S 46 AS 979/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
46
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 46 AS 979/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Den Klägern sind keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Übernahme einer Steuernachzahlung für das Jahr 2007 durch die Beklagte. Die Kläger sind Eheleute, die als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes von der Beklagten erhielten.

Im Jahr 2007 erhielten die Kläger für das Steuerjahr 2006 eine Steuerrückerstattung vom Finanzamt, welche die Beklagte als Einkommen bei der Ermittlung der Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II berücksichtigte.

Für das Jahr 2007 dagegen mussten die Kläger im Jahr 2008 einen Betrag von 743,00 Euro auf die ermittelte Einkommenssteuer nachzahlen. Mit Schreiben vom 16. September 2008 verlangte der Kläger zu 1) von der Beklagten die Mitteilung, wo er die Steuernachzahlung als Ausgabe angeben sollte.

Da die Beklagte auf dieses Schreiben zunächst reagierte, stellte der Kläger zu 1) mit Schreiben vom 06. Oktober 2008 bei der Beklagten den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Steuernachzahlung.

Mit Bescheid vom 04. November 2008 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Steuernachzahlung für das Jahr 2007 mit der Begründung ab, dass es sich bei einer Steuerrückzahlung nicht um einen von den Regelbedarfen erfassten Betrag handele.

Den Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2009 als unbegründet zurück.

Die Kläger sind der Ansicht,

die Ablehnung der Übernahme einer Steuernachzahlung sei rechtswidrig, da dies eine Ungleichbehandlung gegenüber der Anrechnung einer Steuererstattung als Einkommen sei. Da eine Steuererstattung lediglich die Rückzahlung zuviel im Voraus entrichteter Steuern sei, ergäbe sich mathematisch für den Kläger letztlich kein positiver Betrag, so dass die Erstattung auch nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei. Andernfalls sei auch eine Steuernachzahlung als Ausgabe zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen,

der Bescheid vom 04.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Betrag von 743,00 Euro als Steuernachzahlung für das Jahr 2008 an die Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, es habe keine Gesetzesgrundlage für die Übernahme einer Steuerrückzahlung gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 04.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Übernahme der Steuernachzahlung in Höhe von 743,00 Euro durch die Beklagte. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 19 SGB II noch aus § 23 SGB II.

Nach § 19 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfsbedürftige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Die Kläger sind nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 9 SGB II hilfebedürftig. Hiernach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Dabei hat der erwerbsfähige Hilfsbedürftige zunächst seinen Bedarf aus seinem Einkommen zu decken. Nur soweit dieses nicht ausreicht, stehen ihm Leistungen nach dem SGB II zu. Sowohl im Jahr 2007 als auch im September 2008, in dem die Kläger den Antrag auf Übernahme der Steuernachzahlung stellten, waren die Kläger hilfebedürftig im Sinne des § 7 SGB II. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfassen nach § 20 SGB II die Kosten der Ernährung, der Kleidung, der Körperpflege, des Hausrates, der Haushaltsenergie, der Bedarfe für das tägliche Leben sowie in vertretbaren Umfang auch Kosten für die Beziehung zur Umwelt und der Teilnahme am kulturellen Leben. Die eindeutige Aufzählung in § 20 Abs. 1 SGB II beschreibt die Kosten, die mit den Regelleistungen abgedeckt werden sollen. Darüber hinausgehende Aufwendungen sind keine Kosten die durch Mitteln der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bezahlt werden sollen. Neben den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben die Kläger nach § 19 SGB II noch einen Anspruch auf Zahlung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II. Zu diesen Kosten sind die Steuernachzahlung ebenfalls nicht zu zählen.

Ebenso haben die Kläger keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Steuernachzahlung nach § 23 SGB II. Danach kann die Beklagte bei einem von den Regelleistungen umfassten unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes Leistungen in Form von Sachleistungen oder als ein Darlehen erbringen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es sich um einen Bedarf handelt, der von den Regelleistungen abgedeckt werden soll. Wie bereits oben ausgeführt sind nach § 20 Abs. 1 SGB II Steuernachzahlungen keine Kosten, die über den Regelbedarf abgegolten werden. Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, die Kosten als Darlehen zu gewähren.

Eine Übernahme der Steuernachzahlungen wäre auch nicht sachgerecht. Die Wahl der richtigen Steuerklasse oder die Höhe der Vorauszahlungen liegt sowohl im Interesse als auch im Machtbereich der Leistungsempfänger. Kam es wie bei den Klägern zu einer Steuernachzahlung aufgrund der zu geringen Vorauszahlungen, die durch das Finanzamt aufgrund der Ergebnisse der Vorjahre festgesetzt wurden, so haben es die Leistungsempfänger zur Verhinderung eines Nachzahlungsverlangens in der Hand, bei Erzielung höherem Einkommens eine höhere Vorauszahlung zu beantragen bzw. selbst entsprechende Rücklagen für eine Steuernachzahlung aus dem mehr erwirtschafteten Einkommen zu bilden. Grundsätzlich sind die Steuerausgaben – auch in Form von Nachzahlung – lediglich von anrechenbaren Einkommen bei der Leistungsbewilligung abzusetzen. Soweit die tatsächlichen Steuern, die sich aus dem Einkommenssteuerbescheid ergeben, nicht bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens berücksichtigt wurden, kann dies auch im Rahmen der Überprüfung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum, für den die Steuern zu zahlen sind, noch erfolgen. Eine einmalige Übernahme in Form der Kosten der Steuernachzahlung in Höhe von 743,- Euro ist dagegen nicht möglich.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass eine Steuerrückerstattung als Einkommen in dem Monat berücksichtigt wird, in dem sie an die Leistungsempfänger ausgezahlt wird (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 4 AS 48/07 R). Bei einer Steuererstattung haben die Leistungsempfänger zunächst zuviel Steuern bezahlt, wodurch bei der Anrechnung des Einkommens auf den Bedarf sich das anzurechnende Einkommen gemindert hat. Bei korrektem Abzug der Lohnsteuer oder der entsprechenden Vorauszahlungen erhalten die Leistungsempfänger aufgrund des höheren anzurechnenden Einkommens auch höhere Leistungen in den Zeiträumen, für die die Steuerstattung erfolgt. Ihnen fließt zu einem späteren Zeitpunkt lediglich das ihnen bereits vorher zustehende Einkommen in Form der Steuerrückerstattung zu. Dies ist nicht mit dem Fall einer Steuernachzahlung vergleichbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, da der Berufungsstreitwert von 750,- Euro nicht erreicht wird und die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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