L 6 AS 21/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 15 AS 20/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 21/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 174/09 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.06.2009 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.

Der 1954 geborene Kläger beantragte am 02.07.2007 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Er bewohne einen an der Adresse L-Straße 0, 00 U abgestellten Wohn- und Campingwagen, den er von Frau C K gemietet habe.

Ein von der Beklagten an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 17.07.2009 wurde mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln - unbekannt" von der Deutschen Post zurückgesandt. Der Kläger teilte am 26.07.2009 mit, er habe wegen Problemen mit der Postzustellung nunmehr ein Postfach in U beantragt. Mit Bescheid vom 30.07.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen ab, weil der Kläger die für den Antrag noch fehlenden Unterlagen nicht eingereicht habe. Der Betreiber des C`er Campingplatzes, Herrn T, teilte der Beklagten telefonisch und schriftlich mit, dass der Kläger dort nicht wohne und auch nicht bekannt sei. Auf dem Stellplatz der Frau K befinde sich ein alter Wohnwagen, der auf keinen Fall für Wohnzwecke geeignet sei. Für ein dauerhaftes Wohnen sei eine Genehmigung der Campingplatzverwaltung erforderlich, die nicht erteilt würde. Die Mutter des Platzwartes, Frau T ergänzte dies durch die Mitteilung, dass der Kläger hin und wieder den Campingwagen mit seiner Lebensgefährtin Frau K besuche. Bei einem Außentermin stellten Mitarbeiter der Beklagten fest, dass der Wohnwagen unbewohnt war.

Auf den Widerspruch des Klägers vom 15.08.2007 zog die Beklagte erneut telefonisch und mittels zweier Außentermine Erkundigungen über den Aufenthalt des Klägers auf dem Campingplatz ein. Frau T teilte nach Befragung der dortigen Nachbarn des Stellplatzes mit, dass sich der Kläger lediglich am Wochenende, nicht jedoch unter der Woche im Campingwagen aufhalte. Im Übrigen habe sie den Kläger telefonisch unter der Telefonnummer seiner Lebensgefährtin Frau K in N erreicht. Herr T wies darüber hinaus darauf hin, dass die Wasserversorgung für den Wohnwagen seit einiger Zeit abgestellt worden sei und man auch anhand des Stromzählers erkennen könne, dass der Campingwagen nicht regelmäßig genutzt werde.

Die Beklagte hob mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2008 den Bescheid vom 30.07.2007 auf und lehnte die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II nunmehr wegen örtlicher Unzuständigkeit ab. Der Kläger habe seinen gewöhnlichen bzw. tatsächlichen Aufenthalt nicht in U. Den Widerspruch wies die Beklagte zurück, da der Kläger Grundsicherungsleistungen nicht beanspruchen könne.

Der Kläger hat am 21.01.2008 Klage beim Sozialgericht (SG) Münster erhoben und geltend gemacht, dass ihm Leistungen zustünden, weil auch ein Wohnwagen als Unterkunft zähle. Obwohl er nunmehr seit 01.02.2008 in B wohne, werde er die Klage nicht fallen lassen, da er auf die Missstände einiger Behörden und Gemeinden aufmerksam machen wolle.

Ein Antrag des Klägers vom gleichen Tag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist erfolglos geblieben (Beschluss des SG Münster vom 18.02.2008, S 15 AS 19/08 ER bzw. Beschluss des LSG NRW vom 12.03.2008, L 12 B 37/08 AS ER).

