L 1 AS 3815/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 3993/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 3815/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Mietspiegel der Stadt Freiburg 2007/2008 und 2009 liefert ein schlüssiges Konzept für die Festlegung der angemessenen Kosten der Unterkunft.

Jedenfalls dann, wenn ein Mietspiegel Durchschnittswerte ausweist und davon Zu- und Abschläge entsprechend der Wohnqualität vornimmt, ist der Durchschnittswert mit Abschlägen als Grundlage der abstrakten Angemessenheitsprüfung heranzuziehen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. März 2009.

Die Klägerin ist 1950 geboren und seit 2002 ohne Beschäftigung. Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I und Arbeitslosenhilfe bezieht sie seit 1. Januar 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II). Sie bewohnt seit 1985 eine 76,83 qm große 3-Zimmerwohnung in F., für die sie seit 1. November 2007 497,- EUR Kaltmiete bezahlt, darüber hinaus eine Heizkosten- und Warmwasserpauschale von 37,50 EUR sowie weitere Nebenkosten (Betriebskosten) von monatlich 107,50 EUR. Die von der Klägerin bewohnte Wohnung liegt in einem zwischen 1961 und 1977 hergestellten Mehrfamilienhaus.

Für die Stadt Freiburg ist ein qualifizierter Mietspiegel erstellt. Für die Zeit ab 1. März 2007 (Datenerhebung im Juni und Juli bzw. September 2006) wies der Mietspiegel für eine 45 qm große Wohnung einen durchschnittlichen Basismietpreis von 7,51 EUR je qm aus. Zusätzlich werden für bestimmte Ausstattungsvarianten Zu- bzw. Abschläge vorgesehen. Im Textteil des Mietspiegels ist des Weiteren ausgeführt, dass auch der Freiburger Mietspiegel eine Spannbreite der Mietpreise ausweisen solle. In Abweichung vom Mietspiegel 2004, der konkrete Cent-Beträge als Spannengrenze vorgesehen habe, stelle man auf Prozentwerte um. Damit werde der bislang für alle Wohnungsgrößen gleiche bleibende feste Cent-Betrag an die Wohnfläche gekoppelt und mögliche Ungleichbehandlungen von Wohnungen ausgeschaltet. Die Berechnung der Standardschätzfehler für verschiedene Wohnungstypen habe Prozentwerte zwischen 3% und 9% um die durchschnittliche ortsübliche Vergleichsmiete bei Zugrundelegung einer Sicherheitswahrscheinlichkeit von 99% ergeben. Um keine anwenderunfreundlichen Differenzierungen vornehmen zu müssen, werde als einheitliche Ober- und Untergrenze der Spanne der höchste Wert, nämlich 9% verwendet. Entsprechende Ausführungen finden sich zum Mietspiegel 2009, wobei der durchschnittliche Quadratmeterpreis hier auf 7,87 EUR festgesetzt wird.

Der Klägerin wurden neben den Grundsicherungsleistungen zunächst die vollen Kosten der Unterkunft bezahlt, ab 1. Januar 2005 427,50 EUR Grundmiete, anteilige Heizkosten von 28,50 EUR sowie sonstige Nebenkosten von 114,18 EUR, insgesamt 570,18 EUR.

Mit Schreiben vom 8. August 2005 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die Kosten der Unterkunft unangemessen hoch seien. Die Mietobergrenze sei ab 1. April 2003 auf 5,62 EUR je qm festgesetzt worden, so dass ihre Miete bei einer angemessenen Wohnungsgröße von 45 qm die Mietobergrenze um 174,60 EUR übersteige. Sie werde daher aufgefordert, binnen 6 Monaten die Unterkunftskosten zu senken bzw. nachzuweisen, dass sie kontinuierlich nach preisgünstigerer Wohnung gesucht, eine solche aber nicht gefunden habe. Zugleich wurde die Klägerin aufgefordert, sich beim städtischen Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen sowie der Freiburger Stadtbau GmbH wegen einer Sozialwohnung zu melden. Dieser Aufforderung kam die Klägerin im August 2005 nach. Auf ihren Folgeantrag übernahm die Beklagte auch ab April 2006 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft. Unter dem 9. März 2006 wurde die Klägerin erneut unter Fristsetzung von 6 Monaten zur Kostensenkung aufgefordert.

Dagegen wandte sich die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten (Schriftsatz vom 6. April 2006) und brachte vor, ihre Mutter sei derzeit von Freitag bis Sonntag in der Wohnung; sie beabsichtige, ihre 83jährige Mutter ganz bei sich aufzunehmen, falls dies in den nächsten Jahren notwendig werden sollte. Angesichts des zudem günstigen Quadratmeterpreises der Wohnung sei diese angemessen.

Aktenkundig ist eine Gesprächsnotiz vom 27. März 2006, wonach die Klägerin bei der persönlichen Vorsprache mehrere Zeitungsausschnitte für Wohnungsangebote vorgelegt habe, um zu dokumentieren, dass es in Freiburg keinen Wohnraum für 5,62 EUR je qm gebe. Sie sei darauf hingewiesen worden, dass sie zum einen im Umland günstigeren Wohnraum finde, zum anderen, dass der Miethöchstpreis von 252,90 EUR auch bei höherem Quadratmeterpreis aber kleinerer Wohnung eingehalten werden könne. Vergleichbare Gesprächsvermerke finden sich von Dezember 2006 und Juli 2007. Im Juli 2007 gab sie zudem an, dass sie versuchen wolle, ein Zimmer an Wochenendpendler unterzuvermieten.

