L 19 B 105/09 AS ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 7 AS 44/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 105/09 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 18.03.2009 wird zurückgewiesen. Kosten der Antragsteller werden auch im Beschwerdeverfahren nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit Schreiben vom 15.05.2007 beantragten die Antragsteller die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Durch Bescheid vom 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2008 versagte die Antragsgegnerin wegen fehlender Mitwirkung den Antragstellern die Leistungen unter Berufung auf § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Hiergegen erhoben die Antragsteller Klage vor dem Sozialgericht Detmold, S 7 AS 277/08.

Am 05.02.2009 haben die Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, die Antragsgegnerin zur vorläufigen Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zu verpflichten. Durch Beschluss vom 18.03.2009 hat das Sozialgericht Detmold den Antrag abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Hiergegen haben die Antragsteller Beschwerde eingelegt. Sie verfolgen ihr Begehren weiter.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist das Begehren des Antragstellers auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 05.02.2009. Über die Beschwerde ist nach Maßgabe des § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Die Antragsgegnerin hat durch Bescheid vom 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2008 den Antragstellern wegen fehlender Mitwirkung die Leistung vollständig nach § 66 SGB I versagt. Eine auf § 66 SGB I gestützte Versagung einer Leistung kann im Hauptsacheverfahren zwar nur im Wege der isolierten Anfechtungsklage überprüft werden, wobei Streitgegenstand des Verfahrens nicht der materielle Anspruch der Antragsteller, sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren ist (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2004 - B 1 KR 4/02 R -, SozR 4-1200 § 66 Nr. 1 m.w.N.; Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 45/07 R -). Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes würde im vorliegenden Fall aber ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den angefochtenen Versagungsbescheid nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 SGG keinen effektiven Rechtsschutz bewirken. Denn mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage könnten die Antragsteller die begehrten Leistungen für den streitigen Zeitraum nicht erlangen, da die Antragsgegnerin ihnen nicht eine schon bewilligte Leistung wegen fehlender Mitwirkung entzogen, sondern von einer sachlichen Entscheidung über den Anspruch abgesehen hat. Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der geltend gemachte Leistungsanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Vorliegend ist weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht. Nach der im einstweiligen Verfahren möglichen Prüfungsdichte ist der Versagungsbescheid vom 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2008 rechtmäßig. Die Antragsgegnerin hat zu Recht den Antragstellern wegen fehlender Mitwirkung die Gewährung von Leistungen nach § 66 SGB I versagt. Danach kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung ganz oder teilweise versagen, wenn ein Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erschwert wird. Zu den Mitwirkungspflichten i.S.v. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I zählt auch die Meldepflicht nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) als bereichsspezifische Ausgestaltung der allgemeinen Mitwirkungspflichten (so BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 45/07 R -, Rn 14). Sobald ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger Leistungen nach dem SGB II beantragt , entsteht die Meldepflicht nach § 59 SGB II kraft Gesetzes (Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 59 Rn 9). Vorliegend sind die Antragsteller wiederholt von der Antragsgegnerin unter Angabe eines genauen Termins - mit Datum und Uhrzeit - aufgefordert wurden, bei ihr zwecks Bearbeitung des Leistungsantrags vorzusprechen. Mit den Meldeaufforderungen hat die Antragsgegnerin einen zulässigen Zweck verfolgt, da eine Aufforderung zur Meldung zum Zweck der Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren erfolgen kann (§ 59 SGB II i.V.m. § 309 Abs. 2 Nr. 4 SGB III). Die Antragsteller sind den Meldeaufforderungen der Antragsgegnerin nicht gefolgt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Aufforderung zur persönlichen Vorsprache der Antragsteller unverhältnismäßig gewesen ist (§ 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I), den Antragstellern die Vorsprache aus wichtigen Grund unzumutbar gewesen ist (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I) oder sich die Antragsgegnerin durch einen geringen Aufwand die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen konnte (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I). Insbesondere ist den Antragstellern trotz der Entfernung ihres Wohnorts von der Dienststelle der Antragsgegnerin (17 km) zumutbar gewesen, die Dienststelle der Antragsgegnerin aufzusuchen. Zwischen dem Wohnort und der Dienststelle existiert eine Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Vorschrift des § 65 SGB I greift zu Gunsten der Antragsteller nicht ein. Diese Vorschrift befreit nicht von der Meldepflicht nach § 59 SGB II zu einem Termin als Mitwirkungsobliegenheit, der die Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren bezweckt. Die Sonderregelung des § 65 Abs. 4 Satz 1 SGB II für ältere Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und nicht arbeitsbereit sind, befreit ältere Arbeitslose nur von der Obliegenheit zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft, nicht aber von den übrigen Leistungsvoraussetzungen (Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 65 Rn 9). Damit sind die Antragsteller ihren Mitwirkungspflichten i.S.v. § 60 SGB I nicht nachgekommen und haben hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erschwert. Mit Schreiben vom 23.04.2008 hat die Antragsgegnerin schriftlich die Antragsteller auf möglichen Rechtsfolgen die Mitwirkungsverweigerung hingewiesen. Das Schreiben genügt den Anforderungen des § 66 Abs. 3 SGB I an ein Hinweisschreiben (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, § 66 SGB I Rn 12 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern in dem Schreiben unmissverständlich und klar mitgeteilt, dass sie die Leistung ganz versagen wird, wenn die Antragsteller die Mitwirkungshandlung - persönliche Vorsprache - nicht nachholen werden, und eine ausreichende Frist zur Nachholung der Mitwirkungshandlung - Vereinbarung eines Vorsprachetermins bis zum 07.05.2008 - gesetzt. Des weiteren hat sie sich mit den von den Antragstellern geltend gemachten Weigerungsgründen - keine Möglichkeit zur persönlichen Vorsprache wegen der Entfernung zwischen dem Wohnort und der Dienststelle - auseinandergesetzt, indem sie die Antragsteller über die Verbindungen zwischen deren Wohnort und der Dienststelle unter Beifügung des Ausdrucks eines Fahrplans mit Angabe der Fahrtkosten informiert hat. Die Antragsgegnerin hat in dem Bescheid vom 08.05.2008 Ermessen ausgeübt. Ermessenfehler sind nicht erkennbar.

