L 5 AS 39/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 22 AS 1619/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 39/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Aufhebung einer Leistungsbewilligung und Rückforderung von erbrachten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2006. Streitig ist, ob der Kläger bei Antragstellung den Bezug einer Unfallrente grob fahrlässig verschwiegen hat.

Der am 19 geborene, alleinstehende Kläger hatte vom X. Mai 1976 bis X. Oktober 1977 seinen gesetzlichen Wehrdienst bei der Bereitschaft der Volkspolizei abgeleistet. Am 18. August 1977 hatte er einen Dienstunfall mit einem anerkannten dauernden Körperschaden von 30% erlitten. Er hatte mit Bescheid vom 23. Mai 1978 des FDGB Kreisvorstand Z. - Verwaltung der Sozialversicherung ab dem 9. Februar 1978 eine Unfallteilrente bezogen. Diese wird seit dem 1. Januar 1992 von der Norddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft bzw. Berufsgenossenschaft Metall Nord-Süd als Unfallrente nach der Gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII) geleistet. In der Zeit zwischen Januar 2005 und Juni 2007 betrug die Rentenhöhe 323,67 EUR/Monat.

Der Kläger bewohnte im streitigen Zeitraum eine 34,40 qm große, mit Fernwärme beheizte Wohnung. Eine gesonderte Warmwassererfassung erfolgte nicht. Die Miete betrug im Jahr 2005 180,77 EUR (Kaltmiete 105,61 EUR, Betriebskosten 42,14 EUR, Heizkosten 33,02 EUR). Im November 2005 wurde wegen der Verrechnung mit einer Betriebskostengutschrift nur ein Betrag von 68,96 EUR abgebucht. Ab Januar 2006 betrug die Miete 188,76 EUR (Kaltmiete 105,61 EUR, Betriebskosten 46,72 EUR, Heizkosten 36,43 EUR).

Der Kläger beantragte am 18. Oktober 2004 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. In dem "Zusatzblatt 2 - Einkommenserklärung/Verdienstbescheinigung" kreuzte der Kläger in der Rubrik "Ich habe folgendes Einkommen" als "Sonstiges Einkommen" den Bezug von Arbeitslosenhilfe an. Zu der Einkommensart "Rente, Pension" machte er kein Kreuz und legte seinem Antrag auch keine Kopie des Bescheids über die Unfallrente bei. Ferner bestätigte er auf dem Zusatzblatt 2 sowie unter Punkt XI. des Antragsformulars, dass die für ihn gemachten Angaben zuträfen. In den jeweiligen Fortzahlungsanträgen gab der Kläger ebenfalls den Bezug der Unfallrente nicht an.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 monatlich für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 567,03 EUR (Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) 184,90 EUR, Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung 51,13 EUR), mit Bescheid vom 18. Juni 2005 monatlich für die Zeit vom 1. Juli bis 30. November 2005 556,96 EUR (Regelleistung, KdU 174,83 EUR, Mehrbedarf 51,13 EUR) und mit Bescheid vom 3. November 2005 monatlich für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 556,96 EUR (Regelleistung, KdU 174,83 EUR, Mehrbedarf 51,13 EUR). Die Bescheide wurden bestandskräftig.

Im Rahmen eines Datenabgleichs wurde der Beklagten am 12. Dezember 2005 der Bezug einer Unfallrente bekannt. Mit Anhörungsschreiben vom 22. Februar 2006 nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) forderte diese den Kläger auf, eine Kopie des Rentenbescheids vorzulegen. Eventuell seien Leistungen zu viel gezahlt worden, weil er nicht bzw. nicht rechtzeitig mitgeteilt habe, dass er Einkommen erziele. Vor einer Entscheidung über eine Aufhebung der Bewilligung und Erstattung der Leistungen erhalte er Gelegenheit zur Äußerung u.a. zur Verschuldensfrage. Dem Schreiben war ein Formblatt mit anzukreuzenden Standardantworten beigefügt. Der Kläger sprach am 9. März 2006 vor und legte eine Kopie des Unfallrentenbescheids sowie das lediglich unterschriebene, aber nicht mit Antworten versehene Formblatt vor. Die Rückseite des Formblatts enthält zwei Stempel vom 9. und 10. März 2006 mit der Unterschrift "M.". In der Verwaltungsakte der Beklagten sind keine Gesprächsvermerke dokumentiert. Der Mitarbeiter der Beklagten M. forderte unter dem 29. Mai 2006 nähere Auskünfte von dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung an, der unter dem 29. Mai 2006 antwortete.