Auch ab 1. Oktober 2006 bzw. 1. April 2007 gewährte die Beklagte die vollen Unterkunftskosten.

Unter dem 17. Juli 2007 schloss die Beklagte mit der Klägerin eine Einzelvereinbarung zur Senkung der unangemessenen Miete. Danach erklärte sich die Beklagte zur Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft bereit, solange die Klägerin Bemühungen nachweise, die Miete auf die angemessenen Unterkunftskosten zu senken. Die Klägerin erklärte sich bereit, ab Oktober 2007 die überhöhten Kosten als Eigenanteil zu übernehmen.

Mit Bescheid vom 5. September 2007 bewilligte die Beklagte ab 1. Oktober 2007 Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 576,44 EUR, ab 1. November 2007 unter Berücksichtigung der gestiegenen Grundmiete 645,94 EUR.

Mit Bescheid vom 18. September 2007 nahm die Beklagte sodann eine angemessene Grundmiete ab 1. Oktober 2007 von monatlich 252,90 EUR an und bewilligte insgesamt Kosten der Unterkunft von 401,84 EUR (Grundmiete 252,90 EUR, Heizkosten 30,97 EUR [37,50 EUR abzüglich 6,63 EUR für Warmwasseraufbereitung], Neben-/Betriebskosten 107,50 EUR).

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, auf Basis des Mietspiegels der Stadt Freiburg lasse sich die abstrakte Angemessenheitsgrenze der Unterkunftskosten nicht bestimmen. Denn es gebe in der Stadt Freiburg keine ausreichende Zahl von Wohnungen zu dem von der Beklagten festgesetzten Quadratmeterpreis. Die Zahl der tatsächlich verfügbaren Wohnungen sei der Beklagten bekannt, sie gebe die Zahlen aber nicht heraus. Darüber hinaus weise selbst das zum Mietspiegel 2007 eingeholte Gutachten darauf hin, dass sich die im Mietspiegel niedergelegten vermieteten Wohnungen in ihrem Mietpreis signifikant von dem Preis der tatsächlich auf dem Markt angebotenen Wohnungen unterscheiden würden, nämlich bis Wohnungen bis 40 qm um 8,03%, zwischen 41 und 60 qm um 17,79%, zwischen 61 und 90 qm um 22,68% und bei Wohnungen über 90 qm um 19,59 EUR%. Daher seien die von der Beklagten angesetzten Werte, auch unter Berücksichtigung der amtlich bestätigten Mietpreiserhöhungen von 2,5% pro Jahr ab 2003 nach oben um 7,5% zu korrigieren. Darüber hinaus entsprächen selbst Wohnungen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus häufig nicht den Angemessenheitsgrenzen.

Mit Änderungsbescheid vom 10. Dezember 2007 bewilligte die Beklagte ab 1. Oktober 2007 aufgrund der neuen Mietobergrenze in Höhe von 290,70 EUR Kosten der Unterkunft von insgesamt 439,64 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 5. September 2007 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab 1. Oktober 2007 teilweise auf und wies nach Erteilung des Änderungsbescheids vom 10. Dezember 2007 den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin sei bereits seit 2006 mehrfach aufgefordert worden, die Kosten der Unterkunft zu senken. Die Mietobergrenze belaufe sich jetzt auf 290,70 EUR. Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG), Az.: S 13 AS 188/08; im Klageverfahren änderte die Beklagte die angefochtenen Bescheide ab und gewährte ab Oktober 2007 bis 31. März 2008 die vollen Unterkunftskosten.

Mit Bewilligungsbescheid vom 25. März 2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen vom 1. April bis 30. September 2008 von monatlich 786,44 EUR, davon 439,64 EUR Kosten der Unterkunft (Kaltmiete 290,70 EUR; Heizung 30,97 EUR, laufende Nebenkosten 117,97 EUR).

Mit weiterem Bescheid vom 25. März 2008 wurden Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 in gleicher Höhe bewilligt.

Mit (nicht in den Verwaltungsakten dokumentierten) Bescheiden vom 18. Mai 2008 änderte die Beklagte die Bewilligung für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2008 und vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 ab und bewilligte wegen der Anhebung des Leistungsbetrags zur Sicherung des Lebensunterhalts von 347,- EUR auf 351,- EUR Leistungen in Höhe von 790,64 EUR.

Gegen die Bescheide vom 18. Mai 2008 erhob die Klägerin im Hinblick auf die Höhe der anerkannten Kosten der Unterkunft Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheiden vom 15. Juli 2008 wurden die Widersprüche zurückgewiesen.

Dagegen hat die Klägerin am 8. August 2008 Klagen zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 18. September 2007 wiederholt und ergänzend vorgetragen, sie habe sich intensiv um eine kleinere und kostengünstigere Wohnung bemüht, allerdings vergeblich. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten vorgetragen, dass sie seit 2005 einen Wohnberechtigungsschein habe und diesen auch jährlich erneuern lasse. Im Jahr 2006 habe sie auch Zeitungsannoncen gesammelt, der zuständigen Sachbearbeiterin übergeben, die jedoch die Unterlagen nach Sichtung nicht zu den Akten genommen habe. Daraufhin habe die Klägerin die Wohnungssuche nicht mehr dokumentiert. Mit Beschluss vom 3. März 2009 wurden die Verfahren S 13 AS 3993/08 und S 13 AS 3994/08 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. Juli 2009 gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis ab und übernahm rückwirkend ab 1. November 2008 bis 31. März 2009 eine angemessene Kaltmiete von 305,10 EUR. Dieses Teilanerkenntnis nahm die Klägerin an. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift samt Anlagen verwiesen.

