S 20 SO 28/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 28/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf ergänzende Sozialhilfe für ungedeckte Heimpflegekosten ab 01.09.2008.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist verheiratet und hat einen Sohn. Er leidet an wahnhaften affektiven Störungen, der Alzheimer-Krankheit und einem Zustand nach Delirium bei Demenz. Er ist schwerbehindert nach einem Grad der Behinderung von 100. Seit 01.03.2008 ist von der Pflegekasse Schwerpflegebedürftigkeit anerkannt; der Kläger erhält deshalb Leistungen aus der Pflegeversicherung nach Pflegestufe II. Er bezieht monatlich eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung und Rentenversicherung (Stand Juli 2008: 839,40 EUR bzw. 1.396,40 EUR). Der Kläger steht unter Betreuung seines Sohnes aufgrund einer im Dezember 2007 erteilten Vollmacht.

Am 23.07.2008 wurde der Kläger in ein Altenpflegeheim aufgenommen, zunächst für eine Kurzzeitpflege bis 19.08.2008, anschließend - übergangslos - in stationäre Vollzeitpflege.

Am 30.07.2008 beantragte der Kläger ergänzende Sozialhilfe in Bezug auf die ungedeckten Heimpflegekosten. Als sein Vermögen gab er einen Lebensversicherungsvertrag bei der Aachen Münchener Versicherung und einen Bestattungsvorsorgevertrag über 5.000,00 EUR an. Der Lebensversicherungsvertrag ist auf das Ablaufdatum 01.09.2013 geschlossen; zu diesem Zeitpunkt garantiert der Versicherer eine Leistung von 7.928,00 EUR; dieser Betrag wird auch für den vorzeitigen Todesfall garantiert; der Rückkaufwert der Lebensversicherung betrug im Juli 2008 4.645,60 EUR. Den Bestattungsvorsorgevertrag hatte die Ehefrau des Klägers am 16.07.2008 abgeschlossen; am selben Tag hatte sie auch den Versicherungsbetrag von 5.000,00 EUR eingezahlt.

Durch Bescheid vom 27.08.2008 lehnte der Beklagte die Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten aus Sozialhilfemitteln ab. Er ermittelte ohne Berücksichtigung des einzusetzenden Einkommens einen täglichen ungedeckten Bedarf von 8,31 EUR. Dieser könne aus dem zumutbar einzusetzenden Vermögen von 6.431,60 EUR (4.645,60 EUR Rückkaufwert der Lebensversicherung plus 5.000,00 EUR Bestattungsvorsorgevertrag abzüglich 3.214,00 EUR Freibetrag) für 774 Tage vom Leistungsberechtigten selbst gedeckt werden. Hinsichtlich des Bestattungsvorsorgevertrages verwies der Beklagte darauf, dass dieser lediglich eine Woche vor der Heimaufnahme geschlossen worden und deshalb unter Härtegesichtspunkten nicht geschützt sei. Dagegen legte der Kläger am 29.09.2008 Widerspruch ein. Zwar sei der Bestattungsvorsorgevertrag eine Woche vor der Heimaufnahme geschlossen worden; jedoch sei zunächst nur Kurzzeitpflege geplant gewesen, da vollstationäre Pflege zunächst nicht für erforderlich gehalten worden war. Erst gegen Ende der Kurzzeitpflege habe sich ergeben, dass eine Rückkehr in die häusliche Umgebung medizinisch nicht vertretbar gewesen sei. Auch die Pflegekasse habe am 29.07.2008 zunächst (nur) die Kosten der Kurzzeitpflege übernommen.

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 04.03.2009 zurück. Eine Neuberechnung des Bedarfs ergab einen ungedeckten Bedarf von 12,94 EUR pro Tag. Das zumutbar einzusetzende Vermögen bezifferte der Beklagte nunmehr auf 5.931,60 EUR. Die Differenz von 500,00 EUR zu dem im angefochtenen Bescheid angesetzten Betrag ergab sich daraus, dass der Beklagte einen bei Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages möglichen Schadensersatzanspruch des Bestatters mit 10 % des Wertes ansetzte. Die Division des einzusetzenden Vermögens durch den ermittelten ungedeckten Tagesbedarf ergebe, dass der ungedeckte Heimpflegebedarf für 458 Tage aus dem Vermögen gedeckt werden könne. Im Übrigen wies der Beklagte daraufhin, dass neben seiner Ehefrau der Sohn des Klägers zur Übernahme (späterer) Bestattungskosten verpflichtet sei; insofern habe keine Notwendigkeit bestanden, das Vermögen in einen Bestattungsvorsorgevertrag anzulegen. Aufgrund des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe sei das Vermögen vorrangig zur Deckung der Heimkosten einzusetzen. Eine Freistellung des Sohnes von der Übernahme der späteren Bestattungskosten rechtfertige nicht das Vorliegen einer Härte.

