L 28 AS 1395/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 12808/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AS 1395/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der angemessene Umfang der Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft iS von § 22 SGB 2 ist unabhängig von den Heizkosten zu bestimmen und bezieht sich auf eine Bruttokaltmiete (Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten). Die Heizkosten sind im Rahmen der Wirtschaftlichkeit in vollem Umfang abhängig von der abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl zu übernehmen.

2. Die Angemessenheit der Nettokaltmiete richtet sich nach der im sozialen Mietwohnungsbau anerkannten Wohnraumgröße und nach dem qualifizierten Mietspiegel des jeweiligen Wohnortes. Die Richtlinien für die Förderung von eigengenutztem Wohnungseigentum sind keine maßgebliche Orientierungsgröße. Es ist vielmehr in Berlin auf die früheren, zuletzt geltenden Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau abzustellen. Bei 10 Personen ist Wohnraum von bis zu 157 m² angemessen.

3. Maßgeblich für die Berechnung ist der jeweils zur Verfügung stehende Mietspiegel, auch wenn dieser auf in den Vorjahren erhobenen Daten basiert. Denn Grundlage für die Beurteilung der maßgeblichen Nettokaltmiete kann stets nur ein in dem fraglichen Zeitraum bereits veröffentlichter Mietspiegel sein. Anderenfalls müsste regelmäßig nach Veröffentlichung des neuen Mietspiegels für die Vorjahre eine umfassende Überprüfung der für die Kosten der Unterkunft erbrachten Leistungen erfolgen.

4. Zur Festsetzung des maßgeblichen Quadratmeterpreises ist ein Gesamtmittelwert aus sämtlichen Mittelwerten einer Zeile zu bilden. Ist die Mietspiegeltabelle in einem bestimmten Bereich lückenhaft, weil in diesem Segment (hier: besonders große Wohnungen in einfacher Wohnlage) grundsätzlich nur wenige Wohnungen zur Verfügung stehen, ist auf das aussagefähigere Wohnsegment (hier: mittlere Wohnlage) abzustellen.
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2008 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat den Klägern auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Zeit vom 01. Februar bis zum 31. Mai 2007.

Die 1964 geborene Klägerin zu 1) ist allein erziehende Mutter von neun minderjährigen Kindern, den Klägern zu 2) bis 10). Die Kläger zu 2) bis 10) sind zwischen 1993 und 2006 geboren. Die von den Kindern besuchten Schulen bzw. Kindertagesstätten befinden sich im Umkreis von 100 m (Kindertagesstätte), 600 m (Grundschule) und 1,22 km (Oberschule) der Wohnung. Nur die 1996 geborene Klägerin zu 4) besucht eine mit knapp 5 km Entfernung etwas weiter entfernte Schule. Die Sportstätten (Fußfallverein) der Kläger zu 2) und 5) liegen ca. 1,5 km von der Wohnung entfernt. Die Klägerin stammt aus Ghana, sie spricht englisch und besucht vormittags Deutschkurse in ihrem Wohnbezirk. Es besteht ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis zu den anderen Mietern im Haus, die allesamt deutsche Muttersprachler sind. Die Kinder sind mit anderen Kindern im Haus befreundet und die Familien unterstützen sich gegenseitig. Die Kläger zu 1) bis 10) stehen seit 2005 im laufenden Leistungsbezug des Beklagten, vorher bezogen sie Sozialhilfe.

Die Klägerin zu 1) erzielte im streitgegenständlichen Zeitraum kein Erwerbseinkommen. Für die Kläger zu 2) bis 10) wurde Kindergeld gewährt. Für die Kläger zu 2) bis 4) waren es 154,00 EUR, für die Kläger zu 5) bis 10) 179,00 EUR monatlich. Außerdem wurden für die Kläger zu 8) bis 9) Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von 127,00 EUR monatlich erbracht. Mit Bescheid vom 21. Februar 2007 gewährte das Bezirksamt von B auch für die 2006 geborene Klägerin zu 10) rückwirkend Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von 127,00 EUR monatlich ab April 2006. Ausgezahlt an die Klägerin zu 1) wurden die Leistungen jedoch erst ab Mai 2007, im Übrigen kam es zur Verrechnung mit den bereits gewährten Leistungen nach dem SGB II. Die Kläger verfügen über kein Vermögen.

Von Mai 2004 bis Januar 2007 lebten die Kläger unter der sich aus dem Rubrum ergebenden Anschrift in einer 4-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 98,71 Quadratmeter. Die Grundmiete betrug zunächst 586,00 EUR, der Betriebskostenvorschuss 115,00 EUR und der Heizkos-tenvorschuss 49,00 EUR (ab November 2006 betrug der Heizkostenvorschuss 126,00 EUR). Nach der Geburt von Zwillingen (Kläger zu 8) und 9)) im November 2004 und der jüngsten Tochter (Klägerin zu 10)) im Februar 2006 wurden die Wohnverhältnisse zunehmend beengt, auch die Mitarbeiterin des Jugendamtes befürwortete den Umzug der Großfamilie in eine größere Wohnung.

Der Klägerin zu 1) wurde von der Hausverwaltung ihrer bisherigen Wohnung eine größere Wohnung im gleichen Haus im Erdgeschoss angeboten. Sie unterzeichnete – ohne Rücksprache mit dem Beklagten – am 15. Januar 2007 den Mietvertrag für diese Wohnung. Es handelt sich um eine 4-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 142,71 Quadratmetern. Geheizt wird die Wohnung mit Erdgas, wobei die von der gesamten Heizungsanlage beheizte Fläche des Gebäudes nach der Heizkostenabrechnung 541,51 Quadratmeter beträgt. Die Warmwasserversorgung erfolgt über die Heizungsanlage ohne eine Einzelabrechnung über einen gesonderten Zähler. Im streitgegenständlichen Zeitraum betrug die vereinbarte Gesamtmiete 1.151,00 EUR monatlich. Sie setzte sich zusammen aus einer Nettokaltmiete von 857,00 EUR, den Vorauszahlungen für die Betriebskosten in Höhe von 222,00 EUR und den Vorauszahlungen für die Heizkosten in Höhe von 72,00 EUR.

Der Beklagte bewilligte den Klägern zunächst mit Bescheid vom 20. November 2006 für die Zeit von Dezember 2006 bis Mai 2007 Leistungen nach dem SGB II ausgehend von den damaligen tatsächlichen Kosten der Unterkunft (KdU) - für die kleinere Wohnung - in Höhe von insgesamt 1.432,90 EUR. Bei den von ihm zugrunde gelegten KdU in Höhe von 782,90 EUR berücksichtigte der Beklagte eine Grundmiete von 586,00 EUR, kalte Betriebskosten in Höhe von 115,00 EUR und Heizkosten – nach Abzug einer Warmwasserpauschale von 44,10 EUR – in Höhe von 81,90 EUR.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2007 reichte die Klägerin zu 1) den Mietvertrag für die neue Wohnung in Kopie ein und teilte mit, dass sie ab dem 01. Februar 2007 diese neue größere Wohnung gemietet habe. Dies sei auf Drängen von Frau B vom Jugendamt geschehen, da die bisherige Wohnung unzumutbar klein gewesen sei. Sie habe den Mietvertrag unterschrieben, benötige aber vor der Wohnungsübergabe eine "Mietübernahmegarantie" von dem Beklagten. Außerdem bat sie um Unterstützung bei der Kaution. Sie müsse einen Differenzbetrag von 1.386,33 EUR überweisen und erbitte ein Darlehen in gleicher Höhe vom Beklagten. Mit Schreiben vom 19. Januar 2007 teilte die Klägerin zu 1) dem Beklagten mit, dass die Schlüsselübergabe für ihre neue Wohnung bereits am 24. Januar 2007 stattfinde, weshalb sie eine Kautionsanzahlung von 450,00 EUR vom Kindergeld geleistet habe. Sie bitte darum, ihr diese Summe auf ihr Konto zurück zu überweisen und die Differenz der Kaution auf das Kautionskonto der Hausverwaltung, da es ihr nicht möglich sei, auf eine so hohe Summe im Monat zu verzichten.

