L 2 AS 425/10 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AS 5225/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 425/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag der Antragsteller auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren die vorläufige Übernahme von Kosten für die Trockenlegung des Bauwerks des von ihnen bewohnten Eigenheims.

Der am 1952 geborene Antragsteller bezieht seit dem Jahr 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Er bewohnt ein von seiner Mutter geerbtes Hausgrundstück mit einer Gesamtfläche von 257 qm im W ...weg ... in H ... Das im Jahr 1928 errichtete Wohnhaus verfügt über fünf Räume mit einer Gesamtwohnfläche von 72,82 qm. Die Mutter des Antragstellers erwarb das Grundstück im Jahr 1994 zu einem Kaufpreis von 26.453 DM. Nach dem Erwerb des Hauses veranlasste die Mutter des Antragstellers die Erneuerung des Dachs und der Heizungsanlage. Nach dem Tod der Mutter im Jahr 1999 bezog der Antragsteller das Haus zunächst allein. Die am 1951 geborene Antragstellerin, die schon zuvor Alg II erhielt, zog am 20. März 2006 zu. Seit dem 6. Juni 2007 sind die Antragsteller verheiratet. Die Antragsteller ließen die Fenster und die Hauseingangstür des Eigenheims für etwa 8.000 Euro erneuern. Wegen der Übernahme der hierfür aufgenommenen Fremdmittel als Unterkunftskosten sind Rechtsstreite beim Sozialgericht Halle noch anhängig.

Derzeit gewährt die Antragsgegnerin den Antragstellern nach dem Bescheid vom 28. Juni 2010 Alg II in Höhe von insgesamt 188,54 Euro monatlich bis Dezember 2010. Hierin sind für die Kosten der Unterkunft je 72,67 Euro enthalten. Hierbei berücksichtigt sie das Einkommen der Antragstellerin in Form einer gesetzlichen Rente in Höhe von 632,80 Euro monatlich.

Mit Schreiben vom 28. April 2010 beantragten die Antragsteller die Übernahme der Kosten für eine Trockenlegung des Mauerwerks, der Dachrinnen und der Kellerfenster. Die Sanierung sei dringend geboten, weil Feuchtigkeit eindringe und dadurch auch gesundheitliche Schäden eintreten könnten. Es sei ihnen nicht möglich, noch einen Kredit aufzunehmen. Da schon keine Mietkosten übernommen würden, sei es schließlich gerechtfertigt, dass diese Kosten übernommen werden. Dem Schreiben waren Angebote für die Baumaßnahmen der Fa. L B. GbR vom 20. August 2008 über eine Gesamtsumme von 14.632,49 Euro und der Fa. A ... vom 15. März 2009 über eine Gesamtsumme von 19.727,15 Euro beigefügt. Das Angebot der Fa. L ... B ... GbR umfasste Erdarbeiten zur Freilegung und Verfüllung des Mauerwerks, den Abbruch der Außentreppen, das Anbringen einer Vertikalsperre und Injektionsverfahren sowie die Neuerrichtung der Treppen. Das Angebot der Fa. A. beinhaltete den Abbruch der Außentreppen, Erdarbeiten zur Freilegung und Verfüllung des Mauerwerks, das Anbringen von Sperrputz, die Wandbeschichtung, das Anbringen von Dämmplatten, den Neuputz, die Erneuerung der Dachentwässerung, die Erneuerung der Kellerfenster sowie die Neuerrichtung der Treppen.

Am 4. Juni 2010 beantragten die Antragsteller die Fortzahlung von Alg II unter Hinweis auf die mit Schreiben vom 28. April 2010 begehrte Kostenübernahme für die Sanierung des Hauses.

Mit gesondertem Bescheid vom 9. Juni 2010 lehnte Antragsgegnerin die Übernahme der Kosten für die Bauwerkstrockenlegung ab: Es handele sich um Sanierungsmaßnahmen, die zu einer Wertsteigerung führten.

Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 13. August 2010 begehrten die Antragsteller sinngemäß erneut die Kostenübernahme in Höhe des wieder angefügten Angebots der Fa. L ... Zudem legten sie ein Schreiben der Fa. L. vor, nach dem die Bauwerkstrockenlegung dringend erforderlich sei, weil Schäden in der Baustatik und für die Gesundheit der Antragsteller zu befürchten seien.

