L 20 AS 1822/09 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 147 AS 28491/09 ER
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 20 AS 1822/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Be-schwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Kosten der Unterkunft nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.

Der Antragsteller ist Eigentümer der Wohnung Nr. in der F in B. Durch Mietvertrag vom 01. April 2000 vermietete er diese Wohnung zur Benutzung als Büro und Wohnraum an die d GmbH i. G. (GmbH), deren Mitgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer er ist. Ausweis-lich des Mietvertrages wurde ein Mietzins in Höhe von 1.556,76 DM monatlich, also ca. 796,00 EUR, vereinbart. Der Antragsteller selbst behauptet, in dieser Wohnung zu wohnen.

Durch Beschluss des Amtsgerichtes Tempelhof/Kreuzberg () vom 23. Oktober 2001 wurde die Zwangsverwaltung der o. g. Immobilie angeordnet. Mietzahlungen der GmbH an den Zwangsverwalter wurden nicht erbracht. Hierzu ist vor dem Landgericht Berlin () eine Klage des Zwangsverwalters gegen die GmbH rechtshängig.

In seinem Antrag vom 26. Mai 2009 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gab der Antragsteller in der Anlage KDU unter "B Kosten für Unterkunft und Heizung bei einer Eigentumswohnung" Heizkosten in Höhe von 60,24 EUR, Wohnkosten in Höhe von 329,76 EUR und Schuldzinsen in Höhe von 240,96 EUR für die o. g. Wohnung an. Der Antrags-gegner gewährte dem Antragsteller mit Bescheid vom 06. Juli 2009 vorläufig Leistungen zu-nächst nur zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 26. Mai 2009 bis 30. November 2009. Die Gewährung von Kosten der Unterkunft ab 26. Mai 2009 versagte der Antragsgegner dem An-tragsteller mit Bescheid vom 31. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Oktober 2009 wegen fehlender Mitwirkung bei der Vorlage von Nachweisen über die Höhe der zu zahlenden Schuldzinsen, des Wohngeldes und der Heizkosten gemäß §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -.

Am 31. August 2009 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Berlin den Erlass einer einstwei-ligen Anordnung beantragt. Neben der Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm für o. g. Woh-nung Leistungen für Unterkunft und Heizung ab 26. Mai 2009 zu gewähren, hat er zusätzlich die Verpflichtung der Antragsgegnerin beantragt, ihn unverzüglich zur gesetzlichen Kranken-versicherung anzumelden. Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Zwangsverwalters der o. g. Wohnung, H H, vom 01. Oktober 2009 eingeholt und den Antrag mit Beschluss vom 05. Okto-ber 2009 abgelehnt. Grundsätzlich würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen auch bei selbst genutztem Wohneigentum erbracht, soweit sie angemessen seien. Voraussetzung sei, dass die Unterkunft selbst genutzt werde. Zwar bestün-den bereits Zweifel daran, ob der Antragsteller tatsächlich noch in der Wohnung in der F in B wohne. Dies könne jedoch dahinstehen, da er nicht glaubhaft gemacht habe, dass ihm für die Nutzung dieser Wohnung Kosten entstünden. Ausweislich des Mietvertrages mit der d GmbH vom 01. April 2000 nutze der Antragsteller die Wohnung nicht mehr aufgrund seines Eigen-tumsrechtes, sondern aufgrund des Untermietverhältnisses mit der GmbH, die ihm die Woh-nung unentgeltlich überlassen habe. Gegenteiliges hierzu sei vom Antragsteller nicht vorgetra-gen worden. Dass ihm möglicherweise aufgrund seiner Eigentümerstellung Kosten entstehen, sei insoweit unerheblich.

Gegen diesen dem Antragsteller am 08. Oktober 2009 zugestellten Beschluss hat er am 27. Oktober 2009 Beschwerde eingelegt. Rechtsfehlerhaft sei die Annahme der Vorinstanz, es sei unerheblich, dass dem Antragsteller aufgrund seiner Eigentümerstellung Kosten entstehen, weil ihm die Wohnung unentgeltlich von der d GmbH überlassen worden sei. Dieser Sachver-haltsdarstellung des Zwangsverwalters widerspreche er ausdrücklich. Bereits Rechtsanwalt G (für den Zwangsverwalter H) habe in seinem Schreiben vom 01. Oktober 2009 darauf verwiesen, dass er - der Antragsteller - auch nach Anordnung der Zwangsverwaltung zur Zahlung des Wohngeldes verpflichtet bleibe, soweit dieses nicht vom Zwangsverwalter bezahlt werde. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfasse auch den Ersatz für Kosten, die durch selbst genutztes Wohneigentum entstehen. Für die Ermittlung des maßgeblichen Wohnsitzes sei das Meldegesetz ausschlaggebend, wonach sein Wohnsitz unverändert in der F sei. Er wohne dort. Im Übrigen laufe sein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz zum 31. Oktober 2009 aus, weshalb ihn die Antragsgegnerin unverzüglich anzumelden habe.