Selbst wenn der Versagungsbescheid vom 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2008 rechtswidrig wäre, ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben.

Die Antragsteller haben zur Überzeugung des Senats nicht glaubhaft gemacht, dass sie hilfebedürftig nach §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 SGB II sind. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann (Nr. 2) und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Die im Verfahren bislang vorliegenden Unterlagen genügen nicht, um den Anspruch der Antragsteller auf Leistungen nach dem SGB II, insbesondere dessen Höhe, festzustellen. Ein schriftlicher Antrag mit der Angabe, das Ehepaar sei mittellos und könne seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten und die Vorlage von Kontoauszügen genügen nicht, die Hilfebedürftigkeit eines Antragstellers nach § 9 SGB II zu belegen, insbesondere im Hinblick auf folgende aktenkundige Umstände; die Antragstellerin zu 2) ist Alleineigentümerin des Grundstücks, Q-weg 00, T; die Hundeschule und- pension Q1, die von Antragsteller unter der Adresse Q-weg 00, T, betrieben worden ist, verfügt laut Internetauftritt über ein 20.000 qm großes eingezäuntes Grundstück; es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass zwischen den Antragstellern und ihrem Sohn eine Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II besteht.

Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch den Senat haben die Antragsteller vereitelt, in dem sie zum anberaumten Erörterungstermin am 25.05.2009 - trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens - nicht erschienen sind. Das Nichterscheinen der Antragsteller ist durch keinen nachvollziehbaren Grund gerechtfertigt. Zwar hat der Antragsteller zu 1) im Schreiben vom 25.05.2009 geltend gemacht, er habe die Ladung am letzten Freitag erhalten und am 25.05.2009.Die Ladung ist den Antragsstellern laut Postzustellungsurkunden aber bereits am Freitag, den 15.05.2009, zugestellt worden. Laut Postzustellungsurkunde ist die Ladung dem Antragsteller zu 1) am 15.05.2005 persönlich ausgehändigt worden. Ebenso ist dem der Antragsteller zu 1) am 15.05.2009 laut Postzustellungsurkunde die Ladung für die Antragstellerin zu 2) persönlich ausgehändigt worden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Antragsteller erst 10 Tage nach Erhalt der Ladung das Schreiben geöffnet und gelesen haben, obwohl äußerlich erkennbar gewesen ist, dass Absender der Schreiben das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ist, und die Zustellung mit Postzustellungsurkunde auf eine besondere Bedeutung des Schreibens hingewiesen hat. Es sind nach Aktenlage keine Gründe erkennbar, die die Antragsteller am Lesen der Ladungen gehindert haben, noch werden solche von den Antragstellern vorgetragen. Die sich aus der ungenügenden Mitwirkung am Verfahren ergebenden Nachteile müssen sich die Antragsteller zurechnen lassen.

Ebenso ist ein Anordnungsgrund i ...S. der Dringlichkeit einer gerichtlichen Regelung nicht glaubhaft gemacht worden (§ 86b Abs. 2 Sätze 2, 4 SGG). Das Verhalten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren, den Inhalt von gerichtlichen Schreiben nach eigenen Einlassungen erst 10 Tage nach Zugang zu öffnen und dessen Inhalt zu Kenntnis zu nehmen, spricht gegen jegliche Eilbedürftigkeit der Entscheidung. Für die Antragsteller ist schon bei Zugang der Schreiben erkennbar gewesen, dass Absender der Schreiben das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ist und somit die Schreiben das beim Senat anhängige einstweilige Rechtschutzverfahren betreffen. Denn die Antragsteller haben kein anderes Verfahren beim Landessozialgericht anhängig. Insbesondere in Hinblick auf die von Antragstellern im Verfahren geltend gemachten Notlage ist nicht nachvollziehbar, dass die Antragsteller nach ihren eigenen Einlassungen gerichtliche Schreiben über einen Zeitraum von 10 Tagen bewusst ignoriert haben. Unter Berücksichtigung dieses Verhaltens der Antragsteller im Beschwerdeverfahren und den Erklärungen der Antragsgegnerin im Erörterungstermin am 25.05.2009 lässt sich eine Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung nicht feststellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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