Mit Urteil vom 10. Juli 2009 hat das SG die Klage(n) abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Wohnung der Klägerin sei mit 74 qm unangemessen groß. Daraus resultiere letztlich auch im Wesentlichen die Überschreitung der als angemessen angesehenen Kaltmiete von 290,70 EUR für die Zeit bis 31. Oktober 2008 bzw. nach der Fortschreibung des Mietspiegels ab 1. November 2008 in Höhe von 305,10 EUR. Der Grundmietpreis der Klägerin von 6,71 EUR sei nämlich nur geringfügig höher als der von der Beklagten zu Grunde gelegte Berechnungsfaktor von 6,46 EUR. Ab November 2008 liege der Quadratmeterpreis sogar unterhalb der von der Beklagten angesetzten Grenze von 6,76 EUR. Dieser Wert für den hier maßgeblichen Vergleichsraum des Stadtgebiets Freiburg beruhe auf dem qualifizierten Mietspiegel der Stadt Freiburg 2007 bzw. dessen Fortschreibung aus dem Jahr 2009. Dieser Mietspiegel sei auf einer empirisch tragfähigen Datenbasis erstellt und beruhe auf den Daten der in den letzten vier Jahren neu vermieteten Wohnungen. Daher sei insofern auch die Marktgängigkeit dieser Wohnungen belegt. Dass die Beklagte von den insoweit ermittelten Werten (Basis-Quadratmeterpreis von 7,51 EUR für zwischen 1961 und 1977 errichtete Standardwohnungen von 45 qm in einem Mehrfamilienhaus mit mindestens fünf Wohnungen pro Hauseingang, normaler Art und Beschaffenheit mit durchschnittlicher Wohnungsausstattung) entsprechend der Systematik des Mietspiegels Abschläge für Wohnungen mit gewissen Nachteilen vornehme, sei nicht zu beanstanden. Dies gelte entsprechend für den fortgeschriebenen Mietspiegel, der einen Basis-Quadratmeterpreis von 7,78 EUR vorsehe. Eine Wohnung diesen Zuschnitts entspreche dem individuellen Bedarf der Klägerin, sei auf dem Markt konkret verfügbar und der Klägerin sei auch ein Umzug zuzumuten. Die von der Klägerin behaupteten Bemühungen um eine kostenangemessene Wohnung seien nicht hinreichend dargelegt. Die von ihr im Termin zur mündlichen Verhandlung erstmals vorgebrachten gesundheitlichen Einschränkungen seien nicht belegt. Darüber hinaus bestehe ein Widerspruch zwischen dem Vorbringen, die Klägerin würde sich intensiv um eine angemessene Wohnung bemühen und der Behauptung, wegen gesundheitlicher Probleme nicht umziehen zu können.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 22. Juli 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. August 2009 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen und trägt zur Begründung weiter vor, seit dem Verlust des Arbeitsplatzes 2002, eines guten Freundes, des Vaters und ihres Hundes im gleichen Jahr sei es immer wieder zu depressiven Einbrüchen gekommen. In dieser Situation sei das stabile soziale Umfeld von großer Bedeutung und bei einem Umzug gefährdet. Sie werde zudem 2013 abschlagsfrei in Altersrente gehen. Ihr sei ein Umzug deshalb nicht zuzumuten.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Juli 2009 aufzuheben unter Abänderung der Bescheide vom 18. Mai 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. Juli 2008 für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 Arbeitslosengeld II unter Anerkennung ihrer tatsächlichen Kosten der Unterkunft in voller Höhe als angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II zu gewähren, 2. ein Sachverständigengutachten mit nachfolgender Feststellung einzuholen zum Beweis der Tatsache, dass es der Berufungsklägerin nicht möglich war, im streitgegenständlichen Zeitraum ihre Aufwendungen für die Unterkunft nach Maßgabe der Anforderungen der Berufungsbeklagten zu senken, 3. ein Sachverständigengutachten einzuholen zu der Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit es möglich war, unter Zugrundelegung einer maximalen Nettokaltmiete in Höhe von 305,10 EUR im Jahr 2008 in Freiburg eine Wohnung in einer Größe von bis zu 45 m² anzumieten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.

Das Gericht hat die behandelnden Ärztinnen der Klägerin Dr. S. und Dr. P.-P. schriftlich als sachverständige Zeuginnen zum Gesundheitszustand der Klägerin befragt. Auf deren Antworten vom 29. September 2009 und 5. Februar 2010 samt Anlagen wird inhaltlich Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Ihr steht kein Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft zu.

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 31. März 2009. Für spätere Zeiträume ergangene Bewilligungsbescheide werden nicht nach § 96 SGG oder in analoger Anwendung der Vorschrift Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (st. Rspr. seit BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R = BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 und vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R = SozR 4-4300 § 428 Nr. 3).

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit zulässigerweise auf die Kosten der Unterkunft beschränkt, auch wenn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen sind (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr. 3; BSG vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R; Urteil vom 5. September 2007 - B 11 b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr. 7; zuletzt BSG vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R). Denn bei den Kosten der Unterkunft handelt es sich insoweit um einen abtrennbaren Streitgegenstand (im Einzelnen BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R; BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1; BSG vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 54-4200 § 22 Nr. 9; vgl. auch BSG vom 22. September 2009 a.a.O.). Keine - weitere - Eingrenzung der gerichtlichen Prüfungsbefugnis ergibt sich aus dem Umstand, dass die Klägerin - erst - die Bescheide vom 18. Mai 2008, die lediglich die Höhe des Leistungsbetrags zur Sicherung des Lebensunterhalts von 347,- EUR auf 351,- EUR erhöht haben und nicht die Bewilligungsbescheide vom 25. März 2008 für den gleichen Zeitraum. Denn durch die geänderten Leistungsbeträge hat sich der in den Verfügungssätzen der Bescheide vom 25. März 2008 ausgewiesene Leistungsbetrag, der der Klägerin zusteht, geändert, so dass die Bescheide vom 18. Mai 2008 auch im Hinblick auf die darin enthaltenen Kosten der Unterkunft eine Regelung treffen (vgl. zur Beschränkung des Streitgegenstands bei Dynamisierungsbescheiden im Arbeitslosenversicherungsrecht BSG vom 9. Mai 1996 - 7 Rar 48/95 = SozR 3-4800 § 63 Nr. 1).