Am 31. Mai 2006 führte die Beklagte erneut eine Anhörung nach § 24 SGB X durch. Nach den vorliegenden Unterlagen habe der Kläger die Überzahlung zwar nicht verursacht. Er hätte jedoch erkennen können, dass die Voraussetzungen für die Leistungen in dieser Höhe nicht vorgelegen hätten.

Mit Bescheid vom 31. Mai 2006 hob die Beklagte die Bescheide vom 16. Dezember 2004, 18. Juni 2005 und 3. November 2005 nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X teilweise für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2006 i.H.v. monatlich 293,67 EUR auf. Der überzahlte Betrag von 4.992,39 EUR (17 x 293,67 EUR) sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Die Unfallrente mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil der Kläger falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht habe. Er habe im Erstantrag und in den Folgeanträgen den Bezug der Unfallrente nicht angegeben.

Mit Leistungsbescheid vom 31. Mai 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger für Juni 2006 270,66 EUR und für die Zeit vom 1. Juli bis 30. November 2006 284,66 EUR/Monat. Dem Bedarf (Regelsatz, Mehrbedarf 51,31 EUR, KdU 182,20 EUR) stellte sie ein bereinigtes Einkommen i.H.v. 293,67 EUR gegenüber. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und rügte die Anrechnung der Verletztenrente als Einkommen. Nachdem ihm eine Zahlungsaufforderung der Bundesagentur für Arbeit vom 25. Juli 2006 zugegangen war, wies er diese darauf hin, dass ihm ein Erstattungsbescheid bislang nicht vorliege.

Mit Änderungsbescheiden vom 25. Juli 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger monatlich für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 273,36 EUR und für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Mai 2006 263,29 EUR. Dagegen legte der Kläger jeweils Widerspruch ein und rügte ausschließlich die Anrechnung der Unfallrente.

Die Beklagte ging offensichtlich davon aus, dass sich der Widerspruch gegen den Leistungsbescheid vom 31. Mai 2006 auch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom gleichen Tag gerichtet habe. Diesen vermeintlichen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2006 als unbegründet zurück. Von der als Einkommen anzurechnenden Unfallrente i.H.v. 323,67 EUR sei der Pauschbetrag von 30,00 EUR gemäß § 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-VO) abzusetzen. Die Voraussetzungen für die Rücknahme der Leistungsbescheide lägen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB X (gemeint: SGB III) i.V.m. § 40 SGB II vor. Der Kläger habe eindeutig die Unfallversicherungsleistungen nicht angegeben und somit zumindest grob fahrlässig die fehlerhafte Bewilligung herbeigeführt. Die entstandene Überzahlung sei gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Dagegen hat der Kläger am 20. Dezember 2006 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben (S 22 AS 1625/06).

Mit weiteren Bescheiden bewilligte die Beklagte Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. November 2007. Sie berücksichtigte unverändert die bereinigte Unfallversicherungsrente als Einkommen. Ab Juni 2007 anerkannte sie keinen ernährungsbedingten Mehrbedarf mehr. Die Widersprüche hinsichtlich der Rentenanrechnung sowie der Streichung des Mehrbedarfs wies die Beklagte jeweils als unbegründet zurück. Dagegen hat der Kläger am 20. Dezember 2006 (S 22 AS 1619/06), am 29. Januar 2007 (S 22 AS 185/07) sowie am 16. November 2007 (S 22 AS 2515/07) Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben.

Das Sozialgericht hat mit Beschlüssen vom 30. Januar 2007, 7. November 2007 und 15. Februar 2008 die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger hat hinsichtlich der Aufhebung und Erstattung vorgetragen: Er habe keinen Erstattungsbescheid, sondern lediglich drei Änderungsbescheide vom 25. Juli 2006 erhalten. Im Übrigen sei die Unfallrente einer Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vergleichbar und habe keine Lohnersatzfunktion. Er verlange die Gleichstellung mit den bei der Bundeswehr verunfallten Soldaten. Deren Renten nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) seien nicht anrechenbar. Er habe nicht bewusst unvollständige oder unrichtige Angaben gemacht. Im Herbst 2004 habe er an einer Einweisung zur Einführung des SGB II teilgenommen. Dort sei eindeutig erklärt worden, aus Armeezeiten stammende Unfallrenten würden nicht angerechnet. Außerdem habe die Beklagte im Anhörungsschreiben vom 31. Mai 2006 festgestellt, er habe die Überzahlung nicht verursacht. Der Mitarbeiter der Beklagten M. habe ihm am 10. März 2006 mitgeteilt, dass keine Anrechung erfolgen werde.

