L 6 B 71/09 AS ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 22 AS 95/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 B 71/09 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26. Mai 2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Mitteln für die Beschaffung von Küchengeräten bzw. einer Waschmaschine streitig.

Die Antragstellerin, die mit ihrer Tochter eine Bedarfsgemeinschaft bildet, bezieht von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Anlässlich eines Umzugs bat die Antragstellerin die Antragsgegnerin im März 2009 um "Beihilfe" für einen Kühlschrank, eine Waschmaschine und einen Ofen, die durchgerostet seien sowie eine durchgefaulte Spüle. Die Antragsgegnerin lehnte die Übernahme von Kosten ab, weil es sich um eine Ersatzbeschaffung handle, die grundsätzlich aus der Regelleistung (Ansparung) vorzunehmen sei.

Am 08.04.2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Gelsenkirchen (SG) die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, sie im Hinblick auf die fehlenden Möbel/Geräte zu unterstützen. Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 21.04.2009 ihre Bereitschaft erklärt, für die Beschaffung der benötigten Gegenstände ein Darlehen in Höhe von 459,00 Euro zu gewähren (Elektroherd 118,00 Euro, Kühlschrank 81,00 Euro, Spüle 50,00 Euro, Waschmaschine 210,00 Euro). Das SG hat den Eilantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 26.05.2009 abgelehnt. Es fehle an einem Anordnungsgrund für die Beschaffung der Küchenmöbel bzw. Geräte in Form eines verlorenen Zuschusses, da die in der Vergangenheit bewilligten und gewährten Regelleistungen auch den Bedarf für die Neubeschaffung bereits vorhandener aber unbrauchbar gewordener Einrichtungsgegenstände und Küchengeräte umfasse. Darüber hinaus sei auch das Vorliegen bzw. Fortbestehen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin habe der Antragstellerin mit ihrem Angebot zur Gewährung eines Darlehens die umgehende Beschaffung der benötigten Gegenstände ermöglicht. Die Angelegenheit sei daher nicht mehr eilbedürftig.

Gegen den ihr am 29.05.2009 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 05.06.2009 Beschwerde eingelegt. Sie bitte nochmals um eine Beihilfe/Darlehen für eine neue Küche/Geräte. Derzeit habe sie keine Gelegenheit, etwas zu erwärmen, zu waschen oder Lebensmittel kühl zu lagern. Die Zustände seien unhaltbar. Die alte Küche habe im Jahr 1992 ca. 7.500,00 DM gekostet. Das Darlehen der Antragsgegnerin habe sie nicht abgelehnt. Sie wolle die Sozialhilfe neu ausgerechnet bekommen, weil ihr 50 % für Darlehen abgezogen würden, obwohl lediglich ein Abzug von 10 % zulässig sei. Sie müsse mit ihrer Tochter von 378,00 Euro Regelleistung und 164,00 Euro Kindergeld leben.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Regelleistung der Antragstellerin und ihrer Tochter betrage insgesamt 632,00 Euro monatlich. Hiervon würden lediglich 60,00 Euro - somit weniger als 10 % - zur monatlichen Tilgung von Darlehen in Abzug gebracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung einer neuen Küche einschließlich Geräten.

Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das vom Antragsteller geltend gemachte Recht (sog. Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit, d.h. die Dringlichkeit, die Angelegenheit sofort vor einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu regeln (sog. Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B = SozR 3-3900 § 15 Nr. 4). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05 = Breith 2005, S. 803). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Bei offenem Ausgang muss eine umfassende Interessenabwägung erfolgen (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86b Rn 29, 29a). Die besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist zu bejahen, wenn dem Antragsteller unter Berücksichtigung auch der widerstreitenden öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann (Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn 28, 29a m.w.N.).

Soweit der Beschwerdeantrag der Antragstellerin dahingehend zu verstehen ist, dass sie die Übernahme der Kosten für eine solche Neuanschaffung begehrt, fehlt es an einem Anordnungsgrund. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses des Sozialgerichts gemäß § 142 Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug.

Soweit die Antragstellerin die Gewährung eines Darlehens fordert, fehlt es diesem Antrag am Rechtsschutzbedürfnis, da die Antragsgegnerin ein solches Darlehen bereits zugesagt hat. Die von der Antragsgegnerin für die begehrten Gegenstände/Geräte in Ansatz gebrachten 459,00 Euro sind für die Beschaffung von gebrauchtem Elektroherd, Kühlschrank, Spüle und Waschmaschine bei Wahrnehmung günstiger Angebote in örtlichen Zeitungen und im Internet auch ausreichend. Darüberhinaus fehlt es nach der Zusage der Darlehensgewährung - worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat - an der Eilbedürftigkeit, d.h. einem Anordnungsgrund. Auch das Verhalten der Antragstellerin selbst weckt Zweifel an der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit. Obwohl die Antragsgegnerin bereits im April erklärt hat, ein Darlehen gewähren zu wollen, hat die Antragstellerin dieses Angebot bis zum heutigen Tag nicht in Anspruch genommen. Eine Anfrage des Senats vom 17.06.2009, in welcher konkreten Höhe sie Leistungen begehre, hat sie trotz Erinnerung unbeantwortet gelassen. Zu dem anberaumten Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage ist die Antragstellerin ohne hinreichende Entschuldigung nicht erschienen.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin die der Antragstellerin und ihrer Tochter monatlich auszuzahlende Leistung zutreffend berechnet hat. Dass der Antragstellerin und ihrer Tochter die Regelleistungen nicht in vollem Umfang ausgezahlt werden, beruht nicht auf einer überhöhten Rückzahlungsverpflichtung von Darlehen. Vielmehr übersieht die Antragstellerin, dass auf die Regelleistung der Tochter das von der Familienkasse gezahlte Kindergeld anzurechnen ist und dass weiterhin Energiekosten zu Recht abgezogen werden. Der Abzug für Darlehen beträgt entsprechend den richtigen Angaben der Antragsgegnerin mit 60,00 Euro monatlich weniger als 10 % der Regelleistungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 ZPO.

Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved