L 3 U 156/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 7 U 123/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 156/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 04. März 2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen einer anerkannten Berufskrankheit.

Der 1954 geborene Kläger war im Beitrittsgebiet zunächst als Baufacharbeiter, später als Maurer und Fernmeldemonteur im VEB Braunkohlekombinat Lbzw. VEB Braunkohleveredlung L und ab 01. März 1983 dort als Presser, Trockendienstwärter und Meistervertreter in einer Brikettfabrik beschäftigt gewesen (vgl. Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung der DDR (SVA)). Ab 1982 wurde er wegen Ekzemen ärztlich behandelt (vgl. etwa Bericht der Betriebspoliklinik des VEB Braunkohlekombinat L vom 27. Februar 1984, Befund der Poliklinik am Bezirkskrankenhaus C – Hautabteilung – vom 26. August 1983, Verlaufsdokumentation der Beetriebs-Poliklinik L-West). Er erhielt ab Oktober 1983 einen sog. Schonarbeitsplatz (vgl. Ärztliches Gutachten vom 24. Oktober 1984). Mit Wirkung vom 01. März 1984 bezog er eine Bergbau-Rente (vgl. Rentenbescheid vom 04. Dezember 1987). Seit März 1984 war er u.a. als Absatz- und Produktionsdispatcher beschäftigt. Ab Juni 1993 war er bei der B Bergbausanierung und Landschaftsgestaltung B GmbH u.a. als Hauptsachbearbeiter der Geräteverwaltung tätig. Es folgten Weiterbildungen, Arbeitslosigkeit, eine selbständige Berater- und Planungstätigkeit und zuletzt eine Beschäftigung als Bürokraft in einem Versicherungsbüro.

Der Kläger beantragte bei der Bergbau-Berufsgenossenschaft (Bergbau-BG) mit Schreiben vom 14. Mai 2003 eine Verletztenrente und legte seine SVAe vor. Auf Anforderung der Bergbau-BG übersandte die Stadt L die bei ihr archivierten Patientenunterlagen der ehemaligen Betriebs-Poliklinik L-West. Die Bundesknappschaft stellte der Bergbau-BG Kopien ihrer medizinischen Unterlagen, u.a. der hautärztlichen Gutachten von Dr. G vom 24. Oktober 1984, Dr. J vom 23. August 1985 und OMR Dr. P/ Dr. R vom 12. November 1987 zur Verfügung. Anschließend holte die Bergbau-BG beim Chefarzt der Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie der Wald-Klinikum G GmbH Priv.-Doz. Dr. M die gutachterliche Stellungnahme vom 25. November 2003 ein, wonach das atopische Ekzem des Klägers ohne Nachweis einer Allergie gegenüber damaligen Berufsstoffen dermatologisch gesichert sei. Sie sei dispositionell und könne sich durch unterschiedliche Einflüsse verschlechtern.

Die Bergbau-BG lehnte mit Bescheid vom 15. Januar 2004 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 80 der Berufskrankheitenverordnung der DDR (BKVO - Hautkrankheiten durch chemische und physikalische Einwirkungen, die zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit oder des Umgangs mit dem Schadfaktor gezwungen haben) unter Bezugnahme auf die vorgenannten gutachterliche Stellungnahme von Dr. M ab. Der Kläger erhob am 06. Februar 2004 Widerspruch. Die Bergbau-BG holte eine Arbeitgeberauskunft der I GmbH vom 18. Oktober 2004 ein und zog Stellungnahmen ihres technischen Aufsichtsdiensts (TAD) vom 09. März 2005 sowie des TAD der Beklagten vom 04. August 2005 bei. Sie holte das hautfachärztliche, u.a. auf ambulanten Untersuchungen des Klägers im Oktober 2005 beruhende Gutachten des Hautarztes und Allergologen Prof. Dr. R vom 07. November 2005 ein, wonach durch die beruflichen Noxen in der Kokerei ein kumulativ-subtoxisches Ekzem an Händen und Unterarmen entstanden sei, das zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeiten gezwungen habe und danach weitgehend abgeheilt sei. Die Erkrankung sei schwer und wiederholt rückfällig. Die Hauterscheinungen seien weitestgehend abgeklungen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage unter 10 vom Hundert (v.H.). Die Beklagte holte eine ergänzende Stellungnahme Dr. Ms vom 23. Januar 2006 ein, wonach zwar nach Gesamtwürdigung aller Befunde der Tatbestand der Nr. 80 der BKVO erfüllt, der Eintritt des Versicherungsfalls am 01. März 1984 anzunehmen und wegen der Berufskrankheitenfolgen die MdE auf 10 v.H. einzuschätzen seien.