Mit Bescheid vom 23. August 2010 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme erneut und mit gleichlautender Begründung wie im Bescheid vom 9. Juni 2010 ab.

Hiergegen haben die Antragsteller am 3. September 2010 Widerspruch und nunmehr auch Klage bei dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben.

Am 7. September 2010 haben die Antragsteller bei dem SG einen Antrag auf vorläufige Anordnung mit dem Begehren gestellt, die Antragsgegnerin vorläufig zur Übernahme der Kosten der Bauwerkstrockenlegung zu verpflichten.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 25. Oktober 2010 abgelehnt: Zu den von der Antragsgegner zu übernehmenden Kosten der Unterkunft seien auch die Kosten für eine Instandsetzung zu zählen. Diese Maßnahmen dürften aber nicht zu einer Verbesserung des Wohnstandards führen und müssten notwendig und angemessen sein. Durch die Bauwerkstrockenlegung würde das Hausgrundstück allerdings eine massive Wertsteigerung erfahren. Nach den von der Antragsgegnerin im Verfahren eingereichten Stellungnahmen des Zentralen Gebäudemanagements der Stadt H ... (S.) sei davon auszugehen, dass seit Errichtung des Hauses im Jahr 1928 keine baulichen Maßnahmen zum Schutz des Bauwerks vor Feuchtigkeit ergriffen worden seien. Die Antragsteller seien daher schon im Jahr 1999 in ein im Wert gemindertes Haus eingezogen. Darüber hinaus seien die Kosten der Aufwendungen unangemessen hoch.

Gegen den ihnen am 28. Oktober 2010 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 29. Oktober 2010 Beschwerde erhoben: Der Antragsteller habe das Haus von seiner Mutter geerbt und habe zuvor nicht die Pflicht zur Erhaltung gehabt. Er sei auch seit 1999 erkrankt und habe selbst körperlich keine Arbeiten vornehmen können. Das SG habe nicht dargelegt, warum eine erhebliche Wertsteigerung anzunehmen sei. Wenn nichts unternommen werde, drohe das Haus in sich zusammenzufallen. Es sei zu erwarten, dass sie noch länger Alg II beziehen werden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung des Hauses im Verhältnis zu einer Mietwohnung günstiger seien, so dass sich die Reparatur "rechnen könnte". Das SG habe auch die Frage offen gelassen, ob ein Darlehen zu gewähren sei. Das SG habe die grundrechtliche Eigentumsgarantie und Handlungsfreiheit verletzt und die Krankheit der Antragsteller nicht beachtet. Des Weiteren sei auch der Gleichheitsgrundsatz verletzt, weil körperlich leistungsfähige Hilfebezieher die Sanierung selbst vornehmen könnten und sie dies nicht könnten. Sie könnten mit den Baumaßnahmen auch derzeit beginnen, wenn sie die erforderlichen Mittel erhalten würden.

Die Antragsteller beantragen, den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 25. Oktober 2010 aufzuheben und die Antragsgegnerin vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, die für die Bauwerkstrockenlegung des von den Antragstellern bewohnten Anwesens erforderlichen Kosten zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt bzw. sich nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin ergänzend Bezug genommen. Diese Akten sind bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des SG ist statthaft (§ 172 SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist nicht durch § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Nach dieser am 1. April 2008 in Kraft getretenen Vorschrift ist die Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Hier wäre die Berufung zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 Euro (vgl. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) deutlich übersteigt.

Nach § 86b Abs. 2 SGG ist das Begehren der Antragsteller als auf eine Regelungsanordnung gerichteter Antrag statthaft, weil in der Hauptsache keine reine Anfechtungsklage zu erheben war. Das Begehren der Antragsteller ist auf die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II gerichtet, so dass statthafte Klageart eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 und 4 SGG ist.

Das Gericht der Hauptsache kann dann gemäß § 86b Abs. 2 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, weil sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend.

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2 ZPO).

