S 41 AS 5276/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
41
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 41 AS 5276/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Vergleichsraum für das Gebiet mit den Gemeinden Beelitz, Michendorf, Schwielowsee, Seddiner See und W. dürfte zu groß sein.
2. Im Rahmen der Ermittlungen muss die Beklagte den Gegenstand - Wohnungen mit einfachem Standard - genau definieren.
3. Eine Ermittlung aufgrund der Daten von Wohngeldbeziehern und Leistungsbeziehern nach dem SGB II/XII ist im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes ungeeignet.
4. Die erhobenen Daten sind zeitnah zu aktualisieren.
5. Die ermittelten Werte sind nach der Größe der Wohnungen zu differenzieren.
1. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides der Beklagten vom 01. April 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 17. Mai 2008 und 18. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2008 (W1189/08) und Änderungsbescheides vom 28. August 2008 und des Bescheides der Beklagten vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2008 (W 2829/07) verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01. November 2007 bis zum 30. April 2008 und vom 01. Mai 2008 bis zum 30. September 2008 weitere Leistungen für Unterkunft unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren.

2. Die Beklagte erstattet dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Verfahren.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung von höheren Leistungen für die Kosten der Unterkunft (KdU) für den Zeitraum vom 01. November 2007 bis zum 30. September 2008.

Der Kläger bewohnt eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 55 qm unter der Adresse M in W. Die Kosten für die Wohnung sind laut Mietvertrag vom 05. August 2004 monatlich 420,00EUR. Diese ergeben sich aus einer netto Kaltmiete von 302,50EUR, einem Betriebskostenvorschuss von 47,50EUR und einem Heizkostenvorschuss von 70,00EUR.

Mit Änderungsbescheid vom 30. November 2006 wies die Beklagte darauf hin, dass die KdU in Höhe von monatlich 411,75EUR (unter Beachtung eines Abzugs für die Warmwasseraufbereitung) insgesamt zu hoch und damit unangemessen seien. Angemessen seien 347,00EUR. Die tatsächlichen Kosten abzüglich der Warmwasserpauschale würden noch bis zum 30. April 2007 übernommen.

Die Beklagte legt in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark, Fachdienst Soziales und Wohnen, hinsichtlich der zu gewährenden Leistungen für KdU eine Geschäftsanweisung ihrer Entscheidung zugrunde. Für den streitigen Zeitraum ist maßgeblich die Geschäftsanweisung vom 27. März 2007 Nr. 1/2007. Hiernach sind Wohnungen für Alleinstehende mit einer Wohnungsgröße bis zu 50 m² angemessen und der Wert von 4,75EUR/m² ist als Richtwert für die Nettokaltmiete in der Stadt W zugrunde zu legen. Diese Werte lagen auch der folgenden Geschäftsanweisung Nr. 1 (Stand: 01. August 2008) zugrunde.

Mit Bewilligungsbescheid vom 26. September 2007 gewährte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01. November 2007 bis zum 30. April 2008 Leistungen für KdU in Höhe von monatlich 347,00EUR.

Hiergegen legte der Kläger am 15. Oktober 2007 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2008 (W 2829/07) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die KdU des Klägers unter Beachtung ihrer Ermittlungen nicht angemessen seien.

Mit Bewilligungsbescheid vom 01. April 2008 gewährte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01. Mai 2008 bis zum 30. September 2008 Leistungen für KdU in Höhe von monatlich 347,00EUR.

Hiergegen legte der Kläger am 02. Mai 2008 Widerspruch ein.

Mit Änderungsbescheiden vom 17. Mai 2008 und vom 18. Juni 2008 für den Bewilligungszeitraum vom 01. Mai 2008 bis zum 30. September 2008 traf die Beklagte keine neue Regelung hinsichtlich der zu gewährenden Leistungen für KdU.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2008 (W 1189/08) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass für die Region W bezüglich der Höhe der Nettokaltmiete als Richtwert ein Preis von 4,75EUR/m² zugrunde zu legen sei.