Dagegen hat der Kläger am 03.04.2009 Klage erhoben. Er wendet sich dagegen, dass der Bestattungsvorsorgevertrag als Vermögen berücksichtigt wird. Er ist der Auffassung, seine Verwertung stelle eine Härte dar.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27.08.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2009 zu verurteilen, ab 01.09.2008 die nach Einsatz von Einkommen und Vermögen ungedeckten Heimpflegekosten ohne Berücksichtigung der Rückkaufwerte des Bestattungsvorsorgevertrages vom 16.07.2008 sowie des bei der B.-Versicherung bestehenden Lebensverversicherungsvertrages zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt seine Auffassung, dass aufgrund des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe das Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau vorrangig zur Deckung der Heimkosten des Klägers einzusetzen ist. Eine Freistellung der unterhaltspflichtigen Angehörigen (hier: Ehefrau und Sohn) von der Übernahme der späteren Bestattungskosten rechtfertige nicht das Vorliegen einer Härte. Bestattungsvorsorgeverträge gehörten auch nicht zu den Vermögensgegenständen, die von der Verwertung im Rahmen der Sozialhilfe ausgeschlossen seien.

Auf Anfrage des Gerichts hat der Bestattungsvorsorgevertragspartner - die Deutsche Bestattungsvorsorge Treuhand AG - am 16.07.2009 mitgeteilt, der Treugeber könne den Bestattungsvorsorgevertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Im Juli 2009 betrug der Gesamtsaldo 5.092,09 EUR.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hatte ab 01.09.2008 und hat auch heute noch keinen Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten aus Mitteln der Sozialhilfe. Denn er kann seinen notwendigen Lebensunterhalt und Pflegebedarf, soweit er nach Einsatz von seinem Einkommen und dem seiner Ehefrau noch nicht gedeckt ist, aus vorhandenem, zumutbar einsetzbarem Vermögen decken.

Zum verwertbaren Vermögen im Sinne von § 90 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gehört jeder Vermögensgegenstand, der nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten tatsächlich verwertet werden kann und damit grundsätzlich geeignet ist, der bestehenden Hilfebedürftigkeit zu begegnen. Vermögen sind alle beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst werden auch Forderungen bzw. Ansprüche gegen Dritte. Vermögen des Klägers (bzw. seiner Ehefrau) ist damit zum einen der Hauptleistungsanspruch gegen den Unternehmen aus dem Bestattungsvorsorgevertrag, zum anderen sind Vermögen auch alle aus dieser vertraglichen Beziehung resultierenden Rückabwicklungsansprüche nach der Auflösung dieses Vertrages bzw. Ansprüche gegen denjenigen, bei dem die 5.000,00 EUR auf einem Treuhandkonto hinterlegt sind (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 8/9b SO 9/06 R). Darüber hinaus sind Vermögen auch die Ansprüche aus dem bei der Aachen Münchener Versicherung bestehenden Lebensversicherungsvertrag. Ob diese Ansprüche im Sinne der gesetzlichen Regelung verwertbar sind, beurteilt sich unter rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten; der Vermögensinhaber muss über das Vermögen verfügen dürfen, aber auch verfügen können. Beide Aspekte verlangen darüber hinaus eine Berücksichtigung des zeitlichen Moments: Der Vermögensinhaber verfügt nicht über bereite Mittel, wenn er diese nicht in angemessener Zeit realisieren kann (BSG a.a.O.).