Ein Anordnungsanspruch auf höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft besteht ebenso wenig wie die Voraussetzungen für einen materiellen Leistungsanspruch auf ein Darlehen für die Durchführung der Instandsetzung glaubhaft gemacht sind.

Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Der Antragsteller erfüllt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 19 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB II, da er das 15. Lebensjahr vollendet und die Grenze des § 7a SGB II noch nicht überschritten hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 SGB II ist, und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) hat. Die Antragstellerin gehört gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. a als nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin zur Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers. Es ist glaubhaft, dass die Antragsteller hilfebedürftig im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 9 SGB II sind.

Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Die Antragsteller verfügen zusammen über Einkommen im Sinne des § 11 SGB II nur in Form der Rente der Antragstellerin in Höhe von 632,80 Euro monatlich. Maßgebliches Vermögen außer dem Hausgrundstück besteht nach den Angaben der Antragsteller nicht. Das Grundstück ist auch nicht unangemessen groß, so dass es nicht nach § 11 Abs. 3 Nr. 4 SGB II als Vermögen zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen ist. Im Übrigen geht auch die Antragsgegnerin nach dem vorläufigen Bescheid vom 10. Juni 2010 bzw. mit den endgültigen Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 7. Juli 2010 von einem Resthilfebedarf bis zum Dezember 2010 für die Sicherung des Lebensunterhalts und der sonstigen Kosten der Unterkunft und Heizung aus.

Ein höherer Anspruch auf Alg II wegen der Kosten für die Bauwerkstrockenlegung besteht nicht.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Die Antragsgegnerin könnte grundsätzlich vorläufig zu Leistungen für die Kosten einer Bauwerkstrockenlegung verpflichtet werden, wenn im Umfang der vorgestellten Sanierung Aufwendungen zwar nicht bereits fällig sind, die Kosten aber demnächst anfallen werden. Im Grundsatz gehen das Bundessozialgericht wie auch der Senat davon aus, dass Wohneigentümern keine pauschalen Leistungen ohne tatsächlichen Nachweis der Kosten zustehen (vgl. BSG, Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 17, insbesondere Rn. 16). Die Antragsteller sind noch keine vertragliche Bindung wegen der Bauwerkstrockenlegung eingegangen, sondern haben lediglich Kostenvoranschläge eingereicht, die nicht zu Zahlungspflichten führen. Mithin liegen noch keine im Bewilligungsabschnitt fälligen Aufwendungen vor, die im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu den Kosten der Unterkunft gezählt werden könnten.

Allerdings kann im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gerade wegen der glaubhaft gemachten Unfähigkeit, die Kosten selbst zu tragen bzw. fremd finanzieren zu lassen, eine Regelung zur vorläufigen Verpflichtung zur Leistung – ggf. auch zur Leistung von Vorschüssen – ausgesprochen werden, soweit glaubhaft ist, dass diese Kosten tatsächlich noch im Rahmen einer laufenden Bewilligung fällig werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragsteller verbessern werden. Daher ist glaubhaft, dass Kosten mit dem Vertragsschluss bzw. mit den Baumaßnahmen auch noch während einer Bewilligung anfallen.

Zu den grundsätzlich erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft bei Wohneigentum wie Eigenheimen gehören jene Kosten, die mit der Nutzung zu Wohnzwecken verbunden sind, d.h. z.B. Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern, Wasser- und Abwassergebühren und ähnliches sowie die zur Finanzierung des Eigenheims geleisteten Schuldzinsen, die im Bewilligungszeitraum fällig sind. Weiter können zu den Kosten der Unterkunft und Heizung von selbstgenutzten und i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II besitzgeschützten Immobilien die Kosten für eine Instandsetzung oder Instandhaltung gehören, wenn diese Maßnahmen nicht zu einer Verbesserung des Standards des selbstgenutzten Eigenheims führen sowie notwendig und angemessen sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. März 2009, B 4 AS 38/08 R, Juris Rn. 17).

Abgesehen von der Frage, ob die beabsichtigte Bauwerkstrockenlegung eine Instandsetzung bedeutet, die zum Erhaltungsaufwand zählt, ist der durch die Bauwerkstrockenlegung verursachte Aufwand für die Kosten der Unterkunft unangemessen.