In einer ersten mündlichen Verhandlung vom 7. November 2007 hat der Kammervorsitzende beschlossen, Beweis zu erheben durch Vernehmung des Mitarbeiters der Beklagten M. als Zeugen. Im Rahmen der weiteren mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2008 hat der Kläger erklärt, den Widerspruch nur insoweit aufrecht zu erhalten, als es um die Anrechnung der Unfallrente und die Weiterzahlung eines Betrags von 293,67 EUR/Monat gehe. Die Beteiligten haben sich durch "Teilvergleich" darauf geeinigt, dass dem Kläger ein Betrag für einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht zusteht. Der Kammervorsitzende hat in diesem Termin den Beweisbeschluss vom 7. November 2007 aufgehoben.

Das Gericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Februar 2008 abgewiesen. Streitig sei allein, ob die Unfallrente als Einkommen anzurechnen sei. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei rechtmäßig. Das Gericht schließe sich der Auffassung des Bundessozialgerichts ((BSG), Urteil vom 5. September 2007 (B 11b AS 15/06 R)) an. Eine Gleichstellung mit einer Rente nach dem BVG oder anderen Gesetzen sei nicht geboten. Der Kläger gehöre auch nicht zu den vom SVG begünstigten Personen, da er "nur" den Grundwehrdienst bei der NVA abgeleistet habe. Er könne sich wegen grober Fahrlässigkeit nicht auf ein Vertrauen hinsichtlich des Fortbestands der Bewilligungsbescheide berufen. Er habe - trotz verständlicher Belehrung in den Antragsformularen - die Unfallrente nicht angegeben und seine Angaben bestätigt. Es sei ihm bewusst gewesen, dass er alle Einkünfte zu offenbaren hatte. Angesichts der unklaren Rechtslage zum 1. Januar 2005 habe er sich nicht auf die frühere Rechtslage zur Arbeitslosenhilfe verlassen können. Vielmehr sei er gehalten gewesen, alle wesentlichen Angaben hinsichtlich seiner Einkünfte zu machen. Die Beklagte habe auch die vollen Leistungen zurückfordern dürfen. In der Verwaltungsakte finde sich kein Gesprächs- oder Beratungstermin mit dem benannten Mitarbeiter der Beklagten M. Entscheidend sei jedoch, dass die Wirksamkeit einer Zusicherung die schriftliche Form verlange. Soweit der Kläger für die Zeit ab dem 1. Juni 2006 zusätzliche Leistungen i.H.v. 293,76 EUR/Monat begehre, sei die Klage ebenfalls unbegründet. Die Unfallrente sei als Einkommen zu berücksichtigen. Weitere Fehler in den Bewilligungsbescheiden seien weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen worden.

Gegen das ihm am 11. März 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. April 2008 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er hat weiterhin die Auffassung vertreten, die Unfallrente müsse unberücksichtigt bleiben. Bei der im Herbst 2004 stattgefundenen Einweisung sei auf Fragen eindeutig erklärt worden, dass Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, die aus Armeezeiten herrührten, nicht angerechnet würden. Das Sozialgericht habe auch nicht die Mitteilung der Beklagten vom 31. Mai 2006 berücksichtigt. Er habe auf die Zusicherung des zu ladenden Zeugen M. vertrauen dürfen. Er habe die finanziellen Mittel verbraucht und sei zum Zeitpunkt der Rückforderung entreichert.

Auf rechtliche Hinweise des Berichterstatters hat der Kläger ergänzend vorgetragen, er hätte nicht erkennen können, dass die Voraussetzungen für die Leistungen in der Höhe nicht vorlagen.

In der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits hat er ausgeführt, er hätte schon beim Bezug von Arbeitslosenhilfe die Unfallrente nie angeben müssen. Damals habe es geheißen, aus der Armeezeit herrührende gesetzliche Unfallrenten müssten nicht angegeben werden. In der Informationsveranstaltung im Herbst 2004 sei ihm gesagt worden, die Unfallrente werde nicht angerechnet und er müsse diese auch nicht angegeben. Er könne keine Zeugen nennen, die auch an dem Termin teilgenommen hätten. Ferner hat der Kläger in dem Termin seine Berufung, soweit sie auf die Gewährung höherer Leistungen ab dem 1. Juni 2006 gerichtet war, zurückgenommen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Februar 2008 abzuändern und den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 2006 sowie die Änderungsbescheide vom 25. Juli 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Unfallrente sei als Einkommen zu berücksichtigen, da es sich nicht um eine Rente im Sinne des SVG handele. Sie hat auf das Urteil des BSG vom 6. Dezember 2007 (B 14/7b AS 62/06 R) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten sowie des Inhalts der Akten und Beiakten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogenen Gerichtsakten S 22 AS 1625/06, S 22 AS 185/07 und S 22 AS 2515/07 Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

I.
1. Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt worden gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie ist auch statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Hier geht es um die Rückforderung eines Betrags von 4.992,39 EUR.
2. Gegenstand des vorliegenden Verfahren ist - nur noch - die Frage, ob die Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 31. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 2006 die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2006 teilweise aufgehoben und einen überzahlten Betrag i.H.v. 4.992,39 EUR zurückgefordert hat.