Die angefochtenen Bescheide sind jedoch rechtmäßig, da die Beklagte die Kosten der Unterkunft rechtsfehlerfrei festgesetzt und die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt hat.

Die Klägerin erfüllt die in § 7 SGB II normierten Voraussetzungen für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen, die auch die Kosten der Unterkunft umfassen. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Zutreffend (vgl. BSG vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R = BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3; vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R, veröffentlicht in Juris; vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R, veröffentlicht in Juris) ist die Beklagte in Anlehnung an das landesrechtlich geregelte Wohnungsbindungsrecht für Ein-Personenhaushalte von einer angemessenen Wohnfläche von 45 m² ausgegangen (Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums B.-W. zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung - VwV-SozWo vom 12. Februar 2002 [GABl S. 240] i.d.F. der VwV vom 22. Januar 2004 [GABl S. 248]).

Die Wohnungsgröße der Klägerin übersteigt mit 74 qm den als angemessen anzusehenden Wert erheblich. Diese Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße wäre nur dann grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt von Mietpreis und Quadratmeter dennoch angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wäre, was hier jedoch nicht der Fall ist, denn die tatsächliche Miete der Klägerin übersteigt die hier angemessene Referenzmiete von 290,40 EUR bzw. 305,10 EUR erheblich.

Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 7. November 2006 (SozR 4-4200 § 22 Nr. 3) eine in mehreren Schritten vorzunehmende Prüfungsreihenfolge entwickelt. Danach ist in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen und in einem zweiten Schritt festzulegen, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Steht diese Kriterien fest, ist in einem dritten Schritt nach der Produkttheorie zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist.

In seiner Entscheidung vom 18. Juni 2008 (B 14/7b AS 44/06 R) hat das BSG herausgestellt, dass trotz der bundesweit unterschiedlichen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt ein möglichst gleichmäßiges Verwaltungshandeln sicher gestellt werden soll und deshalb Kriterien dafür entwickelt, wann ein überprüfbares schlüssiges Konzept zur Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze vorliegt. Danach muss nicht zwingend ein einfacher oder qualifizierter Mietspiegel vorliegen. Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zugrunde liegt und dieses im Interesse der Überprüfbarkeit der Ergebnisse schlüssig und hinreichend nachvollziehbar ist. In seiner Entscheidung vom 22. September 2009 a.a.O. hat das BSG seine Rechtsprechung weiter verfeinert und die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept formuliert. Ein Konzept erfordert danach ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichszeitraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens folgende Voraussetzungen erfüllt:

• Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), • es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstands der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach dem Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße • Angaben über den Beobachtungszeitraum • Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel) • Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten, • Validität der Datenerhebung, • Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und • Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannenoberwert oder Kappungsgrenze).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann ein schlüssiges Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt der Grundsicherungsträger allerdings nur Wohnungen so genannten einfachen Standards zu Grunde, muss er nachvollziehbar offen legen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die Auswahl getroffen hat.

Der Mietspiegel der Stadt Freiburg ist danach grundsätzlich geeignet, Grundlage eines schlüssigen Konzepts für die Ermittlung der Vergleichsmiete zu bilden; die Beklagte hat daraus in der Umsetzung der ermittelten Daten auch die richtigen Schlüsse gezogen.

Der Mietspiegel nach § 558c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete in der Gemeinde (§ 558c Abs. 1 BGB) und bedarf einer Erhebung und statistisch aufgearbeiteten Zusammenstellung der vorkommenden Mieten. Zwar ist insoweit keine Methode festgelegt; sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mietspiegel ist jedoch, dass er den Anforderungen der Statistik genügt und auf einer ausreichenden empirischen Grundlage beruht. Dazu gehört auch, dass die einzelnen Werte des Mietspiegels auf einer ausreichenden Anzahl von aus Wohnwertmerkmalen vergleichbarer Wohnungen der betreffenden Gemeinde oder einer vergleichbaren Wohngemeinde gewonnener Daten beruhen (BSG vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R mwN, zitiert nach Juris).

Der räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der ortsüblichen Durchschnittsmiete beschränkt sich im vorliegenden Fall auf die Stadt Freiburg. Der für die Angemessenheitsbetrachtung relevante "örtliche Wohnungsmarkt" wird grundsätzlich bestimmt durch den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Hilfeempfängers (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 2) und kann im Hinblick auf dessen Größe durchaus unterschiedlich sein, je nachdem, ob es sich um einen ländlichen Raum oder ein Ballungsgebiet handelt (vgl. zuletzt, BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R = FEVS 60, 145-150 [Leitsatz und Gründe]). Angesichts einer Einwohnerzahl von 219.430 (zum 31. Dezember 2007 nach Angaben des Statistischen Landesamtes) kann als Vergleichsraum zur Ermittlung des Mietpreises auf das gesamte Stadtgebiet abgestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R= BSGE 102, 263-274 zur Stadt M.).