Nach Bewilligung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für die Klägerin zu 10) erteilte der Beklagte einen Änderungsbescheid vom 05. März 2007 hinsichtlich der Monate April und Mai 2007 unter Anrechnung dieses Betrages als Einkommen bei der Klägerin zu 10) und gewährte für diesen Zeitraum der gesamten Bedarfsgemeinschaft nur noch Leistungen in Höhe von insgesamt 1.305,90 EUR.

Anfang Februar 2007 sprach die Klägerin zu 1) bei dem Beklagten vor und beantragte nochmals mündlich die Übernahme der vollen Unterkunftskosten. Die Sachbearbeiter des Beklagten wiesen sie darauf hin, dass der Umzug nicht erforderlich gewesen sei und daher die Kosten in dem beanspruchten Umfang nicht übernommen werden könnten. Mit Schreiben vom 12. Februar 2007 legte die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin zu 1) gegen diese mündliche
"Versagung" vorsorglich Widerspruch ein und beantragte nochmals die Übernahme der Kosten für die neue Unterkunft in vollem Umfang.

In der Folgezeit wurde die Berechnung der Leistung von Februar bis Mai 2007 nochmals mehrfach verändert. Mit Bescheid vom 26. März 2007 bewilligte der Beklagte für die Zeit von Februar bis Mai 2007 Leistungen in Höhe von nunmehr 1.433,90 EUR. Dabei legte er KdU in Höhe von 910,90 EUR monatlich zugrunde, wobei er von Mietkosten in Höhe von 955,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale für Warmwasser von insgesamt 44,10 EUR ausging. Gleichzeitig wurden bei der Klägerin zu 10) nunmehr rückwirkend für alle Monate die eigentlich erst ab Mai 2007 ausgezahlten Leistungen nach dem Unterhaltsvorschuss berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 29. März 2007 erhob die anwaltlich vertretene Klägerin zu 1) dagegen Widerspruch und verwies darauf, dass sie eine Miete von 1.151,00 EUR monatlich zahle. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 16. Mai 2007 berechnete der Beklagte die Leistungen von Januar bis Mai 2007 neu. Für den Monat Januar 2007 gewährte er nunmehr Leistungen in Höhe von 1.308,19 EUR und für die Monate Februar bis Mai 2007 Leistungen in Höhe von 1.436,19 EUR. Dabei erkannte der Beklagte für Januar 2007 nunmehr KdU von 785,19 EUR an. Eine Aufhebungsentscheidung für die nunmehr jedenfalls für Januar 2007 niedrigeren Leistungen lässt sich dem Bescheid nicht entnehmen. Es wird darauf hingewiesen, dass eine Änderung insoweit eingetreten sei, als zu den Kosten der Unterkunft auch die Nebenkosten gehörten. Von der anzuerkennenden Miete sei daher ein bestimmter Betrag für die Warmwasseraufbereitung abzusetzen. Diese wurde für die Klägerin zu 1) mit 6,53 EUR angegeben. Die Höhe der zu übernehmenden Mietkosten ab 01. Februar 2007 sei auf 955,00 EUR abzüglich der Energiepauschale festzusetzen. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass er gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde. Aus dem Berechnungsbogen zum Bescheid vom 16. Mai 2007 ergibt sich, dass der Beklagte monatliche KdU in Höhe von insgesamt 913,19 EUR anerkannt hat. Aufgrund der Einkommensanrechnungen [Kindergeld (hinsichtlich des Klägers zu 8) nur 154 EUR) und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (hinsichtlich der Klägerin zu 10) für alle Monate 127 EUR)] wurden den Klägern zu 1) bis 10) nach dem Bescheid vom 16.05.2007 folgende Einzelleistungsansprüche für die KdU in der Zeit von Februar bis Mai 2007 bewilligt: - Klägerin zu 1) 91,31 EUR - Kläger zu 2) bis 7) 91,32 EUR - Kläger zu 8) 17,14 EUR - Kläger zu 9) und 10) 0,00 EUR Insgesamt wurden der Bedarfsgemeinschaft damit monatliche Leistungen für die KdU für Feb-ruar bis Mai 2007 in Höhe von 656,37 EUR bewilligt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05. März 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Mai 2007 als unbegründet zurück. Er verwies darauf, dass die Angemessenheit der Unterkunftskosten sich nach den Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung (zuletzt geändert durch die Verwaltungsvorschriften vom 30. Mai 2006) richte. Nach diesen Vorschriften dürfe die Bruttowarmmiete einer Wohnung bei einem 10-Personen-Haushalt einen Betrag von monatlich 955,00 EUR nicht übersteigen. Bei Neuanmietung von Wohnraum seien die Richt-werte der AV-Wohnen grundsätzlich einzuhalten. Die Klägerin habe zum 01. Februar 2007 eine Wohnung mit einer Bruttowarmmiete von 1.151,00 EUR angemietet, obwohl sie vom Jugendamt ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, den Umzug vorher mit dem JobCenter abzusprechen. Die Notwendigkeit eines Umzugs wegen beengter Wohnverhältnisse werde im Nachhinein anerkannt. Da die Aufwendungen für die Unterkunft jedoch über dem anzuerken-nenden Bedarf lägen, seien gemäß § 22 Abs. 1 und 2 SGB II lediglich die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen. Von diesem Betrag sei die Energiepauschale in Höhe von 6,53 EUR für die Klägerin zu 1) und in Höhe von 3,92 EUR für die Kläger zu 2) bis 10) in Abzug zu
bringen.

Am 08. Juni 2007 haben die Kläger Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben und verlangt, dass der Beklagte die vollen Kosten der Unterkunft trage. Die von den Klägern bis Januar 2007 bewohnte Wohnung sei nach objektiven Maßstäben zu klein gewesen, weshalb es sinnvoll, notwendig und dringend geboten gewesen sei, eine größere Wohnung zu mieten. Die jetzt angemietete größere Wohnung befinde sich im Erdgeschoss des gleichen Hauses, weshalb unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität und Beibehaltung des sozialen Umfeldes für die neun Kinder die Entscheidung zur Anmietung der Wohnung richtig und dem Wohl der Kinder in hohem Maße förderlich gewesen sei. Der Beklagte interpretiere die Richtwerte der AV-Wohnen falsch. Diese entsprächen der Marktlage zwar möglicherweise im Bereich kleinerer Wohnungen, für den Bereich von größeren Wohnungen – wie im vorliegenden Fall – sei der konkrete Preis jedoch völlig angemessen. Die Kaltmiete betrage 856,00 EUR, was bei einer Größe von 142,71 Quadratmetern einem angemessenen Preis von 6,00 EUR pro Quadratmetern entspreche. In einem Erörterungstermin am 09. April 2008 hat die Klägerin die konkreten Wohnverhältnisse in der ursprünglichen und der jetzigen Wohnung erläutert und darauf hingewiesen, dass die älteren fünf Kinder in Berlin-L zur Schule gingen, diese sei 10 Fußminuten entfernt. Die Kinder hätten Schulfreunde, und es fänden wechselseitige Besuche statt. Die drei älteren Kinder würden auch in L in den Fußballverein gehen.

