L 7 AS 13/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 35/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 13/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 1/09 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Auf die Revision wird Urteil des LSG zurückverwiesen.
Neues Az. = L 7 AS 1326/10 ZVW
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.01.2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme der gesamten Kosten für eine mehrtägige Klassenfahrt einschließlich von zwei Tagesfahrten.

Der am 00.00.1992 geborene Kläger, der mit seinen Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, besucht die H-Schule in C. Die Familie bezieht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II), so auch in dem Zeitraum vom 01.11.2006 bis 30.04.2007 (Bescheid vom 20.09.2006).

Der Vater des Klägers, der eine Nebentätigkeit ausübt, beantragte am 18.09.2006 Leistungen für eine Klassenfahrt vom 02.02. bis 10.02.2007 nach Tirol in Höhe von 282,00 Euro sowie für zwei vorausgehende Tagesfahrten nach Winterberg von jeweils 30,00 Euro (Fahrt und Liftpass). Er legte als Nachweis eine Bescheinigung der H-Schule, Städtisches Gymnasium in C, vor.

Die Beklagte lehnte diesen Antrag zunächst mit der Begründung ab, dass nach den schulrechtlichen Bestimmungen lediglich Kosten für Klassenfahrten übernommen werden können, deren Gesamtbetrag 260,00 Euro nicht übersteigt (Bescheid vom 21.12.2006).

Im Rahmen des hiergegen eingelegten Widerspruchs bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 11.01.2007 einen Betrag in Höhe von 260,00 Euro. Zur Begründung führte sie aus, dass er (der Vater) unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse selbst in der Lage sei, einen Teil der Kosten aus eigenen Kräften und Mitteln zu decken.

Unter Einbeziehung des Änderungsbescheides wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2007, ebenfalls wie bereits bei den zuvor ergangenen Bescheiden an den Vater des Klägers adressiert, zurück.

Der Kläger nahm am 25.01. und 29.01.2007 an den beiden Tagesfahrten nach Bottrop (Skihalle) und vom 02.02. bis zum 10.02.2007 an der Klassenfahrt nach Tirol teil.

