch. Vielmehr ist die Behauptung der Beklagten, dass der Kläger den Bescheid vom 23. November 2005 und die darin enthaltene Anhörung erhalten habe, bewiesen, nachdem der Kläger mit an die Beklagten gerichtetem Telefax-Schreiben vom 08. Dezember 2005 den Eingang des Bescheids ausdrücklich bestätigte und sich mit dem im Original aktenkundigen Schreiben vom 13. Dezember 2005 inhaltlich ausdrücklich mit dem Bescheid vom 23. November 2005 auseinandersetzte.
Der Bescheid vom 06. März 2006 genügt auch den aus § 35 SGB X folgenden Anforderungen an die Begründung, indem er rechtliche Grundlagen der Beitragsnacherhebung und –verrechnung benennt und im Übrigen vor allem hinsichtlich des Zahlenwerks auf den vorgenannten, dem Kläger wirksam bekannt gegebenen Bescheid verweist. Soweit die Beklagte das Datum des in Bezug genommenen Bescheids fälschlich mit "05.12.2005" angibt, erkennt der Senat hierin lediglich eine dem grundsätzlichen Verständnis des Bescheids nicht entgegen stehende, rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung, welche gegebenenfalls durch eine einfache Anfrage des juristisch gebildeten Klägers aufzuklären gewesen wäre, zumal dem Kläger die rechtlichen Gründe der von der Beklagten geltend gemachten Überzahlung und beabsichtigten Nacherhebung von insgesamt 3.529,82 EUR jedenfalls bereits aus dem Bescheid vom 23. November 2005 bekannt waren.
Die materiellrechtlichen Voraussetzungen der in § 255 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) und § 60 Abs. 1 S. 1 und 2 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) liegenden Rechtsgrundlage sind gegeben. Nach § 255 Abs. 1 S. 1 SGB V sind Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente zu tragen haben, mit Ausnahme des Zusatzbeitrags nach § 242 SGB V von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten und zusammen mit den von den Trägern der Rentenversicherung zu tragenden Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung Bund für die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkassen zu zahlen. Nach § 255 Abs. 2 S. 1 SGB V sind die rückständigen Beiträge, wenn bei der Zahlung der Rente die Einbehaltung von Beiträgen nach Abs. 1 unterblieben ist, durch den Träger der Rentenversicherung aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten, wobei § 51 Abs. 2 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) entsprechend gilt. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB XI sind die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung, soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. Nach § 60 Abs. 1 S. 2 SGB XI gilt u.a. § 255 SGB V entsprechend.
Hieran gemessen unterlag der Kläger zunächst einmal als Rentner in der Zeit vom 01. April 2002 bis zum 30. Juni 2003 und vom 01. November 2003 bis zum 31. Dezember 2005 unstreitig der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V, 1 Abs. 2 S. 1 SGB XI. Unstreitig erhob die Beklagte bei der Rentengewährung im vorgenannten verfahrensgegenständlichen Zeitraum beim Kläger keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die sich laut der schlüssigen Berechnung in Anlage 1 des Bescheids der Beklagten vom 23. November 2005 auf insgesamt 3.529,82 EUR beliefen.
Eben dieser Betrag war, ohne dass das Gesetz hierbei Ermessen eröffnet, gemäß §§ 255 Abs. 1 S. 2, 60 Abs. 1 S. 2 SGB XI aus der laufenden Rentenzahlung einzubehalten, ohne dass es darauf ankommt, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Kläger gegenüber der Krankenkasse etwaige Ansprüche auf Erstattung von an diese entrichteten Beiträgen hat. Er ist auf die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im jeweiligen Leistungsverhältnis zu verweisen und kann Einwendungen aus dem Beitragsleistungsverhältnis zur Krankenkasse nicht im Beitragsleistungsverhältnis zur Beklagten erheben.
Die Beklagte war an der Einbehaltung der Beiträge auch nicht aufgrund der in § 255 Abs. 1 S. 2 SGB V vorgesehenen entsprechenden Anwendung von § 51 Abs. 2 SGB I gehindert, wonach mit Ansprüchen auf Erstattung zur Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen kann, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) wird.