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25.06.2009 abgewiesen. Die Beklagte sei als kommunaler Leistungsträger gem. § 36 S. 2 und 3 SGB II lediglich für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die ihren gewöhnlichen oder zumindest tatsächlichen Aufenthalt im dortigen Bezirk hätten, zuständig. Weder der gewöhnliche noch der tatsächliche Aufenthalt des Klägers habe sich im streitigen Leistungszeitraum in U unter der Anschrift L-Straße 0 befunden. Dies zeige für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2007 bereits die eigene Einlassung des Klägers im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, wonach er sich wegen Krankenhausaufenthalts seiner Mutter in diesem Zeitraum in deren Wohnung in F aufgehalten habe. Aber auch zuvor sei nicht von einem gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers auf dem Campingplatz in U auszugehen. Dies ergebe sich zur Überzeugung des Gerichts aus den von den Betreibern des Campingplatzes eingeholten Auskünften, die aus eigener Wahrnehmung des kleinen überschaubaren Campingplatzes ausgesagt hätten, dass sich der Kläger dort lediglich am Wochenende aufhalte. Plausibel gemacht seien diese Angaben zusätzlich durch den seit September 2007 mit 8 kW ermittelten Stromverbrauch, der weit unter den üblichen Werten eines Verbrauchs von ca 400 - 500 kW pro Jahr bei häufiger Platzbenutzung liege.

Gegen das ihm am 07.07.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.07.2009 Berufung eingelegt. Ihm stünden nach dem SGB II Leistungen seit dem 02.07.2007 zu, da er zu diesem Zeitpunkt kein Einkommen gehabt und aufgrund dessen den Wohnwagen angemietet habe. Eine Genehmigung des Campingplatzbetreibers sei nicht erforderlich, da die Stellplatzgebühr bezahlt worden sei. Im Übrigen stünden ihm laut Gesetz auch täglich 11,50 Euro zum Lebensunterhalt zu, wenn seine Unterkunft nicht akzeptiert werde, weil auch für Wohnungslose Leistungen nach dem SGB II zu erbringen seien.

Der Kläger beantragt schriftlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.06.2009 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 30.07.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2008 zu verurteilen, ihm Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für die Zeit vom 02.07.2007 bis zum 31.01.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Das Gericht hat den Kläger verbunden mit dem Hinweis auf die Vorschrift des § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Sach- und Rechtslage und auf die Aussichtslosigkeit der Berufung hingewiesen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Verfahrens im Einstweiligen Rechtsschutz (S 15 AS 19/08 ER = L 12 B 37/08 AS ER) verwiesen. Diese waren sämtlich Gegenstand der Beratung.

II.

Die zulässige Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung hält der Senat nicht für erforderlich. Das Rechtsmittel wird daher ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Zeitraum 02.07.2007 bis 31.01.2008. Das Sozialgericht hat die entscheidungserheblichen Kriterien zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass für eine andere Beurteilung. Allein die Unterzeichnung eines Mietvertrages über eine Unterkunft wie vorliegend den Campingwagen begründet als solche weder einen gewöhnlichen noch einen tatsächlichen Aufenthalt, der gemäß § 36 SGB II notwendige Voraussetzung für einen Leistungsanspruch gegen den örtlichen Leistungsträger (hier: die Beklagte) ist. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I). Der Anspruchsteller muss sich an diesem Ort physisch überhaupt aufhalten und hier den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse haben. Gleiches gilt für den tatsächlichen Aufenthalt ohne dass jedoch eine längere Verweildauer erforderlich ist (Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 36 Rn 16 m.w.N., 21, 27 c). Vorliegend ist nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen im Verwaltungsverfahren zur Überzeugung des Senats nicht davon auszugehen, dass sich der Kläger im fraglichen Zeitraum tatsächlich außer zu gelegentlichen Wochenendbesuchen in dem von ihm angemieteten Campingwagen aufgehalten hat.

Soweit der Kläger - zu Recht - darauf hinweist, dass auch Wohnungslose einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben können, führt dies vorliegend nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn auch Wohnungslose haben gem. § 36 SGB II nur gegen den Träger der Grundsicherung einen Leistungsanspruch, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich sie ihren gewöhnlichen oder tatsächlichen Aufenthalt haben. Ein derartiger Aufenthalt des Klägers im Gebiet der Beklagten ist für den streitigen Zeitraum wie oben dargelegt gerade nicht anzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.
Rechtskraft
Aus
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