Die von der Beklagten zugrunde gelegte Miethöhe von 6,46 EUR bzw. 6,78 EUR pro qm und die sich daraus ergebende Obergrenze für einen 1-Personenhaushalt von 290,40 EUR bzw. 305,10 EUR entspricht dem Mietniveau in der Stadt Freiburg im unteren Segment des Wohnungsmarktes für Wohnungen der Größe bis 45 qm. Die Beklagte kann insoweit auf den qualifizierten Mietspiegel 2007 der Stadt Freiburg (gültig von März 2007 bis Dezember 2008) zurückgreifen. Der Mietspiegel 2007 (Regressionsmietspiegel) wurde auf einer empirisch tragfähigen Datenbasis erstellt; er basiert auf einer repräsentativen Zufallsstichprobe von 2.275 Wohnungen im Stadtgebiet von Freiburg im Juni 2006, wobei nur Mietverhältnisse berücksichtigt wurden, deren Miete in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Betriebskosten abgesehen, geändert worden sind. Der Mietspiegel ist daher auf der Basis tatsächlich erhobener durchschnittlicher - erst in den letzten Jahren vereinbarter - Mietpreise für nicht preisgebundene Mietwohnungen erstellt worden und lässt die Erwartung zu, dass darin die tatsächliche Preissituation der in den letzten Jahren neu vermieteten Wohnungen - und damit auch die Marktgängigkeit dieser Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt - realistisch wiedergeben wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2008 - L 7 AS 1797/08, zitiert nach Juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. April 2009 - L 12 AS 5715/08). Der Mietspiegel 2007 bzw. 2009 der Stadt Freiburg legt für zwischen 1961 und 1977 errichtete Standardwohnungen der Größe von 45 qm in einem Mehrfamilienhaus mit mindestens fünf Wohnungen pro Hauseingang, normaler Art und Beschaffenheit mit durchschnittlicher Wohnungsausstattung einen Basis-Quadratmeterpreis von 7,51 EUR bzw. 7,87 EUR zugrunde. Geht man entsprechend der Systematik des Mietspiegels, welcher Zu- und Abschläge (unter anderem) für Ausstattungs- und Wohnungsmerkmale enthält, davon aus, dass bestimmte Umstände zu einem Abschlag von der Standardmiete führen, so errechnet sich - ohne Berücksichtigung weiterer Merkmale mit negativem Mietpreiseinfluss (früheres Baujahr als 1961, keine Zentralheizung, Emissionsbeeinträchtigungen, größere Entfernung von Haltestellen öffentlicher Verkehrseinrichtungen, Wohnlagenzone) - ein qm-Preis von 6,46 EUR bzw. 6,78 EUR. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des SG und des 12. Senats des Landessozialgerichts (a.a.O.), dass Wohnungen mit überwiegend einfacher Bodenausstattung (Abschlag 6%), ohne Gegensprechanlage und Türöffner (Abschlag 4%) und an Durchgangsstraßen (Abschlag 5%) einem Hilfesuchenden nach dem SGB II zumutbar sind.

Wie bereits der 12. Senat des Landessozialgerichts (a.a.O.) ausgeführt hat, sind die Untersuchungen des "Runden Tisches zu den Auswirkungen der Hartz-Gesetze in F." vom 31. Oktober 2006 nicht geeignet, diese - auf empirischer Grundlage gewonnenen - Wertungen und Einschätzung des örtlichen Wohnungsmarktes hinreichend in Frage zu stellen und einen signifikant höheren angemessenen Mietzins zu belegen. Denn die diesem Bericht zugrunde liegende Erhebung unterliegt ihrerseits methodischen Bedenken, die insbesondere darauf beruhen, dass hierbei über einen Zeitraum von ca. drei Monaten regionale Vermietungsanzeigen des gesamten Wohnungsmarktes von Freiburg - unter Ausschluss im Wesentlichen von Einzelzimmern, Untermiet- und WG-Angeboten - ausgewertet wurden und hieraus eine durchschnittliche, als ortsüblich angesehene Kaltmiete ermittelt wurde. Die auf diese Weise errechneten Durchschnittsbeträge sind indessen nicht aussagekräftig für die Feststellung der angemessenen Kosten der Unterkunft i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II, bei denen für den - neben der maßgeblichen Wohnungsgröße - weiteren maßgeblichen Wert, also den Mietpreis pro Quadratmeter, nicht auf das Gesamtspektrum des Wohnungsmarktes abzustellen ist, sondern auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen marktüblichen Wohnungsmieten (s. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 Rdnr. 17, wonach dem Hilfebedürftigen hinsichtlich des Wohnstandards lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht). Vergleichsmaßstab für die Angemessenheit der Wohnungsmiete ist damit nicht das Mietpreisniveau des gesamten Wohnungsmarktes, sondern allein das des - einem Hilfeempfänger regelmäßig zumutbaren - unteren Marktsegments. Dieses methodische Defizit der Erhebung wird dadurch verstärkt, dass in die Erhebung offenbar nicht die Mietangebote der örtlichen Wohnungsbaugesellschaften als Anbieter preisgünstigen Wohnraums des unteren Preissegments einbezogen wurden, da diese nicht oder nur selten in den regionalen Anzeigenblättern annoncieren (so bereits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2008, a.a.O.). Im Übrigen wäre die Wohnung der Antragsteller selbst unter Zugrundelegung einer Kaltmiete von 8,67 pro Quadratmeter, wie in der o.g. Publikation für eine Wohnung von 60 qm gefordert, zu teuer, denn hieraus ergäbe sich nach der Produkttheorie eine Mietobergrenze von 390,15 EUR, während die Klägerin 497,- EUR Kaltmiete bezahlt.