Vorliegend hat der Kläger den ihm obliegenden Nachweis i.S.v. § 51 Abs. 2 SGB I nicht erbracht, obwohl die Beklagte im Laufe des Verfahrens mehrfach und das SG in der angefochtenen Entscheidung – zutreffend – auf die Nachweisobliegenheit des Klägers verwiesen haben, ohne dass der rechtskundige Kläger diesen Hinweisen entsprechend hinreichende Angaben gemacht hat. Es lässt sich nach den Angaben des Klägers schlichtweg nicht beurteilen, ob er durch die Einbehaltung der rückständigen Beiträge in Höhe von bis zu 300,00 EUR monatlich hilfebedürftig wird, wobei die Hilfebedürftigkeit – sei es nach den Vorschriften der Hilfe zum Lebensunterhalts oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende – jedenfalls davon abhängt, ob der Betroffene seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt des mit ihm zusammenlebenden Ehegatten nicht oder nicht ausreichend aus eigenem Einkommen oder Vermögen oder Einkommen oder Vermögen des mit ihm zusammenlebenden Ehegatten sichern kann, vgl. §§ 9 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. a SGB II, § 19 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB XII. Auch wenn sich nach dem Vorbringen des Klägers seine eigene durch eine Altersrente und –versorgung gekennzeichnete Einkommenssituation bemessen lässt, so fehlen prüffähige Angaben zu seinem Vermögen sowie zu Einkommen und Vermögen seiner Ehefrau. Die vorgelegte Sozialhilfeberechnung ist bereits von daher kaum aussagekräftig und zur Führung des dem Kläger obliegenden Nachweises ungeeignet. Die vom Kläger vorgetragene Abtretung seiner Rentenansprüche an seine Ehefrau ist schon deshalb für die Frage der Hilfebedürftigkeit unerheblich, weil nach der vorgelegten auf den 20. März 2002 datierenden Abtretungsvereinbarung die Rentenzahlungen der Zinstilgung dienten und sich die Ehefrau mit dem jeweiligen Tilgungsbetrag auf Zinsen an den gemeinsamen Lebenshaltungskosten beteiligen sollte.
Da es vorliegend nicht um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch geht, sondern schlichtweg um die Nacherhebung rückständiger Beiträge, ist für den vom Kläger erhobenen – bereicherungsrechtlichen - Entreicherungseinwand aus bzw. entsprechend § 818 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von vornherein kein Raum.
Es liegt auch für eine Verwirkung des von der Beklagten vorgenommenen Einbehalts nichts vor. Der Senat vermag für einen Verstoß gegen das auch im Sozialrecht geltende Gebot von Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) von vornherein nichts zu erkennen. Weder liegt etwas für ein hierfür zu forderndes Umstandsmoment im Sinne eines vertrauenstiftenden Verhaltens der Beklagten vor, aus welchem sich verständigerweise der Schluss ziehen ließe, die Beklagte werde von der Nacherhebung der Beiträge absehen, noch etwas für ein schutzwürdiges, betätigtes Vertrauen des Klägers, welcher schon nicht vorgetragen hat, welche Dispositionen er im Hinblick auf die Erwartung traf, die Beklagte werde die Beiträge nicht entrichten.
Es kann dahinstehen, ob die Verjährung von Amts wegen zu berücksichtigen ist, nachdem der Kläger ausdrücklich von der weiteren Erhebung der Verjährungseinrede abgesehen hat. Jedenfalls können die ab 01. April 2002 nacherhobenen Beiträge gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) hier offenkundig noch nicht verjährt sein, wonach Ansprüche auf Beiträge erst in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem sich fällig geworden sind. Hieran gemessen hätte eine Verjährung hier frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2006 eintreten können, wenn die Beklagte nicht bereits zuvor mit dem angefochtenen Bescheid, welcher gemäß § 52 Abs. 1 S. 1 SGB X die Verjährung hemmt, die Beiträge nacherhoben hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der 1932 geborene Kläger wendet sich gegen die Nacherhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und deren Einbehalt von der laufenden Rentenzahlung.
