S 28 (23) SO 132/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 (23) SO 132/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 07.09.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2005 wird insoweit aufgehoben, als die vom 17.03.2004 bis zum 31.12.2004 bewilligten Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) als Darlehen gewährt worden sind und die Eintragung einer Grundschuld in Höhe 20.000,00 Euro verlangt worden ist. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt als Darlehen und gegen die Aufforderung der Beklagten, eine Grundschuld in Höhe von 20.000,- Euro in das Grundbuch eintragen zu lassen. Sie ist der Auffassung, die Hilfe zum Lebensunterhalt sei als Beihilfe zu gewähren.

Die 1968 geborene Klägerin ist Alleineigentümerin eines bebauten Grundstückes in 00000 F, H C Straße 00. Das Grundstück ist 246 qm groß. Das Reihenmittelhaus verfügt über eine Wohnfläche von 101 qm. Baujahr des Hauses ist das Jahr 1973. Die Klägerin bewohnt das Haus mit ihren beiden minderjährigen Kindern D (geb. 00.0.1996) und O (geboren 0.0.1999).

Im März 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für sich und ihre Kinder, weil ihr getrennt lebender Ehemann keinen Unterhalt mehr zahlte. Mit Bescheid vom 2.4.2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin und ihren Kindern für die Zeit ab 17.3.2004 Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Zahlungen wurden vorläufig als Darlehen geleistet. Aufgrund des Eigentums sei der Fall an die Kreisverwaltung zwecks Entscheidung weitergeleitet worden.

Mit Bescheid vom 7.9.2004 verfügte die Beklagte, dass die Hilfe zum Lebensunterhalt als Darlehen gemäß § 89 BSHG zu gewähren ist. Nach § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG zähle ein Reihenmittelhaus/Reihenendhaus, das von drei Personen bewohnt würde, zum geschützten Vermögen, wenn die Wohnfläche von 110 qm nicht überschritten wird, die Grundstücksgröße unter 250/365 qm liege und der Verkehrswert nicht mehr als 159.900,- Euro/190.920,- Euro betrage. Ein Reihenmittelhaus Baujahr 1972 in F dürfte derzeit einen Verkehrswert von ca. 220.000,- Euro erreichen. Insofern zähle das bewohnte Eigentum nicht zum geschützten Vermögen nach dem BSHG. Da eine sofortige Verwertung eine Härte bedeuten würde, werde die Hilfe zum Lebensunterhalt als Darlehen geleistet. Die Klägerin falle ab dem 1.1.2005 unter den Personenkreis mit einem Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch –Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II). Sodann müsse über die Verwertung des Vermögens erneut entschieden werden. Die bis zum 31.12.2004 zu leistenden Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG würden sich voraussichtlich auf 20.000,- Euro belaufen. Die Klägerin habe eine Eintragungsbewilligung über eine Grundschuld in Höhe von 20.000,- Euro von einem Notar beglaubigen zu lassen, so dass anschließend eine Eintragung in das Grundbuch erfolgen könne.

Die Klägerin erhob Widerspruch und machte im wesentlichen geltend, der genannte Höchstwert eines angemessenen Verkehrswertes finde im Gesetz keine Grundlage und sei auch nicht der einschlägigen Rechtsprechung zu entnehmen. Vielmehr werde geurteilt, dass der angemessene Verkehrswert sich im unteren Bereich der Verkehrswerte vergleichbarer Häuser am Wohnort halten müsse. Dieses Kriterium sei eingehalten.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.4.2005 zurück. Es bestehe eine Unangemessenheit des Objekts aufgrund des zu hohen Verkehrswertes. Für jede kreisangehörige Gemeinde seien angemessene Verkehrswerte ermittelt worden. Ein angemessener Wert für ein Reihenmittelhaus in Höhe von 159.900,- Euro sei nicht zu beanstanden. Es seien keine Aspekte vorgetragen worden, die einen geringeren tatsächlichen Verkehrswert rechtfertigen könnten als den angenommenen Verkehrswert von 220.000,- Euro. Die Sicherung des Anspruchs durch die Eintragung einer Grundschuld sei zudem legitim.

