L 7 AS 595/09 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 AS 4084/09 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 595/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein Bedarf hinsichtlich der Bewilligung einer Erstausstattung kann auch beim Bezug einer zweiten nach einer Trennung oder Scheidung bezogenen Wohnung gegeben sein. Entscheidend ist das Bestehen eines nicht gedeckten Bedarfs, der nicht Erhaltungs- oder Ergänzungsbedarf ist.
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 4. September 2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragsgegnerin), den Antragstellern und Beschwerdegegnern (im Folgenden: Antragsteller), die mindestens seit Juni 2009 Leistungen nach Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Mittel für die Anschaffung von Wohnungsmöbeln einschließlich Haushaltsgeräten und einem Fernseher zu bewilligen.

Die 1980 geborene Antragstellerin zu 1. trennte sich im Februar 2008 von ihrem Ehemann und zog mit ihren Kindern, den 2001 und 2006 geborenen Antragstellern zu 2. und 3. aus dem gemeinsam bewohnten Eigenheim in S. zunächst in eine Wohnung in L. , wobei sie die Kinderzimmereinrichtungen (außer Kleiderschränken), Stühle und Küchentisch, Kleidung, Inhalt der Schränke und Spielzeug mitnahm.

Hinsichtlich der weiteren Ausstattung der nunmehr in L. bezogenen Wohnung wurde sie nach ihren Angaben von ihrer Familie und Freunden unterstützt, die ihr Kühlschrank, Gartenkochplatte, Gartenspülschrank mit Spüle, Campingliege, Stoffkleiderschränke, Kellerschränke, eine alte Waschmaschine und einen Fernseher leihweise zur Verfügung stellten.

Zum 01.07.2009 mietete und bezog die Antragstellerin zu 1. für sich und ihre Kinder eine Wohnung in D ... Am 09.06.2009 beantragte sie bei der Antragsgegnerin eine Erstausstattung für die Wohnung (insbesondere Kücheneinrichtung einschließlich Haushaltsgeräten, Schlafcouch, Tisch und Schränke, Fernseher).

Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19.08.2009 ab. Ein Erstbezug einer Wohnung liege nicht vor. Am 25.08.2009 wurde gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt; gleichzeitig ist beim Sozialgericht Dresden (SG) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Begehren der Übernahme der Kosten einer Erstausstattung gestellt worden. Dem Antrag war eine Eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin zu 1. beigefügt, wonach die von Dritten für die Wohnung in L. zur Verfügung gestellten Einrichtungsgegenstände anlässlich des Umzugs nach D. zurückgegeben worden seien, so dass die Antragsteller nunmehr ohne Kleiderschränke, Wohnzimmer-, Bad- und Kücheneinrichtung wohnen müssten.

Das SG hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 04.09.2009 stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Mittel für die Anschaffung einer Kücheneinrichtung, einer Schlafcouch, eines Wohnzimmertisches und Wohnzimmerschrankes, je eines Kleiderschrankes für die Antragsteller zu 1. bis 3., eines Fernsehers sowie eines Badschrankes zur Verfügung zu stellen. Ein Anordnungsgrund sei gegeben. Die Grundlage für den geltend gemachten Anspruch ergebe sich aus § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Der Begriff der Erstausstattung sei bedarfsbezogen zu interpretieren, wobei dem Hilfebedürftigen die benötigten Gegenstände nicht schon zur Verfügung stehen dürften. Dies hätten die Antragsteller glaubhaft gemacht. Der Vortrag, dass sie die in L. geliehenen Gegenstände nicht in die neue Wohnung nach D. hätten mitnehmen können, sei glaubhaft.

