Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 9 VH 2/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 VH 43/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 11. November 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Diabetes mellitus (Typ II) als Schädigungsfolge einer rechtsstaatswidrigen Inhaftierung und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30.
Der 1947 geborene Kläger verbrachte einen Teil seiner Kindheit in einem Kinderheim in der ehemaligen DDR. Aufgrund eines Versuches des Klägers, die DDR illegal zu verlassen, war er in den Jahren 1966 und 1967 in einem Jugendwerkhof untergebracht, wo er eine Teilausbildung als Industriemaler absolvierte. Der Kläger ist seit dem Jahre 1996 Rentenbezieher.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Cottbus vom 16. Dezember 1992 (Az.: ) wurde der Kläger wegen zu Unrecht erlittener Haft in den Zeiträumen vom 26. Juni 1979 bis zum 25. September 1980, vom 25. November 1980 bis zum 23. Juli 1981, vom 27. August 1982 bis zum 26. April 1983 und vom 13. Mai 1983 bis zum 28. November 1983 strafrechtlich rehabilitiert. Die den Haftzeiten zugrunde liegenden Urteile der Strafgerichte der DDR wurden für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben.
Auf Antrag des Klägers vom 30. Dezember 1992 stellte das Amt für Soziales und Versorgung P mit bestandskräftigem Bescheid vom 14. November 1996 fest, dass der Verlust der Zähne 11 und 21, verursacht durch einen Mithäftling während des erlittenen Freiheitsentzuges am 26. Juni 1980 durch eine schädigende Einwirkung im Sinne des § 21 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) hervorgerufen worden sei und deswegen seit dem 1. Januar 1991 Anspruch auf Heilbehandlung bestehe. Der bestehende Diabetes mellitus, der während der Haftzeit in L im Februar 1980 festgestellt worden sei, sei indes weder durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 21 StrRehaG entstanden noch verschlimmert worden. Da die Gesundheitsstörungen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 25 von 100 bedingen würde, könne eine Rente nicht gewährt werden.
Mit Bescheid vom 27. September 2006 lehnte der Beklagte den sinngemäß gestellten Überprüfungsantrag des Klägers vom 12. Juli 2004 gemäß § 44 Abs. 1 des X. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ab. Der Bescheid vom 14. November 1996 werde nicht zurückgenommen, da weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe. Der Verlust der Zähne 11 und 21 als Schädigungsfolge sei bereits anerkannt. Der bestehende Diabetes mellitus sei nach den getroffenen Feststellungen nicht ursächlich auf die Haft zurückzuführen. Gleiches gelte hinsichtlich der geltend gemachten psychischen Belastung. Eine psychiatrische Begutachtung habe der Kläger ausdrücklich abgelehnt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 5. Oktober 2006 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2008 zurück. Es lasse sich zudem nicht feststellen, dass der Verlust zweier weiterer Schneidezähne auf schädigende Ereignisse während der Haft zurückzuführen sei. Weitere Angaben hierzu habe der Kläger trotz Aufforderung des Beklagten nicht gemacht.
Der Kläger hat am 19. Februar 2008 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben, die er auf die Feststellung eines bestehenden Diabetes mellitus als Schädigungsfolge nach rechtsstaatswidriger Inhaftierung und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung beschränkt hat.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte, des Internisten Dr. K vom 2. April 2009, der Allgemeinmedizinerin Dr. K vom 27. Mai 2009 und der Klinik Bad N vom 3. April 2009 eingeholt sowie ein Verzeichnis der Krankenkasse des Klägers, der , bezüglich dessen Vorerkrankungen beigezogen.