Die Klägerin hat am 23.5.2005 Klage erhoben. Sie macht im wesentlichen geltend, die Angemessenheit des Wohneigentums sei individuell zu ermitteln. Eine Einzelfallprüfung führe dazu, dass ihr Haus geschütztes Vermögen sei. Der aktuelle Verkehrswert für Reihenmittelhäuser des Baujahres 1972 im Stadtteil F-V sei nicht mit 159.900,- Euro zu beziffern, noch liege der Verkehrswert ihrer Immobilie bei 220.000,-Euro.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 7.9.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.4.2005 aufzuheben, soweit die Zahlungen als Darlehen geleistet werden und die Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 20.000,- Euro verlangt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Haus der Klägerin stelle kein geschütztes Vermögen dar. Der Grundstücksmarkt für den Kreis Mettmann weise für Reihenmittelhäuser bei einem Baujahr bis 1975 einen Verkehrswert in Höhe von 209.000,- Euro aus. Der Mittelwert für F liege bei 190.000 Euro für ein Objekt in der H C Straße.

Auf den Einwand der Klägerin, die Wertermittlung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar, hat die Beklagte mitgeteilt, die von ihr zugrunde gelegten Verkehrswerte habe sie dem Grundstücksmarktbericht 2002 für den Kreis Mettmann entnommen. Hieraus ergebe sich, dass der im vorliegenden Fall angesetzte Wert von 209.000,- Euro im Mittelfeld der Stadt F liege. Die Beklagte hat Kopien aus dem Grundstücksmarktbericht 2002, u.a. die Liste zum "Teilmarkt Gebrauchsimmobilien Ein- und Zweifamilienhäuser – unterteilt nach kreisangehörigen Städten und Baujahresgruppen" zu den Gerichtsakten gereicht.

Das Gericht hat Beweis erhoben und den Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Mettmann mit der Erstellung eines Gutachtens über den Verkehrswert des bebauten Grundstücks der Klägerin beauftragt (Beweisanordnung vom 26.6.2006). Das Gutachten vom 20.11.2006 stellt als Ergebnis fest, der Verkehrswert des bebauten Grundstückes betrage 215.000,- Euro (Wertermittlungsstichtag 17.3.2004). Die Wohnfläche - durch örtliches Aufmaß ermittelt - betrage 101 qm, die Grundstücksgröße 246 qm. Es handele sich um eine gute, ruhige Wohnlage. Das Haus weise einen guten Unterhaltungszustand auf. Das Haus sei wie folgt aufgeteilt: Kellergeschoss mit Arbeitszimmer, Hobbyraum und Vorratsraum; Erdgeschoss mit Wohn-und Esszimmer, integrierter Küche und Ausgang zur Terrasse sowie Gäste-WC; Obergeschoss mit Schlafzimmer, zwei Kinderzimmer mit Ausgang zum Balkon und Badezimmer. Im Berichtsjahr 2004 seien in F in der Baujahrgruppe 1950 bis 1974 insgesamt 26 Ein- und Zweifamilienhäuser untersucht worden, die Preise bewegten sich in der Spanne 150.000, -Euro und 460.000,- Euro. Der Mittelwert liege bei 244.000,- Euro, der ermittelte Verkehrswert liege somit unter diesem Mittelwert (Angaben aus dem Grundstücksmarktbericht 2005 des Kreises Mettmann).

Die Klägerin hat gerügt, die Frage 3 der Beweisanordnung vom 26.6.2008 sei durch das Gutachten vom 20.11.2006 nicht hinreichend beantwortet worden. Nach der ständigen Rechtsprechung habe sich ein angemessener Verkehrswert am unteren Bereich der Verkehrswerte vergleichbarer Häuser zu orientieren. Insoweit seien hier die vergleichbaren Reihenmittelhäuser mit Baujahr in den 70iger Jahren im Stadtteil V.

Das Gericht hat eine ergänzende Stellungnahme des Gutachterausschusses eingeholt zu der Frage, ob der vom Ausschuss ermittelte Verkehrswert für das Haus der Klägerin im unteren Bereich der Verkehrswerte für Reihenmittelhäuser in F (alle Stadtteile) oder im Durchschnitt bzw. über dem Durchschnitt liegt.