Die Antragsgegnerin hat gegen den ihr am 08.09.2009 zugestellten Beschluss am 17.09.2009 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II lägen nicht vor, da der geltend gemachte Bedarf nicht für die von den Antragstellern nach der Trennung zuerst bezogene Wohnung entstanden sei, sondern erst für die zweite Wohnung. Von einer ersten Ausstattung könne nur ausgegangen werden, wenn der Bedarf als Folge des auslösenden Ereignisses entstanden sei und auch zeitnah geltend gemacht werde. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall, da ursächlich für das behauptete Nichtvorhandensein einzelner Möbel nicht mehr die Trennung vom Ehemann und das Verlassen des gemeinsam bewohnten Einfamilienhauses gewesen sei, sondern die Rückgabe der leihweise von dritten Personen zur Verfügung gestellten Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände. Die benötigten Gegenstände hätten zur Verfügung gestanden, die von den Antragstellern behauptete und bisher durch nichts belegte Rückgabeverpflichtung ändere hieran nichts. Zudem habe die Antragstellerin zu 1. die Möglichkeit, im Rahmen des Scheidungsverfahrens den ihr am Hausrat zustehenden Anteil zu erlangen. Eine Verpflichtung hierzu ergebe sich aus § 2 SGB II.

Sie beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 04.09.2009 aufzuheben und den Antrag vom 25.08.2009 abzulehnen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine Erstausstattung sei immer zu gewähren, wenn sie infolge besonderer Ereignisse notwendig werde. Eine Teilung des Hausrats des Einfamilienhauses könne als Scheidungsfolgensache erst nach rechtskräftiger Scheidung verhandelt bzw. entschieden werden.

Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern mit Bescheid vom 06.10.2009 in Ausführung des Beschlusses vom 04.09.2010 einen Betrag von 1.390,00 EUR insbesondere für eine Kücheneinrichtung, eine Wohnzimmereinrichtung, drei Kleiderschränke und einen Fernseher bewilligt (Bl. 245 der Leistungsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Leistungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft und zulässig; insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Insbesondere fehlt es nicht deswegen an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde, weil die Antragsgegnerin, ohne die Möglichkeit der Stellung eines Antrags auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 SGG zu nutzen, ihrer Verpflichtung aus dem Beschluss vom 30.11.2007 nachgekommen ist und sich der Rechtsstreit dadurch erledigt haben könnte (so aber LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.10.2006 - L 10 B 654/06 AS, RdNr. 1f, zitiert nach Juris). Vielmehr ist davon auszugehen, dass das zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung Geleistete den Rechtsstreit nicht erledigt (BGH, Urteil vom 16.11.1993 - X ZR 7/92; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.09.2007 - L 32 B 1565/07 AS ER, RdNr. 2f m.w.N.). Es gibt nämlich keine gesetzliche Grundlage, aufgrund derer von einer Beschränkung des Rechtsschutzes der unterlegenen Behörde ausschließlich auf das Hauptsacheverfahren ausgegangen werden könnte; die Beschwerde setzt nur voraus, dass der Beschwerdeführer sein Begehren auf eine vorläufige Regelung beschränkt und nicht bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine endgültige Klärung begehrt (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., RdNr. 2). Somit ist die Möglichkeit der Durchsetzung eines Erstattungsanspruches bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens grundsätzlich ausreichend, um ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin für die Beschwerde zu bejahen (SächsLSG in ständiger Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 23.02.2009 - L 7 B 24/08 SO ER, ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.05.2008 - L 23 B 26/08 SO ER, Rz. 12).

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte auf Antrag, der gemäß § 86b Abs. 3 SGG bereits vor Klageerhebung zulässig ist, zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, wobei sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsache- oder Widerspruchsverfahren streitigen Anspruch bezieht (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl. 2008, RdNr. 291). Es sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung ergehen und dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache gesichert werden soll (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen. Außerdem kann das Gericht dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und Antragstellern nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was sie im Hauptsacheverfahren erreichen können. Die summarische Prüfung kann sich insbesondere bei schwierigen Fragen auch auf Rechtsfragen beziehen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b RdNr. 16c; vgl. hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2008 - L 9 B 192/08 KR ER), wobei dann die Interessen- und Folgenabwägung stärkeres Gewicht gewinnt (Binder in Hk-SGG, 2. Aufl. 2006, § 86b RdNr. 42). Zu berücksichtigen ist insoweit, dass dann, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden können und sich das Gericht in solchen Fällen an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren will, die Sach- und Rechtslage abschließend geprüft werden muss. Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).

Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn sich aus glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage eines Antragstellers unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (Finkelnburg u.a., Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, RdNr. 108 m.w.N.; ähnlich: Krodel, NZS 2002, 234 ff.). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen, ebenso schwer wiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen bzw. glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer objektiven und konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O, § 86b RdNr. 27a). Soweit Leistungen für die Vergangenheit im Streit stehen, besteht - dem Grunde nach - nach allgemeiner Auffassung kein Anordnungsgrund, soweit nicht Tatsachen für einen besonderen Nachholbedarf glaubhaft gemacht wurden, d.h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistungen in der Vergangenheit in die Gegenwart (und Zukunft) fortwirkt und noch eine gegenwärtige Dringlichkeit oder Notlage begründet Dabei gilt dies nicht nur für Zeiten vor dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht, sondern ebenso für zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits vergangene und streitgegenständliche Bewilligungszeiten. Denn die geltend gemachten Rechtsbeeinträchtigungen, die sich auf vergangene Zeiten beziehen, lassen sich grundsätzlich im Hauptsachverfahren klären (Beschluss des erkennenden Senates vom 30.04.2010 - Az. L 7 AS 43/10 B ER mit zahlreichen weiteren Nachweisen). An die Annahme eines Nachholbedarfs als Ausnahme hiervon sind allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (a.a.O., vgl. hierzu auch SächsLSG, Beschlüsse vom 22.04.2008 - L 2 B 111/08 AS-ER und 18.12.2008 - L 7 B 737/08 AS-ER).

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Antragsteller ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB II. Danach sind Leistungen für Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung (§ 20 SGB II) umfasst; sie werden gesondert erbracht. Die Leistungen können nach § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB II als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden.

Der Begriff der Erstausstattung des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist nicht legaldefiniert und bedarfsbezogen zu verstehen (z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 45/08 R, RdNr. 14 m.w.N.). Abzugrenzen ist der Begriff der Erstausstattung nach allgemeiner Meinung vom so genannten Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf (z.B. SächsLSG, Urteil vom 13.10.2008 - L 7 AS 146/07 RdNr. 26; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.04.2008 – L 19 AS 1116/06).

Beispiele für Fallgestaltungen, in welchen eine Erstausstattung nach dem Willen des Gesetzgebers zu bewilligen sind, sind in der Gesetzesbegründung zur Parallelvorschrift des § 31 SGB XII (im Entwurf § 32) aufgeführt, die sprachlich etwas anders gefasst ist, ohne dass aber inhaltlich etwas anderes geregelt werden sollte (Wenzel in Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 23 SGB II RdNr. 7). Danach kommt ein Anspruch auf eine Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten z.B. nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft in Betracht (BT-Drs. 15/1514, S. 60). Als vergleichbare Fälle werden in der rechtswissenschaftlichen Literatur angesehen: die Erstanmietung einer Wohnung im Falle einer Trennung oder Scheidung oder aufgrund eines Auszuges eines Kindes aus dem Haushalt der Eltern, im Falle eines neu gegründeten Haushalts wegen Heirat, nach Zuzug aus dem Ausland oder wenn ein Wohnungsloser eine Wohnung gefunden hat. Die notwendige Abgrenzung vom Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der durch die Regelleistung abgegolten ist findet in Beantwortung der Frage statt, ob ein Bedarf allein auf eine übliche Abnutzung oder andere Umstände, die vom Berechtigten beeinflussbar sind, zurückzuführen ist. Bei Bejahung der ersten Alternative dieser Frage liegt keine Erstausstattung vor (SächsLSG, a.a.O., m.w.N.).

Die Voraussetzungen für die vorläufige Bewilligung einer Erstausstattung sind vorliegend gegeben. Die Antragstellerin zu 1. hat zunächst mit der Abgabe ihrer Eidesstattlichen Versicherung vom 25.08.2009 ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie nach der Trennung von ihrem Ehemann nur teilweise (im Wesentlichen über Kinderzimmereinrichtungen ohne Schränke) über Einrichtungsgegenstände verfügte und die für die Wohnung in L. geliehenen Haushalts- und Einrichtungsgegenstände anlässlich ihres Umzuges nach D. zurückgegeben hat. Der hierdurch entstehende Bedarf an über die Kinderzimmereinrichtungen hinaus üblichen Einrichtungsgegenständen war nicht auf Abnutzung, sondern auf die Trennung der Antragstellerin von ihrem Ehemann zurückzuführen.

