L 12 B 40/09 SO ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 17 SO 21/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 B 40/09 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.05.2009 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. D aus E wird abgelehnt.

Gründe:

Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet.

Zu Recht hat es das Sozialgericht abgelehnt, eine einstweilige Anordnung zugunsten der Antragstellerin zu treffen. Hierzu verweist der Senat in Anwendung von § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Beschwerdevortrag der Antragstellerin.

Soweit die Antragstellerin hierin Ausführungen zu ihren Aufwendungen für Stromkosten macht, betreffen diese nicht den Streitgegenstand des vorliegenden Eilverfahrens. Denn nach dem ausdrücklichen Antrag richtet sich das Begehren der Antragstellerin im Ausgangs- wie im Beschwerdeverfahren darauf, dass die Kosten der Unterkunft ab 01.11.2007 in tatsächlicher Höhe übernommen werden. Die Höhe der Regelleistungen - unter Einbeziehung der tatsächlichen Stromkosten - ist Gegenstand des Verfahrens L 12 B 49/09 SO ER. Diese Differenzierung nimmt die Antragstellerin auch selbst in ihrem Antragsschriftsatz vom 10.03.2009 vor.

Da eine Regelungsanordnung, wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt, erst ab Eingang des erstinstanzlichen Eilantrages in Betracht kommt, hier ab 18.03.2009, ist für die weitere Betrachtung nur der hieran anschließende Zeitraum maßgeblich.

a) Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevortrags fehlt es an einem Anordnungsgrund, also an der Feststellung einer existenziellen Notlage, die ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens als unzumutbar erscheinen lässt.

Soweit die Antragstellerin erneut geltend macht, dass ihre Kosten der Unterkunft um 38,35 EUR gekürzt werden, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin bereits im Bescheid vom 01.02.2009 von der tatsächlichen Miethöhe nur noch Abzüge in Höhe von 30,43 EUR vorgenommen und für die vorangegangene Zeit eine Nachzahlung erbracht hat. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2009 hat die Antragsgegnerin zudem die Tragung der Kabelanschlussgebühren in Höhe von monatlich 2,13 EUR anerkannt. Die Heizkosten werden von der Antragsgegnerin gemäß der Mietbescheinigung nach Aktenlage in tatsächlicher Höhe getragen.

Der verbleibende Differenzbetrag von 28,30 EUR rechtfertigt aus den vom Sozialgericht genannten Gründen nicht die Feststellung einer existenziellen Notlage. Denn dass der Vermieter eine Kündigung ausgesprochen hat, ist bislang nicht ersichtlich. Es bestehen auch erhebliche Zweifel daran, dass er mit dieser - derzeit - durchdringen würde.

Zwar lässt die Nachzahlung der Mietschulden eine (hilfsweise) ordentliche Kündigung wegen erheblicher schuldhafter Pflichtverletzung - entsprechend der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) - nicht unmittelbar unwirksam werden. Dennoch kann eine Nachzahlung hier noch die Kündigung abwenden. Denn sie ist bei der Erheblichkeit der Pflichtverletzung zu berücksichtigen, wie auch der BGH in der zitierten Entscheidung VIII ZR 6/04 verdeutlicht. Dass in der ebenfalls zitierten Entscheidung des BGH VIII ZR 145/07 die Nachzahlung als nicht ausreichend erachtet wurde, um dem Schuldvorwurf entgegen zu treten, lag in dem dortigen Fall daran, dass sich der Beklagte die Rückforderung vorbehalten hatte. Einen solchen Vorbehalt müsste die Antragstellerin nicht geltend machen. Sie könnte sich zur Abwendung des Schuldvorwurfs vielmehr sogar darauf berufen, dass sie die notwendigen Geldmittel zunächst gegenüber der Antragsgegnerin erstreiten musste. Träte also der Fall einer ordentlichen Kündigung wegen erheblicher Pflichtverletzung ein, so bliebe immer noch Raum, dann durch einen Eilantrag den Versuch zu unternehmen, die Mittel für eine Nachzahlung zu erstreiten. Derzeitig ist damit die Durchführung eines Eilverfahrens nicht erforderlich und es verbleibt bei der Einschätzung, dass der Antragstellerin hinsichtlich der Höhe der Unterkunftskosten zumutbar ist, den Ausgang der Hauptsache abzuwarten.

b) Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass er diesem Begehren im Wesentlichen keine Erfolgsaussichten beimisst. Es fehlt damit auch an einem Anordnungsanspruch.

Die Antragstellerin hat bei der gebotenen kursorischen Prüfung keinen Anspruch auf Tragung der Mietkosten in tatsächlicher Höhe.