Wie schon dargestellt, fallen Erhaltungsaufwendungen im Rahmen des SGB II nur dann unter die Kosten der Unterkunft und Heizung, wenn sie angemessen i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind (vgl. BSG, a.a.O und Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 28/09 R – Juris Rn. 20). Bei der Beurteilung der Angemessenheit von Erhaltungsaufwendungen sind die jeweiligen Einzelfallumstände zu berücksichtigen, etwa das sicher bevorstehende Ende des Leistungsbezugs, der Umfang der Bedürftigkeit, das Ausmaß der Beeinträchtigung der Wohnqualität, der Gesamtwert und der Zustand des Hauses, die Höhe der aktuellen sowie der künftig zu erwartenden Sanierungskosten und die ansonsten aufzubringenden Kosten für Unterkunft und Heizung oder ähnliches (vgl. LSG Sachsen-Anhalt v. 06.07.2010 - L 5 AS 136/10 B ER – Juris Rn. 40). Die nach dieser Rechtsprechung notwendige Gesamtbetrachtung wendet auch der Senat an. Im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist die tatsächliche Miete einschließlich sonstiger Betriebskosten zunächst mit den abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft zu vergleichen, so dass sämtliche tatsächlichen Kostenfaktoren zu berücksichtigen sind. Für die Angemessenheit von Instandhaltungskosten bzw. Erhaltungsaufwand ist also ebenfalls der Maßstab der angemessenen Kosten im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzulegen und nicht isoliert nach der Angemessenheit der Reparatur bzw. des Erhaltungsaufwands zu fragen. Die Aufwendungen für die Unterkunft in dem hier wenigstens begehrten Umfang von 14.632,49 Euro sind danach unangemessen. Die bisher von der Antragsgegnerin übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung betragen zusammen monatlich 145,34 Euro (im Einzelnen: für die Heizung 2 x 27,18 Euro, Betriebskosten 2 x 40,46 Euro, sonstige Kosten 2 x 5,03 Euro). Die bisher übernommenen Unterkunftskosten ohne Heizkosten von 90,98 Euro monatlich einschließlich der durch die Bauwerkstrockenlegung zu erwartenden weiteren Kosten von wenigstens 14.632,49 Euro überwiegen die monatlich höchstens angemessenen Kosten erheblich. Derzeit erachtet die Antragsgegnerin für einen Zweipersonenhaushalt für die Kaltmiete einschließlich Nebenkosten ohne Heizung einen Betrag von 333,00 Euro als angemessen. Hier ist nicht zu klären, ob diese Festlegung den Anforderungen an ein "schlüssiges Konzept" genügt. Wäre dies nicht der Fall, könnte den Festlegungen der Antragsgegnerin nicht gefolgt werden. Gleichwohl können die Kosten der Unterkunft nach der gesetzlichen Konzeption des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dann nicht unbeschränkt, sondern nur in einem angemessenen Umfang übernommen werden. Bestehen hierzu keine weiteren Erkenntnismöglichkeiten, könnten die Unterkunftskosten höchstens bis zu der nach der von dem Wohngeldgesetz mit der Tabelle zu § 12 WoGG definierten Grenze einschließlich eines maßvollen Zuschlags gewährt werden (vgl. BSG v. 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R – Juris). Der Tabellenwert beträgt bei der für das Stadtgebiet von H (S ...) gültigen Mietenstufe III 402 Euro monatlich. Selbst bei einem hinzuzurechnenden Sicherheitszuschlag sind die Gesamtkosten der Unterkunft einschließlich der Kosten für die Bauwerkstrockenlegung bei Zugrundelegung des üblichen Bewilligungszeitraum von sechs Monaten unangemessen. Für die Heranziehung eines sechsmonatigen "Verteil-" bzw. Vergleichszeitraums spricht die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, wonach unangemessene Kosten für längstens sechs Monate zu übernehmen sind. Am Ergebnis würde sich auch nichts ändern, wenn der Senat nach dem Entwurf zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (vgl. BT-Drs. 17/3404 S. 15 – vom Bundesrat in der Sitzung vom 17. Dezember 2010 nicht zugestimmt, vgl. BR-Drs. 789/10) gemäß der vorgeschlagenen Neufassung des § 22 Abs. 2 SGB II den Vergleichszeitraum von insgesamt zwölf Monaten heranzieht. Eine Übernahme der Kosten für die Bauwerkstrockenlegung nur in einem angemessenen Teil kommt nicht in Betracht. Bei der hier vorgestellten Bauwerkstrockenlegung handelt sich bei Zugrundelegung der Kostenvorschläge und unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Zentralen Gebäudemanagements der Stadt H ... (S ) um eine nicht in noch einzelne sinnvolle Baumaßnahmen zu untergliedernde Gesamtmaßnahme. So wäre das Bauwerk beispielsweise nur mit einem Erdaushub noch nicht trockengelegt. Weil die Gesamtkosten auch bei der Annahme von grundsätzlich zu übernehmenden Kosten unangemessen sind, kann im Ergebnis offenbleiben, ob es sich bei den Kosten für die Bauwerkstrockenlegung um tatsächlich zu den Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu zählenden Erhaltungsaufwand oder um nicht einzubeziehenden Modernisierungaufwand handelt.