Die Bergbau-BG gab den Vorgang an die Beklagte ab. Diese stellte mit Bescheid vom 24. April 2006 unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 15. Januar 2004 eine Berufskrankheit nach Nr. 80 BKVO und den Eintritt des Versicherungsfalls auf den 01. März 1984 fest, übernahm die Kosten der Heilbehandlung wegen der Berufskrankheit und lehnte eine Rente ab. Der Kläger erhob am 18. Mai 2006 Widerspruch gegen die Ablehnung der Rente. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006 zurück.

Der Kläger hat sein Begehren mit der am 29. September 2006 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und behauptet, dass die berufskrankheitsbedingten Gesundheitsfolgen eine MdE von mindestens 20 v.H. begründeten. Es bestehe eine besondere berufliche Betroffenheit. Er hat Kopien der im Sozialstreitverfahren S 6 KN 104/04 eingeholten Arbeitgeberauskunft, des Befundberichts des Allgemeinmediziners U und dermatologischen Sachverständigengutachtens des Chefarztes für Dermatologie Dr. B vom 31. Januar 2005 vorgelegt, wonach zum Zeitpunkt der aktuellen Begutachtung keine Krankheiten, Gebrechen oder Schwächen der körperlichen oder geistigen Kräfte vorlägen.

Das SG hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte angefordert und aufgrund Beweisanordnung vom 17. November 2009 das schriftliche Sachverständigengutachten des Oberarztes an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH Dr. F vom 15. März 2010 eingeholt, wonach beim Kläger keine Hautkrankheiten vorlägen, es aber mit großer Wahrscheinlichkeit unter Exposition gegen Stäuben, Schmierstoffen, Ölen, phenolhaltigen Stoffen in Verbindung mit Feuchtmilieu erneut zu Hauterscheinungen kommen würde. Die Kriterien für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BK 5101 – schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) hätten wohl bestanden, ohne dass eine schwere Hauterkrankung vorgelegen habe; die Hauterkrankung sei wiederholt rückfällig gewesen. Krankheitsfolgen bestünden derzeit nicht.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 04. März 2011 abgewiesen. Nach den im vorliegenden Fall zugrunde zu legenden Vorschriften der bis zum 31. Dezember 1996 gegoltenen Reichsversicherungsordnung (RVO) bestehe eine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 v.H. nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen nicht.

Der Kläger hat gegen das ihm am 23. Mai 2011 zugestellte Urteil am 22. Juni 2011 Berufung eingelegt und sein bisheriges Vorbringen vertieft.

Er beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 04. März 2011 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 24. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen seiner als Berufskrankheit anerkannten Hauterkrankung eine Verletztenrente zu gewähren,

hilfsweise,

Prof. Dr. M, Direktor der Hautklinik – Klinik für Dermatologie & Allergologie des Universitätsklinikums A, gutachtlich zu hören.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat auf den Antrag, Prof. Dr. M anzuhören, gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beim Kläger einen Kostenvorschuss von 2.250,00 EUR angefordert, welchen der Kläger nicht gezahlt hat.

Der Senat hat die Beteiligten unter dem 24. August 2012 zu seiner Absicht zum Erlass eines die Berufung einstimmig als unbegründet zurückweisenden Beschlusses angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und Gerichtsakten zu den Sozialstreitverfahren (SG Cottbus) S 6 KN 6/04 und S 6 KN 104/04, die bei Entscheidungsfindung vorgelegen haben, inhaltlich Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, denn er hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach §§ 215 Abs. 6, 56 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuch (SGB VII) i.V.m. § 1154 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RVO. Nach § 56 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigsten die Zahl 20, besteht nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII werden die Folgen eines Versicherungsfalls allerdings nur berücksichtigt, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die Höhe der MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.

Hiervon ausgehend wird nach der aufgrund § 56 Abs. 2 SGB VII vorzunehmenden Schätzung beim Kläger unfallbedingt keine rentenberechtigende MdE von 20 v.H. erreicht.

Die Bemessung der MdE hängt von zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Arbeitsunfalls bzw. der Berufskrankheit beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R -, zitiert nach juris Rn. 12). Hierbei kann zu beachten sein, dass zu Rezidiven neigende Erkrankungen zu Beeinträchtigungen führen, die über die reine Funktionseinschränkung des betroffenen Organs hinausgehen und sich auf das Erwerbsleben auswirken. Bei derartigen Erkrankungen sind bei der Schätzung der MdE entsprechend den Verhältnissen des Einzelfalls gegebenenfalls bestehende besondere Aspekte der Genesungszeit wie das Vorliegen einer Dauertherapie, eines Schmerzsyndroms mit Schmerzmittelabhängigkeit, Anpassung und Gewöhnung an den gegebenenfalls reduzierten Allgemeinzustand, die notwendige Schonung zur Stabilisierung des Gesundheitszustandes, psychische Beeinträchtigungen (Antriebsarmut, Hoffnungslosigkeit), soziale Anpassungsprobleme etc., die Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit haben, wie auch sonst bei der MdE-Bewertung zu berücksichtigen (BSG a.a.O., Rn. 17). Für eine Art "Risikozuschlag" oder "Gefährdungs-MdE" wegen der Prognoseunsicherheiten hinsichtlich der Entwicklung der Krankheit ist in der auf die verminderten Arbeitsmöglichkeiten bezogenen MdE-Schätzung in der gesetzlichen Unfallversicherung kein Raum, weil auf die Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und erst in Zukunft möglicherweise eintretende Schäden grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind (BSG a.a.O., Rn. 18).