Mit Urteil vom 11. November 2010 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 14. November 1996 und auf Verpflichtung des Beklagten, ihm Versorgung unter Anerkennung eines Diabetes mellitus als Schädigungsfolgen zu gewähren. Der beim Kläger während der Haftzeit diagnostizierte Diabetes mellitus könne nicht als Schädigungsfolge der erlittenen Haft gemäß § 21 Abs. 1 StrRehaG anerkannt werden, weil er nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 21 Abs. 5 StrRehaG auf die erlittene Freiheitsentziehung zurückzuführen sei. Nach der ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung bestehe für einen Diabetes mellitus Typ II, wie vorliegend, eine genetische Determinierung, bei der als Risikofaktoren Übergewicht sowie eine falsche Ernährung eine Rolle spielen würden. Dass die Erkrankung des Klägers an einem Diabetes mellitus auf die besonderen Bedingungen der Freiheitsentziehung zurückzuführen sei, sei nach den medizinischen Ermittlungen nicht wahrscheinlich. Die beim Kläger vorliegende Zahnschädigung als Schädigungsfolge bedinge eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von unter 25, sodass ein Anspruch auf die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nicht bestehe.
Gegen das ihm am 24. November 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Dezember 2010 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren auf Feststellung eines Diabetes mellitus als Schädigungsfolge und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung weiter verfolgt.
Der Senat hat den Praktischen Arzt M mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt und ihn insbesondere dazu befragt, inwieweit der beim Kläger bestehende Diabetes mellitus ursächlich auf die erlittenen rechtsstaatwidrigen Inhaftierungen zurückzuführen sei. In seinem nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 23. Mai 2012 am 25. Juni 2012 erstatteten Gutachten gelangt der Sachverständige M zu der Einschätzung, dass der erstmals im Februar 1980 diagnostizierte Diabetes mellitus Typ II, der nach den vorliegenden Befundunterlagen zunächst jedenfalls bis 1985 allein mit Tabletten eingestellt worden ist, in keinerlei ursächlichen Zusammenhang mit den damaligen Inhaftierungen, deretwegen der Kläger rehabilitiert wurde, stehe. Für einen Diabetes mellitus bestehe häufig eine genetische Disposition, wobei zusätzliche Faktoren wie Fettsucht, Bewegungsmangel und Fettstoffwechselstörungen ausschlaggebend seien. Äußerst selten manifestiere sich ein Diabetes mellitus nach einer schweren oder lang andauernden psychischen Traumatisierung wie etwa einer KZ-Internierung oder einer erlittenen Folter. Derartiges sei in Folge der Inhaftierung des Klägers nicht anzunehmen. Es sei eindeutig, dass die Ereignisse und Umstände der Haftzeiten weder alleinige noch annähernd gleichwertige Ursache des bestehenden Diabetes mellitus seien. Es bestehe lediglich eine rein theoretische Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 11. November 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2008 zu verpflichten, den Bescheid vom 14. November 1996 zu ändern und bei dem Kläger einen Diabetes mellitus (Typ II) als weitere Schädigungsfolge der in der DDR zu Unrecht erlittenen Haftzeiten (Beschluss des Bezirksgerichts Cottbus vom 16. Dezember 1992) anzuerkennen und dem Kläger eine Beschädigtenrente entsprechend einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 ab dem 1. Januar 2000 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend, denn der angefochtene Bescheid vom 27. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gemäß § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 SGB X keinen Anspruch auf Änderung des Bescheides vom 14. November 1996 und die Anerkennung eines Diabetes mellitus als Schädigungsfolge nach dem StrRehaG sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente entsprechend einem GdS von 30 ab dem 1. Januar 2000 (§ 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG i. V. m. §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes - BVG -).