Nach Auskunft der "Deutsche Bestattungsvorsorge Treuhand AG" vom 16.07.2009 ist der am 16.07.2008 geschlossene Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag vom Treugeber ohne Einhaltung einer Frist kündbar. Die Auszahlung der Summe erfolgt an den Vertragsbestatter bzw. bei Freigabe durch diesen direkt an den Treugeber. Im Juli 2008 betrug der auszahlungsfähige Betrag 5.000,00 EUR, im Juli 2009 lag er bei 5.092,09 EUR. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Vertragsbestatter bei Abgeltung seiner eventuell bisher entstandenen Aufwendungen die Freigabe der Auszahlung an den Treugeber gem. Ziff. 3 Satz 2 des Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrages nicht verweigert kann und wird. Der Beklagte hat insoweit einen - großzügig bemessenen - Abschlag von 10 % angesetzt. Dies bedeutet, dass dem Kläger bzw. seiner Ehefrau im Juli 2008 aus dem Bestattungsvorsorgevertrag ein verwertbarer Vermögensbetrag von 4.500,00 EUR, im Juli 2009 ein solcher von 4.582,88 EUR zur Verfügung gestanden hätte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten durfte und darf die dem Kläger zustehende Sozialhilfe jedoch nicht vom Einsatz oder der Verwertung dieses Vermögens abhängig gemacht werden, da dies für ihn bzw. seine Ehefrau eine Härte bedeuten würde (§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII). Bereits das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 5 C 84/02) hat den Wunsch des Menschen, für die Zeit nach seinem Tod durch eine angemessene Bestattung und Grabpflege vorzusorgen, Rechnung getragen und Vermögen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag sowohl für eine angemessene Bestattung als auch für eine angemessene Grabpflege als Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelungen angesehen. Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 8/9b SO 9/06 R) angeschlossen. Für diese Auffassung - so das BSG - spricht nicht zuletzt, dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative des Bundesrates, mit der die ausdrückliche Privilegierung eines Bestattungsvorsorgevertrages im Gesetz vorgesehen war, mit der Begründung abgelehnt hat, die vorgesehene Regelung sei nicht erforderlich, weil bereits nach geltendem Recht mit der Härtefallregelung in § 90 Abs. 3 SGB XII sowie mit der Vorschrift des § 74 SGB XII eine menschenwürdige Bestattung für Sozialhilfeempfänger sichergestellt sei (vgl. BT-Drucksache 16/239, S. 10, 15 und 17 zu Art. 3 Nr. 4).

Der Umstand, dass der Bestattungsvorsorgevertrag eine Woche vor Aufnahme in das Altenpflegeheim geschlossen wurde, ändert hieran grundsätzlich nichts. Nur dann, wenn der Bestattungsvorsorgevertrag in der Absicht (direkter Vorsatz) geschlossen worden wäre, die Gewährung von Sozialhilfe herbeizuführen, kann dies aus dem Rechtsgedanken des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII der Annahme eines Härtefalls entgegenstehen (BSG a.a.O.). Die Kammer ist jedoch nach den bekannt gewordenen Umständen davon überzeugt, dass der Bestattungsvorsorgevertrag am 16.07.2008 nicht in der Absicht geschlossen wurde, die Gewährung von Sozialhilfe herbeizuführen. Als der Kläger am 23.07.2008 - eine Woche nach Abschluss des Bestattungsvorsorgevertrages - in das Altenheim aufgenommen wurde, geschah dies im Rahmen einer beabsichtigten Kurzzeitpflege. Dementsprechend waren auch bei der Pflegekasse nur Leistungen für Kurzzeitpflege beantragt worden und hat die Pflegekasse durch Bescheid vom 21.07.2008 auch nur solche Leistungen bewilligt. Erst gegen Ende des Kurzzeitpflegezeitraums teilte die Heimleitung mit, dass eine Rückkehr des Klägers in Wohnung medizinisch nicht vertretbar sei. Deshalb ging die Kurzzeitpflege ab 20.08.2008 in eine stationäre Vollzeitpflege über. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Bestattungsvorsorgevertrages war somit eine dauerhafte vollstationäre Pflege - und eine daraus resultierende eventuelle Inanspruchnahme von Sozialhilfemitteln - noch nicht absehbar. Selbst wenn durch den Abschluss des Bestattungsvorsorgevertrages die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden wäre, genügt dies nicht, einen Härtefall auszuschließen, wenn es dem Kläger (bzw. seinen Angehörigen) nicht zielgerichtet um den Erwerb eines Leistungsanspruchs ging (vgl. in diesem Sinne: BSG a.a.O.). Von einem derart zielgerichteten Handeln kann nach den Umständen keinesfalls ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung der einzelnen vorgesehenen Leistungen, wie sich aus der als Anlage dem Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag vom 16.07.2008 beigefügten Auflistung des Vertragsbestatters ergibt, ist die Kammer davon überzeugt, dass der abgeschlossene Bestattungsvorsorgevertrag angemessen ist. Seine Verwertung bedeutet für den Kläger und seine Ehefrau eine Härte, die gem. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII einem Einsatz dieses Vermögens, wie ihn der Beklagte fordert, entgegensteht.