Der Gutachterausschuss hat mit Schreiben vom 13.3.2007 im wesentlichen ausgeführt, in der digitalen Kaufpreissammlung (Kriterien: Stadtgebiet F, Reihenmittelhaus aller Altersstufen, Kaufvertragsdatum zwischen 1.1.2003 und 31.12.2004, Grundfläche bis 250 qm und Wohnfläche 100-110 qm) seien acht Kauffälle gefunden worden mit einer Spanne von 179.000,- Euro bis 226.500,- Euro. Der Mittelwert betrage 207.000 Euro. Es bestehe keine direkte Vergleichbarkeit zu dem Bewertungsobjekt, weil bei den Kauffällen die Ausstattungsmerkmale nicht bekannt seien, wohl aber bei dem bewerteten Objekt, welches über einen guten Ausstattungsstandard verfügte. Den Zahlen nach liege das Objekt etwas über den Mittelwert der zu den vorgegebenen Kriterien gefundenen Kauffälle.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 4.8.2008 mitgeteilt, dass sie seit dem 1.1.2005 im laufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II steht. Sie hat den aktuellen Bewilligungsbescheid der ARGE ME-aktiv vom 13.3.2008 zu den Gerichtsakten gereicht.

Wegen weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid vom 7.9.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.4.2005 ist insoweit rechtswidrig und beschwert die Klägerin im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), als die Beklagte die ab dem 17.3.2004 geleistete Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSGH als Darlehen bestimmt und und die Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 20.000,- Euro verlangt hat.

Die Voraussetzungen für eine Gewährung der Sozialhilfeleistungen auf Darlehensbasis liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Vielmehr waren die Leistungen der Klägerin und ihren Kindern als Beihilfe zu gewähren.

Nach § 89 Satz 1 BSHG soll die Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden, soweit nach § 88 für den Bedarf der Hilfesuchenden Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für den, der es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Das im Alleineigentum der Klägerin stehende Einfamilienhaus ist nach Auffassung der Kammer kein nach § 88 BSHG einzusetzendes Vermögen. Das ergibt sich allerdings nicht aus § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG, denn die Kammer hält das Hausgrundstück der Klägerin nicht für angemessen im Sinne der Vorschrift. Die Kammer sieht jedoch aufgrund der besonderen Umstände im Fall der Klägerin die Annahme eines Härtefalls im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG für gerechtfertigt.

Im Einzelnen:

