S 18 AS 172/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AS 172/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Regelleistung des Klägers für Zeit vom 01.07.2006 bis zum 30.09.2006 wegen Nichterfüllung der in der Eingliederungsvereinbarung vom 13.02.2006 festgelegten Pflichten um monatlich 30 v. H. kürzen durfte.

Der am 00.00.1965 geborene, allein stehende Kläger bezog bis zum Ende des Jahres 2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Seit dem 01.01.2005 erhält er Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Am 13.02.2006 schloss er mit der Beklagten eine Eingliederungsvereinbarung, wonach das L-Bildungswerk/Q mit seiner Vermittlung beauftragt wurde. Als Dauer für die Zuweisung wurde ein Zeitraum vom 06.03.2006 bis zum 05.09.2006 festgelegt. Zuständige Vermittlerin war die Zeugin F H. Der Kläger verpflichtete sich im Rahmen dieser Eingliederungsvereinbarung an dieser Maßnahme teilzunehmen und aktiv mitzuwirken. Die Eingliederungsvereinbarung enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung nach § 31 SGB II. Danach wurde er u. a. darauf hingewiesen, dass, wenn er nicht bereit sei, die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Maße Eigenbemühungen nachzuweisen, das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 v. H. der für ihn maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II) abgesenkt werde.

Am 05.04.2006 fand ein erstes Gespräch zwischen dem Kläger und der Zeugin H statt. Im Rahmen dieses Gespräches wurde er aufgefordert, bis zum 05.05.2006 Unterlagen zur Erstellung von Bewerbungen (einen Lebenslauf, Zeugniskopien, ein Anschreiben und eine Bewerbungsmappe) vorzulegen. Diese Unterlagen reichte der Kläger innerhalb dieser Frist nicht ein. Zu einem Termin am 12.05.2006 erschien der Kläger nicht. Am 02.06.2006 wurde der Kläger erneut aufgefordert, bis zum 09.06.2006 die geforderten Unterlagen vorzulegen. Innerhalb dieser Frist legte der Kläger ebenfalls keine Unterlagen vor.

Mit Bescheid vom 22.06.2006 kürzte die Beklagte für die Zeit vom 01.07.2006 bis zum 30.09.2006 die Regelleistung des Arbeitslosengeldes II um monatlich 30 v. H ... Zur Begründung führte sie aus, dass er die Pflichten der abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung nicht erfüllt habe. Er sei mehrfach mit dem Hinweis auf die Rechtsfolgen aufgefordert worden, Bewerbungsunterlagen bis zum 09.06.2006 einzureichen. Dieser Aufforderung sei er bis zum 14.06.2006 nicht nachgekommen.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, dass er alle seine Verpflichtungen erfüllt habe. Er habe seine Bewerbungsunterlagen persönlich mit Frau H durchgesprochen und es liege dort alles vor. In Kürze werde er einen gebrauchten PC von einem Freund erwerben können und damit ein großes Manko beseitigen. Der Entwurf einer Bewerbungsmappe werde er Frau H dann unaufgefordert zusenden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Hierzu führte sie im Wesentlichen aus, dass er trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an der Eingliederungsmaßnahme nicht aktiv mitgewirkt habe. Er habe Termine zu Gesprächen nicht eingehalten, um eine erfolgversprechende Vermittlung gewährleisten zu können. Hierzu sei er aufgefordert worden, entsprechende Bewerbungsunterlagen bis zum 05.05.2006 vorzulegen. Diese Frist habe er nicht eingehalten. Zum Termin am 12.05.2006 sei er nicht erschienen. Aufgrund dessen sei die Vorlage der geforderten Unterlagen am 02.06.2006 bis zum 09.06.2006 verlangt worden. Dabei sei ihm ausdrücklich mitgeteilt worden, dass die Unterlagen für die Vermittlung notwendig seien und auch zunächst handschriftlich eingereicht werden könnten. Diese Unterlagen habe er bisher nicht eingereicht. Vielmehr sei er zu einem Gesprächstermin am 27.07.2006 nicht erschienen. Ein wichtiger Grund für die fehlende Mitwirkung sei nicht erkennbar. Die Absenkung erfolge gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 b SGB II.

Am 28.09.2006 hat der Kläger einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt und Klage erhoben.

Das einstweilige Rechtsschutzverfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 18 AS 171/06 ER geführt. Mit gerichtlichem Beschluss vom 17.10.2006 wurde der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Klägers wurde mit Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 14.12.2006 , Aktenzeichen L 9 B 153/06 AS ER, zurückgewiesen.

Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, dass er im Rahmen des mit der Zeugin H geführten Erstgespräches am 05.04.2006 seine kompletten Unterlagen im Original vorgelegt habe. Auch seine Lebenslaufdaten seien mit ihr besprochen und notiert worden. Zu der Einladung am 12.05.2006 habe er nicht erscheinen können, weil es ihm aufgrund seiner aktuellen Situation nicht möglich gewesen sei, zu erscheinen. Es sei insbesondere im Monat Mai 2006 zu einer Zahlungsverzögerung des Arbeitslosengeldes II gekommen. Auch habe er sein Zimmer im Obdachlosenasyl räumen müssen, wobei sich dort noch Unterlagen in Kisten befunden hätten. Er sei zwar am 02.06.2006 zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert worden, allerdings nicht anlässlich eines aktuellen Stellenangebotes. Die geforderten Unterlagen habe die Zeugin H nur für sich verlangt, wobei er darauf hingewiesen habe, dass er demnächst über einen PC verfügen werde, um in angemessener Form Bewerbungsunterlagen zu erstellen. Erst am 27.07.2006 sei er dann wieder von der Zeugin H, mit dem gleichen Inhalt wie zum Erstgespräch, eingeladen worden. Er sei jedoch am Monatsende finanziell schon lange am Ende gewesen und es sei ihm unmöglich gewesen, die Kosten für eine angemessene Bewerbungsmappe zu tragen sowie den Fahrpreis für eine Busverbindung aufzubringen. Dies habe er der Zeugin H in einer schriftlichen Absage mitgeteilt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 22.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass die Kürzung der Regelleistung zu Recht erfolgt sei.