Gegenstand dieses Verfahrens sind auch die Änderungsbescheide vom 25. Juli 2006 für den von der teilweisen Rücknahme und Erstattung betroffenen Zeitraum. Diese stehen der begehrten ungekürzten Leistungsbewilligung wie in den Bescheiden vom 16. Dezember 2004, 18. Juni 2005 und 3. November 2005 entgegen. Unerheblich ist insoweit, dass der Klageantrag im sozialgerichtlichen Verfahren die Aufhebung der Änderungsbescheide vom 25. Juli 2006 nicht beinhaltet hat. Denn das Sozialgericht hat sich erkennbar inhaltlich mit der Höhe des nach der Teilrücknahme geringeren Leistungsanspruchs befasst.

Nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die zunächst begehrte höhere Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. November 2007. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor dem Senat seine Berufung insoweit zurückgenommen, so dass das Urteil des Sozialgerichts diesbezüglich rechtskräftig geworden ist.

II. Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme der Bewilligungsentscheidungen ist § 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Ziff. 2 und Abs. 4 Satz 1 SGB X. Danach wird ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, soweit er von Anfang an rechtswidrig begünstigend ist. Voraussetzung ist ferner, dass der Begünstigte sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen kann, weil der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

1. Der angefochtene Bescheid vom 31. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 2006 begegnet zunächst keinen Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit. a. Der Bescheid vom 31. Mai 2006 ist wirksam geworden gemäß § 39 Abs. 1 SGB X. Danach wird ein Verwaltungsakt dem gegenüber wirksam, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist, in dem Zeitpunkt, in dem er ihm bekannt gegeben wird.

Der Senat kann hier offen lassen, ob der Ausgangsbescheid vom 31. Mai 2006 dem Kläger überhaupt zugegangen und damit wirksam geworden ist. Denn der Widerspruch vom 14. Juni 2006 richtete sich allein gegen den Leistungsbescheid vom 31. Mai 2006 für die Zeit ab dem 1. Juni 2006. Er enthielt ausschließlich Ausführungen zur Anrechnung der Unfallrente. Auch die Reaktion des Klägers auf die Zahlungsaufforderung der Bundesagentur für Arbeit vom 25. Juli 2006 spricht gegen eine Bekanntgabe.

Gleichwohl ist der Ausgangsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 2006 streitbefangen (§ 95 SGG). Die Beklagte hat durch irrige Behandlung des Widerspruchs gegen den Leistungsbescheid ab dem 1. Juni 2006 vom gleichen Tag ein Widerspruchsverfahren in Gang gesetzt und auch abgeschlossen. Unstreitig ist der Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2006 zugegangen. Spätestens mit Zugang des Widerspruchsbescheids ist ein etwaiger Bekanntgabemangel des Bescheids vom 31. Mai 2006 geheilt worden. Im Übrigen hat sich der Kläger durch seine Klage, die gegen den Ausgangsbescheid und den Widerspruchsbescheid gerichtet gewesen ist, ersteren zu Eigen gemacht.

b. Der angefochtene Aufhebung- und Erstattungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch hinreichend bestimmt i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB X. Im Widerspruchsbescheid sind ausdrücklich die teilweise zurückgenommenen Leistungsbescheide vom 16. September 2004, 18. Juni 2005 und 3. November 2005, die Zeiträume der teilweisen Rücknahme sowie der Umfang der jeweiligen Überzahlung genannt. Aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008, B 8 AY 8/07 R) hatte die Beklagte eindeutig erkennbar die Leistungsbewilligung für sämtliche Monate vom 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2006 teilweise zurückgenommen.

c. Auch die gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vorzunehmende Anhörung ist erfolgt. Die Beklagte hatte den Kläger bereits unter dem 22. Februar 2006 wegen der beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligung und Erstattung der überzahlten Leistungen angehört. Dabei hatte sie ihm Gelegenheit gegeben, zu einem Verschulden, etwa durch unterlassene Mitteilung, Stellung zu nehmen. Damit hat sie ihrer Anhörungspflicht genüge getan (von Wulffen, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz, SGB X, Kommentar, 7. Aufl., § 24 Rdnr. 8, 9). Unerheblich ist, dass der Kläger zunächst nicht Stellung genommen hatte.