Eine Angemessenheit des Hausgrundstücks der Klägerin im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG kann die Kammer aufgrund des über dem Durchschnitt liegenden Verkehrswertes des Hausgrundstücks nicht sehen. Nach § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, dass vom Hilfesuchenden oder einer anderen in den §§ 11, 28 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach seinem Tod bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf ( ...), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstückes einschließlich des Wohngebäudes. Familienheime und Eigentumswohnungen im Sinne der §§ 7 und 12 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (2. WoBauG) sind in der Regel nicht unangemessen groß, wenn ihre Wohnfläche die Grenzen des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Absatz 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes ( ...) nicht übersteigt. Es ist eine Gesamtbetrachtung der personen-, sach- und wertbezogenen Kriterien vorzunehmen (Kombinationstheorie), wobei ein Messen an dem gesetzlichen Maßstab des sozialen Wohnungsbaus zu fordern ist. Vorliegend dürften alle Kriterien der Angemessenheit gerecht werden, ausgenommen der Verkehrswert. Das Haus der Klägerin wird von ihr und ihren zwei Kindern bewohnt. Ausgehend von den Vorgaben, dass für einen Vierpersonenhaushalt ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 130 qm für angemessen erachtet wird und dass diese im 2. WoBauG festgelegte Höchstgrenze für Haushalte mit weniger als vier Personen um 20 qm je Person zu vermindern ist (vgl. BSG Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 2/05 R -), kann die Angemessenheit der Wohnfläche des Hauses mit 101 qm festgestellt werden. Auch die Grundstücksgröße mit 246 qm bewegt sich im angemessenen Rahmen, weil für ein Reihenhaus Grundstücksgrößen bis zu 250 qm zugestanden werden (Brühl/Geiger in LPK-SGB XII, § 90 Rdn. 51). Auch hinsichtlich des Zuschnitts und der Ausstattung sind keine Besonderheiten festzustellen. Das Haus verfügt über die in einem Familieneigenheim üblichen Räume und die Ausstattung zeigt den üblichen Standard, Luxusbestandteile sind nicht erkennbar. Allein der Wert des Hausgrundstücks stellt sich als nicht angemessen dar, wobei vom Verkehrswert auszugehen. Im vorliegenden liegt dieser Verkehrswert nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht – wie zu fordern - im unteren Bereich aller Verkehrswerte vergleichbarer Objekte am Wohnort der Klägerin (Grube/Wahrendorf, SGB XII - Sozialhilfe - § 90 Rdn. 38). Vergleichbare Objekte sind Reihenmittelhäuser im Stadtgebiet F – nicht wie die Klägerin meint im Wohnviertel V -. Die Kaufpreise für diese Objekte beliefen sich in den Jahren 2003/2004 auf 179.000,- Euro bis 226.500,- Euro. Der Mittelwert beträgt 207.000,- Euro. Der für das Hausgrundstück der Klägerin vom Gutachterausschuss des Kreises Mettmann ermittelte Verkehrswert liegt mit 215.000,- Euro über diesem Mittelwert. In der Regel kann ein Familieneigenheim bei Einhaltung der angemessenen Wohnfläche als sozialhilferechtlich angemessen angesehen werden (Regelfall), es sei denn einer der weiteren in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG genannten Kriterien überschreitet die Angemessenheitsgrenze deutlich. Dann liegt ein sog. atypischer Fall vor. So liegt es hier, der Verkehrswert überschreitet die Angemessenheitsgrenze deutlich, denn er liegt über dem Durchschnitt der am Wohnort F üblichen Verkehrswerte und ist damit dem oberen und nicht dem unteren Bereich der Verkehrswerte zu zuordnen. Da sich die Abwägung der Angemessenheit eines Hausgrundstückes an den Maßstäben des sozialen Wohnungsbaus ausrichtet, kommt einem Verkehrswert, der erkennbar oberhalb des angemessenen Bereiches liegt, ein erhebliches Gewicht zu. Nach Auffassung der Kammer kann daher ein Hausgrundstück, dass zwar hinsichtlich Wohnfläche und Grundstücksgröße sozialhilferechtlich nicht zu beanstanden ist, gleichwohl nicht mehr als angemessen im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG angesehen werden, wenn es einen deutlich zu hohen Verkehrswert hat, der sich aufgrund der Lage des Haushaltsgrundstücks ergibt. So liegt es hier. Das kleine und standardmäßig ausgestattete Reihenmittelhaus der Klägerin hat offensichtlich deshalb einen über dem Durchschnitt liegenden Verkehrswert, weil es in einer guten Wohnlage der Ortschaft F liegt. Der Wert einer Immobilie wird grundsätzlich maßgeblich von der Lage bestimmt. Wohnlagen werden in der Regel wie folgt unterteilt: einfache Wohnlage, mittlere Wohnlage, gute Wohnlage, sehr gute Wohnlage (vgl. z.B. Mietspiegel Bonn/Wohnlage bestimmen unter www.bonn.de). Eine gute Wohnlage ist somit dem oberen Bereich der Wohnlagen zuzurechnen und als gehobene Wohnlage einzustufen. Ein Sozialhilfeempfänger hat aber keinen Anspruch darauf, in einer Wohnlage des oberen Bereichs zu wohnen. Denn auch Bevölkerungsschichten mit unteren Einkommen -die vor dem Hintergrund des Lohnabstandsgebots als Vergleichsmaßstab heranzuziehen sind- wohnen nicht üblicherweise in gehobenen Wohnlagen.