Dem vorliegend angenommenen Härtefall gem. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII steht auch nicht entgegen, dass der Geldbetrag aus dem Bestattungsvorsorgevertrag zwar zur Finanzierung der eigenen Bestattung des Klägers dienen soll, aber gleichzeitig mit der Ehefrau und dem Sohn Verwandte vorhanden sind, die für eine Bestattung (bei dann vorliegender Leistungsfähigkeit) aufkommen müssten, sodass der Hilfebedürftige keine "unwürdige" Bestattung befürchten müsste (vgl. insoweit: LSG Hamburg, Beschluss vom 17.07.2004 - L 4 B 246/07 ER SO). Auch das BSG hat in seiner Entscheidung vom 18.03.2008 (B 8/9b SO 9/06 R) seine Auffassung, dass das Vermögen aus einem Bestattunsvorsorgevertrag grundsätzlich unter Härtegesichtspunkten Schonvermögen sein kann, nicht vom Vorhandensein bestattungpflichtiger Angehöriger abhängig gemacht; im Gegenteil: in dem vom BSG entschiedenen Fall wurde die Klägerin von ihrer Tochter gepflegt; mit der Tochter war also eine potenziell bestattungspflichtige Person vorhanden, ohne dass das BSG hierin einen Härtefall ausschließenden Umstand gesehen hätte.

Einzusetzen war und ist dagegen das in dem bei der Aachen Münchener Versicherung bestehende Lebensversicherungsvertrag liegende Vermögen. Die Verwertung dieses Vermögens bedeutet keine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Verwertung dieser Lebensversicherung eine angemessene Alterssicherung wesentlich erschweren würde. Ablaufdatum des Lebensversicherungsvertrages ist der 01.09.2013. Zu diesem Zeitpunkt wäre der Kläger knapp 82 Jahre, seine Ehefrau 79 Jahre alt. Im Hinblick auf dieses - die statistische Lebenserwartung übersteigende - Alter kann der Lebensversicherungsvertrag nicht als Altersvorsorge angesehen werden.

Die Verwertung des Lebensversicherungsvertrages wäre auch nicht völlig unwirtschaftlich. Nach den Vertragsunterlagen beträgt die garantierte Ablauf- und Todesfallleistung 7.928,00 EUR. Der Rückkaufwert betrug nach der in den Verwaltungsakten befindlichen Versicherungsauskunft vom 31.07.2008 im Juli 2008 4.645,60 EUR und wird heute - mehr als ein Jahr später - noch höher liegen. Der Rückkaufwert beträgt daher ca. 60 % der garantierten Leistung. Im Hinblick darauf ist ein Rückkauf - auch unter Berücksichtigung der eingezahlten Beiträge - nicht völlig unwirtschaftlich.

Ausgehend von einem im Juli 2008 bestehenden Rückkaufwert von 4.645,60 EUR stand nach Abzug eines Freibetrags in Höhe von 3.214,00 EUR ein verwertbares Vermögen von 1.431,60 EUR zur Verfügung. Mit diesem Vermögen kann der ungedeckte Heimpflegetagesbedarf von 12,94 EUR 110 Tage gedeckt werden, bevor der Kläger Sozialhilfe in Anspruch nehmen könnte. Gerechnet vom 01.09.2008, von dem ab der Kläger Sozialhilfe beansprucht, wären die 110 Tage bereits am 19.12.2008 verstrichen. Gleichwohl hat der Kläger auch ab 20.12.2008 (und heute) noch keinen Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten, da das in der Lebensversicherung liegende Vermögen nach wie vor vorhanden ist. Ein Hilfesuchender kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es stelle eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII dar, vor Inanspruchnahme von Sozialhilfe auch solches Vermögen einsetzen zu müssen, das schon bei früherer Gelegenheit hätte eingesetzt werden können (müssen) und nicht mehr vorhanden wäre, wenn es bei dieser Gelegenheit für eine Bedarfsdeckung eingesetzt worden wäre. Ein fiktiver Vermögensverbrauch ist mit dem Bedarfsdeckungsgrundsatz des Sozialhilferechts grundsätzlich unvereinbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.1981 - 5 C 16/80; Urteil vom 19.02.1997 - 5 C 7/96). Solange das Vermögen aus dem Lebensversicherungsvertrag nicht verwertet, also noch vorhanden ist, steht es als einzusetzendes Vermögen im Sinne von § 90 Abs. 1 SGB XII der Sozialhilfebedürftigkeit entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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