Die Beklagte gewährte dem Kläger, welcher beruflich als Rechtsanwalt tätig war und seit Juli 1999 verheiratet ist, aufgrund seines Rentenantrags vom 03. Juni 1997 Regelaltersrente mit einem Zuschuss zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Vom 01. April 2002 bis zum 30. Juni 2003 und ab dem 01. November 2003 war der Kläger in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert. Hiervon erhielt die Beklagte durch einen Hinweis der Krankenkasse des Klägers am 27. September 2005 Kenntnis. Mit Rentenbescheid vom 23. November 2005 berechnete die Beklagte die Rente unter Wegfall des Zuschusses zur Kranken- und Pflegepflichtversicherung für die Zeit vom 01. April 2002 bis zum 30. Juni 2003 und vom 01. November 2003 bis zum 31. Dezember 2005 neu (vgl. Anlage 1 des Bescheids mit der Angabe des jeweiligen Zahlbetrags und der jeweiligen Überzahlung) und hörte den Kläger zur beabsichtigten Einbehaltung der hiernach rückständigen Beiträge bzw. Beitragsanteile unter Verrechnung mit der laufenden Rentengewährung an. Der Kläger bestätigte mit Telefax-Schreiben vom 08. Dezember 2005 den Eingang des Rentenbescheides vom 23. November 2005. Er führte aus, dass die Überzahlungen durch die Beklagte mit seinem bei seiner Krankenkasse bestehenden Guthaben zu verrechnen seien. Demgemäß widerspreche er der angekündigten Verrechnung der Überzahlung mit der laufenden Rentenzahlung. Die Beklagte sei gehalten, mit der Krankenkasse abzurechnen. Der Kläger nahm in seinem Schreiben vom 13. Dezember 2005 zum Bescheid vom 23. November 2005 weitergehend Stellung.
Aus dem Beitragsguthaben des Klägers erstattete die Krankenkasse der Beklagten mit Wertstellung am 13. Januar 2006 3.069,19 EUR an überzahlten Beitragszuschüssen und zahlte auf Weisung des Klägers 5.273,25 EUR an seine Ehefrau aus.
Die Beklagte verfügte mit Bescheid vom 06. März 2006, dass ein Betrag von 3.529,82 EUR in monatlichen Teilbeträgen von 441,23 EUR ab Mai 2006 und einem Teilbetrag von 441,21 EUR für Dezember 2006 einbehalten wird. Sie führte zur Begründung aus, die Aufrechnung mit rückständigen Beiträgen sei gesetzlich angeordnet, ohne dass ein behördliches Ermessen eröffnet sei. Sie sei hierbei berechtigt, die Aufrechnung bis zur Hälfte der monatlichen Rente vorzunehmen, zumal der Kläger nicht nachgewiesen habe, hierdurch hilfebedürftig im Sinne des Sozialhilferechts zu werden.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 29. März 2006 Widerspruch und führte zur Begründung aus, der von der Beklagten geforderte Betrag sei bereits von seiner Krankenkasse aus dem bei ihr bestandenen Beitragsguthaben überwiesen worden. Ferner sei der Rentenkürzung zu widersprechen, weil er die ihm zustehende Rente in voller Höhe zum Lebensunterhalt benötige. Anderenfalls sei er zur Aufnahme eines Kredites gezwungen. Mit Schreiben vom 04. Mai 2006 verwies der Kläger darauf, von seinen beiden Renten in Höhe von insgesamt 1.320,00 EUR den Lebensunterhalt von ihm und seiner Ehefrau bestreiten zu müssen. Er habe für sein eigengenutztes Eigenheim die näher bezeichneten, festen laufenden Unkosten ohne Instandhaltungsrücklagen von monatlich insgesamt 369,63 EUR.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2006 mit der Maßgabe zurück, dass nunmehr elfmal 300,00 und einmal 229,82 EUR von der laufenden Rentenzahlung einbehalten werden sollten. Sie hielt an ihrer im Ausgangsbescheid enthaltenen Auffassung fest und führte ferner aus, dass nun unter Berücksichtigung des monatlich zu erwartenden Einkommens von 1.320,00 EUR sowie des von der Krankenkasse erstatteten Betrags vom 5.273,25 EUR und laufender monatlicher Ausgaben von 400,00 EUR eine Verrechnung mit der monatlichen Rente in Höhe von bis zu 300,00 EUR zumutbar sei.