L 17 R 394/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 R 5435/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 R 394/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, in der Zeit vom 01. November 1957 bis zum 30. Juni 1990 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien zu festzustellen.

Der 1928 geborene Kläger war im Beitrittsgebiet zuletzt als Abteilungsleiter bei der Bauakademie der DDR tätig. Ab dem 01. Oktober 1990 befand er sich im Vorruhestand. Er trat ab dem 01. Juni 1975 der freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR (FZR) bei, der er bis zum 30. Juni 1990 angehörte. Seit dem 01. Juli 1993 bezieht der Kläger eine Regelaltersrente, die laut dem Neufeststellungsbescheid der Beklagten in ihrer Funktion als Rentenversicherungsträger vom 04. Oktober 2002 auf der Grundlage von 73,9384 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) in Höhe von anfangs DM netto gezahlt wurde. Für die Zeit vom 16. Oktober 1956 (Beschäftigungsbeginn nach Abschluss des Hochschulstudiums) bis zum 30. Juni 1990 überschritten die der Rentenberechnung zugrunde gelegten Arbeitsentgelte die jeweilige jährliche Beitragsbemessungsgrenze.

Der Rentenberechnung zugrunde lag der Bescheid der Beklagten in ihrer Funktion als Zusatzversorgungsträger vom 20. September 2002, in dem sie die Zeit vom 01. November 1957 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu dem Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech; Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes – AAÜG -) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festgestellt hatte.

Am 02. Mai 2008 stellte der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R – einen Antrag auf Überprüfung des Altersrentenbescheids. Seine Jahresendprämien seien zu berücksichtigen. Zunächst wies die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 09. September 2009 darauf hin, dass in seinem Fall selbst bei Nachweis höherer Verdienste daraus keine höhere Rente folge, da in dem Zeitraum vom 16. Oktober 1956 bis zum 30. Juni 1990 bereits die Arbeitsentgelte bis zur Beitragsbemessungsgrenze West berücksichtigt worden seien. Die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze sei verfassungsgemäß (Bundesverfassungsgericht vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 – und – 1 BvR 2105/95 -). Der Kläger hielt seinen Antrag gleichwohl aufrecht. Nachdem das Landesverwaltungsamt Berlin unter dem 22. Oktober 2009 bestätigt hatte, dass aus den vorliegenden Gehaltsunterlagen keine Prämienzahlungen ersichtlich seien, lehnte die Beklagte in ihrer Funktion als Zusatzversorgungsträger den Antrag mit Bescheid vom 10. November 2009 ab. Der Bezug von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Eine pauschale Berücksichtigung von Jahresendprämien, für die keine gesetzliche Grundlage bestehe, könne nicht erfolgen, da sowohl Anspruch als auch Höhe der Jahresendprämien nach der Rechtslage in der ehemaligen DDR von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen seien, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2010 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 22. Oktober 2010 Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben, zu deren Begründung er geltend gemacht hat, durch die Nichtanerkennung seiner Jahresendprämien werde das geltende Recht verstümmelt und gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verstoßen.

Mit Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Feststellungsbescheids vom 20. September 2002 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), denn die Daten in diesem Bescheid seien korrekt festgestellt worden. Die heftigen Anwürfe des Klägers seien nicht berechtigt. Die Beklagte habe darauf hingewiesen, dass bereits jetzt der umgerechnete Verdienst in allen streitigen Jahren die Beitragsbemessungsgrenze erreiche. In diesem Fall würde die streitige zusätzliche Anerkennung der Jahresendprämie nicht zu einer Rentenerhöhung führen. Der Kläger habe zudem weder Nachweise vorgelegt noch glaubhaft machen können, dass ihm selbst konkret die streitige Jahresendprämie in allen streitigen Jahren auch zugeflossen sei. Ihm lägen keine Unterlagen vor, die die tatsächliche Zahlung belegen könne. Daher komme dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass auch das Landesverwaltungsamt als Rechtsnachfolger der ehemaligen Arbeitgeber nicht in der Lage gewesen sei, die zusätzliche Vergütung zu belegen. Der Kläger selbst habe außerdem keinerlei auf den konkreten Einzelfall bezogene Angaben gemacht, die zu seinen Gunsten bei einer Glaubhaftmachung hätten berücksichtigt werden können.

Gegen den am 02. März 2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 04. April 2011 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er geltend macht, er halte das erstinstanzliche Urteil für verfassungswidrig.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2011 und den Bescheid vom 10. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2010 aufzuheben und die Beklagte unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 20. September 2002 zu verurteilen, in der Zeit vom 01. November 1957 bis zum 30. Juni 1990 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien festzustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 08. November 2011 ist der Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Berichterstatterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte von der Berichterstatterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern getroffen werden, da ihnen der Rechtsstreit mit Beschluss des Senats vom 08. November 2011 übertragen worden ist und das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entschieden hat.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf die teilweise Rücknahme des Bescheids vom 20. September 2002.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn im Fall des Klägers ist die Beklagte weder von einem nicht zutreffenden Sachverhalt ausgegangen noch hat sie das Recht unrichtig angewandt.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz für jedes Kalenderjahr als Verdienst das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Das BSG hat in seiner vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R – entschieden, dass grundsätzlich auch Jahresendprämien einmalige Einkünfte aus einer Beschäftigung im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch und damit des § 6 Abs. 1 Satz 1 AA-ÜG sind. Allerdings hängt die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, davon ab, dass der Empfänger damals die Voraussetzungen der §§ 117, 118 Arbeitsgesetzbuch der DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast.

Der Kläger hat jedoch weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, in der Zeit vom 01. November 1957 bis zum 30. Juni 1990 zusätzlich zu seinen in den Sozialversicherungsausweisen nachgewiesenen Gesamtarbeitsverdiensten Jahresendprämien bezogen zu haben. Er hat dies nur pauschal behauptet, ohne auch im Berufungsverfahren konkrete, auf seinen Einzelfall bezogene Angaben machen zu können. Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen von Amts wegen hat der Senat nicht gesehen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Auskunft des Landesverwaltungsamts Berlin vom 22. Oktober 2009, wonach aus den vorliegenden Gehaltsunterlagen keine Prämienzahlungen ersichtlich seien. Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und bezieht zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich anzuführen, dass die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung überreichte Prämienvereinbarung 1972 als Anlage 2 zum IKV des Instituts für Städtebau und Architektur für das Planjahr 1972 nicht den Nachweis einer Prämienzahlung erbringt. Denn zum einen legt diese Vereinbarung lediglich die Voraussetzungen dar, unter denen einen Zahlung überhaupt in Betracht kommt, zum anderen hat der Kläger die Erfüllung der dort gesetzten Voraussetzungen, die Höhe und den Zufluss der Jahresendprämie nicht belegen können. Letztlich ist angesichts der heftigen Äußerungen des Klägers erneut darauf hinzuweisen, dass er, selbst wenn er die Zahlung von Jahresendprämien nachweisen bzw. glaubhaft machen könnte, keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente haben dürfte, da die bei der Altersrentenberechnung berücksichtigten Arbeitsentgelte seit dem 16. Oktober 1956 so hoch waren, dass sie die
Beitragsbemessungsgrenze West erreichten bzw. überstiegen. Das ist dem Kläger bereits mit Schreiben der Beklagten vom 09. September 2009 mitgeteilt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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