Das Sozialgericht Berlin hat mit Gerichtsbescheid vom 26. Mai 2008 den Beklagten verurteilt, für Februar bis Mai 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Anerkennung von KdU von 1.151,00 EUR abzüglich der Warmwasserpauschale für die Klägerin zu 1) in Höhe von 6,53 EUR und die übrigen Kläger in Höhe von jeweils 3,92 EUR (insgesamt 41,81 EUR) zu gewähren. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass im Fall der 10-köpfigen Familie der Kläger eine bis zu 145 Quadratmeter große Wohnung als noch angemessen gelte. Dieser Betrag sei mit der ortsüblichen Miete für Wohnungen dieser Größe in einfachen Wohnlagen zu multiplizieren. Dieser Wert ergebe sich an sich aus Zeile J der Mietspiegeltabelle. Allerdings sei die Tabelle in diesem Segment lückenhaft, weil es für eine verlässliche Aussage teilweise keine genügende Zahl von Mietwerten gab, was im Übrigen die Schwierigkeit, derartige Wohnungen zu finden, indiziere. Daher greife das Gericht auf die Zeile mit den ortsüblichen Vergleichsmieten in mittleren Wohnlagen zurück. Dies zugrunde gelegt errechne sich ein Mittelwert von 4,87 EUR pro Quadratmeter. Multipliziert mit dem Wert von 145 Quadratmetern ergebe sich eine angemessene Nettokaltmiete von 706,15 EUR. Hinzuzurechnen seien die kalten Betriebskosten auf der Grundlage der Angaben des Deutschen Mieterbundes in Höhe von 1,79 EUR pro Quadratmeter (259,55 EUR) und Heizkosten von 0,76 EUR pro Quadratmeter (110,20 EUR), was insgesamt eine jedenfalls noch angemessene Bruttowarmmiete von 1.075,90 EUR ergebe. Die vollen Kosten seien zu übernehmen, da die konkrete Bruttowarmmiete der Kläger diesen Betrag lediglich um 75,00 EUR (also um weniger als 7 %) überschreite, was angesichts der auf der Hand liegenden Atypik des klägerischen Falls, die sich mit den aus der AV-Wohnen und der Mietspiegeltabelle ergebenden typisierenden Wertungen nur ansatzweise erfassen lasse, unerheblich sei. Dabei liege die Besonderheit in der Alleinerziehung von neun minderjährigen Kindern durch die Klägerin zu 1) sowie der besonderen örtlich-sozialen Einbindung zumindest der älteren fünf Kinder durch Schulbesuch bzw. Mitgliedschaft im ortsnahen Sportverein.

Gegen den ihm am 04. Juni 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 18. Juni 2008 eingelegte Berufung des Beklagten, mit der er sich gegen die Verurteilung zu höheren Leistungen im Zeitraum Februar bis Mai 2007 für die KdU wendet. Die Kläger haben nach seiner Auffassung lediglich einen Anspruch auf Übernahme der angemessenen KdU in Höhe von 955,00 EUR abzüglich einer Warmwasserpauschale in Höhe von insgesamt 41,81 EUR. Die An-gemessenheit der Unterkunftskosten richte sich nach der AV-Wohnen, an die der Beklagte gebunden sei. Der danach maßgebliche Richtwert betrage bei einem 10-Personen-Haushalt 955,00 EUR. Eine Überschreitung der Richtwerte um bis zu 10 % sei in besonders begründeten Einzelfällen nur bei bestehendem Wohnraum möglich, die Vorschrift beziehe sich nicht auf Fälle der Neuanmietung. Die tatsächlichen KdU hätten damit den Angemessenheitsrichtwert nicht unwesentlich überschritten. Die Kläger hätten auch vor Anmietung keine Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft eingeholt. Ein atypischer Fall sei nicht ersichtlich. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Beklagte mitgeteilt, dass die Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung (AV-Wohnen) für den Beklagten - wenn auch nicht für das Gericht - bindend seien und eine Abweichung von den Richtwerten nicht gerechtfertigt sei.

Der Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie machen geltend, dass auf einen Fall wie den vorliegenden die Ausführungsvorschriften nicht zugeschnitten seien. Es handele sich um eine Großfamilie mit engen sozialen Bindungen und die Besonderheit einer allein erziehenden Mutter von neun minderjährigen Kindern.

Auf Anforderung des Gerichts zur Benennung konkreter Wohnungen hat der Beklagte zunächst mitgeteilt, dass es ihm nicht möglich sei zu ermitteln, welche Wohnungen für den streitgegenständlichen Zeitraum, also für die Vergangenheit, frei gewesen seien. Alsdann hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2009 mitgeteilt, dass selbst heute Wohnungen in der von der AV-Wohnen geforderten Preisspanne in Berlin, Bezirk angeboten werden und mehrere Wohnungsangebote aus dem Internet eingereicht. Konkret handelt es sich um acht
verschiedene aktuelle Wohnungsangebote für Nettokaltmieten zwischen 520 und 750 EUR und Bruttowarmmieten von ca. 700 EUR bis 900 EUR. Es handelt sich allesamt um 4-Zimmerwohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 81,97 m² bis knapp 100 m² in und.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I. Die statthafte sowie frist- und formgerecht eingelegte (§§ 143, 144 Abs. 1 und 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere ist bei Umsetzung des Grundurteils hinsichtlich der KdU der Berufungsstreitwert überschritten. Das Sozialgericht hat den Beklagten in einem Grundurteil verpflichtet, weitere Leistungen für die KdU für vier Monate (Februar bis Mai 2007) ausgehend von KdU in Höhe von 1.109,19 EUR statt der bisher berücksichtigten 913,19 EUR (jeweils bereits nach Abzug der Warmwasserpauschalen) zu gewähren. Allein dies ist Streitgegenstand des vorliegend vom Beklagten angestrengten Berufungsverfahrens. Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts beträgt der Berufungswert damit jedoch nicht 784 EUR, also die Differenz zwischen der konkreten Miete (Gesamtmiete von 1.151,00 EUR einschließlich der Heizkosten, bereinigt um die Warmwasserpauschale [1.151,00 EUR - 41,81 EUR = 1109,19 EUR]) und den von dem Beklagten als berücksichtigungsfähig anerkannten KdU (Pauschalwert von 955,00 EUR abzüglich der Warmwasserpauschale [955,00 EUR - 41,81 EUR = 913,19]) multipliziert mit 4 Monaten (rechnerisch 4 - 196 EUR = 784 EUR). Beschwert ist der Beklagte nämlich nur in dem Umfang, in dem er durch das Grundurteil verpflichtet wird, weitere Leistungen zu gewähren. Eine höhere anzuerkennende Miete führt jedoch nicht zu einer Belastung in genau diesem Umfang, wenn insbesondere wegen Einkommensanrechnung Leistungen nicht in vollem Umfang zu zahlen waren oder sind. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass nach dem streitgegenständlichen Bescheid bisher wegen des übersteigenden Kindergeldes nebst Unterhaltssicherungsleistungen jedenfalls den Klägern zu 9) und 10) keine Leistungen für die KdU bewilligt waren. Auch bei höheren dem Grunde nach anerkannten KdU wären wegen übersteigenden Einkommens dieser Kläger keine zusätzlichen Leistungen in vollem Umfang zu erbringen. Durch die Verurteilung zu höheren berücksichtigungsfähigen höheren KdU würden sich verschiedene Folgeänderungen ergeben. Auf jeden Kläger würde ein monatlicher Kopfteil an berücksichtigungsfähigen KdU von 110,91 EUR (1/10 des Gesamtbetrages nach der Berech-nungsmethode des Beklagten hinsichtlich der Warmwasserpauschale) entfallen. Damit
entstünden ausgehend von dem letzten Bescheid für die Kläger zu 1) bis 8) um je 19,59 EUR höhere monatlichen Leistungsansprüche, umgerechnet auf die streitgegenständlichen vier Monate wären dies 626,88 EUR (4 - 156,72 EUR). Bei den Klägern zu 9) und 10) besteht die Besonderheit, dass ihnen bisher keine Leistungen wegen übersteigenden Einkommens (Kindergeld und Unterhaltssicherung) gewährt wurden. Für den Kläger zu 9) entstünde nunmehr monatlich ein An-spruch von 11,91 EUR ((Regelsatz und KdU-Anteil: 207,00 EUR + 110,91 EUR) – (Kindergeld und Un-terhaltsvorschuss: 179,00 EUR + 127,00 EUR)), der umgerechnet auf vier Monate zu Leistungen von 47,64 EUR führen würde. Wäre bei der Klägerin zu 10) – wie der letzte Bescheid nahe legt - die gleiche Berechnung vorzunehmen, so wäre der Berufungsstreitwert von 750 EUR nicht erfüllt (626,88 EUR für die Kläger zu 1)- 8) + 95,28 EUR für die Kläger zu 9) und 10) = 722,16 EUR).