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 16. September 2006 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Er hat behauptet, die Wohnkosten beliefen sich zur Zeit auf 641,30 EUR monatlich. Er habe aus einem Darlehensvertrag monatliche Raten von 352,79 EUR zu leisten. Seine Ehefrau habe ihm ein Darlehen von über 70.000 DM/ 35.790,40 EUR bei einer Verzinsung mit 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01. Januar 2002 gewährt; zur Zinstilgung habe er seine Rentenansprüche an seine Ehefrau abgetreten. Mit dem jeweiligen Tilgungsbetrag beteilige sich seine Ehefrau an den gemeinsamen ehelichen Lebenshaltungskosten. Der Kläger hat mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 seine laufenden monatlichen Belastungen aufgelistet und mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 geltend gemacht, dass die Beklagte ihre Forderung nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe, dass er entreichert sei und dass ihm unter Zugrundelegung der an die Krankenkasse insgesamt entrichteten Beiträge zur freiwilligen Versicherung nach Abzug der an die Beklagten erstatteten 3.069,19 EUR, der an ihn ausgezahlten 5.273,25 EUR und der von der Beklagten geltend gemachten 3.529,82 EUR noch 1.327,68 EUR zustünden, ohne dass die Krankenkasse auf seine entsprechende Forderung reagiert habe. Er hat mit Schriftsatz vom 12. November 2009 eine Sozialhilfeberechnung des Sozialamts vom 06. November 2009 vorgelegt, wonach ein Grundsicherungsbedarf von 487,36 EUR einem Einkommen von 1.380,43 EUR gegenüberstand, wobei der Kläger die Richtigkeit der Berechnung bestritten hat. Er hat Verjährungseinrede erhoben und Verwirkung eingewandt.
Die Beklagte ist der Klage u.a. unter Hinweis darauf entgegen getreten, dass ein Nachweis von monatlichen Wohnkosten von 641,30 EUR bislang nicht vorgelegt worden sei. Die Beklagte hat die Forderung von insgesamt 3.529,82 EUR mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 aufgeschlüsselt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Zustimmung der Beteiligten im Wege schriftlicher Entscheidung mit Urteil vom 26. Mai 2011 abgewiesen. Die Beklagte habe die rückständigen Beiträge nacherheben müssen, ohne dass ihr hierfür ein Ermessen eröffnet gewesen sei. Auch der Höhe nach sei der von der Regelaltersrente einzubehaltende Betrag nicht zu beanstanden. Der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis sozialhilferechtlicher Bedürftigkeit insbesondere nicht durch die Sozialhilfeberechnung vom 06. November 2009 erbracht. Die nachzuerhebenden Beiträge unterlägen auch nicht der Verjährung, weil die Beklagte mit ihrer letzten Verwaltungsentscheidung aus dem Jahre 2006 hier nur Beiträge ab 2002 fordere. Eine Verwirkung liege nicht vor, weil weder ein Vertrauenstatbestand noch ein schutzwürdiges Vertrauen vorlägen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 01. Juli 2011 zugestellte Urteil am 06. Juli 2011 Berufung eingelegt und verweist zur Untermauerung seines bisherigen Vorbringens auf die von ihm an die Krankenkasse geleisteten Beitragszahlungen. Die Verjährungseinrede hält er nicht mehr aufrecht. Im Übrigen hält er an seinem bisherigen Vorbringen fest und führt ergänzend aus, es werde weiterhin Verwirkung eingewandt, weil er habe darauf vertrauen dürfen, dass ihm die an der Grenze der Unpfändbarkeit liegenden Altersrenten als Dauerbestand zum Lebensunterhalt für sich und seine zu unterhaltende Ehefrau weiterhin zur Verfügung stünden.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie behauptet, dass der Kläger den Bescheid vom 23. November 2005 und die darin enthaltene Anhörung erhalten habe.
Die Beteiligten haben mit am 24. und 30. Mai 2012 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter anstelle des Senats zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 ist rechtmäßig und beschwert ihn nicht.
Der angefochtene Bescheid unterliegt in formellrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken.