Den Antragstellern ist von der Antragsgegnerin auch vorläufig kein Darlehen für die vorgesehene Bauwerkstrockenlegung zu gewähren.

Eine Darlehensgewährung gemäß § 23 Abs. 1 SGB scheidet aus, weil die für die Bauwerkstrockenlegung aufzuwendenden Kosten von der Regelleistung im Sinne von § 20 Abs. 1 SGB II nicht umfasst sind. In den Regelleistungen ist zwar ein Anteil für die Instandhaltung der Wohnung enthalten. Nach der insoweit maßgeblichen Abteilung 04 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) handelt es sich jedoch um Kosten für Instandhaltung und Schönheitsreparaturen. Nach der Rechtsprechung des BSG gehören zur "Reparatur und Instandhaltung der Wohnung" nur kleinere Aufwendungen, die in einer Mietwohnung üblicherweise auch außerhalb von Schönheitsreparaturen anfallen (BSG, Urteil vom 19. März 2008, B 11b AS 31/06 R – Juris Rn. 18). Hierunter fallen Bauwerkstrockenlegungen nicht.

Die Antragsgegnerin ist nicht vorläufig gemäß § 22 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 SGB II zur Gewährung eines Darlehens zu verpflichten. Nach dieser Vorschrift können bei Erbringung von Leistungen für die Unterkunft und Heizung auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Die Schulden sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Die Antragsteller haben noch keine Schulden, die eine drohende Wohnungslosigkeit begründen könnten.

Eine weitere Anspruchsgrundlage für die darlehensweise Gewährung von laufenden Unterkunftskosten existiert derzeit nicht.