Der Vater des Klägers hat am 30.01.2007 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Dortmund mit dem Ziel erhoben, die beantragten Kosten in voller Höhe zu erhalten. Es gehe nicht an, die von der Schule bescheinigte Veranstaltung in drei selbständige Veranstaltungen aufzuspalten und aus eindeutig zum Gesamtkonzept gehörenden Lehreinheiten Wandertage zu machen, wie es die Beklagte im angefochtenen Bescheid vorgenommen habe. Er habe den Differenzbetrag von 25,00 Euro (285,00 Euro abzüglich der von der Beklagten übernommenen 260,00 Euro) hinsichtlich der Skifreizeit in Südtirol selbst bezahlt. Aus welchen Gründen es zu der Kostenerhöhung von 3,00 Euro gegenüber der veranschlagten Summe gekommen sei, könne er nicht erklären.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 25.07.2007 weitere 25,00 Euro für die Klassenfahrt übernommen. Zuvor hatte das SG eine Auskunft der H-Schule eingeholt. Diese hat im Schreiben vom 01.03.2007 im Wesentlichen ausgeführt, die Tagesfahrten vom 25.01. und 29.01.2007 hätten zum Sportkompaktkurs "Fahren, Rollen, Gleiten" als Vorbereitung und integriertem Bestandteil der Skifahrt nach Südtirol gehört. Die Kosten von 60,00 Euro seien von den Eltern vorgestreckt worden.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG den jetzigen Kläger anstelle seines Vaters im Rubrum aufgenommen. Sodann hat es mit Urteil vom 14.01.2008 die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Fahrten nach Bottrop am 25.01. und 29.01.2007 insgesamt 60,00 Euro zu bewilligen. Des Weiteren hat das SG der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt sowie die Berufung zugelassen. Auf die Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 24.01.2008 zugestellte Urteil hat diese am 01.02.2008 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht gegeben seien. Die beiden Tagesveranstaltungen am 25.01.2007 und 29.01.2007 in der Skihalle Bottrop seien nicht als mehrtägige Klassenfahrt/en im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen anzusehen. Dass die Fahrten nach Bottrop mit der Klassenfahrt vom 02.02.2007 bis 10.02.2007 in einem unmittelbaren Zusammenhang gestanden haben, wie vom SG ausgeführt, sei nicht ausreichend. Als "mehrtägig" im Sinne der gesetzlichen Regelung seien nur solche Klassenfahrten zu klassifizieren, die mindestens ununterbrochen an zwei Tagen stattfinden und durch außerhäusliche Übernachtungen miteinander verbunden sind. Kriterium ist die von der Schule bzw. begleitenden Lehrkräften übernommene Verantwortung für die Schüler, die sich ununterbrochen über mehr als einen Tag erstrecken muss. Auch wenn eine Teilnahme an der mehrtägigen Klassenfahrt ohne eine vorherige Teilnahme an beiden Ausflügen in die Skihalle nicht möglich gewesen sein sollte, was der Begründung des Sozialgerichts indirekt entnommen werden könne, so handele es sich doch um eine organisatorische und auch finanzielle Trennung mit der Folge, dass es sich um eine mehrtägige und zwei eintägige Veranstaltungen gehandelt hat. Da die Aufwendungen für die zwei Tagesveranstaltungen nach dem gesetzgeberischen Willen von der Regelleistung bereits abgedeckt seien, könne hierfür auch bei zeitlicher und inhaltlicher Nähe der Veranstaltung zu einer mehrtägigen Klassenfahrt eine einmalige Beihilfe nicht in Betracht kommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.01.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil für zutreffend. Er ist der Auffassung, dass es nicht drei schulische Veranstaltungen (eine Klassenfahrt nach Südtirol und zwei Wandertage in Bottrop), sondern eine schulische Veranstaltung gegeben habe, die die Schule auf dem dafür von der Beklagten eigens vorgesehenen Formular als eine einheitliche Veranstaltung im Sinne der Wanderrichtlinien (WRL) bescheinigt habe. Dass zwei (billigere) Einführungskurse in Bottrop stattgefunden hätten, könne nicht den Unterschied machen. Der Begriff mehrtägig setze auch schon sprachlich nicht zwingend voraus, dass es sich um zusammenhängende Tage handeln müsse. Sinn der Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II sei ein pädagogischer im gesellschaftlichen Interesse. Jede Stigmatisierung armer Kinder in der Schule solle vermieden werden. Schulfahrten seien ein wichtiger Bestandteil der Erziehung durch die Schule. Keinem Kind solle die Teilnahme versagt sein, weil die Eltern es sich nicht leisten können. Das bedeute aber zugleich, dass die Teilnahmebedingungen an der nach den schulrechtlichen Bestimmungen durchgeführten Klassenfahrten für alle gleich sein müssten, also die auf Sozialleistung angewiesenen Kinder in der gleichen Unterkunft wohnen und die gleiche Verpflegung erhalten. Entscheidend sei allein, ob die Kosten Bestandteil der Kosten der mehrtägigen Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen seien. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn ein Kind, das diese Kosten nicht aufbringe, von der gemeinschaftlichen Veranstaltung, sowie sie die Schule in Erfüllung ihres pädagogischen Auftrags für sinnvoll erachtet habe, ausgeschlossen würde. Die beiden Skieinführungskompaktkurse seien integraler Bestandteil dieser Klassenfahrt. So sei bei zwei Informationsveranstaltungen, eine etwa ein Jahr vor der Fahrt und die andere im September 2006, deutlich gemacht worden, dass die Vorbereitungsfahrten zum Gesamtpaket dazu gehören. Es sei nicht zugespitzt diskutiert worden, ob für den Fall, dass jemand an einem Vorbereitungstag zum Beispiel aus Krankheitsgründen nicht teilnehmen kann, von der Fahrt nach Tirol ausgeschlossen sei. Selbst wenn die Schule ihn auch ohne die Fahrten in die Skihalle Bottrop mit nach Tirol genommen hätte, wäre es ihm nicht zuzumuten gewesen, als einziges Kind unvorbereitet mitzufahren. Seines Wissens nach hätten an den Vorbereitungstagen in Bottrop alle Teilnehmer an der Schulfahrt teilgenommen. Auch die Begleitpersonen, die in Tirol mit dabei gewesen seien, hätten sie an den Vorbereitungstagen begleitet. Die Möglichkeit eines Darlehns sei im damals nicht bekannt gewesen. Hierüber sei er auch von der Beklagten nicht hingewiesen worden. Jetzt sei er natürlich an einem Zuschuss interessiert.