Mit Änderungsbescheid vom 28. August 2008 gewährte die Beklagte aufgrund einer Änderung der Geschäftsanweisung hinsichtlich der Heizkosten dem Kläger für den Zeitraum vom 01. August bis zum 30. September 2008 Leistungen für KdU in Höhe von monatlich 358,00EUR.

Mit den am 29. August 2008 (S 41 AS 5276/08 und S 41 AS 5275/08) erhobenen Klagen verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er behauptet, dass er sich um Senkung der KdU bemüht habe und ihm bis heute kein angemessener Wohnraum angeboten werden konnte.

Das Gericht hat die Verfahren mit Beschluss vom 17. März 2010 verbunden.

Der Kläger beantragt, 1. den Bescheid der Beklagten vom 01. April 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 17. Mai 2008 und 18. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2008 (W 1189/08) und Änderungsbescheides vom 28. August 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 26. September 2007 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 30. Juli 2008 (W 2829/07) unter der Maßgabe der Ziffer 2 ab-zuändern, 2. die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 01. No-vember 2007 bis zum 30. April 2008 und vom 01. Mai 2008 bis zum 30. September 2008 weitere Leistungen für Unterkunft unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren.

Die Beklagtenvertreterin beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass weder die Absenkung der Kosten noch die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen zu beanstanden sei. Die Ermittlung der angemessenen Kosten würde auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entspreche.

Der Vergleichsraum könne nicht der Landkreis Potsdam-Mittelmark sein, da dieser aufgrund seiner flächenmäßigen Ausdehnung keinen einheitlichen Raum bilde. Hier sei die Region W mit den Gemeinden Beelitz, Michendorf, Schwielowsee, Seddiner See und W maßgeblich. Diese Region stelle einen eigenständigen Lebensraum mit öffentlichem Personennahverkehr dar.

Hinsichtlich des Beobachtungsgegenstandes sei auf die Datenerhebung durch den Landkreis zu verweisen. In die Erfassung seien Wohnungen aller Standards, Neubauwohnungen des ersten Förderweges sowie sanierte und unsanierte Altbauwohnungen einbezogen worden. Hierbei wurden die Komponenten Nettokaltmiete, Betriebskosten und Heizkosten sowie deren Summe – die Bruttowarmmiete – erfasst. Weiterhin sei auch die Wohnfläche des überprüften Wohnraums erfasst worden. Es sei eine Zuordnung gestaffelter Wohnflächen zur Anzahl der Mit-glieder der Haushaltsgemeinschaft erfolgt. Diese Differenzierung sei maßgeblich gewesen für die höhenmäßige Begrenzung der Unterkunftskosten.

Die Angemessenheitsgrenze je m² sei dabei fix, wobei aber nach der Größe der Haushaltsgemeinschaft im Hinblick auf die zugestandene Quadratmeterzahl differenziert werde.

Der Beobachtungszeitraum für die Geschäftsanweisung, die zum 01. Januar 2005 in Kraft trat, waren die Jahre 2002 bis 2004, wobei Ergänzungen der Daten bis zum Jahr 1999 zurück rei-chen. Durch interne Sozialabfragen werde die Aktualität der Daten überprüft. Aufgrund von Strukturanalysen, welche sich auf die Leistungsempfänger nach SGB II und SGB XII richteten, wurden die damals geltenden Geschäftsanweisungen angepasst. Im Januar 2008 sei eine Analyse der durchschnittlich den Empfängern von Sozialhilfe gewährten Unterkunftskosten erfolgt. Im März 2008 sei eine Bestandsaufnahme der tatsächlichen Unterkunftskosten der Wohngeld-bezieher erfolgt.

Die Art und Weise der Datenerhebung sei durch unterschiedliche Ermittlungsverfahren erfolgt. Zum einen seien statische Erhebungen regional zuständiger Wohnungsbaugesellschaften über regionale Durchschnittswerte (Neubauwohnungen des 1. Förderweges, sanierte und unsanierte Altbauwohnungen) eingeholt worden. Zum anderen seien Durchschnittsmieten nach den Regionen anhand der statistischen Erhebungen durch den Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik ermittelt worden, wobei die von der Beklagten betreuten Leistungsberechtigten berücksichtigt worden seien.