Zu Recht hat das Sozialgericht die Anerkennung eines Diabetes mellitus als weitere Schädigungsfolge der erlittenen rechtsstaatswidrigen Haftzeiten und die Gewährung einer Beschädigtenrente abgelehnt. Denn es lässt sich auch zur Überzeugung des Senats nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit gemäß § 21 Abs. 5 StrRehaG feststellen, dass der im Februar 1980 festgestellte Diabetes mellitus des Klägers Folge der erlittenen Haft im Sinne einer Entstehung oder Verschlimmerung gewesen ist. Der Senat folgt insoweit den Feststellungen und Einschätzungen des Sachverständigen M, der in seinem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten überzeugend ausgeführt hat, dass der beim Kläger bestehende Diabetes mellitus weder alleinige noch annähernd gleichwertige Ursache für die Ereignisse und Umstände der rechtsstaatswidrig erlittenen Haft des Klägers gewesen ist. Er hat überzeugend dargelegt, dass sich ein Diabetes mellitus zwar in äußerst seltenen Fällen auch nach einer schweren oder lang dauernden psychischen Traumatisierung wie etwa einer KZ-Internierung oder Folter manifestieren könne, dass eine solche Traumatisierung von derartigem Gewicht aufgrund des erlittenen Freiheitsentzuges in der Zeit seit Juni 1979 jedoch ausgeschlossen werden könne. Umstände, die eine andere Einschätzung rechtfertigen könnten, ergeben sich weder anhand der sonstigen vorliegenden medizinischen Unterlagen noch sind sie sonst ersichtlich. Der Diabetes scheint vorliegend eher zufällig im Rahmen der Inhaftierung festgestellt worden zu sein. Jedenfalls ist aufgrund der erfolgten medizinischen Ermittlungen auch zur Überzeugung des Senats nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Diabetes durch die Inhaftierung entstanden oder verschlimmert worden ist. Die rein theoretische Möglichkeit, dass der Diabetes mellitus auf der Haft beruhen könne, wie der Sachverständige M ausführt, genügt zur Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges nicht.
Die bereits festgestellte Schädigungsfolge des Verlustes zweier Schneidezähne, der durch eine Prothese ausgeglichen wurde, bedingt keinen GdS von 25, mithin gerundet 30 (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 2. HS BVG), so dass die Gewährung einer Grundrente gemäß § 31 Abs. 1 BVG nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Diabetes mellitus (Typ II) als Schädigungsfolge einer rechtsstaatswidrigen Inhaftierung und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30.
Der 1947 geborene Kläger verbrachte einen Teil seiner Kindheit in einem Kinderheim in der ehemaligen DDR. Aufgrund eines Versuches des Klägers, die DDR illegal zu verlassen, war er in den Jahren 1966 und 1967 in einem Jugendwerkhof untergebracht, wo er eine Teilausbildung als Industriemaler absolvierte. Der Kläger ist seit dem Jahre 1996 Rentenbezieher.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Cottbus vom 16. Dezember 1992 (Az.: ) wurde der Kläger wegen zu Unrecht erlittener Haft in den Zeiträumen vom 26. Juni 1979 bis zum 25. September 1980, vom 25. November 1980 bis zum 23. Juli 1981, vom 27. August 1982 bis zum 26. April 1983 und vom 13. Mai 1983 bis zum 28. November 1983 strafrechtlich rehabilitiert. Die den Haftzeiten zugrunde liegenden Urteile der Strafgerichte der DDR wurden für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben.
Auf Antrag des Klägers vom 30. Dezember 1992 stellte das Amt für Soziales und Versorgung P mit bestandskräftigem Bescheid vom 14. November 1996 fest, dass der Verlust der Zähne 11 und 21, verursacht durch einen Mithäftling während des erlittenen Freiheitsentzuges am 26. Juni 1980 durch eine schädigende Einwirkung im Sinne des § 21 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) hervorgerufen worden sei und deswegen seit dem 1. Januar 1991 Anspruch auf Heilbehandlung bestehe. Der bestehende Diabetes mellitus, der während der Haftzeit in L im Februar 1980 festgestellt worden sei, sei indes weder durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 21 StrRehaG entstanden noch verschlimmert worden. Da die Gesundheitsstörungen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 25 von 100 bedingen würde, könne eine Rente nicht gewährt werden.