Nach Überzeugung des Senats ist jedoch auch bei einem Grundurteil (hier Berechnung der KdU der Bedarfsgemeinschaft im Februar bis Mai 2007) eine korrekte Berechnung bezogen auf den Streitgegenstand vorzunehmen. Bei der Berechnung des Berufungsstreitwertes sind daher auch bei einem Grundurteil hinsichtlich des abtrennbaren Streitgegenstandes nicht die fehlerhaften Elemente (hier: unzutreffende Einkommensberücksichtigung) fortzuschreiben, denn diese erwachsen nicht in Bestandskraft. Bei der Klägerin zu 10) ist zu berücksichtigen, dass diese entgegen der Berechnungen des Beklagten im Februar, März und April 2007 noch keine Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhalten hat, vielmehr sind diese
Leistungen erst ab Mai 2007 an die Klägerin zu 1) ausgezahlt worden. Als anrechenbares Einkommen verfügte sie nur über das Kindergeld, das zu einer Reduzierung des Sozialgeldes nicht jedoch des KdU-Anteils geführt hätte. Bei korrekter Umsetzung des sozialgerichtlichen Urteils müssten ihr daher für drei Monate Leistungen in Höhe von je 110,91 EUR statt der bisher zuerkannten 0 EUR gewährt werden. Für Mai 2007 wären es hingegen – wie für den Kläger zu 9) – nur 11,91 EUR. Die Beschwer des Beklagten liegt demzufolge bei 1019,16 EUR (626,88 EUR für die Kläger zu 1)- 8) + 47,64 EUR für den Kläger zu 9) + 344,64 EUR für die Klägerin zu 10)), weshalb der
Berufungsstreitwert deutlich überschritten ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte offenbar von einem zu niedrigen Kindergeld von 154 EUR statt 179 EUR bei dem Kläger zu 8) ausgegangen ist und daher möglicherweise entgegen dem letzten Bewilligungsbescheid für diesen Kläger kein Anspruch auf Leistungen zur KdU bestanden hat. Selbst wenn dem Kläger zu 8) in korrekter Umsetzung der SG-Entscheidung ein niedrigerer Betrag für die KdU (11,91 EUR statt der zuerkannten 17,14 EUR) zustünde, so könnte der Beklagte diesen Betrag nicht nachträglich absenken (Verböserungsverbot). Zu diesem Hinweis sieht der Senat besonderen Anlass, da der Beklagte im vorliegenden Verfahren mehrfach außerhalb des hiesigen Streitgegenstandes Leistungen rückwirkend ohne Beachtung der §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) abgesenkt hat. Auch unter Berücksichtigung dieser Besonderheit wäre also der Berufungsstreitwert überschritten. Es kann daher offen bleiben, ob die Regelsätze der neun minderjährigen Kläger zu 2) bis 10) möglicherweise auch für diesen Zeitabschnitt verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt sind und wegen einer aus diesem Grunde zu verändernden Einkommensanrechnung des Kindergeldes nebst Leistungen nach dem Unterhaltsvorschuss auch deshalb für einzelne Kläger höhere Leistungen für die KdU zu gewähren sind.

II. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Beklagten zu Recht zur Berücksichtigung der tatsächlichen KdU abzüglich der Warmwasserpauschale verpflichtet.

Die im streitgegenständlichen Zeitraum vermögenslosen Kläger sind hilfebedürftig im Sinne des § 7 SGB II und haben damit auch dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen für die KdU. Wie oben ausgeführt, besteht für jeden Kläger bei einer Berücksichtigung der vollen Unterkunftskosten auch trotz Einkommens (teilweise Kindergeld und Unterhaltsvorschuss) Anspruch auf Leistungen für die KdU. In welchem Umfang diese zu gewähren sind, bestimmt sich nach § 22 Abs. 1 SGB II. Nach Satz 1 der Vorschrift werden sie in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Den angemessenen Umfang übersteigende Kosten können – gemäß Satz 2 – so lange berücksichtigt werden, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Die Kläger hatten im streitgegenständlichen Zeitraum Anspruch auf höhere als vom Beklagten zuerkannte Leistungen zu den KdU. Die tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten waren für eine 10köpfige Familie nicht unangemessen.

Der Senat geht zunächst davon aus, dass die Heizkosten der Kläger (nach Abzug der Warmwasserpauschale) als wirtschaftlich angemessen in vollem Umfang vom Beklagten zu tragen sind (siehe unter 1.). Die konkrete Bruttokaltmiete überstieg auch nicht die abstrakte Angemessenheit einer Bruttokaltmiete für einen Zehnpersonenhaushalt in Berlin im Jahr 2007 nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (siehe unter 2.). Im Übrigen hätten besondere Gründe bestanden, auch nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II unangemessene Kosten für die KdU weiterhin zu erbringen, denn die Kläger sind hinsichtlich der Wohnungssuche auf das engere soziale Umfeld
beschränkt und Wohnungsalternativen nicht erkennbar (siehe unter 3.).

1. Die Angemessenheit der Unterkunft ist unabhängig von den Heizkosten zu bestimmen, die im Rahmen der Wirtschaftlichkeit in vollem Umfang abhängig von der abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl zu erstatten sind (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R – zitiert nach juris). Die Kläger hatten im streitgegenständlichen Zeitraum Vorauszahlungen für die warmen Betriebskosten in Höhe von 72,00 EUR zu leisten. Von diesen warmen Betriebskosten sind die Kosten der Warmwasseraufbereitung in Höhe von insgesamt 41,81 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07 R - zitiert nach juris Rn 25) abzuziehen, sodass reine Heizkosten im Streitzeitraum in Höhe von nur noch 30,19 EUR monatlich anfielen. Unabhängig vom Heizungssystem und der beheizbaren Fläche der Heizungsanlage und der Proble-matik der zutreffenden Quadratmetergröße handelt es sich bei diesen Kosten um einen Betrag, der nach den zutreffenden Maßstäben der BSG-Rechtssprechung (BSG, Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R –) offensichtlich wirtschaftlich, wenn nicht sogar zu niedrig kalkuliert ist. Diese Kosten sind daher in vollem Umfang vom Beklagten zu tragen. Dies ist auch erfolgt und zwar unabhängig davon, dass der Beklagte keine Differenzierung hinsichtlich der einzelnen Kostenarten vorgenommen, sondern nur einen pauschalen Betrag für die angemessene Bruttowarmmiete erbracht hat.