Dass die Antragstellerin in der zuerst nach der Trennung angemieteten Wohnung über Möbel verfügte, hindert die Annahme einer in einer später bezogenen Wohnung benötigten Erstausstattung nicht. Entscheidend ist insoweit nicht die Frage, ob es sich um die erste nach der Trennung bezogene Wohnung handelt, sondern, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist (war). In diesem Sinne war die Wohnung der Antragsteller in D. nicht ausreichend ausgestattet. Die Ansicht der Antragsgegnerin, im Falle einer Trennung von Eheleuten komme ein Anspruch auf Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung nur beim Bezug der ersten nach der Trennung bezogenen Wohnung in Betracht, findet im Gesetz selbst keine Stütze und auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung kann nicht der Schluss gezogen werden, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf die Erstausstattung einer zweiten nach einer Trennung bezogenen Wohnung nicht gegeben seien. Vielmehr handelt es sich, soweit in der Rechtsprechung ein Anspruch auf Erstausstattung für die erste nach einer Trennung bezogene Wohnung bejaht wurde, soweit ersichtlich, jeweils um Fallgestaltungen, in welchen eine Erstausstattung auch für die erste nach der Trennung bezogene Wohnung beantragt wurde. Hieraus kann nicht der Schluss gezogen werden, für eine Erstausstattung einer zweiten nach einer Trennung bezogenen Wohnung seien die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs verneint worden. So bestünde der vorliegend geltend gemachte Bedarf z.B. auch dann, wenn die Antragsteller zunächst in eine möblierte Wohnung gezogen wären und im weiteren Verlauf eine zweite, nunmehr unmöblierte Wohnung bezogen hätten.

Hiermit übereinstimmend ist höchstrichterlich entschieden worden, dass Anspruch auf Gewährung einer Erstausstattung für eine Wohnung auch dann besteht, wenn ein Hilfebedürftiger einen Antrag auf Bewilligung von erforderlichen Wohnungsgegenständen zunächst aus freier Entscheidung unterlassen und bereits längere Zeit in einer unmöblierten Wohnung gelebt hat (BSG, Urteil vom 20.08.2009, a.a.O., RdNr. 15 m.w.N.). Soweit für die Bejahung eines Anspruchs nach § 23 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB II das Bestehen eines (engen) zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Entstehen und der Geltendmachung des Bedarfs gefordert wird (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.03.2009 - L 7 19 AS 78/08, RdNr. 25), folgt der Senat dem nicht.

Die Antragsteller konnten im Übrigen schon angesichts der ungewissen Dauer des Scheidungsfolgeverfahrens nicht darauf verwiesen werden, dass die Antragstellerin zu 1. ggf. einen Herausgabeanspruch bezüglich einzelner Haushaltsgegenstände gegenüber ihrem (früheren) Ehemann hat.

Ausgehend davon, dass nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II dem Hilfebedürftigen ermöglicht werden soll, eine Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erlangen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen (BSG, Urteil vom 20.08.2009, a.a.O., RdNr. 16), standen den Antragstellern die mit Beschluss vom 04.09.2009 bewilligten Gegenstände zu, was von der Antragsgegnerin auch nicht bezweifelt worden ist.

Ein Anordnungsgrund war ebenfalls gegeben. Die Antragstellerin zu 1. hat, wie bereits dargelegt, ausreichend glaubhaft gemacht, dass ihr und den Antragstellern zu 2. und 3. die beantragten Einrichtungsgegenstände fehlten. Damit bestand für die Antragsteller eine gegenwärtige Notlage - Wohnen in einer unzureichend möblierten Wohnung -, die eine Eilbedürftigkeit des Verfahrens rechtfertigte.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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