Mit Bescheid vom 27. September 2006 lehnte der Beklagte den sinngemäß gestellten Überprüfungsantrag des Klägers vom 12. Juli 2004 gemäß § 44 Abs. 1 des X. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ab. Der Bescheid vom 14. November 1996 werde nicht zurückgenommen, da weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe. Der Verlust der Zähne 11 und 21 als Schädigungsfolge sei bereits anerkannt. Der bestehende Diabetes mellitus sei nach den getroffenen Feststellungen nicht ursächlich auf die Haft zurückzuführen. Gleiches gelte hinsichtlich der geltend gemachten psychischen Belastung. Eine psychiatrische Begutachtung habe der Kläger ausdrücklich abgelehnt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 5. Oktober 2006 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2008 zurück. Es lasse sich zudem nicht feststellen, dass der Verlust zweier weiterer Schneidezähne auf schädigende Ereignisse während der Haft zurückzuführen sei. Weitere Angaben hierzu habe der Kläger trotz Aufforderung des Beklagten nicht gemacht.
Der Kläger hat am 19. Februar 2008 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben, die er auf die Feststellung eines bestehenden Diabetes mellitus als Schädigungsfolge nach rechtsstaatswidriger Inhaftierung und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung beschränkt hat.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte, des Internisten Dr. K vom 2. April 2009, der Allgemeinmedizinerin Dr. K vom 27. Mai 2009 und der Klinik Bad N vom 3. April 2009 eingeholt sowie ein Verzeichnis der Krankenkasse des Klägers, der , bezüglich dessen Vorerkrankungen beigezogen.
Mit Urteil vom 11. November 2010 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 14. November 1996 und auf Verpflichtung des Beklagten, ihm Versorgung unter Anerkennung eines Diabetes mellitus als Schädigungsfolgen zu gewähren. Der beim Kläger während der Haftzeit diagnostizierte Diabetes mellitus könne nicht als Schädigungsfolge der erlittenen Haft gemäß § 21 Abs. 1 StrRehaG anerkannt werden, weil er nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 21 Abs. 5 StrRehaG auf die erlittene Freiheitsentziehung zurückzuführen sei. Nach der ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung bestehe für einen Diabetes mellitus Typ II, wie vorliegend, eine genetische Determinierung, bei der als Risikofaktoren Übergewicht sowie eine falsche Ernährung eine Rolle spielen würden. Dass die Erkrankung des Klägers an einem Diabetes mellitus auf die besonderen Bedingungen der Freiheitsentziehung zurückzuführen sei, sei nach den medizinischen Ermittlungen nicht wahrscheinlich. Die beim Kläger vorliegende Zahnschädigung als Schädigungsfolge bedinge eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von unter 25, sodass ein Anspruch auf die Gewährung einer Beschädigtengrundrente nicht bestehe.
Gegen das ihm am 24. November 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1. Dezember 2010 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren auf Feststellung eines Diabetes mellitus als Schädigungsfolge und die Gewährung einer Beschädigtenversorgung weiter verfolgt.