Die Beklagte hat noch den Antrag auf Genehmigung von Schulwanderungen und Schulfahrten sowie eine diesbezügliche Auskunft der H-Schule vom 17.03.2007 zu den Akten gereicht. Aus dem Antrag geht hervor, dass die H-Schule die Kosten mit 345,00 Euro angegeben hat. Davon entfielen auf die Schulfahrt nach St. Johann 285,00 Euro sowie 60,00 Euro auf den Skiunterricht (2 Tage) im Alpin-Center Bottrop. Die Schule hat im Rahmen der Auskunft ausgeführt, dass die Ski-Fahrt früher immer 10-tägig durchgeführt worden sei. Aus Kostengründen sei der Aufenthalt in den Alpen verkürzt worden. Um die Qualität der Ski-Ausbildung aber beizubehalten, würden im Rahmen desselben Projekts "Skifahrt der Klassen 9" an zwei Tagen Skikurse in der Skihalle in Bottrop oder im Sauerland durchgeführt.

Auf Anfrage des Senats hat die H-Schule unter dem 20.06.2008 mitgeteilt, dass die beiden Tage in Bottrop Grundlage für die Klassenfahrt gewesen seien. Es handele sich um ein Gesamtpaket, das acht Skitage beinhalte. Sportpädagogisch seien acht Ski-Tage die ideale Länge, um Anfänger an das Skifahren heranzuführen.

Die Schulwanderrichtlinien des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19.03.1997 sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, noch weitere Kosten in Höhe von 60,00 Euro zu bewilligen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Fahrten nach Bottrop in Höhe von 60,00 Euro.

Die Beklagte als eine nach § 44b SGB II gebildete Arbeitsgemeinschaft ist beteiligtenfähig nach § 70 Nr. 2 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS 67/06 R). § 44b SGB II ist ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit bis zum 31.12.2010 weiterhin anwendbar (BVerfG, Urteil vom 20.12.2007, 2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04).

Nicht zu beanstanden ist, dass das SG den in in einer Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern lebenden Schüler anstelle seines Vaters als Kläger im Rubrum aufgenommen hat. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II räumt den jeweils betroffenen Schülern einen eigenständigen Anspruch ein (BSG, Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 36/07 R, Terminbericht Nr. 55/08).

Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II sind Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden nach Satz 2 gesondert erbracht. Für das SGB II relevant sind nur mehrtägige, also mindestens an zwei Tagen stattfindende, Klassenfahrten (vgl. Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 23 Rn. 110).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hinsichtlich der noch im Streit stehenden 60,00 Euro nicht gegeben. Dabei steht dem Begehren des Klägers nicht entgegen, dass der von ihm geltend gemachte Betrag die von der Beklagten im Bescheid vom 21.12.2006 erwähnten Obergrenze überschreitet. Von einer Obergrenze von 260,00 Euro scheint die Beklagte selbst nicht mehr auszugehen, weil sie neben den bereits übernommenen Kosten in Höhe von 260,00 Euro auch noch weitere 25,00 Euro mit Bescheid vom 25.07.2007 als Beihilfe geleistet hat.

Unabhängig davon enthält § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II, anders als das SGB II an zahlreichen anderen Stellen, keine Einschränkung der Höhe der Kostenübernahme durch das Kriterium der Angemessenheit. Unter Berücksichtigung des Wortlauts, der systematischen Stellung der Norm und der Gesetzgebungsgeschichte sind im Rahmen des SGB II die Kosten für Klassenfahrten in voller Höhe zu übernehmen (BSG, a.a.O.; vgl. auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.04.2007, L 5 B 473/07 AS ER; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 20.09.2005, L 9 AS 38/05 ER, Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 04.12.2006, S 33 AS 152/05).