2. Unter Herausrechnung der gesamten Heizkosten (einschließlich der Warmwasserpauschale) hatten die Kläger für die KdU (Bruttokaltmiete) im Streitzeitraum einen monatlichen Betrag von 1077,00 EUR zu entrichten. Dieser Betrag übersteigt die abstrakte Angemessenheitsgrenze für die Bruttokaltmiete für einen Zehnpersonenhaushalt in Berlin im Jahr 2007 allenfalls marginal.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, ist Ausgangspunkt für die Prüfung der Angemessenheit die so genannte Produkttheorie. Danach ist zunächst die maßgebliche Wohnungsgröße zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus. Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, muss angemessen sein und es müssen tatsächlich Wohnungen, die den genannten Kriterien entsprechen, auf dem Markt anzumieten sein (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R -, zitiert nach juris, Rn. 17 ff.).

a) Der Senat hält für Berlin für zehn Personen Wohnraum von bis zu 157 m² für angemessen. Bei der Festsetzung der angemessenen Wohnungsgröße ist auf die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße abzustellen (vgl. BSG, grundlegendes Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 18/06 R - zitiert nach juris, Rn. 19). Das Bundesso-zialgericht sieht die Wohnraumgröße als maßgeblich an, die sich aus § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG, BGBl. I S. 2376) vom 13. Septem¬ber 2001 i.V.m. mit den Richtlinien der einzelnen Bundesländer ergibt. Hintergrund dafür ist, dass § 10 Abs. 1 WoFG eine allgemeine Regelung dazu enthält, dass eine zu fördernde Wohnung eine ihrer Zweckbestimmung entsprechende angemessene Größe hat und die meisten Länder entsprechende Ausführungsvorschriften hierzu erlassen haben. Mangels anderer brauchbarer Anhaltspunkte hält auch der 4. Senat des BSG trotz Kritik an dem Rückgriff auf diese wohnraumbezogenen Förderungsregelung fest (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R - zitiert nach juris, Rn. 15 ff.). Es ist jedoch zu beachten, dass in Berlin entsprechende Richtlinien nicht ergangen sind. Zur Überzeugung des Senats ist daher weiterhin auf die im Land Berlin (ehemals) geltenden Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau (Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 – WFB 1990 -) vom 16. Juli 1990 (Amtsblatt 1990, 1379 ff.) in der Fassung der Verwaltungsvorschriften zur Änderung der WFB 1990 vom 13. Dezember 1992 (VVÄndWFB 1990; Amtsblatt 1993, 98 f.) – dort Ziffer 13 – (so Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.11.2007 – L 28 AS 1059/07 – zitiert nach juris, Rn. 27 und Beschlüsse des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.12.2008 – L 32 B 2223/08 AS ER -, zi-tiert nach juris, Rn. 12, vom 29.07.2008 – L 14 B 248/08 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 3 so-wie vom 14. Juni 2007 – L 10 B 391/07 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 6) und ergänzend auf die zur Umsetzung von § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) i.V.m. § 27 Abs. 1 bis 5 WoFG erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 (Mitteilung Nr. 8/2004) – dort Ziffer 8 Abs. 1 Satz 3 – (so schon Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.11.2007 – L 28 AS 1059/07 – zitiert nach juris, Rn. 27, sowie vom 16.10.2008 – L 5 AS 1649/07 – zitiert nach juris, Rn. 25) abzustellen.

In den Wohnungsbauförderungsbestimmungen in Berlin ist geregelt, welche Bauvorhaben im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau als förderungsfähig angesehen werden. Dabei wird keine Differenzierung nach der Anzahl der Haushaltsangehörigen, sondern nach der Raumzahl vorgenommen. Hierzu enthalten nicht die Wohnungsbauförderungsbestimmungen wohl aber die – ebenfalls nicht mehr geltenden – Richtlinien für Wohnberechtigungsscheine Anhaltspunkte. Der Mitteilung Nr. 8/2004 ist zu entnehmen, dass in Berlin die maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnberechtigungsschein in der Regel nach der Raumzahl bestimmt wird. So heißt es in Ziffer 8 WBS und maßgebliche Wohnungsgröße (§ 27 Abs. 4 WoFG):

"(1) Im Wohnberechtigungsschein ist die für den Wohnungssuchenden und gegebenenfalls seine Haushaltsangehörigen maßgebliche Wohnungsgröße anzugeben. In Berlin wird die maßgebliche Wohnungsgröße nach der Raumzahl bestimmt; halbe Zimmer rechnen als ganze Räume. Als angemessen ist eine Wohnung anzusehen, wenn auf jeden Haushaltsangehörigen ein Wohnraum entfällt."

Daraus ist abzuleiten, dass grundsätzlich von einem Raum für eine Person und damit als Be-rechnungsgröße bei zehn Personen von zehn Räumen auszugehen ist. Förderungsfähig sind 4-Zimmer-Wohnungen, bei denen eine Größe von 85 m² nicht überschritten wird (WFB 1990 i.d.F. vom 13. Dezember 1992, Ziffer 13). Danach sind für 4 Personen 4-Zimmer-Wohnungen mit einer maximalen Größe von 85 m² angemessen, bei größeren Wohnungen darf sich die Wohnfläche mit jedem weiteren Zimmer um jeweils 12 m² erhöhen (Anlage 1 Abschnitt II Nr. 1 Buchst a). Angesetzt wird nach den obigen Ausführungen für jede weitere Person ein weiteres Zimmer. Daraus errechnet sich bei 10 Personen eine Quadratmeterzahl von 157 m² (85 + 6-12). Soweit das SG auf eine andere Zahl (145 m²) abgestellt hat, wird dies nicht erläutert und ist auch nicht aus sich heraus verständlich. Selbst wenn auf die früheren Wohnungsbauför-derungsbestimmungen 1990 vom 16. Juli 1990 (Amtsblatt 1990, 1379 ff.) zurückgegriffen würde, würde sich ein höherer Wert ergeben, nämlich 162 m² (90 + 6-12).

b) In einem weiteren Schritt ist der räumliche Vergleichsmaßstab zu ermitteln. Abzustellen ist aufgrund der verkehrstechnischen Verbundenheit und der einheitlichen Infrastruktur auf das gesamte Land Berlin, für das auch ein einheitlicher und nicht nach Bezirken getrennter Mietspiegel existiert. Zur Ermittlung der für eine entsprechende Wohnung üblicherweise zu zahlenden Miete pro Quadratmeter Wohnfläche orientiert sich der Senat an diesem Mietspiegel. Bei diesem handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel gemäß § 558d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), für den gemäß § 558 Abs. 3 BGB die gesetzliche Vermutung gilt, dass die angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (so auch schon Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.11.2007 – L 28 AS 1059/07 – zitiert nach juris, Rn. 29 sowie vom 16.10.2008 – L 5 AS 1649/07 – zitiert nach juris, Rn. 26).

Maßgeblich ist in zeitlicher Hinsicht mit Blick auf den vom 01. Februar 2007 bis zum 31. Mai 2007 reichenden streitgegenständlichen Zeitraum der Mietspiegel 2005 vom 22. August 2005 (Amtsblatt für Berlin 2005, S. 3109 ff.). Dieser Mietspiegel ist anzuwenden, auch wenn er auf in den Vorjahren erhobenen Daten basiert. Denn Grundlage für die Beurteilung der maßgeblichen Nettokaltmiete kann stets nur ein in dem fraglichen Zeitraum bereits veröffentlichter Mietspiegel sein. Andernfalls müsste regelmäßig nach Veröffentlichung des neuen Mietspiegels für die Vorjahre eine umfassende Überprüfung der für die Kosten der Unterkunft erbrachten Leistungen erfolgen. Der Berliner Mietspiegel 2007 vom 11. Juli 2007 (Amtsblatt von Berlin 2007, S. 1797 ff.) hat demgemäß für den streitgegenständlichen Zeitraums keine Bedeutung.