Hieran gemessen ist trotz anerkannten Vorliegens einer Berufskrankheit für eine rentenberechtigende MdE von mindestens 20 v.H. nichts ersichtlich. Hierfür wird zunächst auf die klaren Aussagen der vorprozessualen gutachterlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. R vom 07. November 2005 und von Priv-Doz. Dr. M vom 25. November 2003 bzw. 23. Januar 2006 verwiesen, denen zufolge für eine rentenberechtigende MdE auf hautfachärztlichem Gebiet nichts vorliegt, sich allenfalls mit 10 v.H. zu bewertende Funktionsbehinderungen annehmen lassen. Auch das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dr. Fs gibt für eine rentenberechtigende MdE nichts her. Dr. F konnte Hauterkrankungserscheinungen beim Kläger nicht feststellen. Schließlich gibt auch das zum Sozialstreitverfahren S 6 KN 104/04 erstattete dermatologische Sachverständigengutachten des Chefarztes für Dermatologie Dr. B vom 31. Januar 2005 nichts für aktuell fortbestehende, auf der Hauterkrankung des Klägers beruhende Funktionsbehinderungen her; vielmehr liegen nach dem Ergebnis der von Dr. B vorgenommenen Begutachtung keinerlei Krankheiten, Gebrechen oder Schwächen der körperlichen oder geistigen Kräfte des Klägers vor.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch unter dem Gesichtspunkt einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 581 Abs. 2 RVO keine Erhöhung der - einheitlich festzustellenden - MdE und damit kein Anspruch auf Verletztenrente herzuleiten.

Das BSG (Urteil vom 27. Juni 2000 – B 2 U 14/99 -, zitiert nach juris Rn. 23 ff.) führt hierzu (zum Fall eines Erstligafußballspielers) aus:

"Nach dieser durch Art 1 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 ( ) in die RVO eingefügten Vorschrift sind bei der Bemessung der MdE Nachteile zu berücksichtigen, die der Verletzte dadurch erleidet, daß er bestimmte, von ihm erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Arbeitsunfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen kann, soweit sie nicht durch sonstige Fähigkeiten ausgeglichen werden, deren Nutzung ihm zugemutet werden kann. Bereits vor Inkrafttreten des UVNG entsprach es der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), zur Vermeidung unbilliger Härten bei der Bemessung der MdE auch die Auswirkungen der Unfallfolgen auf den Lebensberuf des Verletzten im Einzelfall angemessen, nicht etwa ausschlaggebend, zu berücksichtigen ( ). § 581 Abs 2 RVO normiert im wesentlichen die bis dahin entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung ( ). Allerdings läßt diese unfallversicherungsrechtliche Regelung, bei der regelmäßig Erhöhungen von 10 bis 20 vH in Betracht kommen ( ) keine allgemeine Berücksichtigung der besonderen beruflichen Betroffenheit - etwa entsprechend den Grundsätzen des § 30 Abs 2 des Bundesversorgungsgesetzes - zu. Eine derartige Auslegung widerspräche der Systematik des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung, das für die Bemessung der Verletztenrente anders als das Versorgungsrecht (für Beschädigtengrundrenten) nicht lediglich ohne Rücksicht auf Alter oder Einkommen des Beschädigten allein nach der Höhe der MdE zu gewährende Pauschalsätze, sondern (auch) den individuelleren Maßstab des vom Verletzten während des letzten Jahres vor dem Unfall verdienten Arbeitsentgelts vorsieht. Eine allgemeine Berücksichtigung des "besonderen beruflichen Betroffenseins" würde daher in der gesetzlichen Unfallversicherung regelmäßig zu einer doppelten Berücksichtigung des Berufs führen ( ). Die eine Höherbewertung der MdE rechtfertigenden Nachteile liegen im Rahmen des § 581 Abs 2 RVO aber dann vor, wenn unter Wahrung des in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung, der durch § 581 Abs 2 RVO nicht eingeschränkt wird ( ), die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf bei der Bewertung der MdE im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde (stRspr ). Selbst wenn der Verletzte seinen erlernten Beruf infolge des Arbeitsunfalls nicht mehr ausüben kann, muß dies daher nicht zwangsläufig zur Erhöhung der MdE führen ( ). Auch daß erst bei einer Erhöhung der MdE nach § 581 Abs 2 RVO ein Verletztenrentenanspruch begründet werden kann, stellt für sich noch keine derartige unbillige Härte dar ( ). Als wesentliche Merkmale für die Beurteilung der Frage, ob eine höhere Bewertung der MdE zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist, hat das BSG vielmehr insbesondere das Alter des Verletzten ( ), die Dauer der Ausbildung ( ) sowie vor allem die Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit ( ) und auch den Umstand bezeichnet, daß die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete ( ). Aus diesen Merkmalen und den außerdem zu beachtenden sonstigen besonderen Umständen des Einzelfalles kann sich eine höhere Bewertung der MdE nach § 581 Abs 2 RVO ergeben, wenn der Verletzte infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit einen Lebensberuf aufgeben muß und die ihm verbliebenen Kenntnisse und Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens verwerten kann ( ). Bei der Prüfung, ob ein Fall unbilliger Härte iS des § 581 Abs 2 RVO gegeben ist, sind die einzelnen Umstände des jeweiligen Falles nicht isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ( ). Eine allgemeine Regel, wie dies jeweils mit welchem Ergebnis zu geschehen hat, läßt sich hierfür nicht aufstellen ( ). Verfügt der Verletzte indes über sonstige Fähigkeiten, die geeignet sind, die unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang nutzbaren besonderen beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen auszugleichen, kommt eine Erhöhung der MdE gemäß § 581 Abs 2 RVO nicht in Betracht, sofern dem Verletzten die Nutzung dieser Fähigkeiten zugemutet werden kann; dies schließt die zumutbare Aneignung solcher Fähigkeiten durch eine Umschulung ein."