Aus der amtlichen Begründung zu § 32 SGB XII (BT-Drucksache 15/1514 Seite 60), auf die die amtliche Begründung zu § 23 Abs. 3 Satz 1 (BT-Drucksache 15/1749 Seite 33) Bezug nimmt, ist ersichtlich, dass durch diese Vorschriften nur solche einmaligen Bedarfslagen mit gesonderten Leistungen befriedigt werden sollten, die nicht in die Regelleistung einbezogen worden seien. Diesbezüglich enthalten die gleichlautenden Regelungen im SGB II und SGB XII eine abschließende Aufstellung der entsprechenden Bedarfe. Der Gesetzgeber führt hierzu ausdrücklich aus, dass gerade von dem besonderen Bedarf für Schüler nur Leistungen für mehrtägige Schulfahrten von der Regelleistung ausgenommen sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Gesetzgeber den Bedarf für alle sonstigen schulischen Veranstaltungen von den Regelleistungen als abgedeckt angesehen hat. Nach Auffassung des Senats muss es sich dabei in Übereinstimmung mit der Beklagten um Klassenfahrten handeln, die mindestens ununterbrochen an zwei Tagen stattfinden und durch außerhäusliche Übernachtungen miteinander verbunden sind. Kriterium ist die von der Schule bzw. begleitenden Lehrkräften übernommene Verantwortung für die Schüler, die sich ununterbrochen über mehr als einen Tag erstrecken muss. So ist Nr. 6.1 der WRL vom 19.03.1997 ausgeführt, dass bei schwierigen Aufsichtsverhältnissen sowie bei mehrtägigen Veranstaltungen in der Regel eine weitere Begleitperson mitzunehmen ist. Bei mehrtägigen Veranstaltungen, an denen Schülerinnen teilnehmen, ist eine weibliche Begleitung grundsätzlich erforderlich.

Nach dem festgestellten Sachverhalt sind die Voraussetzungen für die Annahme einer mehrtägigen Klassenfahrt für die im Streit stehenden Tagesfahrten nicht gegeben. Die Tagesveranstaltungen mit Skiunterricht in der Skihalle Bottrop fanden am 25.01. und 29.01.2007 vor der vom 02.02. bis 10.02.2007 durchgeführten Alpen-Skifreizeit statt und erfüllen die vorgenannten gesetzlichen Kriterien nicht. Die beiden Veranstaltungen begannen am jeweiligen Tag morgens mit der gemeinsamen Abreise nach Bottrop und endete am jeweils gleichen Tag mit der Rückkehr nach Bochum. Die vorgeschalteten Skiunterrichtstage gehörten inhaltlich zum Skifahrtprojekt der Klassen 9 der H-Schule. Aus Kostengründen hat die Schule gegenüber früheren Jahren den Aufenthalt in den Alpen auf 8 Tage verkürzt und zum Ausgleich, um die mit der Skifreizeit verfolgten Ziele zu sichern, die beiden Skiunterrichtstage in Bottrop als Pflichtveranstaltung für die Teilnehmer der Skifreizeit eingeplant. Auf die inhaltliche und kostenmäßige Verknüpfung der vorgeschalteten Skiunterrichtstage mit der nachfolgenden zusammenhängenden Skifahrt ist in Informationsveranstaltungen der Schule hingewiesen worden. Der allerdings erst am 26.01.2007 gestellte förmliche Antrag auf schulrechtliche Genehmigung der Schulfahrt als Schulveranstaltung bezeichnet in den entsprechenden Rubriken die Skifahrt der Klasse 9 vom 02.02. bis 10.02.2007 in St. Johann/Südtirol als Art, Ort und Dauer der der Veranstaltung. Der Gesamtpreis von 345,00 Euro wird aber unter Berücksichtigung von Kosten in Höhe von 60,00 Euro für 2 zuzügliche Skiunterrichtstage im Alpin-Center Bottrop im Antrag ausgewiesen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die vorgenannte Bezeichnung von Art, Ort und Dauer der Maßnahme bereits eine schulrechtliche Bindung auf die geplante Fahrt nach St. Johann bewirkt mit der hiervon getrennten ergänzenden Genehmigung von zwei zuzüglichen Skiunterrichtstagen in Bottrop.

Die Einbeziehung der Tagesveranstaltungen vom 25.01.2007 und 29.01.2007 in die nachfolgende mehrtägige Fahrt ist nicht dadurch gerechtfertigt, dass solche eintägigen schulischen Veranstaltungen einerseits einen Bestandteil des Sportkompaktkurses im Bewegungsfeld "Fahren, Rollen, Gleiten" darstellten und andererseits gleichzeitig der Vorbereitung einer ebenfalls diesem Kurs zuzurechnenden und sich über mehrere Tage erstreckenden Skifreizeit als Klassenfahrt dienten. Der gemeinsame, von den Wanderrichtlinien verlangte Bezug zum Unterricht ist sowohl bezüglich der eintägigen wie der mehrtägigen Veranstaltung der Sportunterricht. Ausgehend von dem Bezug zum Unterricht sind hier de facto zwei eintägige Schulveranstaltungen und eine mehrtägige Klassenfahrt durchgeführt worden.