Zur Ermittlung des Preises pro Quadratmeter Wohnfläche ist für Zehnpersonenhaushalte, d.h. nach obigen Ausführungen für Wohnungen mit einer Fläche von bis zu 157 m² Größe, grundsätzlich die Zeile J des Mietspiegels maßgeblich. In dieser sind Wohnungen in einfacher Wohnlage mit einer Wohnfläche ab 90 m² erfasst. Allerdings ist die Mietspiegeltabelle in diesem Bereich lückenhaft, von 11 Spalten sind nur 6 Spalten überhaupt belegt. Für die übrigen Segmente liegen keine verlässlichen Zahlen vor. In eine der verbleibenden Spalten ist nur eine wenig aussagekräftige Zahl von 10 – 14 Mietwerten eingegangen, die nur bedingt aussagefä-hig sind. Dies stellt bereits ein wesentliches Indiz dafür dar, dass es in diesem Wohnungssegment grundsätzlich wenige Wohnungen dieser Größe und in einfacher Wohnlage gibt. Besonders große Wohnungen sind daher eher in mittlerer oder guter Wohnlage zu finden. Dies lässt sich auch aus den Baualtersklassen schließen, so handelt es sich in Berlin typischerweise um sanierte Altbauwohnungen, die traditionell aus großen Räumen bestehen. Es kann offen bleiben, ob es etwa für 5, 6 oder 7 Personen noch ausreichend viele Wohnungen gibt, die um 100 m² groß sind und ob für diesen Bereich der Mietspiegel ausreichende Orientierungspunkte zu geben vermag. Jedenfalls bei der Notwendigkeit einer untypischen Wohnungsgröße von 140-160 m² mit zahlreichen Zimmern (im Grundsatz für jede Person ein Zimmer) enthält der Mietspiegel für die einfache Wohnlage keine ausreichend gesicherte Erkenntnisgrundlage mehr. Der Senat geht daher - wie bereits das Sozialgericht - davon aus, dass in diesem Fall auf Zeile K (mittlere Wohnlage) zurückzugreifen ist, um einen realistischen und auch auf dem Markt verfügbaren Wert zu erhalten.

Zur Festsetzung des maßgeblichen Quadratmeterpreises ist schließlich zur Überzeugung des Senats ein Gesamtmittelwert aus sämtlichen in der Zeile K enthaltenen Mittelwerten zu bilden (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 16.10.2008 - L 5 AS 1649/07 – zitiert nach juris, Rn. 26 und vom 10.09.2009 – L 28 AS 2189/08 – zitiert nach juris, Rn. 45 sowie Beschlüsse vom 16.04.2008 - L 29 B 2215/07 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 7 und vom 17.09.2008 - L 34 B 1650/08 AS ER - zitiert nach juris, Rn. 8). Weder hält er insoweit nur einzelne der im Wesentlichen nach Jahren der Bezugsfertigkeit der Wohnungen und ergänzend nach deren Ausstattung mit Sammelheizung und Bad gebildeten Spalten für maßgeblich, noch sieht er innerhalb der einzelnen Spalten die angegebenen Spannentiefst- oder –höchstwerte als entscheidend an. Würde man einen bauklassenspezifischen Angemessenheitswert bezogen auf die konkrete Wohnung festlegen (in diesem Sinne wohl LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.09.2009 – L 32 AS 1248/09 – zitiert nach juris, Rn. 39), so kann zur Überzeugung des Se-nats nicht das Ziel erreicht werden, einen abstrakten Richtwert für angemessene KdU in einem konkreten regionalen Bereich festzulegen. Auch wäre es wenig einleuchtend, die Höhe der abstrakt maximal erstattungsfähigen Kosten am Baujahr des Hauses festzumachen und somit für Wohnungen aus "teureren" Baualtersstufen (etwa Neubau oder früher Altbau) höhere KdU vorzusehen, als für Bewohner von Wohnungen aus kostengünstigeren Baualtersklassen (etwa aus den 60er Jahren). Anders als möglicherweise das Wohnen in einem bestimmten sozialen Umfeld erscheint auch das Wohnen in einer bestimmten Baualtersstufe nicht als besonders schutzbedürftig.

Bei der Festlegung der maßgeblichen Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche die Werte einzelner Spalten im Hinblick auf die Bezugsfertigkeit der Wohnung oder ihre unzureichende Ausstattung außen vor zu lassen, ist ebenfalls im Ergebnis nicht sachgerecht. Zwar erscheint es durchaus erwägenswert, in die Berechnung der maßgebenden Nettokaltmiete zum einen nur Wohnungen einzubeziehen, die zumindest mit Sammelheizung und Bad ausgestattet sind, zum anderen aber – regelmäßig teurere - Neubauwohnungen unberücksichtigt zu lassen. Denn Wohnungen, in denen Grundsicherungsempfänger leben, müssen grundlegenden Bedürfnissen genügen, sodass die Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht pauschal auf die nötigsten Unterkunftskosten ("niedrigster Standard") reduziert, umgekehrt aber auch die wohnraumbezogenen Lebensgewohnheiten unterer Einkommensgruppen nicht überschritten werden dürfen [vgl. Butzer/Keller, NZS 2009, 65 ff. (66)]. Indes muss es Ziel der Festsetzung der maßgebenden Nettomiete sein, einen möglichst realistischen Wert zu erhalten, zu dem auch tatsächlich Wohnraum anzumieten ist. Dies wird jedoch am ehesten durch eine Einbeziehung möglichst vieler Einzelwerte gewährleistet. Je höher daher die Anzahl der in die Bildung des Gesamtmittelwerts einbezogenen Mittelwerte ist, umso eher ist gewährleistet, dass ein objektiver Wert entsteht.

Nicht für erforderlich hält es der Senat hingegen, jeweils unter aufwändigem Rückgriff auf die der statistischen Erhebung zum Mietspiegel zugrunde liegenden Primärdaten zu der Anzahl der Wohnungen, die jeweils in die Zufallsstichprobe eingegangen sind und die für den Mietspiegel 2005 nicht öffentlich zugänglich sind, die einzelnen Daten in den Spalten getrennt nach Woh-nungsgröße zu gewichten. Zwar würde durch ein solches mathematisch-statistisch verfeinertes Verfahren berücksichtigt, dass bei der Erstellung des Mietspiegels in den unterschiedlichen Baualtersstufen unterschiedlich viele Wohnungen berücksichtigt wurden und damit – sofern die Stichprobe repräsentativ ist – auch auf dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen. Zur Überzeugung des Senats ist jedoch bei der Bestimmung eines abstrakt angemessenen Wertes der KdU eine Pauschalierung auf der Grundlage eines auch den Beteiligten nachvollziehbaren Berechnungsverfahrens geboten. Ein solches einleuchtendes und nachvollziehbares Verfahren wird durch die Bildung von Durchschnittswerten gewährleistet, die bereits auf der Grundlage eines qualifizierten Mietspiegels und der Berechnungen der jeweiligen Wohnungsgrößen und Durchschnittswerte der Mietspannen erfolgt. Mögliche statistisch-wissenschaftliche Ungenauigkeiten werden zur Überzeugung des Senats dadurch kompensiert, dass bereits zu Gunsten der Hilfebedürftigen als Richtwert die maximal förderungsfähige Quadratmeterzahl berücksichtigt wird.