Hieran gemessen liegen angesichts des beruflichen Werdegangs und des beruflichen Qualifikationsgrads des Klägers (Maurer, Fernmeldemonteur, Presser bzw. stellvertretender Meister in der Brikettproduktion) nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte für eine unbillige Härte vor, wie sie nach der vorzitierten ständigen Rechtsprechung des BSG zu fordern sind. Der Versicherungsfall trat nicht bei Ausübung des ursprünglich in einer noch nicht einmal zweijährigen Ausbildungszeit erlernten Berufs des Baufacharbeiters ein. Die Hauterkrankung zeigte sich erstmals bei der Tätigkeit als Fernmeldemonteur, der ausweislich der Eintragungen im SVA des Klägers eine berufsbegleitende Ausbildung in der Zeit vom 01. September 1979 bis zum 20. Mai 1981 zugrunde lag. Bei Eintritt des Versicherungsfalls am 01. März 1984 (Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit) war der Kläger als Presser und stellvertretender Meister tätig, die Ausbildung zum VEB-Meister Brikettveredelung schloss er ausweislich der Eintragungen im SVA erst im Jahr 1985 ab. Der Kläger war damals gerade 30 Jahre alt und bereits von daher noch in der Lage, sich beruflich umzuorientieren. Dies hat er in der Folgezeit mit der Tätigkeit als Absatz- und Produktionsdispatcher sowie Hauptsachbearbeiter Geräteverwaltung getan. Insbesondere bei der mehrjährigen Tätigkeit als Hauptsachbearbeiter Geräteverwaltung handelte es sich um eine qualifizierte Tätigkeit, da sie laut Arbeitgeberauskunft im Sozialstreitverfahren S 6 KN 104/04 vom 16. September 2004 regelmäßig eine Fachschul- oder gleichgestellte Technikerausbildung mit mehrjähriger Berufserfahrung erfordert. Dementsprechend vermag der Senat einen sozialen Abstieg auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens des Klägers nicht einmal ansatzweise zu erkennen. Der Kläger stellte mit seinem Lebenslauf vielmehr unter Beweis, dass er – zunächst unter Inanspruchnahme eines Schonarbeitsplatzes - auch außerhalb seiner Tätigkeit im Bergbau im Erwerbsleben Fuß fassen konnte.

Da der vom Kläger abgeforderte Kostenvorschuss zur Einholung eines Gutachtens nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht eingezahlt worden ist, musste der Senat den vom Kläger benannten Arzt nicht hören (vgl. etwa Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG – Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 109 Rn. 11a). Für weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen bestand für den Senat im Hinblick auf die eindeutigen Ergebnisse der diversen Begutachtungen und der Angaben des Klägers im Schreiben vom 15. September 2010, wonach gegenwärtig die Hauterkrankung abgeklungen sei, kein Anlass, zumal über erneute Krankheitserscheinungen und /oder Behandlungsbedüftigkeit im Berufungsverfahren nicht berichtet worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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