Ob durch das weitere Anhörungsschreiben vom 31. Mai 2006 die bereits wirksam durchgeführte Anhörung nachträglich einem Mangel unterlag, weil die Beklagte auf eine mögliche andere Fallvariante des fehlendes schutzwürdigen Vertrauens abstellte, kann dahin stehen.

Etwaige Anhörungsmängel sind geheilt. Denn der Kläger hat während des Widerspruchs- und Klageverfahrens hinreichend Gelegenheit gehabt, zu der Rechtsauffassung der Beklagten Stellung zu nehmen. Diese war ihm spätestens durch den Widerspruchsbescheid bekannt. Nach § 41 Abs. 2 Nr. 3 SGB X kann eine fehlerhafte Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des sozialgerichtlichen Klageverfahrens nachgeholt werden. Im Klageverfahren hat der Kläger Gelegenheit gehabt und diese auch genutzt, seine Auffassung hinsichtlich der ihm vorgeworfenen grob fahrlässigen Falschangabe darzulegen (von Wulffen, a.a.O., § 24 Rdnr. 11).

2. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 2006 ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig.

a. Der Kläger war in dem hier streitigen Zeitraum dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II. Auch bei einer Klage wegen der Abänderung einer Leistungsbewilligung sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsberechtigung dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 62/09 R (12) für eine teilweise Leistungsaufhebung).

Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten sind nach § 7 Abs.1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, das 65. Lebensjahr noch nicht erreicht, war erwerbsfähig und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

b. Die Bewilligung von Arbeitslosengeld II erwies sich der Höhe nach als ursprünglich rechtswidrig, weil bereits bei dem Erlass der Bescheide vom 16. Dezember 2004, 18. Juni 2005 und 3. November 2005 für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2006 eine geringere Hilfebedürftigkeit des Klägers aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens vorgelegen hat.

Zu Recht hat die Beklagte die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung als Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB II behandelt. Danach sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG.

Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt privilegiertes Einkommen im Sinne von § 11 SGB II darstellt (Urteile vom 29. März 2007, B 7b AS 2/06 R, vom 5. September 2007, B 11b AS 15/06 R, vom 6. Dezember 2007, B 14/7b AS 62/06 R und 20/07 R). Der Senat hält - in Übereinstimung mit dem BSG - die Anrechnung der Verletztenrente nicht für verfassungswidrig und bezieht sich insoweit auf die Ausführungen in dem Urteil vom 5. September 2007 (a.a.O. (32 f)).

Die dem Kläger bewilligte Verletztenrente war auch in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen.

Die Unfallrente fällt nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Satz 1 Zweiter Halbsatz SGB II. Es handelt sich nicht um eine Grundrente nach dem BVG oder einem anderen dort genannten Gesetz.

Der Kläger bezieht auch keine Rente nach dem SVG. Er erlitt als Wehrpflichtiger der ehemaligen DDR während der Ableistung des Wehrdiensts bei der Volkspolizei eine Wehrdienstbeschädigung. Diese wurde nach dem Recht der DDR gemäß § 220 Abs. 1 Arbeitsgesetzbuch wie ein Arbeitsunfall behandelt und von der Sozialversicherung entsprechend den Vorschriften der Rentenverordnung entschädigt. Daher wurde dem Kläger die Rente auch von dem FDGB-Kreisvorstand ausgezahlt. Nach der Wiedervereinigung wurden die Unfallrenten der DDR zum 1. Januar 1992 in die gesetzliche Unfallversicherung überführt. Hingegen erhielten Berufs- und Zeitsoldaten der NVA Dienstbeschädigungsteil- oder -vollrenten. Diese wurden nach der Versorgungsordnung entschädigt und nach der Wiedervereinigung gemäß dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) in die gesetzliche Rentenversicherung überführt (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2009, B 14 AS 15/08 R (14 f.)). Der Senat hat auch insoweit - wie das BSG - keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Behandlung von Wehrpflichtigen und Berufs- sowie Zeitsoldaten der ehemaligen DDR. Der Gesetzgeber hatte bei der Überführung der im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwartschaften im Rahmen der Sozialversicherungssysteme einen weiten Gestaltungsspielraum. Es war ihm insbesondere gestattet, Entschädigungen für Arbeitsunfälle und Betriebskrankheiten abweichend von den Dienstunfallentschädigungen von Versorgungsberechtigten zu regeln (BVerfG, Urteil vom 21. November 2001, BVerfGE 104, 126, 144 f.). Insoweit ist unschädlich, dass das Sozialgericht rechtsirrig den Bezug einer SVG-Rente für Wehrdienstpflichtige generell für ausgeschlossen gehalten hat. Vielmehr kommt ein Anspruch auf Wehrdienstbeschädigung nach § 80, 81 SVG für alle Soldaten in Betracht, auch für die Wehrdienstpflichtigen.

