Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 20 KR 159/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 421/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 6. September 2012 über die Aussetzung des Rechtsstreits S 20 KR 159/09 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts zur Aussetzung des Verfahrens nach § 114 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Senat weist sie aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 142 Abs. 1 Satz 3 SGG).
Ergänzend ist nur auf Folgendes hinzuweisen:
Soweit die Klägerin sinngemäß rügt, dass sie zu den am 17. April 2012 vom Sozialgericht telefonisch eingeholten Auskünften der Staatsanwaltschaft vor Erlass des Aussetzungsbeschlusses sowie zur Existenz eines "Flyers" nicht gehört worden sei, führt dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ist jedenfalls im Beschwerdeverfahren geheilt, da die Klägerin durch die Darstellung im angefochtenen Beschluss informiert wurde und hierzu vorgetragen hat. Eine Heilung ist durch die Berücksichtigung im Verfahren vor dem Senat möglich, da diese Umstände nicht die Ermessensausübung des Sozialgerichts betreffen, sondern das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Vorliegens des Verdachts einer Straftat in §114 Abs. 3 SGG. Diese tatbestandliche Voraussetzung einer Aussetzung prüft das Landessozialgericht als Beschwerdegericht als volle Tatsacheninstanz, in der eine Heilung einer etwaigen Gehörsverletzung möglich ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2011, Rn. 11e zu § 62). Zudem ist der Klägerin spätestens aus den bereits durchgeführten Beschwerdeverfahren vor dem Senat (Beschlüsse vom 15. August 2012 u.a. Az. L 1 KR 210/12 B) bekannt, auf welche tatsächlichen Gesichtspunkte einschließlich der Auskünfte der Staatsanwaltschaft das Sozialgericht seine Ansicht stützt.
Auch unter Außerachtlassung der Aussagekraft des im angefochtenen Beschluss erwähnten polnisch-sprachigen Flyers, lässt sich angesichts der langjährigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft der Verdacht einer Straftat feststellen. Dabei sieht der Senat keinen Anlass, den strafrechtlichen Würdigungen der zuständigen Strafermittlungsbehörden sowie der Strafgerichte etwa zu den rechtlichen Voraussetzungen des Untreuetatbestandes vorzugreifen. Die von der Klägerin im Beschwerdeverfahren vorgelegte Auskunft der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Beschuldigten Rudzinski vom 30. Juni 2010 hatte diese bereits mit Schriftsatz vom 30. März 2011 dem Sozialgericht vorgelegt. Die Mitteilung begründet im Kern gerade, wieso eine Einstellung gegenüber diesem Beschuldigten zum damaligen Zeitpunkt im Klageerzwingungsverfahren rechtlich keinen Bestand gehabt hätte. Eine Einstellung ist gerade nicht erfolgt.
Soweit die Klägerin im Beschwerdeverfahren rügt, dass eine Vorgreiflichkeit der strafrechtlichen Ermittlungen fehle, verkennt sie, dass der Aussetzungstatbestand des § 114 Abs. 3 SGG nicht Vorgreiflichkeit, sondern allein einen Einfluss auf die Entscheidung des Sozialgerichts erfordert. Diesen hat das Sozialgericht auf Grundlage einer vertretbaren Rechtsauffassung dargelegt. Dass das Sozialgericht einem etwaigen der Klägerin zurechenbaren treuwidrigen Verhalten Bedeutung beimisst, war der Klägerin aufgrund des Anhörungsschreibens des Sozialgerichts vom 2. August 2012 auch bekannt.