L 18 AS 2426/12 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 114 AS 19236/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 2426/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
L 18 AS 2427/12 B PKH
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 1. August 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin, über die der Vorsitzende und Berichterstatter in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d. h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Nach § 22 Abs. 8 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) können von dem Antragsgegner Mietschulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, soweit dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit eintritt (§ 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II). Vorliegend ist bereits nicht zweifelsfrei ersichtlich, dass die Übernahme der Mietschulden, die die Antragstellerin nicht beziffert hat, gerechtfertigt i. S. v. § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II ist, und zwar wegen der offenkundigen Kostenunangemessenheit der von der Antragstellerin genutzten Wohnung. Der Zweck, die Unterkunft zu sichern, kann nämlich nicht erreicht werden, wenn trotz Schuldenübernahme langfristig der Erhalt der Wohnung nicht gesichert werden kann. Die darlehensweise Bewilligung staatlicher Transferleistungen (mit ungewisser Rückzahlung durch den Darlehensnehmer) hat den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit zu genügen. Sie ist nicht gerechtfertigt, wenn der Zweck der Transferleistung, nämlich die Sicherstellung der Unterkunft des Bedürftigen, nicht oder nicht mit der erforderlichen Sicherheit erreicht werden kann. Keinesfalls darf die Transferleistung dazu dienen, den Leistungsempfänger lediglich von zivilrechtlichen Erstattungsansprüchen eines Vermieters freizustellen (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. Februar 2010 - L 5 AS 2/10 B ER. juris - m. w. N.).

Ob der Antragstellerin, der gegenüber bereits am 21. April 2010 (!), d. h. weit vor der erstmaligen Aktenkundigkeit einer psychiatrischen Erkrankung, eine Kostensenkungsaufforderung ergangen war, eine Kostensenkung i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar war und ist, bedarf indes im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung.

Denn jedenfalls fehlt es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats an einem Anordnungsgrund i. S. eines zur Abwendung nicht mehr rückgängig zu machender Nachteile unaufschiebbaren Regelungsbedürfnisses. Eine Räumungsklage dürfte zwar zwischenzeitlich anhängig sein, ein Räumungstitel liegt aber ebenso wenig vor wie eine konkrete Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit der Antragstellerin zu besorgen wäre. Es bedarf daher derzeit (noch) keiner Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe selbst für den Fall eines Räumungstitels stünde der Antragstellerin im Hinblick auf die vorgetragene psychische Erkrankung die Möglichkeit zu, einen Antrag nach § 721 Zivilprozessordnung (ZPO) zu stellen oder Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zu beantragen.

Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht bei dieser Sach- und Rechtslage wegen fehlender Erfolgsaussichten zu Recht abgelehnt (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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