Weitere Verfeinerungen mathematisch-statistischer Art würden weder die Akzeptanz noch die Nachvollziehbarkeit erhöhen und im Übrigen eine Scheingenauigkeit suggerieren, die weitere Fragen aufwirft. So könnte auch und gerade bei einem komplexeren Berechnungsverfahren eingewandt werden, dass mit den gewichteten Zahlen die Anzahl der Wohnungen, die innerhalb der unterschiedlichen Preisspannen zu unterschiedlichen Preisen zur Verfügung stehen, nicht erhoben und gewichtet werden. Bezogen auf das Ziel der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 SGB II, einen Wert festzulegen, bei dem ein Betroffener
Kostensenkungsbemühungen insbesondere durch den Umzug in eine kostengünstigere Wohnung einleiten soll, wäre auch zu problematisieren, warum nicht vorrangig oder sogar allein Wohnungen in die Berech-nung einfließen dürfen, die tatsächlich im maßgeblichen Zeitraum den Beteiligten zur Verfügung standen, also die Fälle der Neuvermietung. Schließlich stellt sich bei dem Gebot eines mathematisch und statistisch-wissenschaftlich gesicherten Verfahrens zur Ermittlung des "richtigen" Angemessenheitswertes die Problematik, dass diese Zahlen auf jeden Fall veraltet und damit nicht mehr repräsentativ sind. Dies zeigt das vorliegende Verfahren eindrücklich. Streit-gegenständlich sind die KdU für Februar bis Mai 2007. Zum Stichtag 1. Oktober 2006 wurden die Grundlagendaten für den Mietspiegel 2007 erhoben, der jedoch erst Mitte 2007
veröffentlicht wurde. Die Grundlagendaten für den Mietspiegel 2005 stammten aus dem Jahr 2004, sie waren also auf jeden Fall nicht mehr im Sinne eines wissenschaftlich korrekten Verfahrens repräsentativ für den Streitzeitraum.

Ebenso ist innerhalb der Werte für die Wohnungen der maßgeblichen Zeile nicht weiter aufzuklären (und ohne erhöhten Aufwand auch nicht aufklärbar), wie viele dieser Wohnungen einfachen, mittleren oder gehobenen Standard aufweisen, und eine entsprechende Binnendifferenzierung vorzunehmen. Der Senat hat auch hier einen mittleren Durchschnittswert berücksichtigt, der auf jeden Fall die einfache Ausstattung abdeckt. Es kann offen bleiben, ob, in welcher Weise und vor allem in welcher Höhe von diesem Durchschnittswert im Mietspiegel noch ein Abschlag genommen werden könnte, weil bei den Wohnungen nur ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad berücksichtigt werden soll (in diesem Sinne die
Begründung für die Zurückverweisung des BSG zur Stadt München; Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – zitiert nach juris Rn. 14, 26).

Soweit teilweise nicht auf den Mittelwert, sondern unter Berücksichtigung nur der mit Sam-melheizung und Bad ausgestatteten Wohnungen innerhalb der als maßgeblich erachteten Zeile auf die Spalte mit dem günstigsten Spannenhöchstbetrag abgestellt wird (vgl. insbesondere LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. April 2009 - L 32 AS 923/07 – zitiert nach juris Rn. 20; anhängig beim BSG unter Az: B 14 AS 32/09 R), überzeugt dies den Senat nicht. Er sieht vielmehr die Gefahr, dass bei dieser Form, die maßgebliche Nettokaltmiete festzusetzen, einzelnen "Ausreißern" in den einzelnen Spalten eine viel zu große Bedeutung beigemessen wird. Auch ist diese Berechnungsweise nicht im Hinblick darauf erforderlich, dass sich die Angemessenheit auf real anmietbare Wohnungen beziehen muss und daher ein Puffer zu den abstrakt-generell absolut günstigsten Mietwerten des Mietspiegels geboten ist. Die Frage, ob zu dem errechneten Wert tatsächlich Wohnungen auf dem Mietmarkt anzumieten sind, ist in ei-nem gesonderten Schritt – der konkreten Unterkunftsalternative - zu prüfen.

Es errechnet sich danach unter Einbeziehung sämtlicher Mittelwerte der Zeile K ein Gesamt-mittelwert nach dem Mietspiegel 2005 von 4,95 EUR/m² = [(3,15 + 4,43 + 4,54 + 4,38 + 3,50 + 4,81 + 6,48 + 7,04 + 4,28 + 6,84) EUR/m²: 10]. Daraus ergibt sich schließlich eine angemessene Nettokaltmiete nach dem Mietspiegel 2005 in Höhe von 777,18 EUR = (157 m² x 4,95 EUR/m²).

Soweit der erkennende Senat hinsichtlich der Angemessenheit der Unterkunftskosten für allein stehende Hilfebedürftige früher eine andere Berechnungsweise vertreten hat, insbesondere mit Urteil vom 09. November 2007 (L 28 AS 1059/07, zitiert nach juris) für die Ermittlung der maßgeblichen Nettokaltmiete lediglich Wohnungen einbezogen hat, die mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet sind, andererseits aber die nach 1990 bezugsfertig gewordenen Wohnungen nicht berücksichtigt hat, hält er daran nicht mehr fest (siehe bereits Urteil des er-kennenden Senats vom 07. Mai 2009 - L 28 AS 848/08 – zitiert nach juris, Rn. 43 ff).

c) Zu der abstrakten Nettokaltmiete kommen kalte Betriebskosten, zu deren Bestimmung auf den vom Deutschen Mieterbund für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelten
Betriebskostenspiegel zurückzugreifen ist (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.10.2008 – L 5 AS 1649/07 – zitiert nach juris, Rn. 27 sowie Beschlüsse vom 17.09.2008 – L 34 B 1650/08 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 9, vom 16.04.2008 – L 29 B 2215/07 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 8-9, vom 29.07.2008 – L 14 B 248/08 AS ER – zitiert nach juris, Rn. 4 und vom 14.06.2007 – L 10 B 391/07 AS ER, zitiert nach juris, Rn. 7). Der Mieterbund hat für die kalten Betriebskosten (Wasser, Müllbeseitigung, Grundsteuer, Hauswart, Gartenpflege etc.) einen Betrag von durchschnittlich 1,79 EUR für jeden Quadratmeter in der Abrechnungsperiode 2005 (Datenerfassung 2006) und durchschnittlich 1,75 EUR für jeden Quadratmeter in der Abrechnungsperiode 2006 (Datenerfassung 2007) ermittelt. Die Betriebskostenspiegel 2005 und 2006 sehen folgende Beträge vor:

Betriebskostenspiegel Abrechnungsjahr 2005 Betriebskostenspiegel Abrechnungsjahr 2006 "kalte" Betriebskosten 1,79 EUR/m² 1,75 EUR/m² Heizkosten 0,76 EUR/m² 0,85 EUR/m² Warmwasseraufbereitung 0,19 EUR/m² 0,22 EUR/m² insgesamt 2,74 EUR/m² 2,82 EUR/m²

Zur Überzeugung des Senats ist für die Bestimmung der abstrakten Angemessenheit einer Miete im Zeitraum Februar bis Mai 2007 auf das Abrechnungsjahr 2005 (Datenerfassung 2006) zurückzugreifen. Die Höhe der künftigen Vorauszahlungen richtet sich nach den Kosten für die abgelaufene Abrechnungsperiode, die Miete wird anhand der Prognose für die Zukunft festgestellt. Selbst wenn auf den Betriebskostenspiegel Abrechnungsjahr 2006 abgestellt würde, würden sich daraus hinsichtlich der Betriebskosten nur noch niedrigere Werte ergeben, die auf jeden Fall zusammen mit der Kaltmiete und den sonstigen Unterkunftskosten deutlich unter den bereits zuerkannten Beträgen lägen.

Hinsichtlich der Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten, die in den jeweiligen Betriebskostenspiegel Eingang gefunden haben, hält der Senat es weiter für angebracht, sämtliche in die Betriebskosten eingeflossene Positionen anzusetzen und nicht einzelne, wie z.B. die Kosten für einen Fahrstuhl oder die Gartenpflege, herauszurechnen. Bei der Berechnung des angemessenen Betrages geht es nicht um die individuelle Festlegung der für einzelne Wohnbereiche typischen Kosten, sondern um eine abstrakte Rechengröße. Insofern mögen teilweise Beträge angesetzt werden, die im konkreten Fall keine Bedeutung haben können, umgekehrt mögen auch konkrete Werte keine ausreichende Berücksichtigung finden. Auch hier gilt wie-der, dass nur durch eine weite Streuung letztlich ein realistischer Durchschnittswert zu ermit-teln ist.