Zunächst wurde die nach § 24 Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erforderliche Anhörung vor Erlass des Bescheids vom 06. März 2006 durchgeführt, indem die Beklagte dem Kläger gegenüber im Rentenbescheid vom 23. November 2005 die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 01. April 2002 bis zum 30. Juni 2003 und vom 01. November 2003 bis zum 31. Dezember 2005 entstandenen Überzahlungen rechnerisch gut nachvollziehbar – vgl. Anlage 1 des Bescheids –darlegte. Dort stellte sie die tatsächlichen Auszahlungen den zu leistenden Zahlbeträgen gegenüber und wies auf die beabsichtigte Verrechnung mit der laufenden Rentenzahlung hin. Soweit der Kläger bestreitet, diesen Bescheid erhalten zu haben, dringt er nicht durch. Vielmehr ist die Behauptung der Beklagten, dass der Kläger den Bescheid vom 23. November 2005 und die darin enthaltene Anhörung erhalten habe, bewiesen, nachdem der Kläger mit an die Beklagten gerichtetem Telefax-Schreiben vom 08. Dezember 2005 den Eingang des Bescheids ausdrücklich bestätigte und sich mit dem im Original aktenkundigen Schreiben vom 13. Dezember 2005 inhaltlich ausdrücklich mit dem Bescheid vom 23. November 2005 auseinandersetzte.
Der Bescheid vom 06. März 2006 genügt auch den aus § 35 SGB X folgenden Anforderungen an die Begründung, indem er rechtliche Grundlagen der Beitragsnacherhebung und –verrechnung benennt und im Übrigen vor allem hinsichtlich des Zahlenwerks auf den vorgenannten, dem Kläger wirksam bekannt gegebenen Bescheid verweist. Soweit die Beklagte das Datum des in Bezug genommenen Bescheids fälschlich mit "05.12.2005" angibt, erkennt der Senat hierin lediglich eine dem grundsätzlichen Verständnis des Bescheids nicht entgegen stehende, rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung, welche gegebenenfalls durch eine einfache Anfrage des juristisch gebildeten Klägers aufzuklären gewesen wäre, zumal dem Kläger die rechtlichen Gründe der von der Beklagten geltend gemachten Überzahlung und beabsichtigten Nacherhebung von insgesamt 3.529,82 EUR jedenfalls bereits aus dem Bescheid vom 23. November 2005 bekannt waren.
Die materiellrechtlichen Voraussetzungen der in § 255 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) und § 60 Abs. 1 S. 1 und 2 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) liegenden Rechtsgrundlage sind gegeben. Nach § 255 Abs. 1 S. 1 SGB V sind Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente zu tragen haben, mit Ausnahme des Zusatzbeitrags nach § 242 SGB V von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten und zusammen mit den von den Trägern der Rentenversicherung zu tragenden Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung Bund für die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkassen zu zahlen. Nach § 255 Abs. 2 S. 1 SGB V sind die rückständigen Beiträge, wenn bei der Zahlung der Rente die Einbehaltung von Beiträgen nach Abs. 1 unterblieben ist, durch den Träger der Rentenversicherung aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten, wobei § 51 Abs. 2 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) entsprechend gilt. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB XI sind die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung, soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. Nach § 60 Abs. 1 S. 2 SGB XI gilt u.a. § 255 SGB V entsprechend.
Hieran gemessen unterlag der Kläger zunächst einmal als Rentner in der Zeit vom 01. April 2002 bis zum 30. Juni 2003 und vom 01. November 2003 bis zum 31. Dezember 2005 unstreitig der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V, 1 Abs. 2 S. 1 SGB XI. Unstreitig erhob die Beklagte bei der Rentengewährung im vorgenannten verfahrensgegenständlichen Zeitraum beim Kläger keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die sich laut der schlüssigen Berechnung in Anlage 1 des Bescheids der Beklagten vom 23. November 2005 auf insgesamt 3.529,82 EUR beliefen.
Eben dieser Betrag war, ohne dass das Gesetz hierbei Ermessen eröffnet, gemäß §§ 255 Abs. 1 S. 2, 60 Abs. 1 S. 2 SGB XI aus der laufenden Rentenzahlung einzubehalten, ohne dass es darauf ankommt, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Kläger gegenüber der Krankenkasse etwaige Ansprüche auf Erstattung von an diese entrichteten Beiträgen hat. Er ist auf die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im jeweiligen Leistungsverhältnis zu verweisen und kann Einwendungen aus dem Beitragsleistungsverhältnis zur Krankenkasse nicht im Beitragsleistungsverhältnis zur Beklagten erheben.