Keine Bedenken bestehen nach Auffassung des Senats des Weiteren dahin, dass die Beklagte ihrer Festlegung des Mietpreises einen Durchschnittswert zugrunde gelegt hat.

Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 22. September 2009 (B4 AS 18/09 R) darüber entschieden, wann in einer Gemeinde ohne Mietspiegel ein schlüssiges Konzept zu bejahen ist und insoweit ausgeführt, dass für den Fall, dass der Grundsicherungsträger seiner Datenerhebung nur Wohnungen sog. einfachen Standards zugrunde legt, als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert heranzuziehen ist. In seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2009 (B 4 AS 27/09 R) hatte das BSG zu den aus einem Mietspiegel gezogenen Schlüssen des Grundsicherungsträgers Stellung genommen und ausgeführt, dass für den Fall, dass der Mietspiegel Mietrichtwerte als Durchschnittswerte ausweist (bezogen auf Wohnungen mittlerer Ausstattung und mittlerer Wohnlage) und davon durch ein Verfahren von Zu- und Abschlägen wegen der Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards Mietrichtwerte als durchschnittliche Referenzwerte ausweist, auch der Durchschnittswert von im konkreten Fall Wohnungen, die 20 Jahre und älter sind, der Berechnung zugrunde gelegt werden kann.

Diese Ausführungen zeigen nach Auffassung des Senats, dass bei der Zugrundelegung von (qualifizierten) Mietspiegeln die Art der Datenerhebung und -auswertung maßgeblich für die anzulegenden Vergleichswerte ist.

Anders als der Mietspiegel der Stadt Stuttgart (vgl. dazu die Entscheidung des Senats vom 5. Juli 2010 - L 1 AS 2852/09) erfolgt in Freiburg die Ableitung der im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmieten auf Grundlage eines für Standardwohnungen ermittelten einheitlichen Wertes, nicht - wie in Stuttgart - aufgrund einer auf die entsprechenden Wohnungssegmente bezogenen Erhebung, die in einer Mietpreisspanne ausgedrückt wird (Tabellenmietspiegel). Die unterschiedliche Erhebungsmethode drückt sich in unterschiedlichen Erhebungsergebnissen aus, nämlich einerseits einer Mietpreisspanne (d.h. 50% aller Wohnungen liegen rechnerisch unterhalb, 50% oberhalb des Mittelwerts) in Stuttgart, in Freiburg einem Durchschnittswert.

Ist jedoch nach einem schlüssigen Konzept (hier: Ermittlung der durchschnittlichen ortsüblichen Vergleichsmiete als Durchschnittswert) ein Mietpreis für Wohnungen im unteren Segment ermittelt worden, ist der Grundsicherungsträger berechtigt, diesen Wert als abstrakt angemessenen Mietpreis der Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft zugrunde zu legen. Keine Abweichung ist gerechtfertigt durch die im Textteil des Mietspiegels, insbesondere S. 17, aufgeführte Preisspanne von +/- 9%. Diese Preisspanne hat lediglich das Ziel, im Einzelfall von der ortsüblichen Vergleichsmiete abweichende Mietpreise zu erfassen, soweit besondere Wohnungsmerkmale nicht bereits durch die in den Tabellen 2 erfassten Zu- und Abschläge repräsentiert werden können. Berücksichtigt man z.B. die Wohnlagenzonen Herdern und Brühl, für die nach Tabelle 2d ein Zu- bzw. Abschlag von 4% bzw. minus 13% anzusetzen ist, und berücksichtigt man gleichzeitig, dass beide Wohnlagen aneinander grenzen, ist nachvollziehbar, dass es Wohnungen z.B. in Herdern gibt, die zwar nach der Tabelle den Zuschlag von 4% rechtfertigen würden (allein aufgrund ihrer - insoweit normativen -) Lage, die aber andererseits an der Grenze zum Stadtteil Brühl liegen und deshalb mit Lagenachteilen verbunden sind, die einen Zuschlag von 4% nicht rechtfertigen.

Diese Möglichkeit, im Einzelfall bei der Anwendung des Mietspiegels Feinkorrekturen vorzunehmen, führt jedoch nicht dazu, dass bei der Anwendung des Mietspiegels zur abstrakten Ermittlung der für Grundsicherungsempfänger ortsüblichen Vergleichsmiete im unteren Segment eine Mietpreisspanne von +/- 9% anzuwenden ist; denn dieser Schluss wäre nicht nur aufgrund der Erhebungsart unzulässig, sondern würde auch zu einer nicht statistisch begründbaren Steigerung des Mietpreises für Wohnungen im unterem Segment führen.

Da die Aufwendungen der Klägerin den vom Grundsicherungsträger rechtsfehlerfrei ermittelten Wert überschreiten, handelt es sich um unangemessene Kosten der Unterkunft, die vom Grundsicherungsträger nicht länger als sechs Monate übernommen werden müssen, § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, wenn er eine Kostensenkungsaufforderung ausgesprochen hat und der Klägerin die Kostensenkung zumutbar und möglich ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Die Beklagte hat die Klägerin bereits mit Schreiben vom 8. August 2005 und 9. März 2006 darauf hingewiesen, dass die Kosten der Unterkunft unangemessen hoch seien. Am 17. Juli 2007 hat sich die Klägerin gegenüber der Beklagten einverstanden erklärt, ab Oktober 2007 die Unterkunftskosten, soweit sie nicht angemessen sind, selbst zu tragen. Der Senat lässt offen, ob schon deshalb dem gegen die abgesenkte Leistungsgewährung erhobenen Widerspruch bzw. der Klage der Erfolg versagt bleiben muss, da sich die Klägerin insoweit widersprüchlich verhält. Denn jedenfalls hat die Beklagte ausreichend (vgl. BSG vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R mwN) auf die aus ihrer Sicht angemessene Kaltmiete hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass sie die höheren Kosten der Klägerin nur noch bis 30. September 2007 tragen würde.