Das Gericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin F H. Im Hinblick auf das Ergebnis dieser Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 09.11.2007 verwiesen.

Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig jedoch nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2006 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 1 und 2 SGG, denn die Voraussetzungen für eine Absenkung der Regelleistung des Klägers für die streitbefangene Zeit liegen gemäß § 31 SGB II vor.

Gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 b SGB II wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe mit 30 v. H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Dies gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.

Eine Eingliederungsvereinbarung wurde mit dem Kläger wirksam am 13.02.2006 geschlossen. Danach wurde vereinbart, dass die Beklagte einen Dritten mit der Vermittlung unter dem Vorbehalt freier Plätze mit einer Zuweisungsdauer vom 06.03.2006 bis zum 05.09.2006 beauftragen werde (Punkt 1 a). Ferner hat sich der Kläger dazu verpflichtet, an einer Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen und aktiv mitzuwirken. Der Kläger ist im Rahmen der Eingliederungsvereinbarung schriftlich über die Rechtsfolgen bei Nichterfüllung der Rechte und Pflichten hingewiesen worden.

Die Beklagte hat gemäß der Eingliederungsvereinbarung von ihrem Recht Gebrauch gemacht, das L-Bildungswerk/Q mit der Vermittlung des Klägers zu beauftragen. Hierzu war die Beklagte gemäß § 17 SGB II berechtigt.

Vorliegend hat der Kläger insoweit gegen seine laut Eingliederungsvereinbarung vom 13.02.2006 bestehenden Pflichten verstoßen, als er der Aufforderung des L-Bildungswerkes durch der Zeugin H zur Vorlage schriftlicher Bewerbungsunterlagen nicht nachgekommen ist. Ausweislich der beigezogenen Verwaltungsakte und der Aussage der Zeugin H ist er am 02.06.2006 wiederholt gebeten worden, zumindest einen handschriftlichen Lebenslauf sowie weitere Bewerbungsunterlagen bis spätestens zum 09.06.2006 vorzulegen, was er nicht getan hat. Soweit der Kläger hierzu vorträgt, dass er bis zu diesem Zeitpunkt bereits Unterlagen vorgelegt habe und seine Daten der Zeugin H bekannt gewesen seien, ist dies unter Würdigung der vorliegenden Aktenunterlagen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht nachvollziehbar.

So hat die Zeugin H glaubhaft bekundet, dass der Kläger die geforderten Bewerbungsunterlagen, selbst einen handschriftlichen Lebenslauf nicht vorgelegt habe. Ferner hat die Zeugin nachvollziehbar ausgeführt, dass es zu einer zügigen und effektiven Vermittlungstätigkeit erforderlich sei, von Anfang an komplette Bewerbungsunterlagen zur Verfügung zu haben. Auch hat die Zeugin dargelegt, dass der Kläger mehrfach aufgefordert wurde, solche Unterlagen einzureichen und ihm hierzu jeweils eine angemessene Frist eingeräumt worden sei.

Demgemäß hat sich die Behauptung des Klägers, er habe in hinreichender Form Unterlagen bereits vorgelegt, nicht bestätigt. Nach Überzeugung der Kammer war es ihm auch zumutbar, die geforderten Bewerbungsunterlagen vorzulegen, weil dies einer effektiven Vermittlungstätigkeit dient und das diesbezügliche Ansinnen der Zeugin H einleuchtend und nachvollziehbar ist, insbesondere keine "Provokation" darstellt (siehe auch LSG NRW, Beschluss vom 14.12.2006, AZ: L 9 B 153/06 AS ER). Der Kläger hat aufgrund seines Verhaltens nicht aktiv an der Vermittlung mitgewirkt.

Dem Gericht ist auch nicht ersichtlich, dass ihm ein wichtiger Grund für sein Verhalten im Sinne von § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II zuzuerkennen ist. Er mag sich zwar insofern noch in einer schwierigen Lebenssituation befunden habe, in dem er zum damaligen Zeitpunkt erst seit wenigen Wochen wieder eine neue Wohnung bezogen hat, demgegenüber hatte er jedoch hinreichend Gelegenheit gehabt, innerhalb der großzügig bemessenen Fristen die geforderten Unterlagen zu erstellen und bei der Zeugin H vorzulegen. Die Zeugin H hat ihm sogar die Möglichkeit eingeräumt, einen lediglich handschriftlich erstellten Lebenslauf einzureichen.

Der Klage konnte daher nicht stattgegeben werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

Das Gericht hat keinen Grund gesehen, die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Die Rechtssache ist insbesondere nicht von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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