Der Senat sieht auch bei einer entsprechenden Anwendung des § 22 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 SGB II keine Notwendigkeit für eine Darlehensgewährung. Im direkten Anwendungsbereich der Norm bei der Übernahme von Schulden zur Abwendung von Wohnungslosigkeit ist anerkannt, dass bei der Abwägungsentscheidung gegen eine Darlehensgewährung spricht, dass die Kosten der konkreten Wohnung unangemessen sind (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 109) und auch nicht zu erwarten ist, dass die Hilfebedürftigkeit in nächster Zeit überwunden wird (Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II Rn. 103). Eine entsprechende Anwendung ist hier nur deshalb in Betracht zu ziehen, weil gegebenenfalls – es ist offen, ob es sich um Erhaltungsaufwand handelt – die Kosten der Unterkunft unangemessen sind, aber der mögliche Verlust der Wohnung geltend gemacht wird. Insoweit sprechen nicht schon die möglicherweise unangemessenen Kosten der Unterkunft gegen eine Darlehensgewährung. Das Interesse der Leistungsberechtigten an der Beibehaltung ihres Lebensmittelpunkts ist aber nach wie vor mit den Interessen der Allgemeinheit, d.h. hier des Steuerzahlers, abzuwägen, insgesamt keine unangemessenen Leistungen zu vergeben, d.h. auch keine unangemessen hohen Darlehen zu gewähren. Gegen eine Darlehensgewährung in Höhe der veranschlagten Kosten für die Bauwerkstrockenlegung spricht entscheidend die Höhe der Gesamtkosten durch die Baumaßnahmen. Es widerspricht grundsätzlich dem Sinn der Grundsicherung für Arbeitsuchende, über das Maß der Befriedigung des aktuellen Existenzminimums hinausgehende unangemessen hohe Aufwendungen für die Unterkunft zu übernehmen. Dies lässt sich sowohl anhand von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wie auch anhand von § 22 Abs. 5 SGB II nachvollziehen. Die mögliche Übernahme von Erhaltungsaufwendungen im Rahmen der Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II soll nur gewährleisten, dass die Benutzung des Wohneigentums nicht an den fehlenden Mitteln für die üblichen Reparaturen scheitert, so dass nur angemessene Kosten für die Wiederherstellung eines ursprünglichen Wohnstandards zu übernehmen sind. Die Möglichkeit, ein Darlehen nach § 22 Abs. 5 SGB II zu gewähren, folgt als Annex nur einem grundsicherungsrechtlich auch hinsichtlich der weiteren Kosten anerkennenswerten Wunsch an der Nutzung und Beibehaltung der Unterkunft. Damit spricht hier gegen eine Darlehensgewährung, dass sich das Wohneigentum insgesamt in einem baulich schlechten Zustand befindet, dass durch die konkreten Baumaßnahmen das Bauwerk zumindest wegen der dann verlängerten Nutzungsdauer im Grunde neu hergestellt werden soll. Darüber hinaus überschreitet das begehrte Darlehen bei weitem die Jahresmiete, die höchstens nach dem Wohngeldgesetz noch als angemessen angesehen werden kann. Es ist auch nicht zu erwarten, dass die seit langem im Hilfebezug stehenden Antragsteller unter Berücksichtigung ihres Alters innerhalb eines kürzeren Zeitraums nicht mehr hilfebedürftig sein werden und das Darlehen alsbald zurückführen könnten.

Selbst die Bewertung der Darlehensmöglichkeit entsprechend der vorgeschlagenen Neuregelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nach dem Entwurf zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (vgl. BT-Drs. 17/3404 S. 15) würde für die Antragsgegnerin nicht verpflichtend zu einem Darlehen führen. Nach dem insoweit vorgeschlagenen Inhalt kann der kommunale Träger ein Darlehen zur Deckung des Teils der Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum erbringen, die zwar unabweisbar, aber nicht im Sinne des Satzes 1 der Vorschrift insgesamt angemessen sind. Derzeit ist nicht absehbar, ob eine derartige gesetzliche Regelung zustande kommt. Abgesehen davon wäre der Antragsgegnerin ein Ermessen eingeräumt, so dass der Senat die Antragsgegnerin daher nur bei einer einzig bei einer Leistungsgewährung rechtmäßigen Ermessensausübung vorläufig verpflichten könnte. Gegen eine derartige Verengung des Ermessenspielraums auf die Gewährung eines Darlehens in Höhe der veranschlagten Kosten spricht aber erneut die Art und Höhe der Aufwendungen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Sinn der vorgeschlagenen Neuregelung darin liegen soll, die Antragsteller zukünftig in die Lage zu versetzen, umfassende und der Neuherstellung von Wohneigentum gleichkommenden Sanierungsarbeiten vornehmen zu können.

Schließlich fehlt es derzeit angesichts der Jahreszeit und der aktuellen Witterung auch noch an einem Anordnungsgrund. Es ist bei lebensnaher Betrachtung nicht wahrscheinlich, dass Baumaßnahmen, die mit Bodenaushub, Putzarbeiten und Maurerleistungen verbunden sind, ohne weitere umfangreiche Vorkehrungen während der Winterzeit durchgeführt werden können.

Die Kostenentscheidung folgt entsprechend §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Den Antragstellern war für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe zu gewähren. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/98, NJW 1991, S. 413 ff.). Prozesskostenhilfe kommt jedoch nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 17. Februar 1989, B 13 RJ 83/97 R, SozR 1500, § 72 Nr. 19). Solche hinreichenden Erfolgsaussichten bestanden aus den genannten Gründen nicht.

Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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