Diese Datenerhebung sei repräsentativ und valide. Weiterhin sei eine Kappungsgrenze festzulegen, da nicht nur Wohnungen einfachen Standards einbezogen gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Unterlagen der Beklagten (3 Ordner) über die Ermittlung der entsprechenden Daten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Kammer konnte hier im Wege eines Grundurteils nach § 130 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Hiernach kann zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden, wenn gemäß § 54 Abs. 4 SGG eine Leistung in Geld begehrt wird. Hier liegt ein solcher Fall vor, da der Kläger in einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage höhere Leistungen begehrt. Die Kammer sah ein Grundurteil als angemessen an, da ein Streit über die Höhe des Anspruchs des Klägers vorliegt (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 130 Rn. 2 d) und dieser eine entsprechende Verurteilung dem Grunde nach begehrte.

Der Bescheid vom 01. April 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 17. Mai 2008 und 18. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2008 (W 1189/08) und Änderungsbescheides vom 28. August 2008 und der Bescheid vom 26. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2008 (W 2829/07) sind rechtswidrig und beschweren den Kläger nach § 54 Abs. 2 SGG.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Leistungen für KdU in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen unter Beachtung eines Abzugs für die Warmwasserpauschale nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 01. November 2007 bis zum 30. April 2008 und vom 01. Mai 2008 bis zum 30. September 2008.

Der Kläger erfüllt die Grundvoraussetzungen des § 7 SGB II für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung und ihm wurden entsprechende Leistungen auch von der Beklagten für den streitigen Zeitraum gewährt.

Sein Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Diese Aufwendungen sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach.

Die Prüfung der Angemessenheit erfolgt in mehreren Schritten, wobei die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen sind. Danach ist ein räumlicher Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte festzulegen. In diesem räumlichen Vergleichsmaßstab sind dann die Aufwendungen für den Quadratmeterpreis einer Wohnung mit einfachem Standard zu ermitteln.

Das Ergebnis stellt eine regionale Angemessenheitsgrenze dar. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Geschäftsanweisungen und die Entscheidung der Beklagten im Einzelfall zu der Angemessenheitsgrenze nicht auf einem überprüfbaren schlüssigen Konzept beruhen. An ein solches Konzept sind erhebliche Ansprüche zu stellen (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R; kostenpflichtig abrufbar unter www.juris.de):

Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt: - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Diese Anforderungen erfüllen die Ermittlungen der Beklagten, wie sie sich aus den eingereichten Unterlagen und dem erläuternden Schreiben vom 29. Juni 2010 ergeben, nicht, da sie nicht die Gewähr dafür geben, dass die tatsächlichen Begebenheiten auf dem örtlichen Mietmarkt berücksichtigt wurden. Die Geschäftsanweisungen der Beklagten Nr. 1/2007 und Nr. 1/2008 sind rechtswidrig und können nicht zur Begrenzung der tatsächlichen Aufwendungen für die KdU herangezogen werden.

1. Vergleichsraum Zunächst dürfte ein schlüssiges Konzept der Beklagte zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen nicht vorliegen, weil die Datenerhebung nicht auf einem der Rechtsprechung entspre-chenden Vergleichsraum beruht. Die Kammer neigt dazu, dass der Vergleichsraum hier nur die Stadt W sein könnte. Die Beklagte bildet dagegen als Vergleichsraum ein Gebiet mit den Gemeinden Beelitz, Michendorf, Schwielowsee, Seddiner See und W. Dieser Vergleichsraum wäre zu groß, wenn er keinen eigenständigen Lebensraum darstellen würde. Für den räumlichen Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfesuchenden maßgebend. Hierbei ist zu beachten, dass für die Repräsentativität der Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben sind, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Feb-ruar 2009 – B 4 AS 30/08 R = BSGE 102, 263). Dies wurde in einer Entscheidung für die Stadt Zweibrücken mit ca. 35.000 Einwohnern bejaht (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 65/08 R; kostenpflichtig abrufbar unter www.juris.de).

