L 11 B 577/08 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 48/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 577/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 01.07.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Übernahme von Reparaturkosten hinsichtlich eines Glaseinsatzes für die Schlafzimmertür der Antragstellerin (Ast).
Die 1935 geborene ASt bezieht Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Buch des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) von der Antragsgegnerin (AG), zuletzt mit Bescheid vom 02.01.2008.
Am 13.06.2008 beantragte sie bei der AG die Übernahme der Reparaturkosten für den bei einem Sturm zerbrochenen Glaseinsatz einer Türe. Die AG lehnte die Kostenübernahme anlässlich der persönlichen Vorsprache ab. Bei der Reparatur handele es sich um keinen einmaligen Bedarf nach § 31 SGB XII. Die Kosten seien aus den laufenden Leistungen zu decken, § 37 SGB XII sei nicht anwendbar.
Im Rahmen eines Ortstermins am 19.06.2008 stellte die AG fest, dass die Wohnung der ASt ca. 35 qm groß sei und sich im Erdgeschoss befände. Von der Wohnungstür aus gelange man in den Flur. Vom Flur führe eine Tür ins Badezimmer (Massivtür) und eine Tür ins Wohn-/Schlafzimmer (Tür mit Glaseinsatz) mit Kochnische. Die Tochter der ASt habe bereits beim Vermieter zwecks Übernahme der Reparaturkosten vorgesprochen. Nachdem ein Selbstverschulden vorläge, sei die Übernahme der Kosten durch den Vermieter nicht möglich. In der Wohnung lebt auch noch die Tochter der Ast, die laufende Leistungen nach dem SGB II erhält.

Am 13.06.2008 hat die ASt beim Sozialgericht Würzburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Übernahme der Reparaturkosten für den Ersatz des Glaseinsatzes beantragt. Mit dem Antrag ist ein ärztliches Attest von Dr.G. vom 28.11.2006 vorgelegt worden, wonach sich die ASt diätetisch ernähre und nur noch für leichte körperliche Tätigkeiten belastbar sei.
Mit Beschluss vom 01.07.2008 hat das Sozialgericht Würzburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der ASt würden Regelsatzleistungen nach §§ 41 Satz 1 Nr 1 iVm 28 SGB XII und Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach §§ 41 Satz 1 Nr 2 iVm 29 SGB XII gewährt. Mit vom Regelsatz umfasst seien dabei auch Ausgaben für Reparatur und Instandhaltung der Wohnung, wozu die hier begehrten Kosten für die Reparatur des Glaseinsatzes der Zimmertür zählt. Der diesbezügliche Anspruch sei somit bereits durch das Erbringen der Regelleistung abgegolten. Es handele sich nicht um einen einmaligen Bedarf iS von § 41 Satz 1 Nr 3 iVm § 31 SGB XII. Unter Umständen ergäbe sich jedoch eine darlehensweise Übernahme der Reparaturkosten nach § 42 Satz 2 SGB XII. Darüber habe die AG noch nicht entschieden.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung scheitere aber an der fehlenden Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Der ASt könne zugemutet werden, zunächst den Ausgang des Widerspruchsverfahrens abzuwarten. Bei dem beschädigten Glaseinsatz handle es sich um einen solchen in der Zimmertür vom Flur zum Schlaf-/Wohnzimmer. Nicht betroffen sei dagegen die Wohnabschlusstür. Zumindest bis zum Abschluss eines Widerspruchsverfahrens könne sich die ASt anderweitig als durch Reparatur des Glases behelfen, sofern in Anbetracht der warmen Jahreszeit überhaupt ein besonderer Schutz gegen Zugluft oder Kälte vom Flur her notwendig wäre.
Hiergegen hat die ASt am 08.07.2008 Beschwerde eingelegt. Sie hätte kein Geld um die Reparatur vorzunehmen, es zöge in ihr Zimmer hinein.
Mit Schreiben vom 15.07.2008 hat die AG mitgeteilt, dass die nach § 42 Satz 2 SGB XII iVm § 37 SGB XII mögliche darlehensweise Übernahme der Reparaturkosten abgelehnt werde. Es handele sich bei der erforderlichen Reparatur um einen von den Regelsätzen umfassten Bedarf. Dieser sei jedoch nicht derart unaufschiebbar und unabweisbar, dass die ASt nicht auf eine Bedarfsdeckung aus Mitteln des Regelsatzes nach einer entsprechenden Ansparphase verwiesen werden könne. Die Ast bewohne die Wohnung zusammen mit ihrer Tochter, so dass sich der Bedarf auf zwei Personen verteile.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Ein Abhilfeverfahren war wegen des Wegfalls des § 174 SGG a.F. nicht mehr erforderlich. Das Rechtsmittel erweist sich als unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Bezug auf die von der ASt geltend gemachten Aufwendungen ist § 86b Abs 2 Satz 2 SGG. Vorliegend fehlt es jedoch sowohl an einem Anordnungsanspruch als auch einem Anordnungsgrund.
Die von der ASt geltend gemachten Kosten unterfallen weder den Voraussetzungen für einen einmaligen Bedarf nach § 31 Abs 1 Nr 1 SGB XII, noch gehören diese Kosten zu den Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 29 SGB XII.
Es handelt sich vorliegend nicht um die Übernahme von turnusmäßig anfallenden Schönheitsreparaturen (vgl. insoweit Berlit in LPK-SGB XII § 29 Rdnr 18), sondern um Kosten für die Reparatur und Instandhaltung der Wohnung (vgl. insoweit Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2.Aufl 2008 § 20 Rdnr 27). Die von der ASt begehrten Reparaturkosten sind jedoch vom Regelsatz umfasst und nicht mehr den Unterkunftskosten zuzurechnen, da sie nur aus Anlass des Mietverhältnisses, aber nicht für die Unterkunft entstanden sind (vgl. insoweit für den Fall eines Schadensersatzanspruchs des Vermieters gegen den Hilfeempfänger Berlit aaO § 29 Rdnr 18). Die AG hat mit Schreiben vom 15.07.2008 die darlehensweise Übernahme der Reparaturkosten gemäß § 37 SGB XII in – zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung - rechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt. Für eine andere Jahreszeit wäre gegebenenfalls eine andere Entscheidung geboten.
Insbesondere fehlt es aber am nötigen Anordnungsgrund, hier der besonderen Eilbedürftigkeit einer Entscheidung.
Bei der beschädigten Tür der ASt handelt es sich nicht um eine reparaturbedürftige Wohnungseingangstür (vgl. für diesen Fall VG Hamburg, 13. Kammer vom 03.03.2005, Az: 13 K 76/74), sondern um eine Tür im Innenbereich. Hier ist es der ASt – insbesondere unter Berücksichtigung der Jahreszeit - zumutbar, zumindest die Durchführung des Widerspruchsverfahrens abzuwarten.
Dies um so mehr, als die ASt nach der Mitteilung der AG vom 15.07.2008 noch nicht einmal Widerspruch gegen den (mündlichen) ablehnenden Bescheid vom 13.06.2008 eingelegt hat. Ein solcher Widerspruch ist innerhalb der Jahresfrist der §§ 84 Abs. 2 S. 3 SGG i.V.m. 66 Abs. 2 SGG möglich. Bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens kann die ASt durch provisorische Mittel einen ausreichenden Schutz gegen Zugluft oder Kälte vom Flur her erreichen, insbesondere unter Berücksichtigung der derzeitigen warmen Jahreszeit.
Zur weiteren Begründung wird gemäß § 142 Abs 2 Satz 3 SGG auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen der Antragstellerin.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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