Dem schriftlichen Vorbringen des Antragstellers entnimmt der Senat sinngemäß den Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 05. Oktober 2009 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, zu verpflichten,

1. dem Antragsteller Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Wohnung Nr. , F in B in Höhe von monatlich 630,96 EUR (Wohnkosten 329,76 EUR, Schuldzin-sen 240,96 EUR, Heizkosten 60,24 EUR) zu gewähren. 2. den Antragsteller unverzüglich zur gesetzlichen Krankenversicherung anzu-melden.

sowie ihm Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist der Antragsgegner auf den Beschluss des Sozialgerichts Berlin. Der Beschwerdeführer habe weder glaubhaft gemacht, dass er seinen gewöhnlichen Aufenthalt tatsächlich in der Wohnung Nr. in der F in B habe, noch dass ihm für die Nutzung dieser Wohnung Kosten entstünden. Im Übrigen würden die Krankenversicherungsbeiträge des An-tragstellers seit September 2009 fortlaufend an die Krankenkasse des Antragstellers überwie-sen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts-akte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zulässig, aber un-begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anord-nung abgelehnt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Be-schluss wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug genommen.

Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine für ihn günstige-re Entscheidung.

Der Antragsteller hat auch im Beschwerdeverfahren einen Anspruch auf die begehrten Leis-tungen für Unterkunft und Heizung nicht glaubhaft gemacht. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen er-bracht, soweit diese angemessen sind. Wie sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt, hat der Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur solche Kosten zu übernehmen, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es, den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Diese droht - im Falle einer angemieteten Wohnung - im Falle der Nichtzahlung von Miete (vgl. Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 03. März 2009 – B 4 AS 37/08 R – Juris RdNr. 24). Regelmäßig übernahmefähig sind danach die Mietkosten, wobei es in der Regel ausreichend ist, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeit-raum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Glei-ches gilt im Grunde für die angemessenen Kosten des selbst genutzten Wohnungseigentums (dazu u.a. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 70/08 R -, zitiert nach juris; Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 34/06 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 10). Berücksichtigungsfä-hige Aufwendungen entstehen jedoch dann nicht, soweit eine Unterkunft unentgeltlich genutzt werden kann (Berlit, in: LPK-SGB II, § 22 Rn. 18). Dass ihm für die Nutzung der Wohnung in der F in B Kosten entstehen, die er nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II als "Kosten der Unterkunft" (KdU) geltend machen kann, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Die ihm als Eigentümer entstehenden Kosten des Objekts dienen al-lein der Erfüllung der schuldrechtlichen Verpflichtung des Klägers gegenüber der GmbH, der er die Räume zur Verfügung zu stellen hat, nicht jedoch der Deckung seines Unterkunftsbe-darfs. Folgt man seinem Vorbringen im Beschwerdeverfahren, bewohnt der Antragsteller zwar die o. g. Wohnung, verfügt jedoch nicht aufgrund seiner Eigentümerstellung über das Nut-zungsrecht an der Wohnung. Grundlage seines vorgetragenen Aufenthalts dort kann allein ein mit dem Mieter dieser Wohnung - der GmbH - eingegangener Untermietvertrag sein. Dass der Antragsteller diesem, vom Zwangsverwalter mitgeteilten und vom Sozialgericht dem ange-fochtenen Beschluss zugrunde gelegten Sachverhalt nunmehr im Beschwerdeverfahren (ledig-lich) widerspricht, führt nicht zu einer für ihn günstigeren Entscheidung. Der Mietvertrag mit der GmbH vom 01. April 2000 belegt, dass die Wohnung komplett an die GmbH zur Benut-zung als Büro und Wohnraum seit dem 01. April 2000 vermietet ist. Das Nutzungsrecht ist damit vom Antragsteller auf die GmbH übergegangen (§ 535 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Ge-setzbuch - BGB -). Gegenteiliges hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen. Vom faktischen Bestehen einer Untermietvereinbarung mit der GmbH kann der Senat schon deshalb ausgehen, da der Antragsteller - auch nach seinem eigenen Vortrag - in der Wohnung wohnt.

Dass der Antragsteller für die Nutzung der Wohnung an die GmbH einen Mietzins zu erbrin-gen hat, ist nicht einmal vorgetragen. Der Antragsteller nutzt die o. g. Wohnung unentgeltlich. Dafür, dass vom Antragsteller kein Mietzins an die GmbH gezahlt wird spricht schon, dass er selbst einer Unentgeltlichkeit zwar widerspricht, jedoch die Höhe eines etwaigen Mietzinses nicht mitteilt bzw. dies nicht als "KdU" bei dem Antragsgegner beantragt hat. Auch der Um-stand, dass die GmbH ihrerseits keinen Mietzins an den Zwangsverwalter zahlt ist Indiz dafür, dass schon auf Seiten des Antragstellers – als Untermieter – keine Mietzahlungen an die GmbH fließen.

Soweit der Antragsteller darüber hinaus im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes seine Anmeldung zur gesetzlichen Krankenversicherung begehrt, ist der Antrag bereits unzulässig, da es am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der fortlaufend im SGB II – Bezug stehende Antragstel-ler ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beiträge hierfür werden vom Antragsgegner gezahlt, wie sich aus der aktuellen Auszahlungsaufstellung des Antragsgegners sowie dem Leistungsbescheid vom 02. November 2009 ergibt. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der vom Antragsteller vorgelegten Mitteilung der Techniker Krankenkasse vom 21. September 2009 zur Übersendung einer neuen (!) Versichertenkarte.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und ent-spricht dem Ausgang des Verfahrens.

3. Vor diesem Hintergrund konnte der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wegen fehlender Erfolgsaussicht keinen Erfolg haben (§ 73a SGG i. V. m. § 114 ZPO).

4. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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