Demgegenüber erscheinen dem Senat die für den fraglichen Zeitraum in den AV-Wohnen für die Betriebskosten vorgesehenen Beträge (Ziffer 6 Abs. 1 und 2) in Höhe von 1,47 EUR/m² (kalte Betriebskosten) sowie 0,75 EUR/m² Heizkosten zu gering angesetzt. Gleiches gilt bzgl. der sich aus den Betriebskostenübersichten 2003 und 2005 ergebenden – nicht amtlichen - Mittelwerte, die in die Mietspiegel 2005 bzw. 2007 Eingang gefunden haben. Denn auch diese sehen lediglich folgende Beträge vor:

Betriebskostenübersicht 2003 (im Mietspiegel 2005) Mittelwert Betriebskostenübersicht 2005 (im Mietspiegel 2007) Mittelwert insgesamt 2,00 EUR/m² 2,50 EUR/m² Warmwasseraufbereitung 0,18 EUR/m² 0,24 EUR/m² Heizkosten zzgl. sonstige warme Betriebskosten 0,57 EUR/m² 0,63 EUR/m² verbleibender Betrag für "kalte" Betriebskosten 1,25 EUR/m² 1,63 EUR/m²

Soweit umgekehrt statt des sich aus der jeweiligen Betriebskostenübersicht ergebenden Mit-telwerts der dort ebenfalls angegebene 4/5 Spannen-Oberwert herangezogen wird (so LSG Ber-lin-Brandenburg, Urteile vom 24. April 2009 - L 32 AS 923/07 – zitiert nach juris Rn. 22 – 23 und 25.09.2009 – L 32 AS 1248/08 (in juris wohl Fehlzitat 1248/09) zitiert nach juris Rn. 38) und daraus ein Wert aus dem Mietspiegel 2007 für die kalten Betriebskosten von 2,59 EUR pro m² abgeleitet ist, erscheint dies ebenfalls nicht sachgerecht. Es ist nicht nachvollziehbar, warum gerade für Wohnungen in einfachen Wohnlagen und mit einfacher Ausstattung ein Wert angesetzt werden soll, den überhaupt nur 10 % aller erhobenen Werte überschritten haben. Gerade für Wohnungen in einfacher Wohnlage und mit einfacher Ausstattung müssten tendenziell geringere kalte Betriebskosten anfallen, da diese beispielsweise eher selten mit pflegeintensiven Grünanlagen ausgestattet sein werden. Im Übrigen spricht für die Heranziehung der Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes, dass diese jährlich erstellt werden und damit die gerade im Bereich der Mietnebenkosten deutlich rascher voranschreitende Preisentwicklung besser abbilden können als nur zweijährig oder gar noch seltener ermittelte Werte.

Unter Ansatz der sich nach dem Mietspiegel 2005 ergebenden Nettokaltmiete von 4,33 EUR/m² sowie der im Betriebskostenspiegel Abrechnungsjahr 2005 erfassten kalten Betriebskosten in Höhe von 1,79 EUR/m² ergibt sich eine angemessene Bruttokaltmiete für Zehnpersonenhaushalte von lediglich 1058,18 EUR = [157 m² x (4,33 EUR/m² + 1,79 EUR/m²)]. Die Bruttokaltmiete der Kläger von 1077,00 EUR überstieg im Streitzeitraum diesen Betrag um weniger als 20 EUR monatlich und damit um weniger als 2 Prozent. Marginale Abweichungen dieser Größenordnung sind nach Überzeugung des Senats zu vernachlässigen, auch wäre eine Kostensenkung (insbesondere durch einen Umzug) nicht wirtschaftlich. Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass nach dem vom Beklagten in der Vergangenheit und auch jetzt noch angewandten Konzept von
Bruttowarmmieten zur abstrakten Bestimmung der Angemessenheit die KdU insgesamt auf jeden Fall angemessen gewesen wären, da die Heizkosten vorliegend besonders niedrig sind

3. Im Übrigen hätten jedoch auch besondere Gründe bestanden, nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die unangemessenen Kosten für die KdU im Streitzeitraum weiterhin zu erbringen. Die Klägerin zu 1) lebt zusammen mit neun minderjährigen Kindern in einem bestimmten Stadtteil in Berlin. Die Kinder besuchen ortsnah die Kindertagesstätte bzw. Schulen und Freizeiteinrichtungen. Die Klägerin zu 1), die bisher nur unzureichend deutsch spricht, besucht einen Sprachkurs. Die Familie ist sozial integriert und zwar in einem Haus mit Nachbarn, die die allein er-ziehende Klägerin zu 1) unterstützen und – als deutsche Muttersprachler – auch die soziale Integration weiter fördern. Die frühere Wohnung war unbestritten auch nach Auffassung des Jugendamtes zu klein, es sprach daher viel dafür, das Angebot der Hausverwaltung für eine größere Wohnung im gleichen Haus anzunehmen. Zur Überzeugung des Senats gibt es auch im sozialen Umfeld der Kläger keine Wohnung, die den Wohnraumbedarf der Kläger zu einem niedrigeren Preis (Bruttokaltmiete) befriedigen oder gar im Rahmen der Angemessenheit nach den AV-Wohnen liegen könnte. Ein gewichtiges Indiz dafür sind neben den erfolglosen Re-cherchen des Senats die vom Beklagten eingereichten Wohnraumangebote im Bezirk. Vorgelegt wurden acht verschiedene Wohnungsangebote für Nettokaltmieten zwischen 520 und 750 EUR und Bruttowarmmieten von ca. 700 EUR bis 900 EUR. Es handelt sich durchweg um 4-Zimmerwohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 81,97 m² bis knapp 100 m² in und. Für eine Bedarfsgemeinschaft von 10 Personen sind diese Wohnungen allesamt zu klein. Auf jede Person entfallen nur 8 - 10 Quadratmeter, zum Teil beziehen sich die eingereichten Wohnungsangebote auf Wohnungen, die noch kleiner sind als die früher anerkanntermaßen zu beengte Wohnung.

Aber auch diese Wohnungen befinden sich nicht im engeren sozialen Umfeld. Dabei ist im konkreten Ausgangsverfahren von einem besonders engen räumlichen Umfeld auszugehen. Die Kinder sind teilweise noch so klein, dass sie die Kindertagesstätte oder Grundschule besuchen. Kindern dieses Alters können noch keine langen Anfahrtswege zugemutet werden, sie müssten bei einem Wohnungswechsel außerhalb des sozialen Nahbereichs die Kindertagesstätte oder Schule wechseln. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin zu 1) nicht über einen PKW verfügt. Die Familie ist zudem besonders groß, weshalb die Kinder allein den Weg zur Schule bewältigen müssen. Die vom Beklagten eingereichten Wohnungsangebote liegen ungeachtet ihrer un-zumutbaren Größe nicht in diesem engeren räumlichen Umfeld. So befindet sich die mit 99,6 m² größte Wohnung in der in. Sie ist damit mit dem Auto 14 km von der bisherigen Wohnung entfernt. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln benötigt man in der Hauptverkehrszeit mehr als eine Stunde, um die Entfernung zu bewältigen, und es ist ein zwei- bis viermaliges Umsteigen erforderlich. Alle jüngeren Kinder müssten daher die Schule bzw. Kindertagesstätte wechseln, wenn die Familie in diese Wohnung ziehen müsste.

Die Berufung konnte damit keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge gemäß § 193 SGG zurückzuweisen.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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