Eine Ausnahme gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, wonach zweckbestimmte Zuwendungen, welche einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers so günstig beeinflussen, dass Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären, liegt ebenfalls nicht vor. Zwar hat die Verletztenrente verschiedene Ziele wie Einkommensersatz, Kompensation immaterieller Schäden und Mehrbedarfsausgleich. Allerdings sichert sie - trotz ihrer verschiedenen Funktionen - die Existenz des Leistungsbeziehers. Somit ist eine - auch nur teilweise - Freistellung der Verletztenrente in Höhe des Betrags der Grundrente nach dem BVG nicht gesetzlich vorgesehen (BSG, Urteil vom 5. September 2007, a.a.O. (23 f.)).

Die zurückgenommenen Bescheide waren somit von Anfang an rechtswidrig begünstigend, da die anzurechnende Unfallrente nicht berücksichtigt wurde und dem Kläger deshalb zu hohe Leistungen ausbezahlt wurden.

c. Der Kläger kann sich hier nicht auf Vertrauensschutz i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X berufen. Gemäß § 45 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB X beruhten die zurückgenommenen Leistungsbescheide auf Angaben, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hatte.

Eine unrichtige oder unvollständige Angabe kann auch durch passives Verschweigen bestimmter Umstände erfolgen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine gesetzliche Mitteilungspflicht i.S.v. § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) hinsichtlich der verschwiegenen Einkommenserzielung bestanden hat und nicht erfüllt wurde. Auch eine unvollständige Angabe führt zu einem Verschweigen, wenn sie den fälschlichen Eindruck erweckt, alle entscheidungserheblichen Angaben zum Sachverhalt vollständig gemacht zu haben (Schütze in: von Wulffen, a.a.O., § 45 Rdnr. 49).

Die unterlassene Angabe des Bezugs der Unfallrente stellt eine in wesentlicher Beziehung unvollständige Angabe seiner Einkommensverhältnisse dar. Der Kläger war i.S.v. § 60 Abs.1 Satz 1 SGB I zur vollständigen Angabe seiner Einkünfte verpflichtet, da diese Einfluss auf die Höhe der Leistungen nach dem SGB II haben konnten.

Der Senat ist hier nach Befragen des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits zu der Überzeugung gelangt, dass er hinsichtlich der unterlassenen Angabe des Bezugs einer Unfallversicherungsrente wenigstens grob fahrlässig gehandelt hat.

Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Definition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies verlangt, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Entscheidend ist das individuelle Vermögen, die Fehlerhaftigkeit der gemachten Angaben erkennen zu können. Maßgeblich ist daher, ob der Kläger bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre in der Lage gewesen wäre zu erkennen, dass er den Bezug der Unfallversicherungsrente bei der Antragstellung anzugeben hatte (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, B 14 AS 76/08 R, (20)).

Der Kläger war zur Überzeugung des Senats nach seinen intellektuellen Fähigkeiten in der Lage zu erkennen, dass auf dem "Zusatzblatt 2" unter der Rubrik "Ich habe folgendes Einkommen" alle Einkünfte, insbesondere auch alle bezogenen Sozialleistungen, anzugeben waren. Dies ergibt sich für den Senat schon aus dem von ihm geschilderten beruflichen Werdegang mit erfolgreich absolvierten Fortbildungen in den 80er und 90er Jahren. Auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf den Senat gemacht hat, ergeben sich keine Hinweise auf eine geistige Überforderung bei dem ordnungsgemäßen Ausfüllen des Leistungsantrags. Dies ist auch schon daran erkennbar, dass er die bis zum 31. Dezember 2004 bezogene Arbeitslosenhilfe mitgeteilt hat. Die in derselben Rubrik zu beantwortende Frage nach "Rente, Pension" hätte der Kläger bei Anstellen einfachsten Überlegungen ebenfalls als zu beantworten erkennen müssen. Es musste ihm ohne weiteres klar sein, dass die bezogene Unfallrente eine Rente in dem genannten Sinn ist.