Sie kann sich insbesondere nicht auf die maximal sechsmonatige Frist für Kostensenkungsbemühungen nach § 29 Abs. 1 Satz 3 SGB XII berufen. Denn zumindest durch das am 10.05.2007 unbestritten durch die Antragsgegnerin ausgegebene Hinweisblatt hatte die Antragstellerin Kenntnis von den maßgeblichen Angemessenheitsgrenzen. Eine erneute Kostensenkungsaufforderung unmittelbar vor der eigentlichen Anmietung der aktuellen Wohnung war damit entbehrlich.

Dass die Antragstellerin im Mai 2007 nicht ausführlich beraten wurde, ist unerheblich. Die Antragsgegnerin muss die Antragstellerin nicht "an die Hand nehmen" oder ihr gar geeigneten Wohnraum zuweisen. Es ist vielmehr Aufgabe der Antragstellerin, mit der Antragsgegnerin in einen Dialog zu treten und sich beraten zu lassen.

Dass die Antragstellerin in Kenntnis der Angemessenheitsgrenzen eine zu teure Wohnung angemietet hat, erfolgte auf ihr eigenes Risiko. Dass es keinerlei Wohnraum zu den Angemessenheitskriterien der Antragsgegnerin gab, der für die Antragstellerin geeignet war, ist nicht ersichtlich. Zwar ist der Antragstellerin nach den aktenkundigen medizinischen Unterlagen zuzugestehen, dass sich der Zustand ihres rechten Hüftgelenks in der Zeit vor März 2008 und damit möglicherweise auch schon zur Zeit ihres Umzugs deutlich verschlechtert haben muss. In Zusammenschau mit der bereits durchgeführten totalendoprothetischen Versorgung des linken Hüftgelenks mag daher eine Wohnung im Erdgeschoss bzw. mit Aufzug bei kursorischer Betrachtung als notwendig erscheinen. Allerdings befindet sich die derzeitig angemietete Wohnung im 2. OG. Dass ein Aufzug im Haus installiert ist, ergibt sich jedenfalls nicht unmittelbar aus der Mietbescheinigung. Jedenfalls sind keinerlei Bemühungen der Antragstellerin dokumentiert, eine geeignete Wohnung zu den Angemessenheitskriterien der Antragsgegnerin zu finden.

Aus diesem Grunde begann die Sechsmonatsfrist nicht durch den Umzug (erneut) zu laufen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Antragstellerin im Monat Oktober 2007 keine Leistungen bezogen hat.

Zwar wird vertreten, dass sich die Frist verlängert, wenn eine Unterbrechung des Leistungsbezuges erfolgt. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn diese Unterbrechung Ausdruck eines prognostisch längerfristigen Wegfalls der Hilfebedürftigkeit ist, beispielsweise durch die Aufnahme eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit. Nur dann ist gerechtfertigt, ein Mietverhältnis einzugehen, dass den örtlichen Angemessenheitskriterien nicht entspricht.

Diese Erwägungen lassen sich aber nicht auf die Situation der Antragstellerin übertragen. Sie hatte keine begründete Aussicht auf einen längerfristigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit. Sie hat vielmehr in ihrer Vorsprache am 25.10.2007 bei der Antragsgegnerin eingeräumt, dass ihr getrennt lebender Ehemann für September und Oktober 2007 die Miete getragen habe, dass er hierzu aber anschließend nicht mehr in der Lage gewesen sei.

Auch ist nicht erkennbar, dass die Klägerin inzwischen einen größeren Wohnraumbedarf erworben hat. Ein größerer Wohnraumbedarf kann sich, wie von der Antragsgegnerin angeführt, z.B. aus der Rollstuhlpflichtigkeit des Mieters ergeben. Dass die Hüftgelenksoperationen ein so schlechtes Ergebnis gehabt hätten, dass die Antragstellerin nunmehr in vergleichbarer Weise beeinträchtigt ist, lässt sich den aktenkundigen OP-Berichten nicht entnehmen.

Schließlich tendiert der Senat derzeit dazu, dass ein 1-Personen-Haushalt mit einem 45 qm großen Wohnraum angemessen versorgt ist.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts ist auch insoweit unbegründet, als das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Ausgangsverfahrens abgelehnt hat. Denn die Rechtsverfolgung der Antragstellerin bot aus den genannten Gründen - insbesondere mangels Anordnungsgrund - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO).

Aus den vorstehenden Gründen war eine hinreichende Erfolgsaussicht auch für das Beschwerdeverfahren nicht gegeben. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes für das Beschwerdeverfahren war damit ebenfalls abzulehnen.

Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde die Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffen hat, folgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Soweit sich ihre Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Prozesskostenhilfe richtet, werden Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet, § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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