L 5 B 2256/08 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 138 AS 29121/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 2256/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen wird ihnen unter entsprechender Änderung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2008 für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin mit Wirkung vom 6. Oktober 2008 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin P M. G, M , B, bewilligt. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag der Antragstellerinnen, ihnen für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.

Gründe:

Die sich gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2008 richtende Beschwerde der Antragstellerinnen ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und begründet.

Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin G mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. § 114 ZPO).

Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Prozesskostenhilfe darf daher nur dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache fern liegend ist (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 2003, Az.: 1 BvR 1152/02, NJW 2003, S. 3190, und vom 7. April 2000, Az.: 1 BvR 81/00, NJW 2000, S. 1936).

Gemessen an diesen Maßstäben hatte der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hinreichende Erfolgsaussicht.

Entscheidender Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist grundsätzlich der, in dem das Gericht entscheidet. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts hatte der Antrag, insoweit kann auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts in dem angegriffenen Beschluss verwiesen werden, keine Aussicht mehr auf Erfolg.

Nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung, sondern auf den der Entscheidungsreife des auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe gerichteten Antrags ist jedoch ausnahmsweise dann abzustellen, wenn sich zum einen die Entscheidung "grundlos" verzögert und zum anderen die Situation zwischenzeitlich zum Nachteil des Antragstellers verändert hat.

So lag der Fall hier: Entscheidungsreif war der Antrag am 6. Oktober 2008. In diesem Zeitpunkt lagen alle für die Entscheidung über die Bewilligung erforderlichen Unterlagen vor (die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ging an diesem Tag bei Gericht ein), der Antragsgegner hatte Stellung genommen und die Verwaltungsvorgänge übersandt. Dass das Sozialgericht nicht am 6. Oktober 2008 über den Antrag entschieden hat, ist zwar angesichts des relativ kurzen Zeitraums bis zur Entscheidung in der Sache nachvollziehbar. Es hätte jedoch am 23. Oktober 2008 hinsichtlich der Beurteilung der Erfolgsaussichten nicht die nach dem 6. Oktober 2008 durch die Beiziehung diverser Unterlagen und die im Erörterungstermin am 17. Oktober 2008 gewonnenen Erkenntnisse gekennzeichnete Situation zugrunde legen dürfen, sondern auf die im Zeitpunkt der Bewilligungsreife gegebene abstellen müssen. Am 6. Oktober 2008 - und auch in der Zeit danach - hielt das Gericht, wie aus den Verfügungen vom 6. und 10. Oktober 2008 ersichtlich, Ermittlungen für erforderlich. Dies reicht in der Regel - und auch hier - aus, um die Erfolgsaussichten als hinreichend im oben dargestellten Sinn anzusehen (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16. Dezember 2001, Az.: L 8 B 71/01 RA PKH, Breithaupt 2002, 663; LSG Hessen, Beschluss vom 10. Januar 2005, Az.: L 6 B 124/04 AL, zitiert nach juris). Gerade in auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gerichteten Verfahren, die naturgemäß nicht von langer Dauer sind, können sich die Erfolgsaussichten mit dem fortschreitenden Stand der Ermittlungen zügig zu Ungunsten des Antragstellers verschlechtern, so dass bei Vorliegen der Entscheidungsreife umgehend Prozesskostenhilfe gewährt oder abgelehnt oder, wenn dies nicht geschieht, die zu diesem Zeitpunkt vorhandene Erkenntnislage der Beurteilung der Erfolgsaussichten zugrunde gelegt werden muss.

Die Kostenentscheidung und auch die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beruhen auf § 73 a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO (vgl. dazu auch Fischer in Musielak, ZPO, Kommentar, 6. Aufl. 2008, Rdnr. 29 zu § 127 m.w.N.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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