Sollte der Kläger aufgrund einer laienhaften juristischen Einschätzung der Auffassung gewesen sein, die Unfallrente finde keine Anrechnung, und er sei deshalb nicht verpflichtet, sie anzugeben, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Eine rechtliche Subsumtion hinsichtlich dieses Einkommenszuflusses war gerade nicht von ihm gefordert (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, a.a.O.). Selbst wenn er der Überzeugung gewesen sein sollte, die Unfallrente sei nicht anrechenbar, hätte er diese offenlegen müssen, um der Beklagten eine rechtliche Bewertung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu ermöglichen (BSG, Urteil vom 28. August 2007, B 7/7a AL 10/06 R(13) zur Frage des Verschweigens von Vermögen). Es hätte ihm bei einfachstem Nachdenken einleuchten müssen, dass in dem ihm vorgelegten Fragebogen sämtliche Einkommensarten anzugeben waren, und dass die Frage einer Anrechnung auf den beantragten Leistungsanspruch einer Entscheidung der Beklagten bedurfte. Anderenfalls wären die verschiedenen Rubriken "überflüssig" gewesen.

Der Umstand, dass dem Kläger im Herbst 2004 im Rahmen einer Informationsveranstaltung gesagt worden sein soll, die Unfallrente werde auf den SGB II-Anspruch nicht angerechnet, entlastet ihn daher nicht von dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit.

Der Senat kann offen lassen, ob die - erstmals - in der mündlichen Verhandlung erfolgte Darstellung, schon während des Bezugs von Arbeitslosenhilfe und auch anlässlich der Informationsveranstaltung im Herbst 2004 sei ihm gesagt worden, er müsse den Rentenbezug gar nicht erst angeben, zu einer anderen Bewertung des Grads der Fahrlässigkeit führen kann. Dagegen spricht schon, dass ihm bei der Antragsausfüllung klar sein musste, dass hier ein Widerspruch zu dem zuvor Gehörten vorlag. Denn das Antragsformular enthielt keinen Hinweis, wonach bestimmte Rentenarten nicht anzugeben wären. Vielmehr war die Vollständigkeit und Richtigkeit aller Angaben mit der Unterschrift zu bestätigen. In dieser Situation wäre zu erwarten gewesen, durch eine Nachfrage bei dem den Leistungsantrag entgegen nehmenden Mitarbeiter den Widerspruch aufzuklären.

Jedenfalls hat er seine Behauptung zum Inhalt der Informationsveranstaltung nicht bewiesen. Ihm obliegt die objektive Beweislast für seine Behauptung, weil er das Vorliegen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals für das Behaltendürfen der überzahlten Leistungen für sich in Anspruch nimmt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, B 14 AS 6/08 R (19) zur Beweislastverteilung zwischen Leistungsbezieher und Leistungserbringer). Somit geht die Nichterweislichkeit zu seinen Lasten. Zweifel an seiner Darstellung bestehen schon deshalb, weil er weder in dem Klageschriftsatz vom 11. Dezember 2006 (S 5 AS 1625/06) noch in dem Berufungsschriftsatz vom 28. März 2008 behauptet hatte, nach den ihm gegebenen Informationen müsse der Rentenbezug im Antragsformular gar nicht erst angeben werden. Vielmehr lautete das Vorbringen bislang so, dass ihm gegenüber nur die Anrechenbarkeit der bezogenen Unfallrente verneint worden sei.

Gegen die Angabe, schon bei dem Arbeitslosenhilfebezug keine Angaben zur Unfallrente gemacht haben zu müssen, sprechen auch die gesetzlichen Regelungen. Im Jahr 2004 waren nach dem Recht des SGB III weder der Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, noch eine nach dem AAÜG umgewandelte Dienstbeschädigtenteilrente für ehemalige Berufsoldaten der NVA vollständig anrechnungsfrei. Vielmehr galt die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nur bis zur Höhe des Betrags, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt wurde, nicht als Einnahme (§ 2 Nr. 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002)). Ausgehend von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30% handelte es sich im Jahr 2004 um einen Betrag von 167,00 EUR (Grundrente 104,00 EUR, Schwerstbeschädigtenzulage 63,00 EUR). Dienstbeschädigtenteilrenten i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2 Satz 1 AAÜG galten nicht als Einkommen bis zur Höhe des Unterschieds zwischen der Arbeitslosenhilfe nach § 195 Abs. 1 SGB III und der Arbeitslosenhilfe, die dem Arbeitslosen zugestanden hätte, wenn sein Arbeitsentgelt nicht wegen der Dienstbeschädigung gemindert gewesen wäre. Insoweit war eine Berechnung der Differenz des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe mit bzw. ohne Anwendung der §§ 200, 201 SGB III erforderlich. Auch wenn Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit die dem Kläger bewilligte Rente für eine in das SGB VI überführte Dienstbeschädigtenteilrente gehalten haben sollten, hätten sie auf deren Angabe nicht verzichten können.