Die Beklagte war an der Einbehaltung der Beiträge auch nicht aufgrund der in § 255 Abs. 1 S. 2 SGB V vorgesehenen entsprechenden Anwendung von § 51 Abs. 2 SGB I gehindert, wonach mit Ansprüchen auf Erstattung zur Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen kann, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) wird.
Vorliegend hat der Kläger den ihm obliegenden Nachweis i.S.v. § 51 Abs. 2 SGB I nicht erbracht, obwohl die Beklagte im Laufe des Verfahrens mehrfach und das SG in der angefochtenen Entscheidung – zutreffend – auf die Nachweisobliegenheit des Klägers verwiesen haben, ohne dass der rechtskundige Kläger diesen Hinweisen entsprechend hinreichende Angaben gemacht hat. Es lässt sich nach den Angaben des Klägers schlichtweg nicht beurteilen, ob er durch die Einbehaltung der rückständigen Beiträge in Höhe von bis zu 300,00 EUR monatlich hilfebedürftig wird, wobei die Hilfebedürftigkeit – sei es nach den Vorschriften der Hilfe zum Lebensunterhalts oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende – jedenfalls davon abhängt, ob der Betroffene seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt des mit ihm zusammenlebenden Ehegatten nicht oder nicht ausreichend aus eigenem Einkommen oder Vermögen oder Einkommen oder Vermögen des mit ihm zusammenlebenden Ehegatten sichern kann, vgl. §§ 9 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. a SGB II, § 19 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB XII. Auch wenn sich nach dem Vorbringen des Klägers seine eigene durch eine Altersrente und –versorgung gekennzeichnete Einkommenssituation bemessen lässt, so fehlen prüffähige Angaben zu seinem Vermögen sowie zu Einkommen und Vermögen seiner Ehefrau. Die vorgelegte Sozialhilfeberechnung ist bereits von daher kaum aussagekräftig und zur Führung des dem Kläger obliegenden Nachweises ungeeignet. Die vom Kläger vorgetragene Abtretung seiner Rentenansprüche an seine Ehefrau ist schon deshalb für die Frage der Hilfebedürftigkeit unerheblich, weil nach der vorgelegten auf den 20. März 2002 datierenden Abtretungsvereinbarung die Rentenzahlungen der Zinstilgung dienten und sich die Ehefrau mit dem jeweiligen Tilgungsbetrag auf Zinsen an den gemeinsamen Lebenshaltungskosten beteiligen sollte.
Da es vorliegend nicht um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch geht, sondern schlichtweg um die Nacherhebung rückständiger Beiträge, ist für den vom Kläger erhobenen – bereicherungsrechtlichen - Entreicherungseinwand aus bzw. entsprechend § 818 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von vornherein kein Raum.
Es liegt auch für eine Verwirkung des von der Beklagten vorgenommenen Einbehalts nichts vor. Der Senat vermag für einen Verstoß gegen das auch im Sozialrecht geltende Gebot von Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) von vornherein nichts zu erkennen. Weder liegt etwas für ein hierfür zu forderndes Umstandsmoment im Sinne eines vertrauenstiftenden Verhaltens der Beklagten vor, aus welchem sich verständigerweise der Schluss ziehen ließe, die Beklagte werde von der Nacherhebung der Beiträge absehen, noch etwas für ein schutzwürdiges, betätigtes Vertrauen des Klägers, welcher schon nicht vorgetragen hat, welche Dispositionen er im Hinblick auf die Erwartung traf, die Beklagte werde die Beiträge nicht entrichten.
Es kann dahinstehen, ob die Verjährung von Amts wegen zu berücksichtigen ist, nachdem der Kläger ausdrücklich von der weiteren Erhebung der Verjährungseinrede abgesehen hat. Jedenfalls können die ab 01. April 2002 nacherhobenen Beiträge gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) hier offenkundig noch nicht verjährt sein, wonach Ansprüche auf Beiträge erst in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem sich fällig geworden sind. Hieran gemessen hätte eine Verjährung hier frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2006 eintreten können, wenn die Beklagte nicht bereits zuvor mit dem angefochtenen Bescheid, welcher gemäß § 52 Abs. 1 S. 1 SGB X die Verjährung hemmt, die Beiträge nacherhoben hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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