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Aussetzungsbeschluss nach § 114 Abs. 3 SGG Teil der Verfahrensführung durch das Gericht erster Instanz ist, ist das Beschwerdegericht nicht zu einer Prüfung der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Sozialgerichts befugt. Der Senat folgt insoweit der Auffassung zu der entsprechenden Regelung in § 149 Abs. 1 Zivilprozessordnung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26. Januar 2010 – Az. 12 W 62/09 – Juris; Thüringer OLG, Beschluss vom 2. März 2001 – Az. 1 W 53/01 – Juris = OLG-NL 2001, S. 238; Roth in Stein-Jonas, ZPO, 22. Auflage, 2005, Band 3, Rn. 8 zu § 252 ZPO mwN.; Greger in Zöller, ZPO, 28. Auflage, 2010, Rn. 3 zu § 252). § 114 Abs. 3 SGG dient der Erleichterung der tatsächlichen Aufklärung der vom Sozialgericht für rechtlich relevant gehaltenen Umstände. Die Sachaufklärung als entscheidungsvorbereitende Prozessleitung unterliegt auch nach der Systematik des SGG (vgl. § 172 Abs. 2 SGG) vor Abschluss der ersten Instanz nicht der Kontrolle durch das Beschwerdegericht. Eine Überprüfung der materiell-rechtlichen Auffassung durch das Sozialgericht ist dem Rechtsmittel gegen die Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten. Ob hiervon eine Ausnahme für den Fall einer unvertretbaren oder offenkundig rechtsirrigen Auffassung des Sozialgerichts zu machen ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
Fehler der Ausübung des Ermessens durch das Sozialgericht sind nicht ersichtlich. Das Sozialgericht hat die in die gebotene Abwägung einzustellenden Elemente berücksichtigt. Insbesondere hat es die bereits erhebliche Verfahrensdauer bei seiner Entscheidung in die Ermessensausübung einbezogen. Die Frage der Aussagekraft des genannten "Flyers" ist kein in die Ermessensausübung einzustellendes Element. Wie bereits ausgeführt, betreffen die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin bei zutreffender rechtlicher Würdigung die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 114 Abs. 3 SGG.
Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen. Das Beschwerdeverfahren gegen den Aussetzungsbeschluss ist kein eigenes Verfahren oder ein eigener Verfahrensabschnitt, sondern nur ein Zwischenstreit im noch anhängigen Rechtsstreit (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. August 2006 – Az. L 8 AL 2352/06 B – Juris).
Gegen diesen Beschluss findet die Beschwerde zum Bundessozialgericht nicht statt (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts zur Aussetzung des Verfahrens nach § 114 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Senat weist sie aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 142 Abs. 1 Satz 3 SGG).
Ergänzend ist nur auf Folgendes hinzuweisen:
Soweit die Klägerin sinngemäß rügt, dass sie zu den am 17. April 2012 vom Sozialgericht telefonisch eingeholten Auskünften der Staatsanwaltschaft vor Erlass des Aussetzungsbeschlusses sowie zur Existenz eines "Flyers" nicht gehört worden sei, führt dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ist jedenfalls im Beschwerdeverfahren geheilt, da die Klägerin durch die Darstellung im angefochtenen Beschluss informiert wurde und hierzu vorgetragen hat. Eine Heilung ist durch die Berücksichtigung im Verfahren vor dem Senat möglich, da diese Umstände nicht die Ermessensausübung des Sozialgerichts betreffen, sondern das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Vorliegens des Verdachts einer Straftat in §114 Abs. 3 SGG. Diese tatbestandliche Voraussetzung einer Aussetzung prüft das Landessozialgericht als Beschwerdegericht als volle Tatsacheninstanz, in der eine Heilung einer etwaigen Gehörsverletzung möglich ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2011, Rn. 11e zu § 62). Zudem ist der Klägerin spätestens aus den bereits durchgeführten Beschwerdeverfahren vor dem Senat (Beschlüsse vom 15. August 2012 u.a. Az. L 1 KR 210/12 B) bekannt, auf welche tatsächlichen Gesichtspunkte einschließlich der Auskünfte der Staatsanwaltschaft das Sozialgericht seine Ansicht stützt.