Selbst wenn eine Teilnahme an der mehrtägigen Klassenfahrt ohne eine vorherige Teilnahme an den beiden Tagesveranstaltungen in der Skihalle Bottrop nicht möglich gewesen sein sollte, handelt es sich um eine organisatorische und auch finanzielle Trennung mit der Folge, dass es sich um eine mehrtägige und zwei eintägige Veranstaltungen gehandelt hat.

Der Senat verkennt nicht, dass bei einer 10-tägigen Schulfahrt nach Südtirol, wie sie nach den Ausführungen der H-Schule in den Schreiben vom 17.03.2007 und 20.06.2008 früher durchgeführt worden ist, die Beklagte einen höheren Betrag als 345,00 Euro hätte übernehmen müssen. Gleichwohl rechtfertigt dieser Gesichtspunkt keine andere Beurteilung. Eine zeitliche Nähe und/oder ein inhaltlicher bzw. unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Tagesveranstaltungen und der mehrtägigen Klassenfahrt qualifiziert die Tagesfahrten nicht zu einer mehrtägigen Klassenfahrt.

Die Übernahme der Kosten für Klassenfahrten in voller Höhe stellt bereits im Verhältnis zu anderen Leistungen des SGB II eine gewisse finanzielle Privilegierung dar (vgl. BSG, a.a.O.). So erlaubt § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB II ausdrücklich eine Pauschalierung der Kosten nur für die beiden anderen in § 23 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II genannten Bedarfe (Erstausstattung für die Wohnung, Bekleidung etc.). Aufgrund der bereits bestehenden Privilegierung ist zur Überzeugung des Senats nicht eine extensive Auslegung des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II angebracht, sondern es ist am Wortlaut der Vorschrift festzuhalten. Zudem ist die notwendige Abgrenzung von mehrtägigen Klassenfahrten im Sinne der schulrechtlichen Bestimmungen von allen anderen schulischen Veranstaltungen erforderlich, weil der Gesetzgeber nur die mehrtägigen Klassenfahrten als nicht von der Regelleistung umfasst ansieht und auch nur für diese nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II Leistungen erbracht werden sollen. Der Bedarf für alle sonstigen schulischen Veranstaltungen wird dagegen von den Regelleistungen abgedeckt.

Schließlich ist eine andere Beurteilung auch nicht unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen des Klägers gerechtfertigt. Dem Kläger ist insoweit zuzustimmen, dass eine Stigmatisierung armer Kinder in der Schule vermieden werden soll und Schulfahrten einen wichtigen Bestandteil der Erziehung durch die Schule darstellen. Keinem Kind soll die Teilnahme versagt sein, weil die Eltern es sich nicht leisten können. Dem trägt Nr. 2.2 der WRL vom 19.03.1997 Rechnung, indem dort ausgeführt wird, dass der finanzielle Aufwand kein Grund dafür sein darf, dass eine Schülerin oder ein Schüler nicht teilnehmen kann. Das bedeutet zugleich, dass die Teilnahmebedingungen an der nach den schulrechtlichen Bestimmungen durchgeführten Klassenfahrten für alle gleich sein müssen.

Bei dem Kläger war jedoch eine Teilnahme an der Klassenfahrt gewährleistet, unabhängig davon, ob hierfür eine Teilnahme an den Tagesveranstaltungen in Bottrop zwingende Voraussetzung für die Klassenfahrt nach Südtirol gewesen ist. Zum einen fand bereits ein Jahr vor der Schulfahrt eine Informationsveranstaltung statt, so dass ein längerfristiges Ansparen eines Teilbetrages grundsätzlich zumutbar gewesen ist. Aber selbst wenn der Kläger bzw. seine Eltern hierzu finanziell nicht in der Lage gewesen wären, hätte noch die Möglichkeit eines Darlehns gemäß § 23 Abs. 1 SGB II bestanden. Nach dieser Vorschrift erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehn, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann dahin gestellt bleiben, weil der Kläger nicht an einem Darlehn, sondern an einem Zuschuss interessiert ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Saved