Die Stadt W hat nach dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg mit Stand vom 31. Dezember 2009 23.004 Einwohner auf einer Fläche von 115,00 km² und gliedert sich in 8 Ortsteile. Unter Beachtung dieser Umstände könnte es nahe liegen, für die Stadt W einen eigenständigen Lebensbereich anzunehmen.

Diese Frage lässt die Kammer offen, wobei sie darauf hinweist, dass die Ausführungen der Beklagten hinsichtlich des Vergleichsraumes nicht geeignet sind, einen größeren Lebensraum als die Stadt Werder zu begründen.

2. Gegenstand der Beobachtung Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte versuchte, den Preis pro m² hinsichtlich eines bestimmten definierten Wohnungsstandards zu ermitteln. Die Ermittlungen der Beklagten lassen nicht darauf schließen, dass der Wohnungsstandard überhaupt berücksichtigt wurde, da keine Daten über die Lage, Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz oder die Ausstattung der Wohnung (Bad, Balkon, Fußböden usw.) erhoben wurden. Die Ermittlungen der Beklagten sind nach Auffassung der Kammer vom Gegenstand schon nicht geeignet, die für einfach aus-gestattete Wohnungen in einfacher Lage übliche Miete zu ermitteln, da nicht sichergestellt werden kann, dass auch Wohnungen, die den einfachen Standard nicht erfüllen in den Ermittlungen berücksichtigt wurden. Im Ergebnis ist vollkommen offen, welchen Standard die Woh-nungen in den Ermittlungen der Beklagten haben.

Die spätere Aktualisierung der Daten führte zu keiner Änderung in der Ansicht der Kammer für den Zeitraum der Geschäftsanweisung Nr. 1/2008, da der Abgleich mit Listen der von SGB II/ SGB XII – Beziehern in jüngerer Zeit angemieteten Wohnungen keine geeignete Erkenntnisquelle ist (a.A. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 05. Dezember 2007 – L 6 AS 234/07 ER, abrufbar unter www.juris.de).

Nach Auffassung der Kammer stellt auch die Aktualisierung der Daten anhand der Wohngeld-zahlungen im Jahr 2008 kein schlüssiges Konzept dar. Für den Abgleich wurden die Wohngeldzahlungen ausgewertet. Hierfür berücksichtigte die Beklagte die durchschnittlichen Mietpreise und erhob die durchschnittliche Größe der Wohnungen.

Falls diese Listen eine Erkenntnisquelle wären, ergäbe sich daraus ein Zirkelschluss, da die Beklagte die Höhe der Kosten zum Teil selbst steuert. Die Bezieher von Leistungen mit Wohnungskosten über den Angemessenheitskriterien der Beklagten werden im Rahmen des Kos-tensenkungsverfahrens aufgefordert, sich angemessene Wohnungen entsprechend der Geschäftsanweisung der Beklagten zu suchen. Diese Umzüge führen im Ergebnis dazu, dass die Ergebnisse dieser Listen sich langsam dem von der Beklagten ermittelten Werten nähern. Die Ergebnisse spiegeln nur die Ermittlungen und das Verhalten der Beklagten wieder – neue Er-kenntnisse lassen sich hiermit nicht gewinnen.

Die Kammer hält diesen Abgleich auch für nicht relevant, da nicht ersichtlich ist, welchen Standard die Wohnungen der Wohngeldbezieher haben. Es ist auch hier der Beobachtungsge-genstand nicht klar ersichtlich und nicht ausgeschlossen, dass Wohnungen, die noch nicht ein-mal einfachen Standard haben, in die Ermittlungen mit einbezogen wurden.

Dieser Abgleich überzeugt die Kammer auch aus dem Grund nicht, da aufgrund der Durchschnittswerte keine Aussage über dem Preis von tatsächlich vorhandenem Wohnraum möglich ist. Der Durchschnittswert kann zum Beispiel aufgrund von Ausreißern nach oben oder unten keine verlässliche Abbildung der tatsächlichen Begebenheiten sein.