Der Senat hat keine Möglichkeit gesehen, weiter Beweis zu erheben hinsichtlich des Inhalts der Einführungsveranstaltung im Herbst 2004. Der Kläger hat keine Zeugen für die dort mitgeteilten Informationen benennen können. Insoweit kann seine Darstellung in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits nicht der Entscheidungsfindung zugrunde gelegt werden. Der Senat geht daher von einer grob fahrlässigen unvollständigen Angabe der Klägers aus.

Für die Frage der grob fahrlässigen Falschangabe ist es rechtlich nicht relevant, ob der Mitarbeiter der Beklagten M. anlässlich eines Gesprächs am 10. März 2006 gesagt haben soll, die Unfallrente würde nicht angerechnet. Denn eine solche Auskunft könnte den Kläger allenfalls ab diesem Zeitpunkt von dem Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des Bescheids i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X entlasten. Der bereits durch seine grob fahrlässigen unvollständigen Angaben entfallene Vertrauensschutz kann durch eine solche Äußerung später nicht wieder "aufleben". Der Senat konnte daher darauf verzichten, den benannten Mitarbeiter der Beklagten als Zeugen zu hören. Im Übrigen ergibt sich auch aus der Verwaltungsakte nichts für das Vorbringen des Klägers. Ein entsprechender Gesprächsvermerk existiert nicht. Aus dem Umstand, dass der Mitarbeiter der Beklagten M. im Anschluss an die Vorlage des Unfallrentenbescheids noch beim Unfallversicherungsträger nach weiteren Einzelheiten der Rentenart nachfragte, spricht ebenfalls gegen eine Äußerung, die Unfallrente werde nicht angerechnet. Denn für diesen Fall wären weitere Ermittlungen erst gar nicht erforderlich gewesen.

d. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Leistungen verbraucht habe und "entreichert" sei. Bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X spielt im Rahmen der Rücknahmeentscheidung der Verbrauch der Sozialleistungen keine Rolle (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, B 14 AS 76/08 R(21)).

e. Die Beklagte hatte gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III kein Ermessen auszuüben. Vielmehr hatte sie eine Pflicht zur Rücknahme der Leistungsbewilligung.

f. Die Jahresfrist gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Die Beklagte hat innerhalb eines Jahres ab Kenntnis der Unfallrente - am 12. Dezember 2005 - die Leistungsbewilligung aufgehoben.

g. Die Beklagte hat auch zutreffend die Höhe der überzahlten Leistungen festgestellt.

Der Senat hatte keinen Anlass, die Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung in den bestandskräftigen Bescheid vom 16. Dezember 2004, 18. Juni 2005 und 3. November 2005 zu überprüfen. Der Kläger hat seinerzeit diese Bewilligungsbescheide nicht angefochten, weshalb sie bestandskräftig geworden sind. Sie bleiben es auch, soweit sie nicht durch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 2006 aufgehoben worden sind (BSG, Urteil vom 30. September 2008, B 4 AS 29/07 R (16)).

Zu Recht hat die Beklagte die in dem hier maßgeblichen Zeitraum i.H.v. 323,76 EUR/Monat bezogene Unfallrente um den Pauschbetrag von 30,00 EUR gemäß § 3 Alg II-VO gekürzt.

Unschädlich ist insoweit, dass die Beklagte bei der Ermittlung der dem Kläger tatsächlich zustehenden Leistungen die Rundungsvorschrift in § 41 Abs. 2 SGB II nicht beachtet hat. Denn die in den Änderungsbescheiden vom 25. Juli 2006 ausgewiesenen Beträge (273,36 EUR und 263,29 EUR) hätten eigentlich zuungunsten des Klägers abgerundet werden müssen. Der Erstattungsbetrag ist also geringer ausgefallen als bei Anwendung der Rundungsvorschrift.

Die Sondervorschrift in § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach abweichend von § 50 SGB X nur 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 und 3 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit der Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten sind, ist hier nicht anwendbar. Dies ergibt sich aus § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II. Danach gilt die Ausnahme nicht in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X.

Insoweit waren gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten.

3. Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide ergibt sich auch nicht aus einer entgegenstehenden wirksamen Zusicherung der Beklagten durch deren Mitarbeiter M. gemäß § 34 Abs. 1 SGB X. Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusicherung, einen bestimmten Verwaltungsakt zu unterlassen, bedarf der schriftlichen Form. Eine schriftliche Zusicherung, die Unfallrente werde nicht angerechnet, hat der Kläger nicht einmal behauptet. Im Übrigen muss der aus der Zusicherung abgeleitete Anspruch Gegenstand einer Leistungsbewilligung sein können, was hier gerade nicht der Fall ist (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, B 4 AS 28/09 R (24)).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Revisionsgrund vorlag.
Rechtskraft
Aus
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