Auch unter Außerachtlassung der Aussagekraft des im angefochtenen Beschluss erwähnten polnisch-sprachigen Flyers, lässt sich angesichts der langjährigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft der Verdacht einer Straftat feststellen. Dabei sieht der Senat keinen Anlass, den strafrechtlichen Würdigungen der zuständigen Strafermittlungsbehörden sowie der Strafgerichte etwa zu den rechtlichen Voraussetzungen des Untreuetatbestandes vorzugreifen. Die von der Klägerin im Beschwerdeverfahren vorgelegte Auskunft der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Beschuldigten Rudzinski vom 30. Juni 2010 hatte diese bereits mit Schriftsatz vom 30. März 2011 dem Sozialgericht vorgelegt. Die Mitteilung begründet im Kern gerade, wieso eine Einstellung gegenüber diesem Beschuldigten zum damaligen Zeitpunkt im Klageerzwingungsverfahren rechtlich keinen Bestand gehabt hätte. Eine Einstellung ist gerade nicht erfolgt.
Soweit die Klägerin im Beschwerdeverfahren rügt, dass eine Vorgreiflichkeit der strafrechtlichen Ermittlungen fehle, verkennt sie, dass der Aussetzungstatbestand des § 114 Abs. 3 SGG nicht Vorgreiflichkeit, sondern allein einen Einfluss auf die Entscheidung des Sozialgerichts erfordert. Diesen hat das Sozialgericht auf Grundlage einer vertretbaren Rechtsauffassung dargelegt. Dass das Sozialgericht einem etwaigen der Klägerin zurechenbaren treuwidrigen Verhalten Bedeutung beimisst, war der Klägerin aufgrund des Anhörungsschreibens des Sozialgerichts vom 2. August 2012 auch bekannt.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Aussetzungsbeschluss nach § 114 Abs. 3 SGG Teil der Verfahrensführung durch das Gericht erster Instanz ist, ist das Beschwerdegericht nicht zu einer Prüfung der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Sozialgerichts befugt. Der Senat folgt insoweit der Auffassung zu der entsprechenden Regelung in § 149 Abs. 1 Zivilprozessordnung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26. Januar 2010 – Az. 12 W 62/09 – Juris; Thüringer OLG, Beschluss vom 2. März 2001 – Az. 1 W 53/01 – Juris = OLG-NL 2001, S. 238; Roth in Stein-Jonas, ZPO, 22. Auflage, 2005, Band 3, Rn. 8 zu § 252 ZPO mwN.; Greger in Zöller, ZPO, 28. Auflage, 2010, Rn. 3 zu § 252). § 114 Abs. 3 SGG dient der Erleichterung der tatsächlichen Aufklärung der vom Sozialgericht für rechtlich relevant gehaltenen Umstände. Die Sachaufklärung als entscheidungsvorbereitende Prozessleitung unterliegt auch nach der Systematik des SGG (vgl. § 172 Abs. 2 SGG) vor Abschluss der ersten Instanz nicht der Kontrolle durch das Beschwerdegericht. Eine Überprüfung der materiell-rechtlichen Auffassung durch das Sozialgericht ist dem Rechtsmittel gegen die Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten. Ob hiervon eine Ausnahme für den Fall einer unvertretbaren oder offenkundig rechtsirrigen Auffassung des Sozialgerichts zu machen ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
Fehler der Ausübung des Ermessens durch das Sozialgericht sind nicht ersichtlich. Das Sozialgericht hat die in die gebotene Abwägung einzustellenden Elemente berücksichtigt. Insbesondere hat es die bereits erhebliche Verfahrensdauer bei seiner Entscheidung in die Ermessensausübung einbezogen. Die Frage der Aussagekraft des genannten "Flyers" ist kein in die Ermessensausübung einzustellendes Element. Wie bereits ausgeführt, betreffen die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin bei zutreffender rechtlicher Würdigung die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 114 Abs. 3 SGG.
Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen. Das Beschwerdeverfahren gegen den Aussetzungsbeschluss ist kein eigenes Verfahren oder ein eigener Verfahrensabschnitt, sondern nur ein Zwischenstreit im noch anhängigen Rechtsstreit (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. August 2006 – Az. L 8 AL 2352/06 B – Juris).
Gegen diesen Beschluss findet die Beschwerde zum Bundessozialgericht nicht statt (§ 177 SGG).
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