Die Kammer war gleichwohl der Ansicht, dass es sich bei dem Hausgrundstück der Klägerin um Schonvermögen handelt, weil die Voraussetzungen einer Härte im Sinne § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG vorliegen. Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG darf die Sozialhilfe ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Von einer Härte kann ausgegangen werden, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls der Vermögenseinsatz unzumutbar erscheint (atypischer Fall) (Brühl/Geiger, aaO, Rdn. 69). Das geschonte Vermögen soll gewährleisten, dass die Sozialhilfe nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der vorhandenen Lebensgrundlage führt. Dem Sozialhilfeempfänger (und seinen Angehörigen) soll ein wirtschaftlicher Bewegungsspielraum bleiben und der Wille zur Selbsthilfe soll nicht gelähmt werden (Grube/Wahrendorf, aaO Rdn. 41). Bei der Würdigung, ob Vermögensschutz geboten ist, spielt die Gesamtsituation des Betroffenen eine wesentliche Rolle, so sind beispielsweise die Dauer des aktuellen bzw. zukünftigen Bezuges von Sozialhilfe, der Familienstand, aber auch die künftige Schutzwürdigkeit des Vermögens zu gewichten. Die Anwendung der Härtefallregelung kann insoweit auch zur Abmilderung der Brüche und Verwerfungen geboten sein, die sich mit der Einführung des SGB II ergeben haben. So ist ein bevorstehender Wechsel zum SGB II zu berücksichtigen. Hier wäre die Verwertung vorhandenen, nach Maßgabe des § 12 SGB II aber geschützten Vermögens eine Härte, da der aktuelle Einsatz der Sozialhilfe offensichtlich nur überbrückende Funktion hat (Brühl/Geiger, aaO, Rdn. 75). Im Fall der Klägerin ist die Kammer nach Würdigung der Gesamtsituation zu der Auffassung gelangt, dass ein Härtefall im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG zu bejahen ist. Denn zum einen stand bei Beginn der Gewährung von Sozialhilfeleistungen fest, dass es sich nur um einen vorübergehenden und relativ kurzen (ca. zehn Monate andauernden) Bezug von Leistungen nach dem BSHG handelt würde, weil die 1968 geborene und erwerbsfähige Klägerin zum 1.1.2005 in den Bereich des SGB II wechseln würde. Der Wechsel in das Leistungsrecht nach dem SGB II zum 1.1.2005 hat bewirkt, dass es sich nunmehr bei dem Hausgrundstück der Klägerin nach den Vorgaben des § 12 SGB II um geschütztes Vermögen handelt. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Anders als in § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG (bzw. ab dem 1.1.2005 in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) kommt es im Rahmen des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II allein auf die Größe des Hausgrundstücks und der Wohnung (also der Wohnfläche) an (Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 12 Rdn. 70 mit Verweis auf BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -). Allenfalls bei ausgesprochenen Luxuswohnungen dürfte eine Korrektur angezeigt sein. Diese Ausnahme liegt im Fall der Klägerin erkennbar nicht vor. Da ab dem 1.1.2005 das Hausgrundstück nunmehr als angemessen anzusehen ist, würde es eine besondere Härte darstellen, wenn der Klägerin wegen des vorangegangenen ca. zehnmonatigen Bezugs von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG die Verwertung ihres Vermögensgegenstandes auferlegt würde. Auch hat die Kammer in seine Entscheidungsfindung die persönliche und familiäre Situation der Klägerin einbezogen. Die allein erziehende Klägerin ist im Jahr 2004 aufgrund der Trennung von ihrem Ehemann und der fehlenden finanziellen Unterstützung durch den Ehemann unverschuldet in eine wirtschaftliche Notsituation geraten und benötigte für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder vorübergehend Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG in vollem Umfang. Inzwischen bezieht die Klägerin für sich und ihre Kinder zwar weiterhin öffentliche Leistungen nach dem SGB II, jedoch nicht mehr in vollem Umfang, sondern nur noch ergänzend zu weiteren Einkünften. Sie verfügt jetzt wieder über Unterhaltszahlungen von ihrem Ehemann für sich und die Kinder in Höhe von monatlich 520,- Euro und erwirtschaftet aus einer Beschäftigung als Putzkraft Einkommen in Höhe von monatlich 300,- Euro netto. Unter Würdigung dieser Gesichtspunkte in ihrer Gesamtheit hält die Kammer eine Verpflichtung der Klägerin zur Verwertung des Hausgrundstücks für unzumutbar. Das Hausgrundstück ist daher als geschütztes Vermögen zu werten, von dessen Einsatz die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden darf. Infolgedessen war eine Gewährung der Sozialhilfeleistungen als Darlehen nicht zulässig und es durfte auch keine Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch zur dinglichen Sicherung eines Rückzahlungsanspruchs gefordert werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.
Rechtskraft
Aus
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