Auch der Abgleich mit den Leistungen im Bereich SGB XII kann die Kammer nicht überzeugen, da auch hier der Wohnungsstandard nicht berücksichtigt wird. Weiterhin findet sich hier nur eine Unterscheidung nach der Größe der Haushalte – 1-Personen-Haushalt usw. Nach Auf-fassung der Kammer ist diese Differenzierung nicht geeignet einen Preis pro m² zu bestimmen, da offen ist, welche Größe die einzelnen Wohnungen haben.

3. Beobachtungszeitraum Die Kammer geht davon aus, dass im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes eine zeitnahe Erhebung und Aktualisierung der Daten erfolgen muss. Aufgrund des langen Zeitablaufs zwischen der Datenerhebung und dem streitigen Zeitraum liegt hier kein schlüssiges Konzept der Beklagten zur Begrenzung der Leistungen für KdU vor.

Die erste Datenerhebung beruht auf Daten aus den Jahren 2002 bis 2004 und es wurden ergänzend ältere Daten herangezogen. Eine erste Aktualisierung der Datenerhebung versuchte die Beklagte mit der Strukturanalyse 2007/2008 mit dem Datenbestand vom November 2007. Der Ablauf von 3 Jahren für eine Überprüfung des Datenbestandes ist nach Auffassung der Kammer zu lang. Die Kammer geht davon aus, dass im jährlichen Rhythmus zumindest stichprobenartige Analysen zur Entwicklung der Mietpreise vorzunehmen sind, um auch kurzfristige Entwicklungen wahrnehmen zu können. Diese Stichproben müssten eine Beobachtung der Marktentwicklung ermöglichen und sollten durch eine Datenerhebung im jährlichen oder zwei jährigen Abstand ergänzt werden.

3. Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten Aus den überreichten Unterlagen der Beklagten ergibt sich nicht, dass die von ihr erhobenen Daten repräsentativ sind, da kein Vergleich zwischen den vorhandenen Wohnungen und den erhobenen Daten durchgeführt wurde.

4. Datenauswertung Die Kammer geht davon aus, dass die Bildung von Durchschnittswerten keine geeignete mathematische Methode ist, um eine wirklichkeitsnahe Wiedergabe der Kosten für "einfache" Wohnungen zu erhalten, da aufgrund von Ausreißern nach oben oder unten der Durchschnittswert "verfälscht" werden kann. Mit dieser Methode kann nicht sichergestellt werden, dass für die Betroffenen in der Wirklichkeit auch Wohnraum zum Durchschnittswert zur Verfügung steht.

5. Angaben über Schlüsse Aus dem Schreiben der Beklagten geht hervor, dass eine Kappungsgrenze bei 4,75 EUR/m² gesetzt wurde. Diese Setzung ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, da Berechnungen zu diesem Wert und eine Begründung fehlen. Soweit die Beklagte darauf verweisen sollte, dass Wohnungen aller Standards in die Ermittlung mit einbezogen wurden, stellt dies keine überzeugende Begründung für die Kappungsgrenze dar, da mit dieser nicht sichergestellt werden kann, dass die Preise für "einfache" Wohnungen mit dieser Kappungsgrenze wirklichkeitsgetreu wieder-gegeben wurden.

Die von der Beklagten ermittelten Quadratmeterpreise differenzieren nicht nach Wohnungsgrößen. Eine solche Differenzierung ist aber in einem schlüssigen Konzept in Übereinstim-mung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R und BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 65/08 R; kostenpflichtig abrufbar unter www.juris.de).

