Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 26 SB 193/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 109/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 26. April 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das Sozialgericht Cottbus zurückverwiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zuerkennung der Merkzeichen "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht).
Auf den Antrag des 1929 geborenen Klägers vom 10. Januar 2011 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2011 bei ihm einen GdB von 100 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen "G" und "B" fest, lehnte jedoch die Zuerkennung der Merkzeichen "aG" und "RF" ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2011 ab, der am 31. Mai 2011 mit einfachem Brief zur Post gegeben wurde.
Am 6. Juli 2011 ist bei dem Sozialgericht Cottbus die Klageschrift vom 5. Juli 2011 als Telefax eingegangen. Dem am folgenden Tag eingereichten Original Klageschrift ist eine Kopie des Widerspruchsbescheides beigefügt worden, die einen Stempel der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit dem Datum "6. Juni 2011" trägt.
Nach Anhörung des Klägers hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 26. April 2012 die auf die Zuerkennung der Merkzeichen "aG" und "RF" gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen: Der Kläger habe die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) versäumt. Der Widerspruchsbescheid gelte nach § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, also am 3. Juni 2011, als bekannt gegeben. Die Klagefrist von einem Monat habe, da der 3. Juli 2011 ein Sonntag gewesen sei, nach § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGG am 4. Juli 2011 geendet, weshalb die am 6. Juli 2011 eingegangene Klage verspätet sei.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt: Aus dem Eingangsstempel ergebe sich, dass der Widerspruchsbescheid am 6. Juni 2011 im Büro der Prozessbevollmächtigten eingegangen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 26. April 2012 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Cottbus zurückzuverweisen,
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist im Sinne einer Zurückverweisung begründet.
Die Zurückverweisung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Danach kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden.
1. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Der Kläger hat die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht versäumt. Die Fiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt vorliegend nach Satz 3 dieser Vorschrift vorliegend nicht. Denn der Widerspruchsbescheid ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers erst am 6. Juni 2011 zugegangen. Dies ergibt sich aus dem Eingangsstempel der Prozessbevollmächtigten auf dem Widerspruchsbescheid. Die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz SGG hat damit am 6. Juli 2011 geendet und ist mit der an diesem Tag per Fax eingegangenen Klageschrift gewahrt worden.
2. Im Rahmen seines nach § 159 SGG auszuübenden Ermessens hat der Senat das Interesse des Klägers an einer Erledigung des Rechtsstreits im vorliegenden Berufungsverfahren gegenüber den Nachteilen durch den Verlust einer Tatsacheninstanz abgewogen und sich für eine Zurückverweisung entschieden. Hierbei hat es berücksichtigt, dass der Rechtsstreit noch weit von einer Entscheidungsreife entfernt ist und tatsächliche Ermittlungen im erheblichen Umfang erfordert, weshalb der Verlust einer Tatsacheninstanz, wie er wegen der vom Sozialgericht unterlassenen Sachentscheidung praktisch eingetreten ist, besonders ins Gewicht fällt. Die Zurückverweisung stellt die dem gesetzlichen Modell entsprechenden zwei Tatsacheninstanzen wieder her. Auch der Grundsatz der Prozessökonomie führt nicht dazu, den Rechtsstreit bereits jetzt abschließend in der Berufungsinstanz zu behandeln. Denn die Berufung ist erst im Juni 2012 eingelegt worden, so dass es prozessökonomischer erscheint, dem Sozialgericht zunächst Gelegenheit zur Aufklärung des Sachverhalts zu geben.
Das Sozialgericht wird in seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten der Berufung zu befinden haben.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zuerkennung der Merkzeichen "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht).
Auf den Antrag des 1929 geborenen Klägers vom 10. Januar 2011 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2011 bei ihm einen GdB von 100 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen "G" und "B" fest, lehnte jedoch die Zuerkennung der Merkzeichen "aG" und "RF" ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2011 ab, der am 31. Mai 2011 mit einfachem Brief zur Post gegeben wurde.
Am 6. Juli 2011 ist bei dem Sozialgericht Cottbus die Klageschrift vom 5. Juli 2011 als Telefax eingegangen. Dem am folgenden Tag eingereichten Original Klageschrift ist eine Kopie des Widerspruchsbescheides beigefügt worden, die einen Stempel der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit dem Datum "6. Juni 2011" trägt.
Nach Anhörung des Klägers hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 26. April 2012 die auf die Zuerkennung der Merkzeichen "aG" und "RF" gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen: Der Kläger habe die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) versäumt. Der Widerspruchsbescheid gelte nach § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, also am 3. Juni 2011, als bekannt gegeben. Die Klagefrist von einem Monat habe, da der 3. Juli 2011 ein Sonntag gewesen sei, nach § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGG am 4. Juli 2011 geendet, weshalb die am 6. Juli 2011 eingegangene Klage verspätet sei.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt: Aus dem Eingangsstempel ergebe sich, dass der Widerspruchsbescheid am 6. Juni 2011 im Büro der Prozessbevollmächtigten eingegangen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 26. April 2012 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Cottbus zurückzuverweisen,
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist im Sinne einer Zurückverweisung begründet.
Die Zurückverweisung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Danach kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden.
1. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Der Kläger hat die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht versäumt. Die Fiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt vorliegend nach Satz 3 dieser Vorschrift vorliegend nicht. Denn der Widerspruchsbescheid ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers erst am 6. Juni 2011 zugegangen. Dies ergibt sich aus dem Eingangsstempel der Prozessbevollmächtigten auf dem Widerspruchsbescheid. Die Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz SGG hat damit am 6. Juli 2011 geendet und ist mit der an diesem Tag per Fax eingegangenen Klageschrift gewahrt worden.
2. Im Rahmen seines nach § 159 SGG auszuübenden Ermessens hat der Senat das Interesse des Klägers an einer Erledigung des Rechtsstreits im vorliegenden Berufungsverfahren gegenüber den Nachteilen durch den Verlust einer Tatsacheninstanz abgewogen und sich für eine Zurückverweisung entschieden. Hierbei hat es berücksichtigt, dass der Rechtsstreit noch weit von einer Entscheidungsreife entfernt ist und tatsächliche Ermittlungen im erheblichen Umfang erfordert, weshalb der Verlust einer Tatsacheninstanz, wie er wegen der vom Sozialgericht unterlassenen Sachentscheidung praktisch eingetreten ist, besonders ins Gewicht fällt. Die Zurückverweisung stellt die dem gesetzlichen Modell entsprechenden zwei Tatsacheninstanzen wieder her. Auch der Grundsatz der Prozessökonomie führt nicht dazu, den Rechtsstreit bereits jetzt abschließend in der Berufungsinstanz zu behandeln. Denn die Berufung ist erst im Juni 2012 eingelegt worden, so dass es prozessökonomischer erscheint, dem Sozialgericht zunächst Gelegenheit zur Aufklärung des Sachverhalts zu geben.
Das Sozialgericht wird in seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten der Berufung zu befinden haben.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben.
Rechtskraft
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