Der Klägerin ist darüber hinaus ein Umzug innerhalb des Vergleichsraums der Stadt Freiburg möglich und zumutbar. Der Senat ist weder davon überzeugt, dass kein angemessener Wohnraum zu finden ist, noch, dass gesundheitliche Gründe einem Umzug entgegen stehen.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sind, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dieser nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die Beklagte hat zwar mehr als zwei Jahre die unangemessenen Unterkunftskosten der Klägerin getragen, obwohl sie die Klägerin mehrfach zur Senkung der Kosten aufgefordert hat. Daraus lässt sich jedoch weder ein Anspruch der Klägerin auf fortwährende Kostentragung noch ein insoweit schutzwürdiges Vertrauen ableiten.

Die Klägerin hat im streitigen Zeitraum (und bis heute) keine hinreichenden Anstrengungen erkennen lassen, sich tatsächlich um günstigeren Wohnraum zu bemühen.

Soweit sie sich bei städtischen Wohnungsgesellschaften in eine Vormerkliste für Sozialwohnungen hat eintragen lassen, erfüllt dies nicht die an Kostensenkungsbemühungen zu stellenden Anforderungen. Die Klägerin hat aber auch auf andere Weise nicht nachgewiesen, dass sie sich tatsächlich ernsthaft um eine Senkung ihrer Wohnkosten bemüht. Sie hat auch auf Nachfrage des Gerichts nicht vorgetragen, warum sie z.B. nicht ein Zimmer ihrer 3-Zimmerwohnung untervermietet hat oder Nachweise darüber vorgelegt, dass sie sich tatsächlich um günstigen Wohnraum bemüht hat, der - auch bei städtischen Wohnungsgesellschaften, wie auch die im Urteil des SG dokumentierten Rechercheergebnisse belegen - den Angemessenheitskriterien Rechnung trägt.

Die Beweisanträge des Klägerbevollmächtigten waren abzulehnen und weiterer Beweis deshalb nicht zu erheben.

Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG sind die Vorschriften der §§ 358 ff Zivilprozessordnung (ZPO) für die Beweisaufnahme entsprechend anzuwenden. Gemäß § 402 ZPO i.V.m. § 284 ZPO, § 244 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) darf ein Beweisantrag abgelehnt werden, wenn eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder wenn es unerreichbar ist oder wenn eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

Soweit durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bewiesen werden soll, dass es der Klägerin in der Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 nicht möglich gewesen sein soll, ihre Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft nach Maßgabe der Anforderungen der Berufungsbeklagten zu senken, ist der Sachverständigenbeweis dafür völlig ungeeignet. Völlig ungeeignet ist ein Beweismittel, wenn seine Verwendung zur Sachaufklärung nichts beizutragen vermag, so dass die Beweiserhebung nutzlos wäre (BVerfG NStZ 2004, 214, 215; BGHSt 14, 339, 342 = NJW 1960, 1582; BGH NJW 1989, 1045, 1046; BGH NStZ 1984, 564; 1993, 395, 396; 1995, 45; 1995, 97; 2008, 116; BGH NStZ-RR 1997, 304; 2002, 242; BGH StV 1993, 508; 1996, 368; 1999, 303). Das ist dann der Fall, wenn ohne Rücksicht auf das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme nach sicherer Lebenserfahrung die Beweiserhebung mit diesem Beweismittel das im Beweisantrag in Aussicht gestellte Ergebnis nicht erbringen kann (BGH StV 1990, 98; BGH NStZ 1995, 45; 2000, 156; NStZ-RR 2002, 242). Dies ist beim Sachverständigenbeweis anzunehmen, wenn notwendige Anknüpfungstatsachen für ein Gutachten gänzlich fehlen und vom Sachverständigen auch mittels seiner besonderen Sachkunde nicht ermittelt werden können, wenn es also nicht möglich ist, dem Sachverständigen die tatsächlichen Grundlagen zu beschaffen, derer er für sein Gutachten bedarf (BGHSt 14, 339, 342; BGHR StPO § 244 Abs. 3 S. 2 Ungeeignetheit 6, 16; BGH NStZ 2003, 611, 612). Es muss daher feststehen, dass das beantragte Gutachten zu keinem verwertbaren Beweisergebnis führen kann (BGH NStZ 2008, 116). Dies ist vorliegend der Fall. Zum Beweis wird ein Verhalten der Klägerin in einem zurückliegenden Zeitraum gestellt. Es wird im Beweisantrag nicht ausgeführt, warum es der Klägerin nicht möglich gewesen sein sollte, ihre Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft zu senken, so dass es bereits an den Anknüpfungstatsachen für die unter Beweis gestellte "Tatsache" fehlt und damit auch nicht bestimmt werden kann, welche besondere Sachkunde ein Sachverständiger besitzen sollte, um den beantragten Nachweis zu führen. Ein Sachverständiger kann auch nicht aufgrund seiner besonderen Sachkunde den Nachweis von in der Vergangenheit liegender Verhaltensweisen der Klägerin erbringen. Es kann daher offen bleiben, ob der Beweisantrag bereits deshalb unzulässig im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO ist, weil die beweisbelastete Klägerin keinerlei Nachweis darüber geführt hat, dass sich sie tatsächlich im streitigen Zeitraum um angemessenen Wohnraum bemüht hat und der Beweisantrag deshalb im Ergebnis zu einer Umkehr der Darlegungslast führen würde.