Die Kammer verweist insoweit auf die überzeugenden Ausführungen in dem Urteil des BSG vom 20. August 2009 a. a. O.: "Unzureichend ist das Konzept aber deshalb, weil die Beklagte nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) darauf verzichtet hat, bei der Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises nach Wohnungsgrößen zu differenzieren (zum Erfordernis einer solchen Differenzierung bei "grundsicherungsrelevanten Mietspiegeln" vgl Keller, NDV 2009, 51, 54 f; Butzer/Keller, NZS 2009, 65, 69). Eine solche Differenzierung ist deshalb geboten, weil nach den Besonderheiten des jeweils maßgebenden örtlichen Wohnungsmarktes, insbesondere aus Gründen der Bevölkerungs- und Sozialstruktur und wegen städtebaulicher Entwicklungen sowohl das Angebot als auch die Nachfrage hinsichtlich kleinerer und größerer Wohnungen erheblich differieren können, was wiederum Auswirkungen auf das quadratmeterbezogene Preisniveau haben kann. Zu Recht hat das LSG darauf hingewiesen, dass kleinere Wohnungen etwa auf Grund des Umstands, dass die Kosten für Bad und ggf Küche auf eine kleinere Wohneinheit umgelegt werden müssen, im Regelfalle einen höheren Quadratmeterpreis aufweisen. Die Verpflichtung, dies bei der Konzeptbildung zu berücksichtigen, stellt entgegen der Auffassung der Revision keine ungerechtfertigte Schlechterstellung größerer Bedarfsgemeinschaften und damit keine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) dar. Das Ziel des Gesetzes, das soziokulturelle Existenzminimum des Einzelnen entsprechend seinen persön-lichen Lebensverhältnissen und Bedarfen sicherzustellen (Bedarfsdeckungsgrundsatz, vgl § 3 Abs 3 SGB II), ist ein hinreichender Sachgrund für die Differenzierung. Auch der von der Revision beklagte Verwaltungsaufwand, der mit der Differenzierung nach Wohnungsgrößen ver-bunden sei, ist kein Rechtswert an sich und rechtfertigt einen Verzicht auf die größenmäßige Differenzierung nicht."

Die Kammer geht davon aus, dass aufgrund des Zeitablaufs und des Verhaltens der Beklagten hier keine eigenen Möglichkeiten zur Ermittlung eines angemessenen Quadratmeterpreises mehr zur Verfügung stehen. Die Beklagte übersandte dem Gericht zu ihren Ermittlungen drei Ordner, welche unterschiedlichste Unterlagen enthielten, zum Beispiel Urteile über die Leistungen für KdU, Aufsätze zu diesem Thema, Richtlinien anderer Landkreise u.s.w. Darüber hinaus enthielten die Ordner etliche Tabellen über Erhebungen, wobei diese Tabellen weitgehend ohne weitere Beschreibungen und Erläuterungen bleiben. Eine Auskunft und Beschreibung der Erhebungen konnte die Beklagte dem Gericht in der mündlichen Verhandlung nicht geben und auch eine weitere Möglichkeit zur Ermittlung konnten in der mündlichen Verhandlung nicht aufgezeigt werden. Sie war auch nicht in der Lage, dem Gericht auf Einwendungen und Bedenken gegen ihre Ermittlungen weitere Auskünfte zu erteilen.

Die von der Beklagten selbst vorgeschlagene Zeugenvernehmung der für die Erstellung der Geschäftsanweisung zuständigen Mitarbeiterin beim Landkreis scheiterte an der fehlenden Aussagegenehmigung des Landkreises. Der Landkreis verweigert anscheinend die Zusammenarbeit mit dem Gericht und verhindert die weiteren Ermittlungen.

Es sind daher die tatsächlichen Unterkunftskosten zu gewähren, wobei diese begrenzt werden durch die Tabellenwerte in § 8 Wohngeldgesetz (WoGG), die durch einen Zuschlag maßvoll erhöht werden (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R; kostenpflichtig abrufbar unter www.juris.de).

Diese Werte betragen in der rechten Spalte der entsprechenden Tabelle hier für eine Person und Gemeinden mit Mieten der Stufe IV 325 Euro. Unter Beachtung eines maßvollen Zuschlages von 10% ergibt sich ein Wert von 357,50 Euro. Damit liegt die Grundmiete (302,50 Euro) und die kalten Betriebskosten (47,50 Euro) des Klägers mit 350 Euro unter diesem Betrag.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die Aufwendungen des Klägers für die Heizkosten unangemessen sind, wobei ein Abzug für die Warmwasseraufbereitung vorzunehmen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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