Der Senat hat den Praktischen Arzt M mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt und ihn insbesondere dazu befragt, inwieweit der beim Kläger bestehende Diabetes mellitus ursächlich auf die erlittenen rechtsstaatwidrigen Inhaftierungen zurückzuführen sei. In seinem nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 23. Mai 2012 am 25. Juni 2012 erstatteten Gutachten gelangt der Sachverständige M zu der Einschätzung, dass der erstmals im Februar 1980 diagnostizierte Diabetes mellitus Typ II, der nach den vorliegenden Befundunterlagen zunächst jedenfalls bis 1985 allein mit Tabletten eingestellt worden ist, in keinerlei ursächlichen Zusammenhang mit den damaligen Inhaftierungen, deretwegen der Kläger rehabilitiert wurde, stehe. Für einen Diabetes mellitus bestehe häufig eine genetische Disposition, wobei zusätzliche Faktoren wie Fettsucht, Bewegungsmangel und Fettstoffwechselstörungen ausschlaggebend seien. Äußerst selten manifestiere sich ein Diabetes mellitus nach einer schweren oder lang andauernden psychischen Traumatisierung wie etwa einer KZ-Internierung oder einer erlittenen Folter. Derartiges sei in Folge der Inhaftierung des Klägers nicht anzunehmen. Es sei eindeutig, dass die Ereignisse und Umstände der Haftzeiten weder alleinige noch annähernd gleichwertige Ursache des bestehenden Diabetes mellitus seien. Es bestehe lediglich eine rein theoretische Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 11. November 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2008 zu verpflichten, den Bescheid vom 14. November 1996 zu ändern und bei dem Kläger einen Diabetes mellitus (Typ II) als weitere Schädigungsfolge der in der DDR zu Unrecht erlittenen Haftzeiten (Beschluss des Bezirksgerichts Cottbus vom 16. Dezember 1992) anzuerkennen und dem Kläger eine Beschädigtenrente entsprechend einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 ab dem 1. Januar 2000 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend, denn der angefochtene Bescheid vom 27. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gemäß § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 SGB X keinen Anspruch auf Änderung des Bescheides vom 14. November 1996 und die Anerkennung eines Diabetes mellitus als Schädigungsfolge nach dem StrRehaG sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente entsprechend einem GdS von 30 ab dem 1. Januar 2000 (§ 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG i. V. m. §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes - BVG -).
Zu Recht hat das Sozialgericht die Anerkennung eines Diabetes mellitus als weitere Schädigungsfolge der erlittenen rechtsstaatswidrigen Haftzeiten und die Gewährung einer Beschädigtenrente abgelehnt. Denn es lässt sich auch zur Überzeugung des Senats nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit gemäß § 21 Abs. 5 StrRehaG feststellen, dass der im Februar 1980 festgestellte Diabetes mellitus des Klägers Folge der erlittenen Haft im Sinne einer Entstehung oder Verschlimmerung gewesen ist. Der Senat folgt insoweit den Feststellungen und Einschätzungen des Sachverständigen M, der in seinem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten überzeugend ausgeführt hat, dass der beim Kläger bestehende Diabetes mellitus weder alleinige noch annähernd gleichwertige Ursache für die Ereignisse und Umstände der rechtsstaatswidrig erlittenen Haft des Klägers gewesen ist. Er hat überzeugend dargelegt, dass sich ein Diabetes mellitus zwar in äußerst seltenen Fällen auch nach einer schweren oder lang dauernden psychischen Traumatisierung wie etwa einer KZ-Internierung oder Folter manifestieren könne, dass eine solche Traumatisierung von derartigem Gewicht aufgrund des erlittenen Freiheitsentzuges in der Zeit seit Juni 1979 jedoch ausgeschlossen werden könne. Umstände, die eine andere Einschätzung rechtfertigen könnten, ergeben sich weder anhand der sonstigen vorliegenden medizinischen Unterlagen noch sind sie sonst ersichtlich. Der Diabetes scheint vorliegend eher zufällig im Rahmen der Inhaftierung festgestellt worden zu sein. Jedenfalls ist aufgrund der erfolgten medizinischen Ermittlungen auch zur Überzeugung des Senats nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Diabetes durch die Inhaftierung entstanden oder verschlimmert worden ist. Die rein theoretische Möglichkeit, dass der Diabetes mellitus auf der Haft beruhen könne, wie der Sachverständige M ausführt, genügt zur Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges nicht.
Die bereits festgestellte Schädigungsfolge des Verlustes zweier Schneidezähne, der durch eine Prothese ausgeglichen wurde, bedingt keinen GdS von 25, mithin gerundet 30 (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 2. HS BVG), so dass die Gewährung einer Grundrente gemäß § 31 Abs. 1 BVG nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
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