Soweit zur Ermittlung einer Wahrscheinlichkeit Beweis angetreten worden ist, ist der Beweisantrag bereits als unzulässiger Ausforschungsbeweis abzulehnen (vgl. BSG SozR 4-1500 § 160a Nr. 3; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage § 160 Rn. 18a mwN). Es sind keine streitigen, beweiserheblichen Tatsachen benannt worden, über die Beweis erhoben werden soll. Durch die Beantwortung dieser Frage will der Bevollmächtigte erst die Grundlage für seine Behauptung gewinnen.

Die von der Klägerin behaupteten gesundheitlichen Einschränkungen, die einem Umzug entgegen stünden, sind ebenfalls nicht ausreichend, um eine Übernahme der unangemessenen Kosten zu begründen. In seiner Entscheidung vom 19. Februar 2009 (B 4 AS 30/08 R) hat das BSG beispielhaft Umstände aufgeführt, die der Zumutbarkeit eines Umzugs entgegen stehen können und sie in der Entscheidung vom 17. Dezember 2009 um gesundheitliche Gründe ergänzt. So kann es aufgrund einer Erkrankung erforderlich sein, die bisherige Wohnung beizubehalten, weil sie etwa mit Hilfsmitteln ausgestattet ist, die auf die spezielle gesundheitliche Situation des betreffenden Hilfebedürftigen zugeschnitten sind. Andere gesundheitliche Einschränkungen, verbunden mit einem "Hilfesystem" im Umfeld können ebenfalls dazu führen, dass die Umzugsalternative nur im eng begrenzten sozialen Umfeld zu suchen ist. Derartige Umstände sind jedoch im vorliegenden Fall nicht vorhanden.

Die behandelnden Ärztinnen der Klägerin haben zwar in ihren sachverständigen Zeugenaussagen ausgeführt, dass zu erwarten steht, dass es die Klägerin psychisch belastet, wenn sie das gewohnte Wohnumfeld verlassen muss, da sie in der Vergangenheit auf Verlusterlebnisse regelmäßig mit psychischen Entgleisungen reagiert habe. Doch genügt dies nicht, von einer Unzumutbarkeit des Umzugs auszugehen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es sicherlich eine gewisse Umstellung abverlangt, wenn eine Person, die jahrzehntelang in ein und derselben Wohnung lebt, gezwungen wird, den Wohnraum aufzugeben. Allerdings ist nach den vorliegenden sachverständigen Zeugenaussagen nicht davon auszugehen, dass die Klägerin bereits ohne den Wohnungswechsel so psychisch krank ist, dass diese Erkrankungen per se einer räumlichen Veränderung entgegenstehen. Auch die mit dem Wohnungswechsel gegebenenfalls verbundenen Beeinträchtigungen sind, berücksichtigt man die Krankheitsgeschichte der Klägerin, nicht so gravierend, dass die Klägerin diese nicht - auch unter Zuhilfenahme ihrer behandelnden Ärztinnen - überwinden könnte. Die Klägerin hätte sich zudem, da sie schon seit fast fünf Jahren von ihrer Verpflichtung, die Kosten der Unterkunft zu senken, weiß, auch um eine Wohnung im näheren örtlichen Umfeld bemühen können, wenn ihr - so ihr Vortrag - dieses wichtig ist. Allein der Umstand, dass sie in dieser Zeit keine ernsthaften Bemühungen unternommen hat, ihre Wohnkosten zu senken, kann nicht zu einer weitergehenden Verpflichtung des Grundsicherungsträgers führen. Anhaltspunkte dafür, dass - wie der Bevollmächtigte der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, sich überhaupt auf Wohnungssuche zu begeben, liegen erst recht nicht vor. Weder den Akten noch den Auskünften der behandelnden Ärztinnen kann entnommen werden, dass die - erwerbsfähige und deshalb Leistungen nach dem SGB II beziehende - Klägerin nicht in der Lage ist, sich um ihre Angelegenheiten zu kümmern.

Ebenso führt der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise im Jahr 2013 abschlagsfreie Altersrente in Anspruch nehmen kann, zu keiner anderen Beurteilung. Schon dem Wesen der Grundsicherungsleistungen nach wird erwartet, dass ein Betroffener nicht dauerhaft im Leistungsbezug steht, sondern dieser nur eine vorübergehende Zeit erfolgt. Deshalb kann mit dem Argument eines - nicht einmal unmittelbar - bevorstehenden Endes des Leistungsbezugs eine Kostensenkungsobliegenheit nicht abbedungen werden.

Was die Heiz- und sonstigen Nebenkosten anbelangt, hat die Beklagte diese in vollem Umfang übernommen (abzüglich des für die Warmwasserbereitung anzusetzenden Abschlagsbetrags von 6,63 EUR, da die Kosten bereits in der Regelleistung enthalten sind [BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 5]) so dass die Klägerin insoweit nicht beschwert ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG erfüllt sind. Die Frage, ob bei der Bemessung der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft je nach Art des qualifizierten Mietspiegels differenziert werden muss und ob für den Fall, dass ein qualifizierter Mietspiegel Durchschnittswerte sowie Zu- und Abschläge ausweist, zur Bemessung der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft der Durchschnittswert mit Abschlägen maßgeblich ist, hat grundsätzliche Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
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